Notizen zu Rütger Esséns “Die russische Gleichung” (1)

Heute will ich über eine Zeitkapsel schreiben, die mir Anfang des Jahres in die Hände fiel, noch vor dem russisch-ukrainischen Krieg.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Es han­delt sich um ver­ges­se­nes Buch eines hier­zu­lan­de völ­lig unbe­kann­ten Autors, auf den mich ein skan­di­na­vi­scher Freund hinwies.

Rüt­ger Essén (1890–1972) war ein schwe­di­scher Diplo­mat, Schrift­stel­ler und Jour­na­list sowie Mit­glied von rech­ten, in den drei­ßi­ger und vier­zi­ger Jah­ren pro-deut­schen Orga­ni­sa­tio­nen wie der “Schwe­di­schen Natio­nal­li­ga” (Sveri­ges Natio­nella För­bund). Nach dem Krieg war er in Schwe­den ein weit­hin respek­tier­ter Intel­lek­tu­el­ler, durch­aus noch inner­halb des “Main­streams”.

Es gibt mei­nes Wis­sen drei Bücher, die von ihm auf Deutsch erschie­nen sind: Der zeit­dia­gnos­ti­sche Rei­se­be­richt Zwi­schen der Ost­see und dem Stil­len Oze­an (1925), eine Bio­gra­phie Sven Hedins (1959), und das mir vor­lie­gen­de Fund­stück Die rus­si­sche Glei­chung, geschrie­ben Ende 1940, aktua­li­siert im August 1941,  zwei Mona­te nach Beginn des “Unter­neh­mens Bar­ba­ros­sa”, auf Deutsch erschie­nen im Kriegs­jahr 1943.

Es ent­stand also kurz vor dem gro­ßen deutsch-sowje­ti­schen Krieg, der das Schick­sal der Welt für die nächs­ten Jahr­zehn­te, bis auf den heu­ti­gen Tag, ent­schei­den soll­te. Es han­delt sich um einen geo­po­li­ti­schen und his­to­ri­schen Über­blick über das Ver­hält­nis Ruß­lands zu Euro­pa, in dem sich eine Men­ge Betrach­tun­gen wie­der­fin­den, die heu­te erneut viru­lent gewor­den sind. Bei der Lek­tü­re stieß ich auf etli­che inter­es­san­te und ver­blüf­fen­de Stel­len, von denen ich eini­ge zitie­ren will.

Essén hat­te Ruß­land als Dele­gier­ter des schwe­di­schen Roten Kreu­zes (1916–17) und spä­ter als Diplo­mat in Sibi­ri­en (1922) aus eige­ner Anschau­ung ken­nen­ge­lernt, also etwa zur Zeit der rus­si­schen Revo­lu­ti­on und des dar­an anschlie­ßen­den Bür­ger­kriegs. Es han­delt sich hier­bei um ein ent­schie­den “anti­bol­sche­wis­ti­sches”, kei­nes­wegs jedoch um ein per se rus­sen­feind­li­ches Buch. Der Autor hegt eine deut­li­che Fas­zi­na­ti­on für Ruß­land, und betrach­tet es als natür­li­che Auf­ga­be der nor­di­schen Völ­ker, vor allem der Schwe­den, als Mitt­ler zwi­schen Ruß­land und dem “Abend­land” zu wirken.

Kurz gesagt sah Essén in Ruß­land einen Fak­tor, der nicht aus der Welt­po­li­tik zu subs­tra­hie­ren sei, der nicht von der Land­kar­te ver­schwin­den wer­de, und mit dem immer gerech­net wer­den müsse.

Das Buch stellt die Fra­ge, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen und mit wel­chen Mög­lich­kei­ten ein dau­er­haf­tes fried­li­ches Gleich­ge­wicht zwi­schen Ruß­land und Euro­pa her­ge­stellt wer­den kann, eine “Lösung, die auf Gene­ra­tio­nen hin­aus Frie­den, Sicher­heit und bei­der­sei­ti­ge unge­stör­te Ent­wick­lung gewäh­ren kann.”

“Die rus­si­sche Glei­chung” läßt sich redu­zie­ren, aber nicht lösen. So wie bei allem Leben­di­gen kom­men dau­ernd neue Fak­to­ren und neue Unbe­kann­te hin­zu, und die Zahl der Kom­bi­na­ti­ons­mög­lich­kei­ten ist Legion.

“Kom­bi­na­ti­ons­mög­lich­kei­ten”, die in der lau­fen­den Eska­la­ti­ons­spi­ra­le zuneh­mend fatal redu­ziert wur­den, bis nur mehr der Tun­nel­blick auf ato­ma­re Eska­la­tio­nen übrig­ge­blie­ben ist.

Nicht anders als die rus­si­schen Vor­den­ker der Eura­si­en-Idee, deren bekann­tes­ter Ver­tre­ter heu­te Alex­an­der Dugin ist, sah Essén Ruß­land als eigen­stän­di­ge Zivi­li­sa­ti­on, deren Natio­nal­cha­rak­ter weder gänz­lich euro­pä­isch, noch gänz­lich asia­tisch, son­dern ein Drit­tes sei. Er schrieb:

Die ers­te Vor­aus­set­zung für ein leid­li­ches und bei­der­sei­tig gewinn­brin­gen­des Ver­hält­nis zwi­schen Ruß­land und den euro­päi­schen Völ­kern ist eine kla­re Ein­sicht bei die­sen, daß Ruß­land “anders” ist, und daß im Wesen des rus­si­schen Vol­kes und der rus­si­schen Gesell­schaft ein Unter­schied zu Euro­pa besteht. Dar­über hin­aus ist auch ein sym­pa­thi­sches Ver­ständ­nis für die ganz beson­de­re Eigen­art die­ser bei­den erforderlich.

