Eine gute Woche geht vorbei…
…und es scheint fast, als wolle sich das stellenweise durchaus bewölkte Jahr 2019 mit ein paar sonnigen Tagen verabschieden. Das Offensichtliche zuerst: Zum Etappensieg der IBÖ vor dem Grazer Oberlandesgericht konnte sich Martin Sellner bereits hier persönlich äußern.
Allgemein scheint es so, als würde sowohl zum Guten, wie zum Schlechten allmählich Bewegung in die verschiedenen Rechtssachen kommen, die bei nahezu allen widerständigen Gruppen die ganze Zeit in den Nebenstraßen ausgetragen werden: Auch in Deutschland konnte im Verfahren um die Einstufung der IBD als “rechtsextremistische Vereinigung” ein erster Erfolg errungen werden, für die Bürgerinitiative „Ein Prozent“ fiel der Erstentscheid hinsichtlich der Löschung ihrer Facebook-Präsenz hingegen negativ aus.
Nicht so in Italien. Dort konnte die Casa Pound Italia (CPI) als wichtigste aktivistisch-rechte Oppositionsbewegung des Landes vor wenigen Tagen einen entscheidenden Sieg einfahren: 15.000€ Rechtskostenbeteiligung muß der Großkonzern Facebook an die Partei zahlen, die Sperrung ihrer Seite ist dem Gerichtsentscheid zufolge unverzüglich aufzuheben. Geschieht das nicht, so wird mit jedem weiteren Tag der Sperrung eine Entschädigung von jeweils 800€ fällig – Peanuts für den Online-Giganten aber sicher ein nettes Zubrot für die politische Arbeit.
Die verantwortliche Richterin Stefania Garrisi begründete die Entscheidung damit, daß die betroffene Partei durch die Sperrung ihrer Facebook-Seite über die sie täglich mehrere Hunderttausend Menschen erreicht hatte, vom politischen Diskurs ausgeschlossen werde, der heutzutage nicht unwesentlich im digitalen Raum stattfinde. Auch hier ist die Messe noch nicht gesungen: Wie zu erwarten war prüft Facebook Rechtsmittel gegen die Entscheidung.
Aus aktivistischer Perspektive behält die Freude über die eine, genauso wie der Ärger über die andere Entscheidung aller realpolitischen Wichtigkeit zum Trotz den faden Beigeschmack der Uneigentlichkeit. Das ganze Prozessieren, das Vegetieren als Verfahren und das elendige Abwarten von Fristen, Entscheidungen, Fristen, Einsprüchen, Fristen, Entscheidungen usw. usf. ist kaum etwas, was man gut verträgt; noch weniger, wenn man sich einer Sache verschrieben hat, die so dringend ist, wie die unsere.
Zum Glück wartet jedoch auch anderswo Arbeit etwas konkreterer Natur, während im Stellungskrieg der Aktenzimmer zeitweise einige positive Korrekturen im Frontverlauf zu berichten sind: Nicht nur an deutschen Universitäten hat der Akt der Hörsaalbesetzung zum Zwecke der Vorlesungsverhinderung im letzten Quartal des scheidenden Jahres eine gewisse Popularität erlangt.
Im Oktober war es erst Bernd Lucke, dessen Vorlesung blockiert wurde, wenig später wurde ein Vortrag von Thomas De Maizière von Göttinger Linksextremen verhindert. Beide Fälle bekamen überdurchschnittlich viel Aufmerksamkeit ab, was zweifelsohne eher an der Bekanntheit der betroffenen Vortragenden lag, als an den von ihnen vorgetragenen Themen.
Solche oder ähnliche Aktionen finden natürlich nahezu jede Woche irgendwo statt, die Personen, die in diesem Zusammenhang in das Visier der Störer geraten, sind dabei meist von mehr oder weniger ähnlichem politischen Profil wie Lucke oder De Mazière. Will sagen: Irgendwie mit dem Ruch des Konservativen behaftet, eigentlich ungefährlich und, wenn man es genau betrachten will: Einfach zur falsch Zeit mit der falschen Vita am falschen Ort.
Meist gehen diese Fälle jenseits der Lokalblätter unter – überregionale Aufmerksamkeit erregte in der Vergangenheit lediglich der Fall des Leipziger Professoren Thomas Rauscher, der mit seinem Traum von einem „weißen Europa brüderlicher Nationen“ den Zorn der Roten auf sich gezogen hatte.
