Nur ist die das Politische geradezu konstituierende Freund-Feind-Konstellation zunächst zivilisiert bis kultiviert zu beherrschen. In der Der Begriff des Politischen (1932) findet sich eigens herausgestellt, daß der politische Gegner nicht gleich der persönliche Feind ist:
Der politische Feind braucht nicht moralisch böse, er braucht nicht ästhetisch häßlich zu sein: er muß nicht als wirtschaftlicher Konkurrent auftreten, und es kann vielleicht sogar vorteilhaft sein, mit ihm Geschäfte zu machen.
Dessen eingedenk sollte die Polarisierungstendenz unserer unmittelbaren Gegenwart besorgt stimmen. Gegen alternative, also konservative bis rechte Kräfte – Anderswo gibt es kein alternatives Denken mehr. – holt der Staat hart aus. Auch eine vermeintliche Demokratie ist letztlich nur – Herrschaft.
Seit etwa fünfzehn Jahren greift staatsgetragen eine forcierte Ideologisierung durch, für die hier nur skizzenhaft Stichworte aufgerufen seien: Cancel-Culture, Wokeness, linker und grüner Moralismus, Gendersprache.
Mit dieser dezidiert linken Kampagne geht einher, daß – mindestens für die Linke und wohl mehr noch für die längst staatstragenden Grünen – der politische Feind gleichfalls der persönliche ist – ja, als moralisch böse, ja, als ästhetisch häßlich geltend. Mehr noch:
Der Rechte gilt nicht nur als Feind und Gegner, sondern als kriminell, sogar als hoffnungslos verlorener pathologischer Fall, als irreversibel krank, insofern all die von Staats wegen verordneten Therapien offenbar ja nicht anschlugen. Nach links reduziertem Aufklärungsverständnis dürfte es nämlich Kritiker der gesetzten „Grundvereinbarungen“, u. a. des ethischen Universalismus, vernünftigerweise überhaupt nicht mehr geben.
Schon gar nicht nach den hohen Dosen politischer Bildung in der repolitisierten Schule und in Ergebnis der „Erziehung zur Demokratie“, die von all den Vereinen der sogenannten „Zivilgesellschaft“ getragen wird, deren staatliche, also steuergeldliche Finanzierung durch das sogenannten Demokratiefördergesetz gerade auf Dauer gestellt wird, so daß sie zu staatsnahen Propagandabehörden avancieren.
Daß es trotz forcierter Staatspropaganda und all ihrer „zivilgesellschaftlichen“ und „ehrenamtlichen“ Hilfsorganisationen dennoch kritische, also konservative und rechte Kritik gibt, konsterniert die Linke und die von ihr dominierte Berliner Republik derart, daß sie unter Bruch ihrer Habermasschen Diskursethik geradezu politallergisch mit Diskursausschluß reagiert:
Rechten Stimmen dürfe keinesfalls noch ein Podium geboten werden, so die gängige Auffassung. Als „rechts“ gilt aber mittlerweile alles, was nicht dezidiert links ist.
Die penetranten Dauerphrasen von „Toleranz“ und „Vielfalt“ intendieren das Gegenteil dessen, was diese Begriffe ursprünglich meinten: Entgegen ihrer Ursprungssemantik stehen sie längst für die Gleichschaltung der Auffassungen und das Blockieren aller Dissidenten. Kurioserweise gilt das Toleranzgebot nur noch dort, wo es überflüssig ist – im Milieu der linksgrünen und woken Gleichgesinnten selbst.
Damit ist das linke Staats-Establishment ganz bei Carl Schmitt:
Jede wirkliche Demokratie beruht darauf, daß nicht nur Gleiches gleich, sondern, mit unvermeidlicher Konsequenz, das Nichtgleiche nicht gleich behandelt wird. Zur Demokratie gehört also notwendig erstens Homogenität und zweitens – nötigenfalls – die Ausscheidung oder Vernichtung des Heterogenen.
Nichts bezeichnet die aktuelle Tendenz treffender, denn das wird gerade mit staatlichen Bordmitteln betrieben: Ausscheidung und Vernichtung des Heterogenen. Perfide allerdings, daß dies unter dem Titel „Vielfalt“ geschieht.