Die­sen Unter­schied hat nun auch Putin in sei­ner Rede zur Anne­xi­on der Ost­ukrai­ne (hier und hier) betont: Ruß­land hat eine eige­ne Geschich­te und eine eige­ne staat­li­che und kul­tu­rel­le Tra­di­ti­on, die mit dem “Wes­ten” und sei­nen Model­len, die Anspruch auf uni­ver­sel­le Gel­tung erhe­ben, unver­ein­bar sei. Des­halb sei für Ruß­land nur eine mul­ti­po­la­re Welt­ord­nung annehmbar.

Mit “Wes­ten” mein­te Putin vor allem das anglo­ame­ri­ka­ni­sche Impe­ri­um, wäh­rend Essén mit dem Begriff “Abend­land” einen ehr­wür­di­ge­ren, wei­ter gefaß­ten Begriff benutzt. An die­ser Stel­le wer­den die Begrif­fe noto­risch unscharf. “Abend­land” wür­de zwar die “West­mäch­te” (Groß­bri­tan­ni­en, Frank­reich, teil­wei­se auch den Ang­lo-Able­ger USA) inklu­die­ren, wäre aber nicht iden­tisch mit dem, was Essén 1941 ana­log zu Putin 2022 den “West­mächt­eim­pe­ra­lis­mus” nann­te.  “Euro­pa” begann für ihn “west­lich der schar­fen his­to­ri­schen Kul­tur­gren­ze der ortho­do­xen rus­si­schen Kirche”.

In der Geschich­te Ruß­lands wech­seln eher “euro­päi­sche” und eher “asia­ti­sche” Peri­oden ein­an­der ab. Die “Euro­päi­sie­rung” Ruß­lands durch Peter den Gro­ßen habe eine Span­nung und “inne­re Spal­tung” in das Land ein­ge­führt, die sich nie­mals auf­ge­löst hat. “Euro­pa” wirk­te als eine Art pro­duk­ti­ver Fremd­kör­per, der immer­hin die gro­ße rus­si­sche Lite­ra­tur des 19. Jahr­hun­derts gezeugt hat. Mit dem Kriegs­ein­tritt 1914 begann eine “Fie­ber­kri­se”, die schließ­lich zum Zusam­men­bruch des Zaren­reichs und zur Ver­nich­tung der “euro­päi­sie­ren­den und euro­päi­sier­ten rus­si­schen Ele­men­te” geführt habe.

So wur­de – bis auf wei­te­res – die inne­re Zer­split­te­rung im rus­si­schen Wesen gelöst, die das staat­li­che und öffent­li­che Dasein des Vol­kes zwei­hun­dert Jah­re lang beherrscht hatte.

Essén betrach­te­te die Revo­lu­ti­on von 1917 als har­ten Bruch mit dem “euro­päi­schen Staats­sys­tem”, an dem es zwei­hun­dert Jah­re lang teil­ge­habt hat­te, und dar­über hin­aus als “rus­sisch-asia­ti­sche Reak­ti­on gegen alles euro­päi­sche Wesen, gegen all das, wofür St. Peters­burg, die­se geh­aß­te Stadt, ver­ant­wort­lich war”.  Sehr ähn­lich dach­te Oswald Speng­ler, der in Jah­re der Ent­schei­dung schrieb, Ruß­land wäre durch den Bol­sche­wis­mus zu einer “asia­ti­schen, ‘mon­go­li­schen’ Groß­macht” geworden.

Über Esséns Dar­stel­lung des “unver­än­der­li­chen Ruß­lands”, des rus­si­schen Natio­nal­cha­rak­ters, mag man strei­ten oder sie auch mit der Schil­de­rung des von Putin gern zitier­ten Iwan Iljin abglei­chen, der die Akzen­te und Wer­tun­gen anders setzt, aber doch auch vie­le Über­ein­stim­mun­gen mit Essén aufweist.

Letz­te­rer betont jeden­falls den “wachträu­me­ri­schen”, mys­ti­schen Aspekt der rus­si­schen See­le und die gerin­ge­re Bedeu­tung des Ratio­na­lis­mus im rus­si­schen Den­ken, Ele­men­te, die der rus­si­schen Kunst “in der Musik, im Thea­ter, in der bil­den­den Kunst” zugu­te gekom­men seien.

Er kon­sta­tiert beim Durch­schnitts­rus­sen eine “man­geln­de indi­vi­du­el­le Ener­gie und das her­vor­ste­chen­de Feh­len eines per­sön­li­chen Ver­ant­wor­tungs­ge­fühls”, was durch stär­ke­ren staat­li­chen Zwang kom­pen­siert wer­den muß. “Der Kol­lek­ti­vis­mus” sei dabei “kei­ne sowje­ti­sche Erfin­dung. Er ist eine urrus­si­sche Wirklichkeit”.

Essén betrach­tet die “Gewalt­herr­schaft” und die Nei­gung zum “Zwangs­re­gi­ment” als unüber­seh­ba­re Kon­stan­ten im rus­si­schen sozia­len Leben:

Ein gutes Regime in Ruß­land ist patri­ar­cha­lisch, ein schlech­tes des­po­tisch. Eine Demo­kra­tie ist undenk­bar, eben­so eine wirk­li­che Aris­to­kra­tie. Am meis­ten fremd ist dem rus­si­schen Wesen jedoch die libe­ra­le oder “natur­recht­li­che” Anschau­ung, die Vor­stel­lung von einer natür­lich berech­tig­ten Frei­heits­sphä­re des ein­zel­nen, die die Gesell­schaft und die Staats­ge­walt respek­tie­ren sol­len und müs­sen. Die­ser Gedan­ke, der für das Abend­land von einer sol­chen geis­ti­gen Bedeu­tung gewe­sen ist, hat in Ruß­land nie Fuß gefaßt.

