Bitte – was denn sonst? Es ist ja quasi mein Beruf!
Ich habe (zusätzlich zu meinem Mutter-Beruf) seit meiner Zeit als junge Studentin bis heute ein paar dutzend Artikel zum Thema Feminismus geschrieben (von denen ich keinen revidieren täte). Mindestens zehn davon rekapitulierten die Philosophie meiner Lieblingsdenkerin Camille Paglia, die weitgehend alles gesagt hat, was über die „Frauenrolle“ zu sagen ist.
Die Journalistin nickt „wissend“ und fragt, wie ich denn die Rolle als „Heimchen am Herd“ rechtfertigte. Ich sei doch Antifeministin? Dazu noch Katholikin, also schließlich dafür, daß „die Frau schweige“?
Es ist so ein dummes Spiel: das Hantieren mit Versatzstücken, als seien wir bei Lego, wo es ein so festes wie arg begrenztes Raster gibt. Lego ist übrigens in pädagogischer Hinsicht ätzend: Es lehrt Kinder, daß etwas hält, was unter normalen Bauklötzchenumständen nie halten würde.
Alle Mädchennamen, die ich für unsere Töchter gewählt habe, verweisen auf echte Heldinnen – und eben nicht auf “Heimchen”. (Übrigens sind die wenigsten darunter „germanisch“, um noch so ein Vorurteil auszuräumen. Andererseits fände ich es auch nicht problematisch, wenn all meine Kinder „germanische“ Namen hätten. Germanische Namen sind super.) Ich, wir, haben den Mädels mit oft wuchtigen Namen eine gewisse Hypothek aufgebürdet, klar. (Das macht aber in Wahrheit so mancher Name, ob Andrea, Leonie, Maria, Leni und Sophie.)
Und, das ist doch klar: Natürlich steht einer Frau Schweigen besser zu Gesicht, wo sie nichts zu sagen hat. Herumlabern (vulgo „Wortergreifung“, man sieht die Klassenstreberin leibhaftig vor sich) ist eh völlig überbewertet. Wie oft die biblische Schweigeaufforderung auch an Männer ergeht (=oft!), wollte ich mit der Journalistin gar nicht diskutieren.
Wer „Heimchen am Herd“ sagt, ist ohnehin Opfer seiner eigenen Klischees.
Die Journalistin fragte dann, wie ich zu Anabel Schunke stünde und ihren folgenden Aussagen:
Frl. Schunke ist so etwas wie eine liberal-konservative Influencerin. Sie hat 70.000 Folger auf Twitter und knapp 96.000 auf Facebook. Geboren in Goslar, Blondhaar, gemalte wuchtige Augenbrauen, kantiges Kinn, sehr klein, laaange Fingernägel. Sie ist strikt Anti-Gender, Anti-Links und so weiter. Und sie verfügt (ausweislich ihrer Bilder und Einträge) über ein gehöriges Selbstbewußtsein. Sie – Mitte dreißig – ist schlagfertig, tough und gar nicht dumm.
Eine sogenannte Powerfrau. Sie liefert (wenngleich ich das nicht wirklich bewerten kann als Hetera) heiße Photos (gern leichtbekleidet) und heiße Stellungnahmen. Also solche, die nichts für „Waschlappen“, sondern quasi für echte Männer gedacht sind. Sie photographiert sich halt gern und genießt den Applaus.
Insofern gibt es objektiv gar kein Problem mit Schunke. Sie macht ihr Ding und zieht entsprechende Leute an. Es gibt Sachen, die deutlich weniger erfreulich sind!
Nur, da ist ihr Problem mit den Männern. Sie, erst für die CDU und Junge Union, dann für Die Linke aktiv, findet einfach keinen Vermehrungspartner.
In zahlreichen Statements und Videos hat die Schunke bekräftigt, warum deutsche Männer ihr zu lasch oder blöd sind, sie hat sich “feiernd” mit migrationshintergründigen Testosteronis gezeigt.
