Der Sieg ist noch sensationeller als 2016: Nicht nur hat Trump diesmal die meisten Wahlmännerstimmen (“electoral college”), sondern auch die meisten absoluten Stimmen (“popular vote”) erhalten. Den Republikanern ist dies zuletzt unter Bush II (2004) und zuvor unter Bush I (1988) gelungen. Sie haben nun die Mehrheit ebenso im Senat wie im Repräsentantenhaus. Zusätzlich hat Trump (vermutlich) in sämtlichen sieben “Swing states” gewonnen.
Ich habe einen solchen Erfolg erhofft, dabei kaum gewagt, daran zu glauben, mich danach aber umso mehr über ihn gefreut. Da ich das Phänomen Trump nun seit 2016 kommentierend verfolge, bin ich alles andere als ein blinder “Fan”, und dies unabhängig von der Tatsache, daß die amerikanischen geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen nicht die unsrigen sind.
Die erste Amtsperiode Trumps war chaotisch, enttäuschend und ineffektiv. Sein Kabinett litt unter Fehlbesetzungen vor allem aus der neokonservativen Kiste und unter dem Einfluß von Vipern wie Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, der aus dem internen Machtkampf gegen Steve Bannon als Sieger hervorgegangen war.
Zwar hat Trump im Interview mit Joe Rogan behauptet, aus seinen damaligen Fehlern gelernt zu haben, aber der amerikanische Leviathan, dessen “Sümpfe” er schon 2016 trockenzulegen versprach, ist so machtvoll, daß sein Handlungsspielraum realistischerweise auch diesmal beschränkt sein wird.
Trump hat versprochen, am Tag eins seiner Präsidentschaft “Massenabschiebungen” von illegalen Einwanderern einzuleiten, sämtliche staatliche Unterstützungen für Transgenderbehandlungen von Kindern und Jugendlichen zu stoppen, und den Washingtoner Staatsapparat und die Sicherheits- und Geheimdienste “very aggressively” und “once and for all” von Korruption und linken Beamten zu säubern. Hinzu kommen Hoffnungen, daß er den ukrainisch-russischen Krieg beenden oder zumindest deeskalieren kann.
Schön und gut, wenn das alles gelingen sollte, aber ich würde mir angesichts seiner ersten Amtsperiode und seiner Neigung zu großspurigen Versprechen nicht allzuviel erwarten.
Wird er zumindest zu einer Art “Katechon” werden, wird er dem demographisch schrumpfenden, weißen, traditionellen Amerika noch ein paar Jahre Galgenfrist verschaffen? Wäre Kamala aus “akzelerationistischer” Sicht besser gewesen? Das weiß ich alles nicht.
Warum freue ich mich trotzdem?
Da steht an allererster Stelle eine nackte Genugtuung nach Monaten medialer Nervenfolter. Das Aufatmen, daß uns ein “Kamala-Yuga” und das triumphale Bruhaha der Presse erspart worden ist, die Harris als Retterin der Welt und “der Demokratie” präsentiert und glorifiziert hat, und die mal wieder baß erstaunt ist, daß ihr von der Wirklichkeit abgehobenes Wunschdenken nicht aufgegangen ist.
Das Ausmaß an unverhohlen parteiischer Berichterstattung, Unfug und nackten Lügen, das diesbezüglich in den letzten Monaten zu lesen war, spottete mal wieder jeder Beschreibung. Ich bin froh, daß die dafür Verantwortlichen nun gedemütigt wurden und eine Niederlage erlitten haben, auch wenn der Schock nicht so tief sitzt, wie im glorreichen Jahr 2016, das nun schon beinahe ein Jahrzehnt zurückliegt (auch die “liberal tears” und hysterischen Anfälle halten sich diesmal in überschaubaren Grenzen.)
Während über Trumps Äußerungen und Taten nach dem schon aus seiner früheren Amtszeit etablierten Muster verzerrt, verfälscht und ideologisch gefiltert berichtet wurde, hörte man kein kritisches Sterbenswörtchen über Kamala Harris, obwohl es dazu reichlich Anlaß gegeben hätte. Ging es nach der hiesigen Pressen, dann schien ihre einzige Qualifikation ihr Doppelstatus als Frau und “Person of color” gewesen zu sein.