Auch hier kann man sich gut vor­stel­len, daß ein dezi­dier­ter Feind des Libe­ra­lis­mus wie Alex­an­der Dugin vor­be­halt­los, wenn nicht gar enthu­si­as­tisch zustim­men wür­de. Die Dia­gno­se scheint auch heu­te noch zu stim­men. Das Herr­schafts­sys­tem Putins hat mit “Demo­kra­tie” im west­li­chen Sin­ne in der Tat wenig zu tun, und oft habe ich gehört, wie es Rus­sen mit dem Argu­ment ver­tei­di­gen, man müs­se nur einen Blick auf die Kar­te wer­fen, um zu erken­nen, daß man die­sen rie­si­gen Kon­ti­nen­tal­sat­tel nicht regie­ren kann wie die Schweiz.

Essén fährt fort, daß die “Frei­heits­sphä­re des ein­zel­nen” in Ruß­land als “eine Erschei­nung inne­rer, geis­ti­ger Art” ver­stan­den werde.

Des­halb wer­den in Ruß­land rein see­li­sche Eigen­schaf­te wie Güte, Mit­leid, Resi­gna­ti­on, die christ­li­che Lie­be, Opfer­wil­len für die mensch­li­che Gemein­schaft und der­glei­chen die mil­dern­den Fak­to­ren ergän­zen müs­sen, die man in Euro­pa nach dem Mit­tel­al­ter schritt­wei­se durch “sozia­le” Ein­rich­tun­gen und “huma­ne” Rechts­re­geln zu ver­wirk­li­chen gesucht hat. Des­we­gen glaubt auch jeder wah­re Altrus­se, daß das Abend­land anti­christ­lich ist, und daß nur das rus­si­sche Volk wahr­haft christ­lich ist.

Das Sowjet­sys­tem hat hier­in nicht viel geändert.

Aus die­sem Grund sieht Essén im rus­si­schen Zaren­tum den “bis­her am wei­tes­ten geführ­ten Ver­such”, das “staat­li­che Moment” mit einem “ideel­len reli­giö­sen Moment im Zei­chen der christ­li­chen brü­der­li­chen Lie­be zu verkoppeln”.

Es ist unüber­seh­bar, daß Putin teil­wei­se ver­sucht, an der­lei Ele­men­te anzu­knüp­fen. Man neh­me etwa die­se Sät­ze sei­ner jüngs­ten Rede, (obwohl auch er nicht dar­an vor­bei kann, die “Frei­heit” als Wert zu nen­nen – womit wohl weni­ger die indi­vi­du­el­le, als die natio­na­le gemeint ist):

Wir brau­chen heu­te eine kon­so­li­dier­te Gesell­schaft, und die­se Kon­so­li­die­rung kann nur auf Sou­ve­rä­ni­tät, Frei­heit, Schöp­fung und Gerech­tig­keit beru­hen. Unse­re Wer­te sind Mensch­lich­keit, Barm­her­zig­keit und Mitgefühl.

Dem rus­si­schen Hang zum “Zwangs­re­gi­ment”, so Essén wei­ter, ste­he der kom­ple­men­tä­re Hang zur “Anar­chie” gegen­über, ver­bun­den mit dem Drang nach “Berau­schung, Selbst­be­täu­bung und das Selbst­ver­ges­sen ver­schie­de­ner Art”, was der rus­si­sche Mensch aber gleich­zei­tig auch als “Erb­sün­de” wahr­neh­me, die der Gna­de und der Ver­ge­bung bedarf. Die­ser anar­chi­sche Wesen­zug habe vor allem wäh­rend der Revo­lu­ti­ons­zeit zu furcht­ba­ren Exzes­sen geführt, die nach etwa drei Jah­ren in einem gewal­ti­gen “Kat­zen­jam­mer” endeten.

Die “bol­sche­wis­ti­sche Revo­lu­ti­on von 1917” war

… eine Spren­gung aller Ban­de und die Nie­der­rei­ßung aller Schran­ken, die aller­or­ten in einem Gemein­we­sen erfolgt, wenn die letzt­lich durch Zwangs­mit­tel auf­recht­erhal­te­ne äuße­re Ord­nung außer Funk­ti­on tritt. Dies geschieht wie gesagt in der­ar­ti­gen Fäl­len über­all, aber in Ruß­land wird es zehn­mal so schlimm wie anders­wo, weil psy­chi­sche Hem­mun­gen feh­len, und wie die “swo­bo­da” (“Frei­heit”) des Durch­schnitts­rus­sen bedeu­tet, alles zu tun, was einem ein­fällt, sich also gött­lich aus­zu­fau­len­zen, zu schla­fen und zu essen und Frau­en zu ver­ge­wal­ti­gen, sich in Las­tern und Ver­bre­chen zu sie­len, in einem stän­di­gen Rausch zu leben und auch das gerings­te Über­bleib­sel von inne­ren und äuße­ren Hem­mun­gen los­zu­wer­den – sich über­haupt auf echt rus­si­sche Wei­se “aus­zu­le­ben”.

Den­ken wir Deut­sche und Öster­rei­cher bei die­sen Zei­len nicht an die Mas­sen­ver­ge­wal­ti­gun­gen durch rus­si­sche Sol­da­ten im Jahr 1945?