Vermutlich erhält die moderat „rechte“ Schunke mehr Haßpost als die gängigen linksliberalen farbigen Krawalldamen vom Schlage Dunya Hayali, Jasmina Kuhnke (alias #Quattromilf) und Sawsan Chebli, zumal Schunkes halbgare, anemanzipierte „Fühlis“ gerade das deutsche Kommentariat extrem erregen, nach dem Motto: Ken fährt die Braut an, „Barbie, halt einfach Dein Maul.“
Na gut. Hier predigt eine gekonnte Selbstdarstellerin reichenweitenstark weiblichen, nicht-linken Hedonismus.
Zurück zur Kinderkriegfrage und mithin zur Frage der Journalistin. Wir alle haben doch unseren Nietzsche gelesen: „Alles am Weibe ist ein Rätsel, und alles am Weibe hat eine Lösung: sie heißt Schwangerschaft.“
Darin ist viel Wahrheit. Und nun reiht sich die Schunke ein die große Kohorte jener schriftbegabten Frauen, die die Frage und das Rätsel einfach durchstreichen und sagen #menot.
Das Nein zu Kindern ist ungeheuer populär. Das war es bereits vor 30 Jahren und ist es heute umso mehr.
Es gibt ein ganzes Genre zu diesen Themen. Wer Periodika wie @zeitonline (nur ein Beispiel unter hunderten Möglichkeiten zur Hirnmassage) abonniert hat, kennt die opfermäßigen Schlagzeilen:
Niemand hat mich über Schwangerschaftsschwierigkeiten aufgeklärt! Niemand hat mir gesagt, daß eine Geburt so ungeheuer wehtun kann! Niemand hat mich darüber aufgeklärt, daß Säuglinge dauernd schreien! Daß Kleinkinder bocken! Daß sie Nerven kosten! Schlaf rauben! Geduld fordern! Karrieren stillstellen!
Ich leugne nichts davon. Rein pragmatisch hat eine Anabel Schunke also recht. Kinder sind immer und unbedingt ein Klotz am Bein für´s Ego, das sich unbeeinträchtigt von Zweiten und Dritten entfalten will. Kinder sind anstrengend. Von Geburt an.
Andererseits: „Niemand hat mir gesagt“ ist aus dem Mund dieses Schreibpersonals vermutlich eine Lüge. Das Geschrei über den “Störfaktor Kind” dauert nun ja schon seit vielen, vielen Jahren an. (Der Spruch, daß „das Leben kein Ponyhof“ sei, ist übrigens erst 2001 populär geworden.)
Der Trend „Kind? Skepsis!“ hat sich in meinen Augen aber unlängst verstärkt. In den mittleren Sechziger Jahren hatte der sogenannte Pillenknick für ein Einbrechen der Geburtenquote gesorgt. Verhütung war jetzt „problemlos“ machbar. Und sie verzichteten gern auf Nachwuchs, die Frauen, es war die Zeit des Großen Fressens, des Hedonismus, des Narzismus, des ungestörten Wohlstands, des Sexexperiments.
Theoretisch unterfüttert wurde der Gebärstreik erst später. Meine Generation erwischte es voll. Die von Anabel Schunke noch stärker.
Ich konsumierte damals unter anderem Unter Müttern. Eine Schmähschrift (1993) von Dorothea Dieckmann (Mutter einer Tochter), wo möglichst ätzend geschildert wurde, wie arg begrenzend Mutterschaft ist gerade für eine „kreative Frau.“ Bereits in den frühen Neunzigern war ich Emma-Leserin (später langjährige Abonnentin), da gab es noch mehr Feuer bzw. Wasser auf meine Mühlen.
Ich bin so der Typ, der sich immer an antagonistischen Programmen abarbeiten muß. Weil: Kann ja sein, daß die Gegenseite auch mal vernünftige Argumente hat. Ich will ja gewappnet sein.
In meinen zwanziger Jahren las ich fast jeden feministischen Artikel in der taz, später setzte ich mich mit Elisabeth Badinters Der Konflikt, Corinne Maiers NO Kid. 40 Gründe, keine Kinder zu haben (Sezession 26, 2008) und Die Childfree-Rebellion von Vera Brunschweiger auseinander.
