Die Pappkameraden abräumen – ein Unterfangen

Nachklapp zur inzwischen fast schon historisch gewordenen "Weißmann-Stürzenberger-Kontroverse", nicht nur in eigener Sache.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Ich habe mich auch des­we­gen so hef­tig in die Debat­te ein­ge­mischt, weil es hier um ein Pro­blem geht, das ganz grund­sätz­lich mit mei­nem Ver­ständ­nis von Kon­ser­va­ti­vis­mus “wider die All-Gemein­hei­ten” zu tun hat.

Micha­el Stür­zen­ber­gers Ant­wort auf mei­ne Pole­mik ent­hält eine end­lo­se Fol­ge aus immer­glei­chen Unter­stel­lun­gen, Ver­zer­run­gen und Dif­fa­mie­run­gen. Die­sel­be Keu­le, die er und pi-news rou­ti­ne­mä­ßig (und zu ihrer größ­ten Ver­wun­de­rung) über­ge­zo­gen kom­men, wird nun mun­ter wei­ter­ger­reicht. Und am Ende wird wie­der jenes trau­ri­ge Match gespielt, in dem jeder als des ande­ren Schießbuden-“Nazi” her­hal­ten muß, im Glau­ben, daß die­ser Joker immer sticht und einen mit 100%er Sicher­heit ins Recht setzt.

Er kann sich nicht ent­schei­den, ob Kri­ti­ker sei­nes Stils und sei­ner Den­ke nun schnö­se­li­ge, ver­kopf­te, ver­harm­lo­sen­de Weich­ei­er aus dem “intel­lek­tu­el­len Elfen­bein­turm” sind (bei deren Anblick man wohl am bes­ten gleich den Brow­ning ent­si­chert… ich kann das Spiel­chen auch spie­len!), oder nicht doch stramm­fie­se, “völ­kisch-ewig­gest­ri­ge” Brau­naustie­fel mit heim­lich tota­li­tä­ren Sym­pa­thien. Die­se Ver­wir­rung ist eben­so typisch wie sym­pto­ma­tisch. Paßt die eine Schub­la­de nicht, wird eben die ande­re aufgemacht.

Kei­ne Ant­wort hat er indes­sen auf mei­ne zen­tra­le Fra­ge nach der “Unschuld der Mus­li­me” und der “Schuld” des libe­ra­len poli­ti­schen Sys­tems an der “Abschaf­fung Deutsch­lands”, die sei­ne und mei­ne direk­te Zukunft immer­hin emfind­li­cher betrifft als etwa die Rech­te der Frau­en und Homo­se­xu­el­len im Iran. Er erwähnt die­se Fra­ge nicht ein­mal, obwohl von ihr alles wei­te­re abhängt. Dabei gibt es nichts an ihr und mei­ner Hal­tung dazu, das sich nicht mit dem von pi-news so geprie­se­nen Sar­ra­zin begrün­den und ver­ein­ba­ren ließe.

Ich habe nie­mals, wie von Stür­zen­ber­ger unter­stellt, behaup­tet, daß ich die “isla­mi­sche Welt als Ver­bün­de­ten” sehe, weder in “gewis­ser” noch sons­ti­ger Wei­se. Ganz im Gegen­teil. Ich habe viel­mehr die­ser unsin­ni­gen Vor­stel­lung sowohl in den Kom­men­tar­spal­ten die­ser Netz­sei­te vehe­ment wider­spro­chen, als auch mich in meh­re­ren Netz­ar­ti­keln und einem Buch deut­lich und wie­der­holt gegen die Gefahr der Isla­mi­sie­rung Euro­pas ausgesprochen.

Was das “His­to­ri­sche” anbe­langt: das bedeu­tet nicht ein blo­ßes Bescheid­wis­sen über die isla­mi­sche Expan­si­on gegen Euro­pa im Mit­tel­al­ter und in der Neu­zeit. Es geht hier viel­mehr um die Art und Wei­se, wie man etwas weiß, und ob man imstan­de ist, das Wis­sen in einen grö­ße­ren his­to­ri­schen Kon­text zu set­zen. Wer damit dem­ago­gisch han­tiert, tut das, was ich mit Kurt Hil­ler “Vor­spie­ge­lung wah­rer Tat­sa­chen” nenne.