Über die Bür­ger­krie­ge bemerk­te Essén:

Der Hel­den­ta­ten gab es wenig, der Grau­sam­kei­ten und Mas­sa­ker umso mehr. Der Kampf wälz­te sich wie eine müde und von sich selbst ange­ekel­te Blut­or­gie vorwärts.

Auch die rus­si­sche Nei­gung zu einem “blin­den Aus­deh­nungs­drang”, aus der sich die “rus­si­sche geo­po­li­ti­sche Dyna­mik” erge­be, sieht Essén in einem “man­geln­den inne­ren Halt” begründet.

Der Groß­teil der Rus­si­schen Glei­chung ist eine detail­ier­te Dar­stel­lung der rus­si­schen Geschich­te, ins­be­son­de­re der Innen- und Außen­po­li­tik der Sowjet­uni­on bis zum Rib­ben­trop-Molo­tow-Pakt von 1939 und dem fin­nisch-rus­si­schen Krieg von 1939/40.

Auf­fal­lend für ein Buch, das mit­ten im Zwei­ten Welt­krieg im Drit­ten Reich erschie­nen ist, ist der sach­li­che, “real­po­li­ti­sche” Ton­fall, ohne jeg­li­che Dämo­ni­sie­rung und Mora­li­sie­rung, wie man sie aus ande­rem anti­bol­sche­wis­ti­schem Schrift­gut die­ser bis zum Sie­de­punkt erhitz­ten Zeit kennt.

Nichts­des­to­trotz war Essén davon über­zeugt, daß Ruß­land durch sei­ne Bol­sche­wi­sie­rung zur Gefahr für Euro­pa gewor­den sei, gefähr­li­cher als in den Jahr­hun­der­ten zuvor:

Euro­pa war für die Bol­sche­wis­ten eine Beu­te, eine Beu­te für die Welt­re­vo­lu­ti­on und damit eine Beu­te für die rus­si­sche Macht, eine gewal­ti­ge Plün­de­rungs- und Zer­stö­rungs­auf­ga­be, die dem aus­er­wähl­ten Volk in die Hand gege­ben war. Laut dem “Mythus” des Bol­sche­wis­mus ist Ruß­land näm­lich ein Werk­zeug der Welt­re­vo­lu­ti­on. Aber in Wirk­lich­keit wur­de statt des­sen die Welt­re­vo­lu­ti­on zu einem Werk­zeug der rus­si­schen Poli­tik gemacht. In 30er Jah­ren setz­te all­mäh­lich die Abnut­zung die­ses Werk­zeu­ges ein, aber vor­her war es für­wahr bis zum äußers­ten aus­ge­nutzt worden.

Das “Selbst­ge­fühl” des Lan­des wur­de “asia­tisch”, oder genau­er gesagt “eura­sisch”, “um einen heut­zu­ta­ge in Ruß­land geschätz­ten Aus­druck zu benut­zen”. Die “rus­si­sche Epo­che, die mit der bol­sche­wis­ti­schen Revo­lu­ti­on” begann, “ist mit einer der Erd­be­rüh­run­gen des mythi­schen Rie­sen ver­gleich­bar, der dadurch neue Kräf­te bekam”. Ein Kraft­zu­wachs, der aller­dings nur vor­über­ge­hend sei.

An die­ser Stel­le äußert sich Essén etwas wider­sprüch­lich. Wäh­rend er sich stel­len­wei­se über­zeugt gibt, daß die­se antä­isch-bol­sche­wis­tisch-asia­ti­sche “Epo­che” mit dem “Rie­sen­kampf gegen das Deut­sche Reich” enden wird, ist der Grund­te­nor sei­ner Schluß­be­trach­tun­gen viel dramatischer.

Mit dem “Aus­gang des Waf­fen­gan­ges im Osten”, der kei­nes­wegs gewiß ist, wer­de das Schick­sal Euro­pas ein für alle Mal ent­schie­den wer­den. In die­sem Kampf steht buch­stäb­lich alles auf dem Spiel. In ihm ver­bün­den sich schließ­lich Ruß­land und der Ang­lo­im­pe­ria­lis­mus gegen Europa:

Für den euro­päi­schen Kon­ti­nent wür­de der rus­sisch-eng­lisch-ame­ri­ka­ni­sche Krieg das Cha­os und einen Ver­fall auf lan­ge Zeit hin­aus im Gefol­ge haben. Wir wür­den das “kosa­ki­sche Euro­pa” zu sehen bekom­men, von dem Napo­le­on sei­ner Zeit sprach, aber in einer Form, von der er sich kei­ne Vor­stel­lung machen konn­te. Wahr­schein­lich wür­de das über­haupt das Ende der euro­päi­schen Kul­tur­pe­ri­ode in der Welt­ge­schich­te bedeuten.

Im Fal­le eines deut­schen Sie­ges und einer Zer­schla­gung der Sowjet­herr­schaft, hät­te aber auch Ruß­land die Chan­ce einer gro­ßen natio­na­len Zukunft, inso­fern es auf jeg­li­chen Expan­si­ons­drang nach Wes­ten ver­zich­tet und eine eige­ne Form des Natio­na­lis­mus entwickelt.

Die rus­si­sche Geschich­te ist blu­tig, grau­sam und mensch­li­chen Lei­des voll, aber auch durch Opfer­wil­len, Resi­gna­ti­on und mensch­li­ches Mit­leid geprägt. Der prä­gen­de Ein­druck ist ein Zug von Unaus­ge­reift­heit. Ruß­lands g r o ß e Geschich­te liegt noch in der Zukunft.

Im nächs­ten Teil mehr dazu, wie dies nach Essén mög­lich sein soll­te, und wel­che Rol­le er dabei der Ukrai­ne zuge­dacht hatte.