Die indischstämmige, zart beige getönte Dame wurde absurderweise als “schwarze Frau” verkauft, was nur insofern zulässig sein mag, als ihr Vater ein Afro-Mulatte aus Jamaika war, was sich allerdings optisch kaum niedergeschlagen hat.
Die Peinlichkeit und artikulative Unbeholfenheit ihrer Auftritte näherte sich baerbockhaften Zonen an. Berüchtigt sind ihre gewundenen Phrasen (“What can be, unburdened by what has been”) und ihr hexenartiges, sadistisches Gelächter (Jim Goad nannte sie eine “cackling Medusa”). Gegen diese hohle Marionette, an der nichts, aber auch gar nichts echt zu sein scheint, wirkt Hillary Clinton wie, was weiß ich, Eleanor Roosevelt?
Trump ist gewiß ein Showman und ein Selbstdarsteller, aber ein in sich konsistenter und mitunter geradezu genialer. Sein Auftritt als Frittenausteiler bei MacDonalds ist einer der erstaunlichsten Propagandacoups, die ich je gesehen habe, und niemand anderer hätte die Fähigkeit gehabt, diese Nummer derart glaubwürdig und sympathisch durchzuziehen.
Er ist ein begnadeter Komiker und Entertainer, was in der amerikanischen “Gesellschaft des Spektakels” immer gut ankommt. Er inszeniert und verkauft sich selbst als spannende Figur in einem großen Drama, als Kämpfer für das Volk, für das er die Verfolgungen und Schmähungen des “Systems” tapfer auf sich nimmt und übersteht.
Er weiß Bilder, Szenen, Momente, griffige Sprüche zu schaffen. Aus diesem Grund ist er auch so mem-tauglich, was bei Kamala überhaupt nicht und bei Biden nur im negativen Sinne der Fall ist (der halb-demente Biden ist eine komische Figur, über die man sich leicht lustig machen kann). Dramaturgisch gesehen war es sogar von Vorteil für seinen Spannungsbogen, daß er die Wahl 2020 verloren hat (bzw. vermutlich darum betrogen wurde), denn umso strahlender und aufregender erscheint nun sein Comeback.
Es ist wie in “Star Wars”. 2016: “A New Hope”. 2020: “The Empire Strikes Back”. 2024: “The Return of the Jedi”.
Seine Stehaufmännchen-Natur, seine Fähigkeit, sich durch absolut nichts bremsen zu lassen, Attacken aller Art, von Hausdurchsuchungen über Verhaftungen und Verurteilungen bis hin zu Mordversuchen zu trotzen, und sämtliche Widerstände und Mißgeschicke zu seinen Gunsten zu nutzen, ist verblüffend und einnehmend.
Das Attentat, dem er nur knapp entgangen ist, hat weder einen Helden noch einen besseren Menschen aus ihm gemacht oder gar seine göttliche Erwählung bewiesen – aber die Geistesgegenwart, mit der er darauf reagiert hat (“Fight! Fight! Fight!”), das Glück, daraus ein unwahrscheinliches ikonisches Foto zu gewinnen, das macht ihm so schnell keiner nach, das kann wirklich nur er.
Insofern ist er, so weit es mich betrifft, eine faszinierende und außergewöhnliche Gestalt, allein schon als “Phänomen”. Zwischendurch habe ich ihn regelrecht gehaßt für seine Abzockerei, seinen Personenkult und die Schäbigkeit, mit der er jene seiner Anhänger im Stich ließ, die sich 6. Jänner 2021 in die “Kapitolsturm”-Falle locken ließen. Ich hätte nicht gedacht, daß er sich jemals wieder signifikant aufrappeln wird, geschweige denn, daß er nochmal Präsident wird.
Aber hier ist er nun. Er hat geliefert, er ist wieder da. Auch wenn der Enthusiasmus und die Aufbruchstimmung von 2016 verflogen sind, auch wenn wir alle nun um ein etliche Illusionen ärmer sind, auch wenn Trump auf die achtzig zugeht, trotz aller Vitalität müder geworden ist und stellenweise wie seine eigene Parodie wirkt.