Es ist gera­de die Kennt­nis der Geschich­te und ihrer “Blut­spur” (Armin Moh­ler), die uns leh­ren soll­te, daß sich Gut und Böse, Licht und Schat­ten eben nicht in einer abs­trak­ten und ein­deu­ti­gen Form auf­tei­len. Hier­zu gehört auch das Wis­sen, daß das Übel der Welt nicht ein­fach aus einem bösen Buch pur­zelt, und daß das sozia­le Gefü­ge einer Kul­tur sei­ne eige­nen Geset­ze, Grau­zo­nen, Spiel­räu­me und Bedeu­tungs­ebe­nen hat.

Allein die Lek­tü­re des Korans etwa reicht nicht aus, um ein belie­bi­ges isla­mi­sches Land zu ver­ste­hen und zu beur­tei­len, mögen dort sovie­le Repres­sio­nen und Bru­ta­li­tä­ten pas­sie­ren, wie sie wol­len. Sie wer­den immer nur ein Teil sei­ner Lebens­wirk­lich­keit sein. Das sind alles kei­ne intel­lek­tu­el­len Spitz­fin­dig­kei­ten, es gehört zum com­mon sen­se, zur All­ge­mein­bil­dung und zum Respekt­ab­stand vor den “ver­schie­de­nen Arten, ein Mensch zu sein”, wie Paso­li­ni ein­mal for­mu­lier­te. Über­ei­li­ge Ein­grif­fe in eine gewach­se­ne Kul­tur, erst recht von außen, wer­den sich stets als ris­kan­te Mika­do­spie­le erweisen.

Ein Bei­spiel. In der aktu­el­len Sezes­si­on wird ein eben als DVD erschie­ne­ner Doku­men­tar­film rezen­siert: “Im Bazar der Geschlech­ter” der 1968 in Deutsch­land gebo­re­nen Regis­seu­rin Sub­adeh Mor­de­zai. Der Film han­delt von der Insti­tu­ti­on der “Zeit­ehe” im Iran.  Hier aus mei­ner Bespre­chung für eigen­tüm­lich frei:

Im Iran sieht das Straf­ge­setz­buch Peit­schen­hie­be für Sex zwi­schen Unver­hei­ra­te­ten und die Stei­ni­gung für Ehe­bruch vor. Nichts­des­to­trotz gibt es dort Fremd­ge­hen und Pro­sti­tu­ti­on wie über­all sonst auch, und auch hier sind die Sit­ten unter den jün­ge­ren Gene­ra­tio­nen im Wan­del begrif­fen. Um ein Ven­til zu schaf­fen und den­noch weit­ge­hend die Kon­trol­le über die Sexu­al­mo­ral zu behal­ten, pro­pa­giert der Staat mit aus­drück­li­cher Unter­stüt­zung des Kle­rus die nur im schii­ti­schen Islam erlaub­te Pra­xis der „Zeit“- oder „Genu­ße­he“, die zwi­schen einer hal­ben Stun­de und 99 Jah­ren wäh­ren kann. Damit wer­den auch flüch­ti­ge Affä­ren und Bett­ge­schich­ten kurz­fris­tig sank­tio­niert. Dabei kann jeder Mann theo­re­tisch sovie­le Zeit­ehen ein­ge­hen, wie er es sich leis­ten kann: denn der Ehe­ver­trag bin­det ihn, sei­ne lega­le „Lebens­ab­schnitts­part­ne­rin“ mit ver­han­del­ba­ren Sum­men zu versorgen.

Im Grun­de han­delt es sich hier also um die zig­tau­sends­te Vari­an­te eines uralten Busi­ness, wel­ches schon Imma­nu­el Kant rüde defi­nier­te: „Die Ehe ist die Ver­bin­dung zwei­er Per­so­nen ver­schie­de­nen Geschlechts zum lebens­wie­ri­gen wech­sel­sei­ti­gen Besitz ihrer Geschlechts­ei­gen­schaf­ten.“ Eine beson­de­re Komik hat dabei der fröh­li­che Prag­ma­tis­mus der Mul­lahs: hier trifft from­mes Getue auf unver­hoh­le­ne Macho-Selbst­herr­lich­keit. Mor­te­zai macht jedoch deut­lich, daß es sich hier kei­nes­wegs um eine Insti­tu­ti­on han­delt, die nur den Män­nern dient: im Gegen­teil hat die „Zeit­ehe“ im Kon­text der ira­ni­schen Gesell­schaft durch­aus pro­gres­si­ve Züge und schafft für vie­le Frau­en erheb­li­che Freiräume.