 

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Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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Kommentare (20)

RMH

12. Oktober 2022 10:45

Vielen Dank, bislang spannend, ich halte mich konkreten Kommentaren dieses Mal zurück, bzw. warte auf Teil 3. Nur eine Anmerkung eher allgemeiner Art:

Wenn in einem Krieg der erste Schwung verloren geht, man in die Verlängerung muss und die Sache neu nach vorne getrieben wird, dann schlägt die große Stunde der Ideologen, Mythologen und all derer, die als Abklatsch sich heute evtl. auch "Coach" nennen würden. In der Roten- und später Sowjetarmee in den Einheiten dann der Politruks. Und die haben ihre Ideologie bekanntermaßen gerne auch mal mit dem Genossen Mauser in den eigenen Reihen durchgesetzt. Man darf die Frage stellen, ob der Wechsel vom zunächst geplanten, kurzen Polizeieinsatz mit schnellem Abschlagen des "Kopfes" hin zum Weltanschauungskrieg (das Wort darf meiner Meinung nach verwendet werden) nicht auf eine Gefahr hindeutet, die über alles Weltanschauliche hinaus geht. Am Ende sterben viele - und die nachfolgende Generation fragt sich, für was eigentlich? Deutschland leidet bis heute darunter, dass ein Krieg ideologisch aufgeladen wurde und bis zum bitteren Ende durchgezogen wurde. Das sich Politiker und Ideologen in eine konkrete Kriegsführung eingemischt haben (ohne konkret mitgekämpft zu haben) - gibt es dazu eigentlich auch Beispiele, wo das am Ende den Erfolg gebracht hat? Verlor mit den Krieg dann nicht nur das Land, sondern auch die Ideologie und letztere damit für immer?

Ein Fremder aus Elea

12. Oktober 2022 10:57

Das Flußbett geschichtlicher Größe ist schmaler als es sich die Meisten vorstellen, Churchill bemerkte es über Brasilien.

Ohne Phantasie scheint China in es zu steigen.

Hmm, ich könnte hier natürlich den halben Roman zitieren, was Starez Sossima über die Russen sagt, was Fjodor Pawlowitsch über sie sagt: "Das ganze Rußland ist eine Schweinerei! Die Bauern bezahlen Burschen, um ihre Töchter zu verprügeln, und später halten die Burschen um ihre Hand an. Darin steckt sogar eine Art Scharfsinn."

Aber abgesehen von psychologischen Neigungen, welche sich auch in bestimmten Umgebungen entwickelt haben, ist es schlicht so, daß Gesellschaften, in welchen Bürger durch Handel reich geworden sind, wie im Falle Hollands, sich von anderen Gesellschaften hinsichtlich der Ausformung des Bürgertums unterscheiden.

MARCEL

12. Oktober 2022 11:17

Interessante Entdeckung

Ergänzend hierzu Nikolai Berdyaevs Aussage, das russische Volk sei "das Volk der Endzeit", da durch die Orthodoxie die eschatologische Dimension in der Geisteshaltung vorherrsche (negativ gewendet: Apathie).

Die Despotie erklärt Berdyaev mit dem innewohnenden anarchischen Charakterzug, der aus der Echatologie hervorgehe (hier z.B. der Unterschied zum deutschen Wesen). Russisches Regieren sah er als Kreuzung aus Preußentum und Tatarischem an.

Damit geht immer eine Art Messianismus einher, früher kommunistisch, heute an die sog. "Ideen von 1914" in Deutschland gemahnend, d.h. Antipode-Sein zum ökonomischen Vernutzungs-Denken der angelsächsischen Welt.

Kann sich das aber durchsetzen?

P.S.: Auch die USA sind mentalitätsgeschichtlich nicht Europa!

Für mich das "Land der endlosen Retorte" und (man verzeihe das Pathos) in seiner durchgreifenden liberal hegemony sogar so etwas wie ein Antichrist. Der Theologe Kurt Anglet sagte einmal sinngemäß, wehe dem Menschen, der sich nur noch für gut hält...

Hajo Blaschke

12. Oktober 2022 11:17

Schon mal vorab, ohne weiteren Stellungnahmen zuvorzukommen. Die sog. bolschewistische Revolution war nichts anderes als ein im Jahre 1905 bis November 1917 sich hinziehender Staatsputsch. Siehe dazu u.a. Николай Стариков, Кто убил Российскую империю, leider nur auf Russisch mit einer Menge von Quellenangaben. 

Dieser Staatsputsch, letztlich mit dem auch heute immer noch angestrebten Ziel der Zerstückelung Russland zur bequemen Ausbeutung der russischen Bodenschätze wurde durch die Finanziers des Japanisch-Russischen Krieges unter der Führung von Jacob Schiff und der Wall-Street-Banken initiiert. Tief verstrickt in diesen Regime Change waren die britischen Geheimdienste. Mit verschiedentlichen Mythen über die eurasiatische Seele der Russen wurde dieser Staatsputsch und der nachfolgende Bürgerkrieg zur Legende umgestrickt, um den angeblich nichteuropäischen Charakter Russlands in die Welt zu bringen und damit die Versuche Russland zu dämonisieren, zu rechtfertigen.

Gracchus

12. Oktober 2022 11:32

Ich war leider noch nie in Russland. Neben russischen Bekanntschaften kenne ich Russland durch seine Schriftsteller, Komponisten und Filmregisseure, allen voran Andrej Tarkovski. Meine Kenntnis ist also beschränkt und womöglich verzerrt. Doch ist Iljins Charakterisierung nachvollziehbar, der wachträumerische, mystische Zug, der mir sehr gelegen ist. Der westliche Rationalismus ist nicht das Ende vom Lied. Es ist irrsinnig, das westliche Modell - ob nun universell oder nicht - der ganzen Welt überzustülpen, die Staatsform muss sich aus dem Volk organisch entwickeln. Was Deutsche wenig beachten. 

