Kölner Silvesternacht gab es hier in den vergangenen Tagen ja schon ein paar. Eine Schlüsselstellung nimmt dabei die von Michael Wiesberg zutreffend ausgemachte Zertrümmerung der durch Sprachregelungen und “Rücksichtnahmen” mühsam erzwungenen Harmoniefiktion ein; dieses Hirngespinst ist nun deutlich erkennbar als solches zutage getreten. Und nun?
Nun regt sich beispielsweise ein Jakob Augstein auf, daß die »minderschweren Straftaten« des Jahreswechsels auf allen Kanälen überrepräsentiert seien und kein noch so kleines Licht sich der Stellungnahme zum Thema enthalten könne. Der schale Witz an der Sache ist, daß der antideutsche Berufsschreihals tatsächlich recht hat: Es hat schon etwas arg Penetrantes, in welcher Art und Weise der bundesrepublikanische Medienzirkus nun in völliger Verkehrung seines üblichen Umgangs mit Ausländergewalt einen Ringelreigen um das wahrlich nicht unverhoffte Geschehen – nicht einmal die bewußte Desinformation durch die Polizei ist etwas Neues – tanzt; bei der Welt etwa gibt es einen täglichen Ticker dazu.
Allerdings ist das auch nur folgerichtig, setzen sich die nun mehr denn je unter dem Generalverdacht der Unaufrichtigkeit stehenden Medien doch in gewohnter Manier zur Wehr: mit informationspolitischer Zersetzung. Die einen eröffnen das Zahlen/Daten/Fakten-Trommelfeuer auf den Konsumenten, durchsetzt von den üblichen highbrow-Kommentaren, wie das alles in staatstragender Weise zu interpretieren sei; die anderen zaubern eifrig “rassistische” Titelbilder und Nazi-Untergrundhorden aus dem Hut, damit möglichst schnell wieder allgemeiner Konsens darüber herrscht, was richtig und was falsch sei. Von solchen Absurditäten wie »gefundenen« Anmach-Spickzetteln oder Stefan Austs tragikomischer Komplettverzerrung ganz zu schweigen.
Was das alles soll? Die mediale (und damit einhergehend auch die politische) Dünung zielt darauf ab, die Interessierten mit allerlei Nebensächlichkeiten abzuspeisen und vor allem den Fokus auf die “Flüchtlinge” in all ihren Schattierungen gerichtet zu halten, damit nur ja nicht die sich verschärfenden Spannungen im deutschen Volk selbst ins Bild geraten. Die sicherheitspolitische Großlage, die seit langem herrscht, aber zum Jahreswechsel schlagartig und mit Breitenwirkung hervorgetreten ist, markiert ganz sicher nicht den Anfang vom Ende einer völlig delegitimierten Überfremdungslobby in den Parlamenten.
Wohl aber wirkt “#koelnhbf”, wie es bei Twitter so schön heißt, als Katalysator für eine Art gesellschaftlicher Fällungsreaktion und damit eine deutliche Scheidung. Wenn es uns um einen klaren Blick auf die Verhältnisse innerhalb unseres Volkes zu tun ist – und das sollte es, viel mehr als pietätloses gegenseitiges »Wir haben es ja gewußt«-Schulterklopfen oder vor dem Bildschirm in Rücktritts- oder Aufstandsphantasien zu schwelgen –, so bedarf dieser bereits in Gang gekommene Prozeß der Prüfung auf seine mögliche Verwertbarkeit.
Das Silvesterfanal von Köln (und Hamburg, Weil am Rhein, Bielefeld und anderswo, ganz zu schweigen von anderen europäischen Großstädten, die in ähnlicher Weise multikulturell beglückt wurden) stellt, ebenso wie die seitdem gefolgten Delikte à la Düsseldorf, nichts anderes als eine Achsenverschiebung in der gesellschaftlichen Atmosphäre dar. Damit ereignet sich gleichsam eine Plattenverschiebung; Risse schließen sich, neue tun sich auf.
Wer aber steht nun wo? Wenn wir es streng politisch – oder politisch streng – fassen wollen: Wer sind “wir”, und wer sind “sie”? Auszugehen ist bei dieser Betrachtung vom Ist-Zustand, nicht von all den nun wieder aufflackernden Phantasmen, daß nun zwangsläufig ein allgemeines “Aufwachen” folge und Schlagzeilen wie die von Necla Kelek, wonach man sich nicht genug »Gedanken gemacht [habe], wer da ins Land kommt«, nun vor vollendeten Tatsachen zum Gegenteil führten.
