Vermutlich aber hat er diese Spur mit vollem Bewußtsein gelegt. Mehrere Stellen in seinem “Manifest” verkünden seinen Plan, die Lage eskalieren zu lassen, den Druck auch auf gemäßigte Einwanderungskritiker zu erhöhen, um sie in die Radikalisierung zu treiben. Martin Sellner hat in einer Pressekonferenz deutlich darauf hingewiesen.
Der Attentäter hat seine Strategie der Destabilisierung unmißverständlich verkündet, was von den Medien hartnäckig ignoriert wird:
Ein politischer Kandidat, der den Status Quo erhält oder nur minimalen Wandel herbeiführen will, sogar wenn dieser minimale Wandel unsere Sache unterstützt, ist am Ende nutzlos und sogar schädlich. (…) Es ist viel besser, radikale, gewaltsame Veränderung zu fördern, egal, woher sie kommt. (…) Diese stürmischen Zeiten können durch Taten ausgelöst werden. Zum Beispiel durch die Wahl von politischen Kandidaten, die radikalen Wandel herbeiführen oder eingefahrene Systeme herausfordern, durch die Radikalisierung des öffentlichen Diskurses, indem man einerseits alle gesellschaftlichen Konflikte unterstützt, attackiert, ächtet, radikalisiert und übertreibt, andererseits auch schwache und weniger radikale Führer/Influencer auf beiden Seiten des sozialen Konflikts attackiert oder sogar ermordet.
Das bedeutet, daß er rechte wie linke Radikalisierung und “Hetze” ausdrücklich begrüßt, daß er gar die Ermordung von linken wie auch rechten Protagonisten, die zu gemäßigt sind, als Mittel zur großen, entscheidenden Eskalation sieht. Er ist ein Terrorist im reinsten Sinne, insofern er eine Atmosphäre aus Angst und Aggression heraufbeschwören möchte:
Das Nachbeben meiner Taten wird noch nach Jahren spürbar sein, den politischen und sozialen Diskurs bestimmen, die Atmosphäre aus Angst und Wandel erzeugen, die notwendig ist.
Andere Aussagen scheinen darauf abzuzielen, Paranoia und Unsicherheit zu erzeugen:
Ich bin kein direktes Mitglied irgendeiner Organisation oder Gruppe, obwohl ich vielen nationalistischen Gruppen gespendet und mit vielen weiteren interagiert habe. (…) Ich unterstütze viele Gruppen, bin aber von keiner Mitglied. (…) Keine Gruppe hat meinen Anschlag befohlen, ich habe die Entscheidung selbst getroffen. Ich habe allerdings die wiedergeborenen Tempelritter kontaktiert, um ihren Segen zur Unterstützung meiner Tat zu erbitten, den ich bekommen habe.
Die “Tempelritter” sind jene vermutlich fiktive Gruppe, auf die sich auch Anders Breivik bezog (der sie vermutlich erfunden hat). Im Anschluß behauptet der Täter, daß es “tausende” solcher Gruppen, mit “Millionen” von Anhängern gebe, wovon eine überproportionale Zahl im Militärdienst beschäftigt sei. Er selbst repräsentiere “Millionen von Europäern”. Das sind entweder wahnhafte oder gezielte Lügen und Übertreibungen, eingewickelt in eine explizite Aufforderung zu Gewalt und Mord.
Das alles ist, wie gesagt, heller Wahnsinn, schwärzester Nihilismus. Es ist das Böse selbst, das sich als heroischer Kampf für ein größeres Ganzes ausgibt, für ein “Volk”, das nur in der Phantasie des Täters hinter ihm steht. Aber seine Strategie scheint aufzugehen, die Medien beißen weltweit reflexartig an, die Hexenjagd kann beginnen, und es ist kein Geringerer als unser Martin Sellner, der in ihrem Brennpunkt steht. Bundeskanzler Kurz höchstpersönlich hat ein Verbot der Identitären Bewegung gefordert. Strache, wohl im Panikmodus wegen seines früheren Lobs der Bewegung, ist ihm folgsam hinterhergedackelt, inzwischen aber wieder zurückgerudert.