Während des Lesens drängte sich mir auf, was am Schluss steht, die Unausgereiftheit. Weshalb man gar nicht sagen kann, wohin sich Russland entwickelt. Die Zukunft sehe ich auch im Osten, schrieb ich schon öfter, und Deutschland kommt, meine ich, eine Vermittlerrolle zu, und ich sehe da durchaus Pberschneidungen. Ist Deutschland denn so hyperindividualistisch? Gibt es hier nicht einen ebenso kollektivistischen Zug?

t.gygax

12. Oktober 2022 15:59

Es ist sehr interessant zu erfahren, welche Bücher in der "schrecklichsten Barbarei" und den "finsternsten Zeiten Deutschlands " übersetzt und veröffentlicht wurden. Und das auch noch in wirklichen Kriegszeiten. Danke an ML für den Hinweis auf ein interessantes Buch, im selben Jahr wurde übrigens in D ein Buch von Giselher Wirsing veroffentlicht "Der unersättliche Kontinent", ein Buch Amerika, das sich heute noch zu lesen lohnt . Ich habe es mit großer Mühe mir vor Jahren antiquarisch beschafft.....

ML: Sehr interessantes Buch, auch "Zeitalter des Ikaros" schürft tief..

Niekisch

12. Oktober 2022 16:22

"Es handelt sich um vergessenes Buch eines hierzulande völlig unbekannten Autors.."

Darf ich, Herr Lichtmesz, auf das Werk von Heinz Brill, Geopolitik heute - Deutschlands Chance -, Ullstein 1994, S. 117, verweisen. Dort erwähnt er das Buch mit dem Hinweis, daß Essén von "blindem Ausdehnungsdrang Rußlands " spricht ( Esse`n S. 20 f. ), was von  Boris Meissner in Abrede gestellt werde. 

So völlig vergessen scheint Essén doch nicht zu sein.

ML: Danke für den Hinweis!

ede

12. Oktober 2022 16:30

@Grachus:

"Ist Deutschland denn so hyperindividualistisch? Gibt es hier nicht einen ebenso kollektivistischen Zug?"

In der Tat.

Ich war einige Male in Russland, schon länger her, aber ich kann die Esse'nsche Analyse weder bestätigen noch dementieren. Insofern bin ich ebenfalls auf die Fortsetzung gespannt.

Was mich bei meinen Besuchen in den 70-80ern allerdings überrascht hat, im Gegensatz zu Polen und Tschechoslowakei, ist jedwedes Fehlen von Resentment gegen mich als Deutschen.

Im bemerkenswerten Gegensatz dazu konnte ich tiefsitzende Abneigungen der Russen gegen andere, insbesondere südliche Sowjetvölker wahrnehmen. Galt verständlicherweise auch umgekehrt.

Am ausgeprägtesten war das im Baltikum. Russisch war dort auch Verwaltungssprache und jeder konnte es fließend. Ein Este oder Lette hätte sich aber eher die Zunge abgebissen, als einem den Weg auf russisch zu erklären.

Bemerkenswert auch eine gewisse Grobheit im Umgang mit Problembürgern. Das Alkoholproblem war mir zwar bekannt, im Stadtbild aber kaum wahrnehmbar. "Alkoholleichen" wurden am Fuss- und Handgelenken gepackt, und mit Schwung über die LKW Heckklappe geschleudert.

Wodka gab es nur stundenweise und nicht jeden Tag in den Kaufhallen. Wenn da, bildeten sich Schlangen.

Old Linkerhand

12. Oktober 2022 18:53

Ein Volk, das so großartige Schriftsteller hat, kann so schlecht nicht sein! In der DDR gröhlten wir immer: Adin, dwa, tri (1,2,3) - Russen werden wir nie. Nach meiner ersten Rußland Reise im Winter 1985  war ich total begeistert von diesen Menschen. Die extreme Deutschfreundlichkeit hat mich echt umgehauen. Das war in Sankt Petersburg / Leningrad und Moskau.                                                                                                 Zum Rausch der Russen: Bevor König Wodka seine Herrschaft antrat, wurde der Rausch vom Fliegenpilz/Amanita musceria erzeugt, wobei die Ibotensäure durch Decarboxylierung in Muscimol den eigentlichen Job machte. Bei einem solchen Gelage der hohen Herren wurde ihr Muscimol geschwängerter Urin von den Untertanen getrunken, da der Pilz sehr kostbar war. Nach dem großen Rausch war das Band zwischen Herr und Knecht gestärkt. Na ja, und die Finnen, Lappen und andere nordische Pilzlecker haben auch eine große Alkoholkarriere hingelegt. 

 

 

Niekisch

13. Oktober 2022 12:51

Angesichts des interessanten Weges von Essén möchte ich ein Werk empfehlen, das zeitweise mit Esséns Tätigkeit in Sibirien parallel läuft. Karl I.Albrecht war ein junger deutscher Kommunist, der 1924 in die junge Sowjetunion ging und dort als Forstwirt bis in hohe Stellungen gelangte und beispielsweise Kontakt zu Klara Zetkin hatte. Später fiel er in Ungnade, war in der Lubjanka gefangen, 1934 gelang es ihm über die deutsche Botschaft nach Berlin auszureisen, wo er zunächst unter die Obhut der Gestapo geriet und im Columbia-Haus "einquartiert" wurde, das damals schon "Konzentrationslager" genannt wurde. Nach längerem hin und her gelangte er in die Türkei, danach in die Schweiz: Albrecht Karl I. Der verratene Sozialismus, 11. Auflage September 1941, 644 Seiten mit zahlreichen heute unbekannten Schwarz-Weiß-Fotos von Sowjetgrößen. Ein gewaltiges Panorama deutscher und russischer Geschichte des 20 Jahrhunderts. Erstaunlich, daß ein solches Werk mitten im Krieg in einer Auflage von 250000 Exemplaren erscheinen konnte. 