Geht uns das alles etwas an? Offensichtlich. Die USA sind nach wie vor der Hegemon der westlichen Welt. Was dort passiert, hat auch immer etwas mit uns zu tun.
Deutschland und alle anderen westeuropäischen Nationen sind trotz unterschiedlicher Grade von Souveränität immer noch Provinzen, Vasallen oder mindestens Einflußgebiete des Imperiums. Aus diesem Grund fiebert auch die europäische Presse hitzig mit, wenn in den USA mal wieder Wahlkampf ist, als ginge es darum, den Kaiser der gesamten westlichen Welt zu wählen.
Das ist nicht bloß geopolitisch zu verstehen, sondern vor allem auch kulturell und “gesellschaftlich”. Das Imperium ist nicht etwas, das “außen” ist, sondern es ist auch “innen”, in den Köpfen, in der Art, zu leben, in der Popkultur, im Grundrauschen der Massenmedien, in das wir alle eingehüllt sind, in den “Kulturkämpfen” und ideologischen Agenden, die sie transportieren. In diesem Sinne ist “Amerika” überall, ob wir es wollen oder nicht.
Innerhalb der westlichen Nationen gibt nun sehr ähnliche Problemkomplexe, die man nicht auf amerikanische Importe reduzieren kann, sondern die aus einer gemeinsamen westlichen Pathologie erwachsen sind.
Damit meine ich vor allem:
- Das Problem der massenhaften legalen und illegalen Einwanderung mitsamt ihren demographischen, politischen, kulturellen, genetischen Folgen
- Das Problem der zunehmend eingeschnürten Meinungsfreiheit mitsamt “Denkverboten”, “cancel culture” usw.
- Das Problem der Medienmacht bei gleichzeitiger Selbst-“Gleichschaltung” derselbigen
- Das Problem der öffentlichen Vorherrschaft linker bis “woker” Werte, Moralvorstellungen und Sprachregelungen (dazu gehören Antirassismus, “Diversity”, Feminismus, “Klimawandel” usw.)
- Das Problem der Repression rechter oder rechts einsortierter Dissidenten, vom De-Platforming über öffentliche Brandmarkung bis hin zur juristischen Verfolgung
Harris, im Gegensatz zu Hillary Clinton selbst nicht mehr als ein “diversity hire” ohne nennenswerte Vorleistungen, setzte in diesem Wahlkampf auf die “woke” Karte; Trump auf das Gegenprogramm, nennen wir es einen familienorientierten, “gendernormativen”, “farbenblinden” (aber gleichzeitig “implizit weißen”), liberalen, kapitalistischen Patriotismus, inklusive der Forderung nach “Massenabschiebungen” von illegalen Einwanderern. Ein überragender Wahlsieg für ein Programm, das offen “Remigration” verspricht, sollte für uns von erheblichem Interesse sein.
Ebenso ein erneuter Sieg über die etablierten Massenmedien, die Kampagneninvestoren, die Narrativfabrikanten und die Hollywoodstars. Der zweite wichtige Punkt an Trumps Programm ist derjenige der Meinungsfreiheit, bzw. der Möglichkeit die eigene Meinung uneingeschränkt zu verbreiten und zu bewerben. Trump ist ganz klar der Kandidat der größeren Meinungsfreiheit, auch wenn die Propaganda der Harris-Seite dreist das genaue Gegenteil behauptet hat.
Hier kommt nun der große “Plot Twist” seit 2020 ins Spiel. Denn es ist natürlich nicht bloß “das Volk” (oder genauer gesagt, etwas mehr als die Hälfte davon), das diese Wahl entschieden hat, sondern auch viel Geld, viel Medienmacht und vermutlich auch etliche andere Faktoren, die hinter den Kulissen verborgen sind.
Anfang 2021 wird Trump nach dem “Kapitolsturm” von Twitter verbannt, 2024 erhält er offene, persönliche Unterstützung durch Elon Musk (259 Milliarden Dollar Vermögen, 7000 Satelliten im All), der die Plattform kurzerhand gekauft, umbenannt und dahingehend “liberalisiert” hat, daß das zuvor stark beschnittene und zensierte rechte Spektrum nun (wieder) eine außerordentliche Freiheit genießt – und dies ohne, daß das linke Meinungsspektrum in irgendeiner Weise eingeschränkt würde. Musk gibt sich in dieser Hinsicht als ultraliberaler Idealist und beteuert, das “Overton-Fenster” nicht nur erweitern, sondern überhaupt abschaffen zu wollen.