Was die damit ein­her­ge­hen­de Heu­che­lei und Dop­pel­mo­ral betrifft, so sind die­se wenigs­tens ein Tri­but an die Tugend: bedenk­lich wird es für eine Gesell­schaft erst dann, wenn gar nicht mehr geheu­chelt wird. Und zuletzt soll­ten wir West­ler uns fra­gen, ob wir mit unse­rer demo­gra­phi­schen Todes­spi­ra­le und der zuneh­men­den Zer­rüt­tung der Fami­lie und der Geschlechts­iden­ti­tä­ten die­se Din­ge wirk­lich soviel bes­ser im Griff haben. Daher also noch ein Satz von Gómez Dávila: „Das Pro­blem ist weder die sexu­el­le Repres­si­on noch die sexu­el­le Befrie­di­gung, son­dern der Sexus.“

Man muß sich Fil­me wie die­sen anse­hen, um zu begrei­fen, daß hier weder unse­re west­li­chen Schub­la­den und Kate­go­rien ange­mes­sen grei­fen, noch daß unse­re Art, die ewig-mensch­li­chen Pro­ble­me in den Griff zu bekom­men das All­heil­mit­tel für die gan­ze Welt sein kann, erst recht nicht, wenn wir selbst zur Zeit nicht gera­de beson­ders frisch und rosig aus­se­hen. Der Rezen­sent der Sezes­si­on formuliert:

… der tra­gi­ko­mi­sche Film wirft die Fra­ge auf, ob es eine Dop­pel­mo­ral ist, wenn eine Moral viel­fäl­tig schil­lert, und unter wel­chen Tep­pich pro­mis­kui­ti­ves Ver­hal­ten hier­zu­lan­de eigent­lich gekehrt wird – oder wel­cher Tep­pich dem hier aus­ge­brei­tet wird.

Zurück zu Stür­zen­ber­ger. Hier kommt die drit­te Schublade:

Das Motiv sei­ner Islam-Ver­harm­lo­sung lie­fert er (Licht­mesz) gleich hin­ter­her: Eine Ableh­nung der USA und ein Anzwei­feln der mus­li­mi­schen Allein­ver­ant­wor­tung für den Ter­ror von 9/11.

“Motiv” mei­ner Pole­mik gegen die ein­sei­ti­ge Dämo­ni­sie­rung des Islams ist, wie gesagt, viel­mehr die Fra­ge danach, was und wer eigent­lich wirk­lich “Deutsch­land abschafft”. Was 9/11 betrifft, so habe ich mich wohl in den Augen Stür­zen­ber­gers des “islam­kri­ti­schen” Äqui­va­lents der “Holo­caust­leug­nung” schul­dig gemacht. Dazu nur eines: selbst wenn die “offi­zi­el­le” Ver­schwö­rungs­theo­rie über die Anschlä­ge des 11. Sep­tem­bers 2001 stim­men soll­te, bräuch­te ich kei­ne ein­zi­ge Zei­le an mei­ner Kri­tik ändern.

Denn es ist schlicht­weg unse­ri­ös (und eben auch “ahis­to­risch”), bei der Betrach­tung des isla­mi­schen Ter­rors die Rol­le der jahr­zehn­te­lan­gen ame­ri­ka­nisch-israe­li­schen Poli­tik im Nahen Osten aus­zu­blen­den, und die “Allein­ver­ant­wor­tung” auf ein paar Korans­uren zu schie­ben, die die Leu­te komisch im Kopf machen.  In den USA selbst sind sich dar­über die klügs­ten Kri­ti­ker der US-Außen­po­li­tik von links (z.B. Noam Chom­sky) bis rechts (z.B. Patrick Buchanan) einig, ja über­haupt alle, die über blo­ße Pro­pa­gan­da­ka­te­go­rien hin­aus­zu­den­ken bereit sind.

Zwei­tens habe ich in dem von Stür­zen­ber­ger ver­link­ten Arti­kel deut­lich gesagt, daß ich kei­nes­wegs “die USA” an sich “ableh­ne”, son­dern eine bestimm­te Form des Glo­ba­lis­mus und Impe­ria­lis­mus, die in den USA ihr Macht­zen­trum hat.