Längst kommen die Einschläge näher: Regretting Motherhood (Es bereuen, Mutter zu sein) der israelischen Soziologin Orna Donath trendete dauerhaft und zog zig Nachahmerinnen nach sich:
Nun wurde es wirklich en vogue, nur gaaanz widerstrebend Mutter zu sein. Und zu jammern über die Einbußen an Leib („ich erkenne meine Brüste nicht wieder“) und Seele („ich habe nicht mal Zeit, meine Fußnägel zu lackieren!“).
Orna Donaths Essay ließ viele Frauen aufseufzen, die sich durch mutterschaftliche Pflichten arg eingeschränkt fühlten und plötzlich überall Diskriminierungen sahen bzw. fühlten. Eine Welle internationalen Mutterschmerzes rollte an.
Sie hält bis heute an. Zuletzt (Februar 2023) hatte Heide Lutosch bei Matthes & Seitz einen Aufsatz zum “Kinderhaben“ publiziert.
Auf so eine Scheiße bin ich reingefallen? Ja, bin ich.
Mit “Scheiße” meint sie die Schwangerschaft. Und:
Ich sah mich als Witzfigur,
womit sie ihre Rolle als Mutter beschreibt. Und:
Es ging mir nicht gut. Und wenn ich genau hinsah, merkte ich, dass es auch den anderen Müttern nicht gutging. Keiner einzigen Mutter, mit der ich in all den Jahren zu tun hatte, ging es wirklich gut.
Es folgen, wie gewohnt, dutzende Klageseiten über die miese Existenz als Mutter. Ich denke: Solche Bücher haben einen enormen propagandistischen Effekt.
Nun, ich selbst hatte (nein, habe!) sieben Kinder. Und es ging mir in diesen rund 17 Jahren mit Babies und Kleinkindern ziemlich gut. Rückblickend waren es vielleicht die schönsten Jahre meines Lebens.
Ich selbst war dabei vom Naturell weniger der Mama-Typ; als junge Frau war ich weder häuslich noch babyverrückt, ich konnte nicht mal kochen oder backen. Es (das Kinderkriegen) war bei mir reine Willkür, sogar Trotz gegen den Zeitgeist. So eine Art Die-Pflicht-auf-sich-nehmen, gewissermaßen against all odds. Es war zunächst wie ein Projekt, das ich angehen wollte.
Zunächst natürlich Zeugungslust (damit meine ich, bitte, etwas Transzendentales!), dann aber große Erziehungslust. Wie schön: Sich in die Pflicht genommen fühlen! Total und absolut verantwortlich sein! Jemanden begleiten und prägen zu dürfen! Dasein MÜSSEN! Unbedingt und unersetzbar!
Und dann, quasi gratis, ungemeine Liebesaufwallungen, die die üblichen Alltags-Zutaten wie Streß und Langeweile (logisch immer mit im Boot als Mutter) überwölbten.
Gerade gestern hatte ich drei Enkel (alle m, alle drei Jahre alt) bei mir. Ulkig, daß sich die Liebesschübe wiederholten!
Ich bin eine ziemlich junge Oma und tat, als wäre es meine eigene Brut. Es war ein Toben, Balgen, Streunen, ein Entdecken und eine einzige Freude. Was, bitte, sonst ist denn Lebenssinn? Unsere komischen Damen von der Anti-Kinder-Front müssen all das entbehren. Ich möchte keine einzige Netflix-Staffel, keinen einzigen Spa-Besuch eintauschen.
Die Journalistin sagte heute, ihr Text müsse dann noch „durch die Redaktion“. Bin gespannt.
Und hier noch eine aktuelle “Umfrage”. Bin unsicher, ob knapp 58% „Ja“ ein gutes Zeichen sind.
Umlautkombinat
Ha, nett! Hab nur Zwei, aber das passt schon. Nur - wie erklaert man Blinden die Farbe?
Sehen Sie das eigentlich so uneingeschraenkt als Trend, das gewollt Kinderlose? Man sagte ja mal, Millenium+ wuerde da eher konservativer und moechte die Kinder wieder. Rein persoenlich stellt sich mir das auch so dar. Quelle ist aber nur eine ziemlich grosse Familie (in allen Generationen) und eine ostdeutsche Grossstadt mit ueberdurchschnittlichen Geburtenraten ueber nun auch schon einiges an Jahren.