Haare in der Suppe wird jeder finden, der danach sucht, aber ich habe noch kein Argument gehört, warum dies politisch und metapolitisch nicht um ein Vielfaches besser sein sollte, als die Lage unter Jack Dorseys Herrschaft.
Das ist einerseits ein lukratives Geschäftsmodell (rechte Inhalte, wenn unzensiert von der Leine gelassen, generieren nun mal eine Menge Klicks), andererseits scheint Musk, der einen Sohn an die Genderideologie verloren hat, ein echter Überzeugungstäter zu sein. Er hat geschworen, den “woken Geistesvirus zu zerstören”, und dazu zählt er auch den medial erzeugten Hype um Kampfbegriffe wie “Rassismus”, “Homophobie”, “Sexismus”, “Islamophobie” und “Antisemitismus”.
Musk ist zur führenden Figur einer aufsteigenden, nicht-linken “Gegenelite” geworden, deren mediale Produkte zum Teil von einer hohen Qualität sind und ein Riesenpublikum finden, vor allem unter jungen Männern. Der satirische Film “Am I Racist?” von Matt Walsh, der sich über die professionellen antiweißen “Antirassisten” lustig macht, wurde zum Kassenschlager. Joe Rogans dreistündiges Interview mit Trump hat bis dato 47 Millionen Aufrufe auf Youtube.
Der konservative Star Tucker Carlson, erfolgreicher als je zuvor, seit er sich aus der Knechtschaft von Fox News befreit hat, rüttelt unermüdlich am “Overton-Fenster” – auf ebenso unterhaltsame wie anspruchsvolle Weise. Unter anderem hat Carlson den “großen Austausch” thematisiert, sich mit der jüdischen Wachhundorganisation ADL angelegt und deren Doppelmoral in Bezug auf Einwanderung kritisiert, oder gar einen Historiker ausführlich zu Wort kommen lassen, der wesentliche Teile des etablierten Narrativs über den 2. Weltkrieg in Frage stellt.
Auch Musk hat wiederholt (freilich ohne es so zu nennen) das Problem der “ethnischen Wahl” angesprochen, das sich aus unkontrollierter Masseneinwanderung ergibt - ersichtlich aus der Tatsache, daß sich die Demokraten einfach “neue Wähler” importieren, so lange, bis die gegnerische Partei alleine aus demographischen Gründen keine Mehrheiten mehr hervorbringen kann, eine Praxis, die auch in anderen Ländern gang und gäbe ist.
Genial war auch der Coup, als Vizepräsidenten J. D. Vance zu rekrutieren, einen rhetorisch brillanten und hochintelligenten Bestseller-Autor (siehe auch Kubitschek am 21. Juli), der Trump noch vor wenigen Jahren mit “Hitler” verglichen hat.
“Hitler”- und “Nazi-“Vergleiche gab es auch dieses Jahr wieder zuhauf, aber sie haben sich als lächerlich wirkunglos erwiesen, und lediglich die Blase der ohnehin schon Hysterischen gefüttert, die allen Ernstes glauben, daß Trump ihnen ihre “Rechte” nehmen will und wird. Auch diese Abnutzung der Nazikeule durch absurde Überdehnung ist positiv zu werten.
Es gibt allerdings ein Problem, das noch einen zusätzlichen Artikel verdienen wurde: Die “Trump-Train”, qualitativ besser aufgestellt als je zuvor, steckt fest in der rechtszionistischen Tasche.
Sollte Israel unter Netanjahu im Nahen Osten noch weiter eskalieren, seinen Genozid fortsetzen und von Trump die versprochene, mehr oder weniger bedingungslose Unterstützung erhalten, bis hin zum Krieg gegen den Iran, könnte das derart fatale Folgen haben, daß alles Positive, das eine Trump-Regierung bringen mag, zunichte gemacht wird.