Es läuft eine veritable Kulturrevolution, ausgehend von einem in der Bezeichnung von Professor Peter Graf Kielmansegg „intellektuellen und sozialen Milieu, das sich in bestimmten gesellschaftlichen Bereichen eine hegemoniale Stellung aufgebaut hat“. Hegemonial jedoch nicht nur in der Kultur, sondern vor allem in den Medien und zunehmend im Staatsapparat selbst.
Wir erleben: Professoren werden an ihrer Lehrtätigkeit gehindert, Denkmale geschleift, Straßen und Plätze umbenannt, Texte des literarischen Erbes und Schullektüren auf politisch korrekten Sprachgebrauch untersucht, Berufsverbote werden verhängt, verbunden mit Gesinnungsschnüffelei (nicht antiquiert über Staatssicherheitsbehörden, sondern einfach und modern via Google), ganz zu schweigen vom schrillen Ton der reflexartigen Nazi-Vorwürfe gegenüber Kritikern.
Wer noch von einem „ethnisch verstandenen Volksbegriff“ auszugehen wagt, gilt sogleich als „gesichert rechtsextrem“. Wer, konsterniert von zunehmender Asylantengewalt, gar von „Messer-Migranten“ spricht, der betreibe „ausländerfeindliche Agitation“.
Überhaupt wird man in Deutschland schnell zum „Verdachtsfall“, das Denunziantentum und sein Zusammenwirken mit den exekutiven Verfolgungsorganen gilt sogar als couragiert. In den Schulen ist das artige Nachsprechen der Bekenntnisse längst wieder wichtiger als die differenzierte Argumentation oder eine qualifizierte Urteilskraft.
Wirklich freimütige Diskussionen, polemische Debatten wie vor Jahrzehnten, die zwar mir Verve geführt wurden, jedoch ohne Verunglimpfungen und negative Stigmatisierungen auskamen, sind selten geworden; die laute Empörung ist die Regel. Mit Figuren wie Böhmermann erweist sich sogar die Satire als staatlich betriebene Inquisition. Wer sich auf der richtigen Seite wähnt, stellt seine theatralische, gar hysterische Empörung als mutiges Handeln heraus.
Der Begriff des „Verfassungsfeindes“ geht übrigens auf Schmitt zurück, ebenso das Wort von der „wehrhaften Demokratie“ sowie der Satz „Keine Freiheit für die Feinde unserer Freiheit“. Die Linke ist gegenwärtig also viel dichter bei Schmitt, als sie ahnen mag. Wo Linke je regierten, verfuhren sie völlig dezisionistisch, mithin schmittianisch. „Auctoritas, non veritas facit legem.“, das klingt auch leninistisch recht passend.
Die Differenzen, die Gegner- und Feindschaften werden gerade unversöhnlicher – dies um so mehr, als hinter der allein geltenden Lehre die Macht der Exekutive versammelt ist und man hinsichtlich der Judikative längst Zweifel hegen darf, ob sie gegenüber Vereinnahmungsversuchen tatsächlich unabhängig bleibt. Auch Richter haben häufig Parteibücher.
In der Legislative wiederum mehren sich sogenannte Entschließungsanträge, in Gestalt des Einheitsbekenntnisses jener miteinander verwachsenen Parteien, die allein ihr Bündnis als „demokratisch“ ansehen.
Neben dem Inhalt achte man auf die Sprache, also auf die Zuschreibungen, die Konnotationen und den so hoch wie hohl klingenden didaktischen Duktus, vor allem aber auf die Identifizierung des Feindes:
Der Landtag tritt deshalb allen demokratiefeindlichen und menschenverachtenden Haltungen, Bestrebungen und Strukturen entschieden entgegen. Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit zu fördern und Extremismus zu verhindern, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für deren Gelingen staatliche und politische Institutionen sowie die Zivilgesellschaft gemeinsam die Grundlagen schaffen müssen. Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern unterstützt deshalb die weitere Stärkung der politischen Bildung und fordert die Landesregierung in diesem Zusammenhang auf, eine intensive Verzahnung ihrer bereits bestehenden umfassenden Aktivitäten mit dem kürzlich vom Bundesministerium des Innern auf den Weg gebrachten Aktionsplan gegen Rechtsextremismus zu prüfen.