Mei­ne Kri­tik an der Vor­stel­lung, man kön­ne und sol­le ande­re Völ­ker von ihren Kul­tu­ren “befrei­en” und alle­samt zu Qua­si-Ame­ri­ka­nern erzie­hen, kon­tert Stür­zen­ber­ger mit aller­lei per­fi­dem Geraune:

Schim­mert da eine gewis­se Weh­mut nach der Zeit durch, bevor die Ang­lo-Ame­ri­ka­ner die Wehr­macht besieg­ten? Es scheint so zu sein, denn Licht­mesz ver­gleicht nun mei­nen Ansatz, dem Islam die gefähr­li­chen Ele­men­te zu zie­hen, mit der Umer­zie­hung der Nazi-Deut­schen.… Wer die Befrei­ung Deutsch­lands vom Natio­nal-Sozia­lis­mus und die anschlie­ßen­de Ent­na­zi­fi­zie­rung offen­sicht­lich kri­tisch sieht, muss sich schon die erns­te Fra­ge stel­len las­sen, in welch dunk­len Berei­chen er herumtaumelt.

Darf ich Licht ins Dun­kel brin­gen? Was ideo­lo­gie­kri­tisch gemeint ist, wird hier reflex­ar­tig als qua­si-NS-apo­lo­ge­tisch aus­ge­legt. Nicht anders wür­de ein belie­bi­ger Anti­fant argu­men­tie­ren, der die his­to­ri­schen “Nazi-Deut­schen” eben­so durch die schwarz-schwar­ze Bril­le sieht, wie man­cher Islam­kri­ti­ker  “die Mos­lems”. Hier offen­bart sich eine voll­stän­di­ge his­to­ri­sche Amne­sie und nack­te Unkennt­nis der Fragestellung.

Wer aber zu einer Dis­kus­si­on mit Kon­ser­va­ti­ven antritt, soll­te wenigs­tens ein biß­chen Ahnung haben, wor­um es hier theo­re­tisch über­haupt geht. Begin­nen könn­te man etwa mit Thors­ten Hinz’ Groß-Essay “Die Psy­cho­lo­gie der Nie­der­la­ge” , Cas­par Schrenck-Not­zings “Cha­rak­ter­wä­sche”, Karl­heinz Weiß­manns “Rück­ruf in die Geschich­te” und Ste­fan Scheils Stu­die über “Trans­ant­lanti­sche Wech­sel­wir­kun­gen”. Dann soll­te sich klä­ren, daß auch die Phra­seo­lo­gie von der “Befrei­ung” Deutsch­lands eine kon­kre­te poli­ti­sche Geschich­te hat, und das könn­te ein Licht wer­fen auf den pro­pa­gan­dis­ti­schen Gebrauch heu­ti­ger Phra­seo­lo­gien von “Befrei­ung” und “Demo­kra­tie” usw.

Damit erle­digt sich auch dies:

Wel­chen Zei­ten er wohl hin­ter­her­trau­ert, wenn er Demo­kra­tie und Grund­ge­setz geringschätzt?

Falls es sie jemals wirk­lich gab, “traue­re” ich bei­spiels­wei­se den Zei­ten nach, als es in Deutsch­land noch halb­wegs eine Demo­kra­tie gab, also ein Mit­be­stim­mungs­recht der Bür­ger über fun­da­men­ta­le Exis­tenz­fra­gen, und als das Grund­ge­setz mehr galt als nur ein belie­big mani­pu­lier­ba­rer Fet­zen Papier. Eine sol­che Sug­ges­tiv­fra­ge ver­schlei­ert außer­dem die Tat­sa­che, daß es in einer Demo­kra­tie auch einen Demos geben muß, der sich als sol­cher erkennt und bekräf­tigt, und daß eine Ver­fas­sung, mag sie nun “Grund­ge­setz” oder sonst­wie hei­ßen, immer nur die Form ist, die sich ein Volk gibt.

Sie ist kein Deka­log, von Gott im Him­mel oder Washing­ton her­ab­ge­reicht, auf alle Ewig­keit in Stein gemei­ßelt, mit bei­geleg­ter Garan­tie, daß man bei sei­ner Befol­gung zum aus­er­wähl­ten Volk gehört. Ein “Grund­ge­setz” ohne einen ent­spre­chend “ver­faß­ten”, funk­ti­ons­fä­hi­gen Staat bie­tet kei­ne aus­rei­chen­de inte­gra­ti­ve Grund­la­ge, um eine Gesell­schaft zusam­men­zu­hal­ten und vor ihrer “Abschaf­fung” bewahren.