Auffällig für uns ist, daß sich der Einspruch von Seiten der betroffenen Vorlesungsbesucher – in der Regel Studenten – in den allermeisten Fällen sehr in Grenzen hielt. Verständlich: Wer will sich schon um der lieben Makroökonomie Willen in die Bresche werfen? Um ehrlich zu sein: Die meisten Vorlesungen, die ich besucht habe, waren so stinklangweilig, daß ich mich wahrscheinlich mit jeder Störung erstmal solidarisch erklärt hätte, um der gähnenden Ödnis zu entgehen
Daß diese Störungen Teil einer gesamtgesellschaftlich wirkenden Methode sind und, daß es in allen von mir beschriebenen Fällen letztendlich darum ging und geht, einen linkstotalitären Herrschaftsanspruch über gewisse Räume geltend zu machen und durchzusetzen, ist den Stino-Studis meist weniger gegenwärtig, als die sich unverhofft verlängernde Mittagspause. Überhaupt sorgen die hysterischen Schreie der Antifa-Mädchen und ihrer vermummten Handlanger ja meist eher für Befremden und angenervte Blicke als für offene Solidaritätsbekundungen und spontanes Mitkrakeelen; dennoch: Dreistigkeit siegt.
Auch in Wien versuchte nun die „Autonome Antifa“ zum wiederholten Male eine Vorlesung zu verhindern. Betroffen war dabei der österreichische Historiker Lothar Höbelt, der dem Dritten Lager in der Alpenrepublik zugerechnet wird und im Kuratorium der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung sitzt. Was zwei Wochen in Folge gelungen war – den Abbruch der Veranstaltung durch militantes Auftreten und teils handfeste Störungen zu provozieren – das mißlang dieses Mal jedoch.
Der Grund für die Anwesenheit von Sicherheitspersonal, Polizei und Verfassungsschutz könnte jedoch durchaus ein anderer gewesen sein, als bloß die Gewährleistung der freie Lehre, welche die Universität zur Rechtfertigung der Maßnahmen vorschob. Als Besucher von Höbelts Vorlesung hatten sich nämlich nicht nur linksextreme Störer angekündigt, auch Waffenstudenten und patriotische Aktivisten hatten sich ihrerseits bereit gezeigt, den Hörsaal gegen die Autonomen zu halten.
Wie immer genügte diese bloße Ankündigung, um die Verantwortlichen zu genügend Sicherheitsvorkehrungen zu bewegen, so daß die Veranstaltung störungsfrei stattfinden konnte. Die Gefahrenprognosen der Polizei und damit deren Einsatzpläne durch die Ankündigung der eigenen Anwesenheit zu beeinflussen und so die Durchsetzung von Recht und Ordnung zu erzwingen – auch dies gehört also zum Aktionspotential des rechten Aktivismus.
Es bleibt natürlich zu hoffen, daß dieses Beispiel auch in Deutschland Schule macht, obgleich ich sicherlich von keinem Aktivisten erwarte, sich für Bernd Lucke in die Tür zu stellen. Das hätte auch keinen Sinn; eher würde Lucke sich unter Protestgeschrei eigenhändig aus dem Hörsaal tragen, als sich von unsereins abschirmen zu lassen – unvergessen sein bettelnder Kotau vor dem Hamburger AStA.
Weil ich aber meine Leser als verantwortungsbewußter Kolumnist nicht mit diesem Bild in den Sonntagabend entlassen möchte, hänge ich ihnen dieses Bild vom vergangenen Mittwoch aus Wien an. Auch so kann eine Universität aussehen:
Eine gute Woche, wie gesagt.
limes
Mit körperlicher Gewalt probten Linke bereits in der zweiten Hälfte der 1970-er Jahre den Umsturz. Um ihre Forderungen durchzusetzen, blockierten sie Räume, in denen man sich rückmelden oder zu Vorlesungen eintragen konnte. Damals allerdings kam ich als zierliche junge Frau noch mit einigen Schubsern ohne Blessuren durch. Dass aus solchen Aktionen Jahrzehnte später Totalitarismus erwachsen würde, konnte ich mir damals nicht vorstellen.
Damals lebten wir Studis unterschiedlichster Weltanschauung friedlich in einer WG: Ein liberaler Doktorand, ein Linksextremist vom marxistischen Studentenbund Spartakus und ich als politisch unbeschriebenes Blatt mit meinem heutigen Mann, der aus Überzeugung seinen Wehrdienst bei einer herausgehobenen Einheit abgeleistet hat.
In Imad Karims Liebeserklärung an Deutschland »Fischers Fritz« erkenne ich diese noch tolerante Welt wieder, in der sich jedoch bereits auch Konflikte mit nichteuropäischen Mitstudenten und Vollakademikern abzeichneten.