Diesen missionarischen Eifer “über Bande” kann man sich schenken; die Fakten sprechen wie immer für sich. “#koelnhbf“ff. waren und sind nur skandalöser Ausdruck einer Lage, die schon seit mindestens einem Jahr besteht und sich kontinuierlich verschärft. Ja, der klaffende Spalt zwischen Autochthonen und Allochthonen besteht fort; vielleicht ist er tief wie nie.
Zu “ihnen”, den in der einen oder anderen Hinsicht Fremden, gesellen sich nun offener denn je solche Volksbelehrer, die Sachverständige mit unliebsamen Schlußfolgerungen mundtot machen wollen; solche sozial zu kurz gekommenen Möchtegernrevolutionäre, die die widerwärtigen Ereignisse zu Hebeln ihrer Selbsterhöhung machen und etwa eine allgemeine Ausgangssperre für Männer herauskitzeln wollen oder sich wie Dieter/Max Moor bei ttt am Sonntagabend darüber beklagen, daß man die Kölner PEGIDA-Demonstranten aufgrund ihrer deutschen Staatsangehörigkeit »leider nicht abschieben« könne; die unvermeidlichen politischen talking heads, die um jeden Preis die hervorgetretenen “Anderen” in den grau-buntscheckigen “deutschen” Brei, den sie mit ihren Entscheidungen fabriziert haben, wieder hineinkneten wollen – Dietmar Bartsch zum Beispiel, Michael Gwosdz oder auch (wie schon so oft) Heiko Maas, dessen gegen jede Erkenntnis gefeite (»Niemand kann mir erzählen, daß…«) Überzeugung von orchestrierten Übergriffen vor allem einen Nutzen abwerfen soll, nämlich die Diskussion weg von einer Flüchtlings- oder Ausländer- hin zu einer Kriminalitätsproblematik zu lenken. So, wie auch mit dem Geschrei nach mehr Sicherheit und Überwachung, soll denn die existentielle, identitäre Krise zu einer innenpolitischen Budgetfrage herabgewürdigt werden.
Hinzu kommt aber, und das ist eine immens unangenehme Feststellung, der zusätzliche und von Kubitschek schon seit langem beobachtete Riß, der durch unser eigenes Volk (oder was davon derzeit noch übrig ist) geht. Der altbekannte Georg Diez zitiert dazu in all seiner wohlfeilen Erleuchtung aktuell Martin Mosebach: »Ist ein Deutscher vorstellbar, der in seiner Existenz nicht irgendwie und noch so schwach von der deutschen Disposition zum Bürgerkrieg gezeichnet ist?« Vielleicht hängt das einfach mit der vielleicht tatsächlich eingeborenen deutschen Abneigung gegenüber Mäßigungen und Mittelwegen zusammen – mit Wagner »die Sache, die man treibt, um ihrer selbst und der Freude an ihr willen treiben«, oder auch mit dem Schlageter postum zugeschriebenen Spruch »Sei was du willst, aber was du bist, habe den Mut, ganz zu sein!«.
Eine neue, jetzt ganz akute, paraethnische Bruchlinie verläuft zwischen denjenigen Deutschen, die sich spätestens jetzt ganz klar und offen von den Institutionen und Protagonisten abwenden, die dieses gigantische Gesellschaftsexperiment über uns gebracht haben und sich nun wie Ertrinkende daran klammern, und den anderen Deutschen, die das eben nicht tun und mit der Illusion zufrieden sind, daß die nun plötzlich kluggewordene Nomenklatura (bei SpOn schön versammelt, allerdings »leider« ohne Kommentarfunktion…) im Landtagswahljahr 2016 dank der entsprechend gesetzten Kreuzchen schon dafür sorgen werde, daß Köln Konsequenzen hat. Es ist nun allerdings ein Punkt erreicht, an dem festgestellt werden muß, daß mit Angehörigen der letzteren Gruppe kein vernünftiges Sprechen über Politik mehr möglich ist – und es dort auch niemanden mehr “aufzuwecken” gibt.