In ähnlicher Weise, wie Victor Klemperer die „Lingua tertii Imperii“ beschrieb, ließe sich dem linguistischen Verfahren und der semiotischen Kritik nach mittlerweile die Sprache der selbsterklärten Demokraten beschreiben und analysieren. Es finden sich darin aufschlußreiche stereotype Verdikte, die als manipulativ, vor allem aber als Kampfansage zu verstehen sind, wobei man sich in diesem „Kampf gegen Rechts“ der Exekutivmittel des Staates versichert und damit unverhohlen droht.
Das bereitet mir persönlich wenig Sorge, es läßt sich aushalten, notfalls in irgendeiner Nische oder mit weitgehender Politikabstinenz, zumal es Wichtigeres, ja Existentielleres gibt als „Machenschaften“, wie Heidegger es formulierte.
Sorge bereitet mir viel mehr, daß eine so harte Konfrontation, wie sie gegenwärtig forsch von links, mithin vom Staat betrieben wird, u. a. gegen die AfD, gegen die „Junge Alternative“, gegen die Identitären sowieso, daß also diese aggressive Attacke, die bereit ist, einst übliche rechtliche oder einfach zivile Gepflogenheiten außer Acht zu lassen, unweigerlich gegen sich ein Korrektiv aufrufen wird.
Je intensiver sich dieses Korrektiv vitalisiert, um so mehr droht die Gefahr eines echten Zerwürfnisses in der Gesellschaft, vorangetrieben von anderen Diskrepanzen, vor allem von der scheiternden Flüchtlingspolitik. Die invasive afroasiatische Migration, von der deutschen Politik als „linksliberales Hegemonieprojekt“ (Judith Kopp) geradezu forciert, dynamisiert gegenwärtig Abwehrbewegungen. – Irgendwann schwingt das Pendel zurück …
Noch einmal Carl Schmitt, diesmal zitiert aus seiner Schrift „Theorie des Partisanen. Zwischenbemerkung zum Begriff des Politischen“ von 1963:
Die Feindschaft wird so furchtbar werden, daß man vielleicht nicht einmal mehr von Feind oder Feindschaft sprechen darf und beides sogar in aller Form vorher geächtet und verdammt wird, bevor das Vernichtungswerk beginnen kann. Die Vernichtung wird dann ganz abstrakt und ganz absolut. Sie richtet sich überhaupt nicht mehr gegen einen Feind, sondern dient nur noch einer angeblich objektiven Durchsetzung höchster Werte, für die bekanntlich kein Preis zu hoch ist. Erst die Ableugnung der wirklichen Feindschaft macht die Bahn frei für das Vernichtungswerk einer absoluten Feindschaft.
Nein, hier soll nicht der Teufel an die Wand gemalt und nicht der Bürgerkrieg beschworen werden, der hierzulande noch nicht vorstellbar ist. Aber entzündliche Konflikte sind vorstellbar und laufen, so sie erst irgendwie Gewalt, auch rhetorische Gewalt, geworden sind, schnell Gefahr, nicht mehr den üblichen Regeln zu gehorchen. Kann sein, wir haben ohnehin schon mit zu vielen guten Regeln gebrochen, so daß es nicht beim „geistigen Bürgerkrieg“ bleiben wird.
Die erste Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, die Jahre nach dem ersten Weltkrieg, der damals noch nicht numeriert war, zeigen, wie die eine ideologische Welle die andere, ihr entgegenlaufende auslöste und zu welchen furchtbaren gegenseitigen Verstärkungen es dadurch kam, bis eine Dynamik erreicht war, die nicht mehr beherrscht wurde.
Franz Bettinger
Dem Feind mangelnde Fairness vorzuwerfen, da er die Rechten nicht in seiner Lügenpresse zu Wort kommen lässt, ist naiv. Der Feind ist der Feind und basta! - Eine Katze muss nicht begründen, weshalb sie nicht mit dem Hund vögeln will. Und wir müssen nicht begründen, warum wir mit Unseresgleichen leben und keine Fremden im Land haben wollen. Werft dem Regime dies hin und keine anderen Argumente. Redet nicht von der Kriminalität und der Scharia oder dem IQ der Invasoren. Das alles kann das System kontern mit Schein-Argumenten wie "Menschheit" und "Integration". Nein. Geht gar nicht darauf ein. Werft dem Orwell-Monster Big Brother Unverdauliches vor die Füße. Danisch sagt dazu stets "geliefert wie bestellt". Nur so wird es gehen.