Die eigentliche Zielscheibe der laufenden Kampagne in Österreich ist allerdings weder Sellner noch die IB, sondern die Regierungspartei FPÖ, die nun per “Kontaktschuld” und “inhaltliche Überschneidungen” zu Fall gebracht werden soll. Der Attentäter ist die Billardkugel, die Sellner und die IB zu Fall bringen soll, und diese wiederum dienen als Kugel, um die FPÖ versenken, insbesondere Herbert Kickl, der als großer Häuptling der Österreichabteilung des weltweiten “rechtsextremen Netzwerks” präsentiert wird.
Es geht aber um noch mehr: Jegliche Form der Einwanderungs- und Islamisierungskritik sowie des patriotischen Aktivismus soll dadurch geächtet und stigmatisiert werden. Ja, die Legitimität einer politischen Rechten schlechthin wird in Frage gestellt. Zu nichts anderem dient das armselig verschwörungstheoretische Theater um die “Netzwerke”, die es in dieser Form auf der Linken genauso gibt, mit dem Unterschied, daß dort nicht einmal versucht wird, sich von “Extremisten” abzugrenzen.
Das profil, so etwas wie das österreichische Pendant zum Spiegel, zeigt auf seinem aktuellen Cover die Richtung an, in die es gehen soll:
Ähnlich wie eine Woche zuvor im Spiegel wird ein böses “weltumspannendes Netzwerk der modernen Rechtsextremen” beschworen, Martin Sellner per Assoziationscollage neben den Attentäter gestellt, und dieser wiederum mit Vizekanzler Strache verlinkt, mit Hilfe eines Fotos, das ihn zusammen mit dem Identitären-Aktivisten Patrick Lenart an einem Tisch zeigt.
Im Heft ist eine Grafik zu sehen, die Sellner als Spinne in einem Netz zeigt, in das alles reingesteckt wurde, was auch nur den kleinsten Berührungspunkt mit den Identitären aufzuweisen hat: Ein Prozent, Pegida, das Vereinslokal in Halle, das Institut für Staatspolitik, die AfD, die Zeitschriften Sezession, Info-Direkt, freilich, Wochenblick, Unzensuriert, Kontaktschuld über Vereinslokale, Demonstrationsteilnahmen, Burschenschaften, Akademikerball und Ring Freiheitlicher Studenten. Erwähnung finden auch Martins anglophone Mitstreiter Lauren Southern und Tommy Robinson sowie seine Verlobte Britanny Pettibone.
Besonderes Prachtstück für die Jagdgesellschaft ist die Teilnahme Herbert Kickls am Linzer Kongreß “Verteidiger Europas” im Jahr 2016. Kickl ist der von der Linken am meisten gehaßte Regierungsminister, und insbesondere der ehemalige Grüne Peter Pilz, der ihn den “Minister der Neonazis” nennt, verwendet viel Mühe darauf, ihn aus dem Amt zu jagen.
2015 sagte Pilz übrigens folgendes:
Ich bin da radikaler als die Freiheitlichen: Ich will so wenige Flüchtlinge wie möglich. Ich stehe nicht mit einer Kerze an der Südgrenze und freue mich über jeden, der kommt.
Kickl wird von den linksliberalen Medien schon seit langem zum “rechtsextremen” Dämon stilisiert. Maßnahmen wie die Forderung nach Schutzhaft von gefährlichen Asylbewerbern oder die Gründung eines „Ausreisezentrums“ für Flüchtlinge werden allen Ernstes mit der Errichtung von Konzentrationslagern in Verbindung gebracht. profil sprach im März von “Kickls Durchmarsch” durch die Institutionen der Republik Österreich, die er gründlich zu unterminieren suche, “bis zur Unkenntlichkeit und ohne viel Widerstand”: “Kickl scheint sich nicht weniger vorgenommen zu haben als den radikalen Umbau des Rechtsstaates.”
Das “Netzwerk”-Narrativ soll diese Angst vor einer großen, bösen, rechten “Verschwörung” schüren, die den Staat umstürzen, “die Demokratie” beseitigen und allerlei finstere Dinge aus der Vergangenheit wieder aufleben lassen will. Es richtet sich gegen die Rechte in ihre Gesamtheit, und beinhaltet nicht mehr und nicht weniger als eine Drohung: Per Kontaktschuld hängen alle in ein- und demselben Netz, als fette Beute der Linken, die nun jeden einzelnen stigmatisieren und unter Druck setzen kann, der in eine Verbindung zu Sellner gebracht werden kann, und sei um zwei, drei Ecken.