Noch einmal: In dieser Lage, in der wir uns jetzt befinden, ist weder der Platz noch die Zeit für irgendwelche Proselytenmacherei (auch, wenn es ein schönes Gefühl ist, von anderen recht zu bekommen). Und auch die bereits von einigen Kommentatoren herbeigeschriebene Staatskrise wird nicht stattfinden; nicht wegen aus der Rolle gefallener “Fachkräfte”, da braucht es schon ganz andere Kaliber. Wir müssen aber davon ausgehen, daß allerspätestens jetzt die kognitive Dissonanz zwischen verabreichter und erlebbarer Realität so groß geworden ist, daß es im Kopf des durchschnittlichen Medienkonsumenten ununterbrochen scheppert. Es greift nun also Hanlon’s Razor im umgekehrten Fall: Wer jetzt nicht die morbide Qualität der Situation erkannt hat, der wird es offenbar nicht mehr tun und will es auch gar nicht. Wie es selbst die New York Times(!) verständlich formuliert hat:
Wenn Sie glauben, daß eine alternde, säkularisierte, bislang größtenteils homogene Gesellschaft eine Einwanderung dieser Größenordnung und dieses Ausmaßes an kultureller Differenz wohl friedlich aufnehmen wird, dann könnten Sie als Sprecher der gegenwärtigen deutschen Regierung eine glänzende Karriere machen.
Außerdem sind Sie ein Trottel.
So ziehen sich die Grenzen, oder: die Klüfte ganz von allein. Die entscheidende Frage ist, ob man sie anerkennt und dementsprechend handelt. Harald Martenstein, bekanntlich ein honoriger Autor, tut das gerade nicht, indem er Ursache und Wirkung zwar ins richtige Verhältnis setzt, das aber mit dem Ziel, die Wirkung zu exkulpieren (von der NS-Analogie ganz zu schweigen): Das akute und uns als Deutsche betreffende Problem ist nicht der Islam als eine abstrakte Religion, sondern die fortlaufend anschwellende Masse der islamisch geprägten Fremden in unserer Mitte, die – abgesehen von politischen Zirkeln, derzeit am prominentesten durch die Kanzlerin vertreten – niemand eingeladen hat und die hier auch nicht das Geringste zu suchen haben, größtenteils nicht einmal Asyl. Nein, der Islam gehört nicht zu Deutschland, und damit auch nicht seine Überträger.
Genug davon also, noch irgendwem irgendwas erklären oder ihn »da, wo er steht, abholen« zu wollen – dieses paternalistische Gehabe sei dem Staat und solchen Propagandaorganen wie der Bundeszentrale für politische Bildung oder den öffentlich-rechtlichen Medienanstalten überlassen. Ernsthafte Metapolitik kann und darf sich nicht damit aufhalten, lediglich dialektisches Gegengewicht zum polit-medialen Oligopol sein zu wollen. Und eine veritable Gegenöffentlichkeit besteht bereits, spätestens seit PEGIDA das Schlagwort “Lügenpresse” in den gesellschaftlichen Diskurs förmlich hineingestampft hat. Wie Greg Johnson in seinem instruktiven Text über den Mechanismus der Konversion festgestellt hat, sind die notwendigen Einsichten durchaus hinreichend beim je Einzelnen vorhanden; die Frage ist nur, welche Bedeutung er ihnen beimißt. Das Leiden an der Lage in den Fokus zu rücken, ist ein lohnendes Nahziel; das blinde Streuen von Informationen ist es nicht, denn auf diesem Gebiet ist uns der Leviathan schon ressourcenmäßig haushoch überlegen. Wer sich in der falschen Normalität behaglich eingerichtet hat, der darf gerne darin versauern.
Stichwort Lügenpresse: Gerade die hat ja so eine Art pervertierte Jeanne d’Arc in Anja Reschke gefunden, die seit zunehmender Medienpräsenz der allgemeinen Eskalation nie um eine steile öffentlich-berechtigte Meinung wider Zweifel an der Richtigkeit der offiziellen Kabinettspolitik verlegen ist – statt einer Verteidigung des Eigenen stets eine Verneinung des Eigenen. Besonders bemerkenswert hierzu ist nun ihr tagesthemen-Kommentar vom 8. Januar: Nein, Frau Reschke, »die Sache mit der Integration« wird nicht »verdammt schwer […] für uns alle«, weil der noch größte Teil von “uns allen” hier geboren und sozialisiert worden ist. Und um so vehementer: Nein, mitnichten »geben wir all das auf, was wir erreicht haben«; denn wir haben nichts erreicht, zumindest nichts Gutes. Vielmehr holen wir uns endlich das zurück, was wir verloren haben oder was uns genommen wurde. Die einzig verbleibende Frage ist, ob man daran teilhaben will.
Simplicius
Die obige Analyse von Nils Wegner,
sein Blick auf „den in Gang gekommenen Prozess“
ist wohl zutreffend.
Dazu sage ich jetzt(!) nur eines:
„Merkel muss bleiben!“
Unbedingt. Jede Woche, die jetzt noch kommt, zählt!
Mehr will ich nicht sagen.