ML: Ich kenne es, das ist wirklich ein bemerkenswertes Buch.

Volksdeutscher

13. Oktober 2022 13:19

@RMH - "Verlor mit den Krieg dann nicht nur das Land, sondern auch die Ideologie und letztere damit für immer?"

Das ist eine gute Frage, die selbst ich nicht erschöpfend beantworten kann. Erinnern Sie sich, wie oft in Nachkriegsdeutschland die Politschnulze "laßt uns einen Sozialismus mit dem menschlichen Gesicht verwirklichen" von linker Seite herumgereicht wurde, nachem die Verbrechen des Kommunismus dank Solschenizyn der Weltöffentlichkeit bekannt wurden? Die Politschnulze "laßt uns einen Nationalsozialismus mit dem menschlichen Gesicht verwirklichen" konnten wir von rechten Leuten indessen nicht vernehmen. Warum nicht? Denn die letztere Ideologie hätte eigentlich mehr Berechtigung und Chance, korrigiert und mit dem menschlichen Gesicht verwirklicht werden zu können - wenn wir das für unser Beispiel unbedingt von der Höhe der Zahl seiner Opfer und nicht nur von ihrem wirtschaftlichen Erfolg ableiten wollen. Der rechte Sozialismus verschwand, die linke Sozialismus ist hingegen geblieben. Die Ideologie verlor also trotz der ungefähr 200 Millionen Ermordeten nicht von ihrer Anziehungskraft. Böse Zungen behaupten, darin liege ihre eigentliche Anziehungskraft. Ist es nicht ein interessantes (= befremdliches?) Phänomen, zu sehen, daß sich die konservative Rechte sich bereit zeigt, linken Sozialisten Avancen zu machen,während sie sich einen abbricht, selber ja nicht als rechte Sozialisten wahrgenommen zu werden?

Niekisch

13. Oktober 2022 13:47

"bis zum Ribbentrop-Molotow-Pakt von 1939 und dem finnisch-russischen Krieg von 1939/40....ML: Ich kenne es, das ist wirklich ein bemerkenswertes Buch."

Weil ich das alles so spannend finde: Bei Albrecht findet sich auf S.112, 114 ein Hinweis darauf, daß Sowjetrußland Finnland schon 1930 annektieren wollte, daran aber durch den Lappo ( Lapua )  - Aufstand und die Schwäche der finnischen Kommunisten gehindert wurde. 

Volksdeutscher

13. Oktober 2022 15:49

@Hajo Blaschke - "....wurde durch die Finanziers des Japanisch-Russischen Krieges unter der Führung von Jacob Schiff und der Wall-Street-Banken initiiert."

Und noch etwas: Schiff war ein mit dem Hause Rothschild befreundeter Bankier und die Kontaktperson zu Lew Bronstein, er finanzierte deren Revolution. Die Oktober-Revolution war niemals eine russische, das weiß inzwischen fast jeder Russe und Nichtrusse. Man lese Solschenizins verschwiegene Buch Zweihundert Jahre zusammen, Russen und Juden im zaristischen Russland, Band 1 und 2. Die überwiegende Mehrheit der Oligarchen von Russland und der Ukraine sind auch heute Juden. Ein Zufall? Niemanden überrascht, daß sie beim Zerfall der Sowjetunion die Oberhand gewannen. Sie bereicherten sich hemmungslos, sie untergruben die nationale Souveränität Russlands in der Weise, daß sie die Privatisation und den Ausverkauf der russischen Ökonomie an westliche Firmen betrieben. Das ging auch in anderen ehemaligen Ostblockländern mit Verfall von Sitte und Kultur und der Verelendung breiter Massen einher. Dieser die nationalen Interessen Russlands untergrabende Prozess war ohne ihre negative Rolle nicht vorstellbar. Putin zog ihnen einen Strich durch die Rechnung. Im Gegensatz zu westlichen Oligarchen können sie sich in Russland nicht als Staat im Staate aufplustern. Mit Putins Machtübernahme begannen auch bald die Feindseligkeiten und die Bestrafung Russlands durch Sanktionen der "moralisch haushoch überlegenen westlichen Wertegemeinschaft".

Niekisch

13. Oktober 2022 18:32

"Die Politschnulze "laßt uns einen Nationalsozialismus mit dem menschlichen Gesicht verwirklichen" konnten wir von rechten Leuten indessen nicht vernehmen. Warum nicht? Denn die letztere Ideologie hätte eigentlich mehr Berechtigung und Chance, korrigiert und mit dem menschlichen Gesicht verwirklicht werden zu können....Ist es nicht ein interessantes (= befremdliches?) Phänomen, zu sehen, daß sich die konservative Rechte sich bereit zeigt, linken Sozialisten Avancen zu machen,während sie sich einen abbricht, selber ja nicht als rechte Sozialisten wahrgenommen zu werden?"