Noch eines. Ich habe es einen “Gip­fel der Absur­di­tät” genannt, daß Stür­zen­ber­ger das berüch­tig­te You­tube-Moham­med-Film­chen einen “Doku­men­tar­film” nann­te. Sei­ne Antwort:

Der Mann aus Wien hat ganz offen­sicht­lich nicht die gerings­te Ahnung von den bio­gra­phi­schen Daten Moham­meds. Aber klug daher­schwa­dro­nie­ren, das ist typisch für die­se selbst­er­nann­te “geis­ti­ge Elite”.

Ein Spielfilm wird auch dann nicht zu einem Doku­men­tarfilm, wenn sei­ne Spielsze­nen auf “bio­gra­phi­schen Daten” der dar­ge­stell­ten Per­so­nen beru­hen. Aus­nahms­los jeder Spiel­film insze­niert und inter­pre­tiert. Ein- und die­sel­be Quel­le kann völ­lig unter­schied­lich beleuch­tet wer­den. Auf “bio­gra­phi­schen Daten” Moham­meds beruht auch der 1976 gedreh­te pro-isla­mi­sche Film “Moham­med – Der Gesand­te Got­tes” mit Antho­ny Quinn, der das Kunst­stück fer­tig­brach­te, über drei Stun­den hin­weg sei­ne Haupt­fi­gur nicht zu zei­gen. Was “Unschuld der Mus­li­me” zur bewuß­ten Pro­vo­ka­ti­on macht, ist vor allem die Art sei­ner Dar­stel­lung und Insze­nie­rung, sei­ne Inter­pre­ta­ti­on von Moham­med und der Ursprün­ge des Islams.

Das zu beach­ten, gehört nicht nur zum 1x1 der kri­ti­schen Medi­en­be­trach­tung, son­dern zum kri­ti­schen Den­ken über­haupt. (Und neben­bei: ich habe mich selbst nie­mals als “geis­ti­ge Eli­te” oder ähn­li­chen Schm­uh­fug bezeich­net und wer­de das auch in Zukunft nicht tun. Aber neben der­ar­ti­gen Defi­zi­ten steht jeder inter­neter­fah­re­ne Grund­schü­ler wie Sus­an Son­tag oder Mar­shall McLuhan da.)

Soll­ten sol­che kras­sen Fehl­leis­tun­gen kei­ne Aus­rut­scher sein, son­dern sym­pto­ma­tisch für den Wirk­lich­keits­zu­gang der “Islam­kri­tik”, dann haben wir es weni­ger mit “Kri­tik” als mit blo­ßer Kra­wall­ma­che zu tun. Ich höre die­se Art von Akti­vis­mus oft mit dem Argu­ment ver­tei­digt, daß sie zumin­dest in einem Teil­be­reich auf­klä­rend und wach­rüt­telnd wir­ke. Wenn sich etwas ändern soll, dann brau­che man nicht nur Weiß­manns, son­dern auch Bier­zelt­red­ner, die die Mas­sen mobi­li­sie­ren und motivieren.

Ich habe Respekt vor den Macher­ty­pen und Prak­ti­kern, kann aber den Glau­ben an die­se Roman­tik des Bra­chia­len und des Pol­tern­den beim bes­ten Wil­len nicht tei­len. Ich hege die tiefs­te Skep­sis, daß aus blind­wü­ti­ger Schwarz­weiß­ma­le­rei etwas Ver­nünf­ti­ges und Brauch­ba­res erwach­sen kann. Rein prak­tisch sehe ich nur die Instal­la­ti­on eines Dampf­ab­laß­ven­tils, das von einem erkennt­nis­feind­li­chen welt­an­schau­li­chen Rah­men ummau­ert bleibt. Das Kli­schee­bild “Hemds­är­me­li­ge Täter gegen intel­lek­tu­el­le Quatsch­köp­pe”, das nun in Anschlag gebracht wird, ist irre­füh­rend, die fau­le Aus­re­de der getrof­fe­nen Hun­de, die laut bellen.

Es bleibt aber uner­läß­li­che Pflicht, stets eine genaue Erkennt­nis der Lage zu gewin­nen. Gera­de das Bei­spiel die­ser Art von “Islam­kri­tik” zeigt, wie ein­engend und blo­ckie­rend sich der­ar­ti­ge Men­ta­li­tä­ten und Ein­äu­gig­kei­ten aus­wir­ken kön­nen. Die Qua­li­tät der Anspre­chen­den wird sich in der Qua­li­tät der Ange­spro­che­nen spie­geln, was nur erneut dazu füh­ren wird, daß der “colè­re des imbé­ci­les” (Geor­ges Ber­na­nos) die Welt überflutet.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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