Diese Angst vor Stigmatisierung, sozialer Exklusion, ethischer Anschwärzung ist natürlich das übliche politische Druckmittel “gegen Rechts”. Es ist die “Herrschaft des Verdachts”, die ein Klima des Mißtrauens schafft, in dem keine offene Debatte mehr möglich ist.
Diese Angstmache zielt ebenso auf all jene, die sich rechts engagieren, wie auf jene, die mit ihnen sympathisieren oder unentschieden sind, wie auch auf ihre dezidierten Feinde. Die einen sollen isoliert und mundtot gemacht, die anderen abgeschreckt, die dritten aufgehetzt werden.
Dabei gibt es eine klare, schier unangefochtene Dominanz der linksradikalen, “antifaschistischen” Deutung der Rechten. Deshalb wird auch allein die politische Rechte zu absurden und unmöglichen Distanzierungen, Säuberungen und Selbstkastrationen genötigt, die nach Salamitaktik erst ein Ende finden, wenn sie sich in ihrer Gesamtheit aufgelöst hat, während die Linke guten Gewissens mit der Antifa und anderen Gruppen oder Ideologen schmust.
Es sind ausschließlich Linke und Antifaschisten, die die Schlagworte, “Framings” und moralischen Urteile vorgeben, mit denen die Rechte bewertet wird. Die in Österreich übliche Anlaufstelle ist Andreas Peham vom DOEW (Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands), der schon die FPÖ als “rechtsextreme Partei” bezeichnet. Antifaseiten werden nicht nur als Quelle für bürgerliche Zeitungen, von Standard bis Kronen-Zeitung genutzt, sondern sogar – nicht selten wortwörtlich – für Verfassungsschutzberichte, in Österreich ebenso wie in Deutschland.
Deutungen, Kritik und Selbstdarstellung von rechts kommt demgegenüber zu kurz. Die aktuelle Ausgabe des Magazins freilich bietet einen alternativen “Baedeker” für die “rechten Netzwerke” Deutschlands an. Darstellungen dieser Art erreichen “freilich” kaum Leser außerhalb der rechten und konservativen Blasen.
Wie Götz Kubitschek apropos Martin Sellner schrieb:
… ich möchte wissen, ob es nicht wenigstens ein paar Journalisten gibt, die nicht nur über Piccolo-Flöten wie wir (sezession.de, youtube-kanäle, Selbstkommentierungen) verfügen, sondern über die große Tuba, und nun bereit sind, mit ein paar kräftigen Tönen die Kirche ins Dorf zurückzublasen.
Das ist momentan eher unwahrscheinlich. Die Fronten sind gerade verhärtet wie nie zuvor. Linke, die schon vor Christchurch und der vergifteten Spende an Sellner in einer permanenten Angsthysterie vor der Rechten lebten, fühlen sich nun in ihrem Zerrbild und ihrer Paranoia bestätigt, sind verhetzter und feindseliger als je zuvor. Ihre ohnehin schon erklecklich vorhandene Skrupellosigkeit und Mißachtung der Fakten kennt nun keine Grenzen mehr.
All jene, die nun der FPÖ an den Karren flicken wollen, lassen sich den Braten munden wie Aasgeier. Aus der Spende an Martin Sellner wird ein ganzer Roman an Kontaktschuld generiert, der immer größer und größer wird.
Beispielhaft ist diese Diskussion zwischen Rudi Fußi (SPÖ) und Andreas Mölzer (FPÖ) auf dem österreichischen Sender oe24: Fußi versucht, der FPÖ soviel Identitäre Bewegung wie möglich anzupappen, Mölzer versucht sie abbzubürsten und zu bagatellisieren. Für Fußi ist Kickl “zweifelsohne” ein “Rechtsextremer”, ebenso wie Norbert Hofer oder Heinz-Christian Strache welche sind. Wie skrupellos und demagogisch Fußi dabei vorgeht, zeigt etwa diese Aussage:
Und spätestens jetzt, wo erwiesen ist, daß der Herbert Kickl am Kongreß vor Rechtsextremen, vor Menschen, die mit dem Terroristen von Kräisdtschörtsch in engem Kontakt offenbar gestanden sind, und wo es sogar finanzielle Verflechtungen offensichtlich gibt, spätestens jetzt muß Herbert Kickl…
Mit einem rhetorischen Handstreich steht nicht mehr allein Sellner im “engen” Kontakt mit dem Terroristen, sondern das gesamte Publikum einer einzigen Rede von Kickl (wohlgemerkt im Jahre 2016), während aus einer einmaligen Spende ominöse “finanzielle Verflechtungen” werden.