@ Volksdeutscher 13.10 13:19: Das ist nicht zutreffend: Der unglücklicherweise bereits verstorbene Dr. Hans-Dietrich Sander hat sich zumindest indirekt dergestalt geäußert ( vgl. sein Werk "Die Auflösung aller Dinge, Castel del Monte München o.J., aber 1988, Kapitel 8 "Thesen zum Dritten Reich", S. 161-168 ) Ich habe mich auf "Metapolitika" ebenfalls seit Jahren mit dieser Frage beschäftigt, ebenfalls mit "Querfront"problemen. 

Niekisch

13. Oktober 2022 18:55

"..Schiff war ein mit dem Hause Rothschild befreundeter Bankier und die Kontaktperson zu Lew Bronstein, er finanzierte deren Revolution."

@ Volksdeutscher13.10. 15:49: ....mit der Folgewirkung, daß Bronstein (=Trotzki) unter scharfer Kritik an Gurewitsch noch 1925 seinem Bedauern Ausdruck gegeben hat, daß es unter den leitenden Funktionären der Wirtschaft immer noch Phantasten gebe, die von der realen Wirklichkeit weit entfernt seien. Er für seinen Teil glaube nicht daran, daß das ausländische Kapital anders als in Form von Konzessionen oder gemischten Gesellschaften sich am Aufbau der Wirtschaft in der Sowjetunion beteiligen werde. Er unterstütze daher jede Konzessionsabsicht des Auslandes..( vgl. Albrecht, Karl I., Der verratene Sozialismus, S.217 )

Hajo Blaschke

13. Oktober 2022 19:14

Vo!ksdeutscher Völlig richtig, mit einer kleinen Bemerkung: Oligarchen sind Personen, die sich Politiker kaufen, damit diese Personen Politik für die Oligarchen betreiben. Solche Personen gibt es in Russland nicht mehr, seit Putin damit bei seinem Amtsantritt Schluss gemacht hat.

In der Ukraine trifft das Gesagte noch voll zu. Namen wie Waltzman, Kapitelman, Seltsman usw. belegen das. 

Die plötzliche Bereicherung des Pesonenkreises in Russland und der Ukraine derjenigen, die sich weder als Russen noch als Ukrainer ansehen und auch so handeln, war eine Wall-Street-Aktion der ethnischen Verwandten. Man sollte wissen, dass die Jelzin-Verfassung von US-Anwälten erarbeitet wurde.

Zu dem Phantom Nationalsozialismus. Zu Zeiten der 12 deutschen Schwefeljahre gab es Danmarks Nationalsocialistiske Arbejderparti, die Tschechoslowakische  Nationalsozialistische Partei und so weiter. Es war also keinesfalls ein deutscher Sonderweg. Ein chinesischer Bekannter hat mir erzählt, dass die KPCh eine Politik des nationalen Sozialismus verfolgt.

Volksdeutscher

13. Oktober 2022 19:39

@Niekisch

Ich danke für den Hinweis, aber das ändert an der Abwesenheit der Fragestellung in der Breite nichts. Von welchen "offiziellen", "kompetenten" und "anerkannten" akademischen Instanzen wurde die Frage in der Öffentlichkeit jemals ernsthaft gestellt oder gar diskutiert, wie die Linke ihre Forderung nach einem "Sozialismus mit dem menschlichen Gesicht" seit eh und jeh in öffentlichen Diskussionen ungehindert, ohne irgendwelche moralischen Capriolen schlagen zu müssen, der deutschen akademischen Öffentlichkeit präsentieren konnte? Sie, denke ich, werden verstehen, warum ich jene drei Adjektive in Anführungszeichen setzte und was ich damit zum Ausdruck bringen wollte.

Volksdeutscher

14. Oktober 2022 01:07

@Hajo Blaschke - "Es war also keinesfalls ein deutscher Sonderweg."

Natürlich war es keiner, obwohl man das seit Kriegsende hartnäckig behauptet, um den deutschen Weg als Irrweg präsentieren zu können, der zwangsläufig zu Hunger, Elend, Vertreibung und Totschlag führen mußte. Die Bezeichnung Sonderweg sollte dem Deutschen suggerieren, daß er den wahren, prädestinierten Weg verließ und er ihn im Jahre 1946 nach geistig-moralischer Reinigung nun wieder betreten durfte - eigentlich erzwungenerweise mußte. Sie sollte ihm bedeuten, daß es keinen Sonderweg gebe, nicht für ihn und nicht für andere. Nur, für die dramaturgisch gekonnt vermittelte teleologische Fokussierung auf das Ende, das nur so und nicht anders kommen konnte, gibt es keine Beweise. Die von Ihnen genannten Parteien sind auch nur ein Bruchteil jener rechten Parteien und ideologischen Strömungen gewesen, die in Europa damals kürzere oder längere Zeit mit mehr oder weniger Erfolg existierten. Es sind unzählige Lügen über sie im Umlauf. Die Benutzer der Floskel des deutschen "Sonderweges" könnten indes behaupten, daß viele dieser Parteien und Strömungen auf deutschen Druck oder nach deutschem Vorbild zustande kamen und schon aus diesem Grund "illegitim" seien, was freilich so nicht stimmt. Legitimation hat für sie indes nur die Unterwerfung unter das Diktat der Wall Street.

Hajo Blaschke

14. Oktober 2022 08:33

Volksdeutscher, ich gebe Ihnen in Vielem recht. Aber die von mir genannten Parteien waren keine rechten Parteien. Das waren linke, sozialistische Parteien, die Sozialismus lediglich anders aufgefasst haben als Lenin und Co. Vorbild für konservative Parteien können sie nicht sein.

Volksdeutscher

14. Oktober 2022 13:27

@Hajo Blaschke

Ja, aber ich nehme deren politische Stoßrichtung als solche wahr und deute sie deshalb als rechte Bewegungen. Vielleicht ist es ein Fehler von mir.

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