Ein Credo, das in das Selbstverständnis der Bundesrepublik eingebrannt, jedoch nur dem Holocaust vorbehalten ist. Gerade erst vor ein paar Tagen, am Freitag, dem 27. Januar, beging die BRD den Gedenktag ihres negativen Gründungsmythos.
Derweil dem Schicksal der europäischen Juden alle Aufmerksamkeit zuteil und mit religiösem Eifer kein Anlaß ausgelassen wird, um Buße für die über Generationen vererbte Schuld zu tun, hat man das Schicksal der deutschen Vertriebenen auf die Hinterbänke der deutschen Erinnerungskultur verbannt.
Für Linksextreme sind diese nur ein Haufen schuldbefleckter Verbrecher an der Menschheit, die jede ihnen widerfahrene Greuel verdient hätten: häßliche Deutsche.
Erfreulicherweise ist über die letzten Jahre allerdings eine dieser Haltung gegenläufige Tendenz zu beobachten, die die grausame Flucht und Vertreibung der Deutschen aus Ostdeutschland zum Ende des II. Weltkriegs und kurz danach, zurück ins Gedächtnis ruft.
Mal spüren Deutsche wie Christiane Hoffmann in Alles, was wir nicht erinnern (hier bei Antaios bestellen) ihren Wurzeln nach, mal leisten Polen wie die in Lignitz geborene Karolina Kuszyk mit In den Häusern der anderen (hier bei Antaios bestellen) einen Beitrag dazu, daß sowohl die deutsche Vergangenheit Schlesiens und Ostpreußens als auch die Folgen der Vertreibung nicht in Vergessenheit geraten.
Ein Erinnern, das nicht als Ladenhüter verstaubt, sondern breit gelesen wird: Hoffmanns Alles, was wir nicht erinnern belegt im Spiegel-Jahres-Bestseller-Ranking 2022 der Kategorie »Sachbuch / Hardcover« den 7. Platz und Kuszyks Häuser steht aktuell auf Platz 16 der Spiegel-Bestsellerliste.
Eine drastischere Schilderung der Ereignisse gibt derweil Christian Hardinghausens Das Wolfsmädchen, der mit Die verratene Generation, Die verlorene Generation und Die verdammte Generation bereits diejenigen zu Wort kommenließ, deren Erlebnisse man aus dem öffentlichen Gedächtnis der Bundesrepublik lieber tilgen möchte, und wenn, dann nur in einer antifaschistischen, das eigene Geschichtsnarrativ stützenden Einfärbung zuläßt.
Sezession-Literaturredakteurin Ellen Kositza stellt die von Hardinghaus im Wolfsmädchen nachgezeichnete bedrückende Flucht der elfjährigen Ursula Dorn aus Königsberg auf dem kanal schnellroda vor:
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Seit dem Ausbruch des Russisch-Ukrainischen Kriegs spielen sich befremdliche Szenen ab. Eine dieser Szenen produzierte der Twitter-Account eines gewissen Mark Shore. Der »ganzheitlich«, »menschlich« und »wegweisend« ausgerichtete Dutt-Träger, vorgeblich aus Frankfurt am Main kommend, beschreibt sich mit folgenden Hashtags:
»#HardWork | #Grundeinkommen ☔ | #UBI | #Vater | #Gamer | #YangGang | #LexusRX | #LegalizeIt | #SlavaUkraini«
So weit, so skurril. Doch hier endet es nicht, denn der mit Brokkoli im Anzeigenamen bewaffnete Shore bekam angesichts der beschlossenen Panzerlieferungen des Typs »Leopard« an die Ukraine einen euphorischen #FreeTheLeopards-»Meltdown« und rechnete mit den #Lumpenpazifisten der AfD und Linken ab:
Nehmt das ihr verdammten #AfD #Linke Schwurbler #Lumpenpazifisten ihr verschissenen Putin-Fans ihr Lügner und Tatsachenverdreher ihr menschlicher Abschaum. Ihr werdet verlieren!!! Anstand und Menschlichkeit werden gewinnen!!#Leopard2 für #Ukraine
— Mark Shore (@shore2021) January 24, 2023
Die Erklärung, warum der »Gamechanger« Leopard den Verlauf auf dem Schlachtfeld ändern werde, lieferte er gleich mit:
Der #Leopard2 ist für offensive Kriegsführung dh die Rückgewinnung besetzter Territorien ein Gamechanger. Er kann Frontlinien durchbrechen und verlustreiche Stellungskämpfe beenden, dabei Tausenden Soldaten das Leben retten. Wir brauchen JETZT eine Koalition der Willigen!!!
— Mark Shore (@shore2021) January 24, 2023
Man kann nur hoffen, daß es sich bei »Mark Shore« um ein satirisches Kunstprojekt handelt.
Ungleich nüchterner und militärisch versierter analysierte der israelische Militärhistoriker Martin van Creveld in einem Artikel die militärischen Möglichkeiten und Folgen, die sich aus den westlichen Kampfpanzerlieferungen ergeben.
Die Welt übersetzte diese lesenswerte Analyse:
Allnichts
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Eine etwas unseriöse Art und Weise, irgendwelchen aufgeregten Tweets irgendeiner mäßig bekannten Person auf Twitter einen tatsächlich oder vermeintlich sachlich-nüchternen Artikel eines bekannten Historikers gegenüberzustellen, zumal sich auch haufenweise dauerempörte Verhandlungsforderer sowie vernünftig argumentierende Waffenlieferungsbefürworter finden lassen.
Wie dem auch sei, ich begrüsse in der Situation, in der wir uns nun einmal befinden, die Panzerlieferungen, gegebenenfalls auch die Lieferung von Flugzeugen, da die Ukraine sich ohne all diese Waffen nicht verteidigen und erst recht nicht den besetzten Teil ihres Landes zurückerobern kann. Wer sich dagegen ausspricht, soll einen Löschungsvorschlag vorlegen, der einerseits realistisch ist und andererseits bei Erfolg nicht dazu führt, dass Russland letzten Endes seine wichtigsten Kriegsziele erreicht. Alle mir bekannten "lumpenpazifistischen" Vorschläge scheitern daran, teilweise wird offen in erster Linie von der Ukraine eingefordert. Wer den russischen Angriffskrieg und die Besatzung ohnehin befürwortet, mit all den Folgen, den Toten, den Zerstörungen, den Vertreibungen, Vergewaltigungen und Verschleppungen, disqualifiziert sich ohnehin für jede weitere Diskussion in dieser Angelegenheit.