Immerhin gab derselbe Sender Martin Sellner die Chance, sich persönlich zu den Vorwürfen zu äußern, was er mit Bravour gemeistert hat. Jedes Lob Kickls und FPÖ aus seinem Munde ließ natürlich die politischen Goldmünzen im Sack des Gastgebers Wolfgang Fellner klingeln.
Dieser hat eine ziemlich merkwürdige Vorstellung geliefert, indem er Martin mit seinem jovialen, sehr österreichischen Schmäh eine Dummheit nach der anderen um die Ohren warf. Fußi hat daraus ein “Worst of” geschnitten und es begeistert auf Youtube hochgeladen, mit dem Titel: “Wolfgang Fellner liest Sellner die Leviten, großartig!”
Was dem einen sein Cringefest, ist dem anderen sein Genieblitz. Diese Paarung aus Dummheit und Bösartigkeit der Jagdgesellschaft macht mir fast schon wieder Hoffnung. Daher meine Prognose:
Ich vermute, daß die laufende Kampagne scheitern und Kickl im Amt bleiben wird. Juristisch wird die Sache nichts hergeben und die IB wird legal bleiben. Die Vorwürfe sind allzu offensichtlich konstruiert und müssen nicht umsonst ständig aufgebauscht und weitergesponnen werden. Die Themen und Probleme, die von der IB angesprochen und verschlagwortet werden, werden weder durch ein Verbot noch durch eine kriechende, entmannte FPÖ verschwinden. Die identitäre Idee ergibt sich zwangsläufig aus der multikulturalistischen Politik.
Hinzu kommt, daß Martin Sellner ein in der Wolle gewaschener “Happy Warrior” ist, eine Pflanze, die im Sturm gedeiht. Er hält sich optisch und argumentativ exzellent, seine Botschaft kommt glasklar rüber. Wer weiß, was die nächste Stufe sein wird, wenn er diese Feuerprobe bestanden hat ? Und mit ihm das gesamte patriotische Lager, das lernen muß, sich nicht mehr einschüchtern zu lassen und zu sich selbst zu stehen.
Niekisch
"Die Legitimität einer politischen Rechten schlechthin wird in Frage gestellt"
Das ist aber nicht erst seit diesem abscheulichen Attentat der Fall, auch nicht seit Jahren oder Jahrzehnten, sondern das hat mit dem Augenblick begonnen, als die Deutschen anfingen, das Versailler Diktat abzuschütteln und damit wieder zur Konkurrenz der westlichen Mammonokratien wurden. Für die damaligen Alliierten war ein zweiter Durchgang erforderlich, der nur noch damit zu begründen war, daß die Deutschen von Natur aus die genetisch festgelegt gefährlichsten Geschöpfe auf der Welt seien. Das setzt sich bis heute fort, weil die "Rechte" die angeblich bösartigsten deutschen Tugenden verkörpert. Es ist zu einfach, die "Linke" als causa für den Kampf gegen "Rechts" zu definieren. "Die Rechte" wird für immer alleiniger Adressat des Vernichtungswillens sein, solange sie diesen Antagonismus "rechts - links" anerkennt, sich nicht mit eigenen Werten und Begriffen daraus befreit, zugleich notfalls Knast und Tod in Kauf nimmt, um die ungeheuerlichen Angriffe einer messianistischen Mafia gegen unsere Ehre als Nachgeborene mit letzter Konsequenz zurückzuweisen. Solange wir das nicht wagen, spielen wir das Spiel des Feindes mit, werden als "Nazibällchen" auf der Tischtennisplatte so hin und hergeschlagen, daß uns Hören und Sehen vergeht.