Netzfundstücke (72) – Ghibli, E‑Autos, Wendler

Wenn die wilden Gräser übernehmen.

Anders als bei mei­nem Sezes­si­on-Kol­le­gen Till-Lucas Wes­sels (sie­he »Sonn­tags­held (169) – Das Leben nicht zu belei­di­gen«) waren mei­ne Erin­ne­run­gen an die Hayao Miya­za­ki-Ani­ma­ti­ons­fil­me aus dem Hau­se Stu­dio Ghi­b­li ver­blaßt und in die hin­te­ren Ecken mei­nes Gehirns gewandert.

Doch Wes­sels Sonn­tags­hel­den sei Dank, wur­den mei­ne Erin­ne­run­gen an die­se fabel­haf­ten Fil­me wie­der hoch­ge­spült. Dabei müß­te ich bei mei­ner ers­ten Stu­dio-Ghi­b­li-Bewegt­bild­erfah­rung sogar etwas älter als er gewe­sen sein. Lus­ti­ger Wei­se bil­de­te auch bei mir Prin­zes­sin Monon­o­ke den Ein­stieg in das Ghibli-Universum.

Danach ver­schlang ich spe­zi­ell die Fil­me der frü­hen bis mitt­le­ren Schaf­fens­pha­se des Stu­di­os. Vom Schloß im Him­mel und Nau­si­caä aus dem Tal der Win­de – das streng­ge­nom­men gar kein Ghi­b­li-Film ist – bis zu Das wan­deln­de Schloß tauch­te ich in die vor Magie sprü­hen­den Wel­ten aus der Feder Miya­za­kis und Isao Taka­ha­t­as ein.

Das, was Wes­sels rich­tig in sei­nem Sonn­tags­held zu Miya­za­ki beschrieb, näm­lich »die dich­te Atmo­sphä­re ihrer [Stu­dio Ghi­b­li] Wel­ten, die mär­chen­haf­te Fan­tas­tik der dar­ge­stell­ten Wesen­hei­ten, der unor­tho­do­xe und ambi­va­len­te Erzähl­wei­se der Geschichts­strän­ge« war ein­zig­ar­tig und hob sich von der Kon­kur­renz ab. Anstatt sich an US-ame­ri­ka­ni­schen Film­stan­dards zu ori­en­tie­ren und damit nor­mier­te Pro­duk­te für ein glo­ba­les Publi­kum zu pro­du­zie­ren, erzählt(e) Ghi­b­li genu­in japa­ni­sche Geschichten.

Ein wich­ti­ger Aspekt, den Wes­sels zwar streift, aber nicht wei­ter ver­tieft, ist die in vie­len Wer­ken des Stu­di­os – ins­be­son­de­re in Prin­zes­sin Monon­o­ke – the­ma­ti­sier­te Ent­zau­be­rung der Welt. Miya­za­kis ent­wor­fe­ne Wel­ten ste­cken vol­ler Magie, die von einer vor­an­schrei­ten­den Tech­ni­sie­rung bedroht ist. Dort, wo die Tech­nik Fuß gefaßt hat bzw. die Indus­tria­li­sie­rung sich ihren Weg bahnt, ver­schwin­den die Geis­ter und das Land ver­ödet sowohl see­lisch als auch physisch.

Ent­schei­dend ist hier­bei für Miya­za­ki aber die Art und Wei­se, wie die Tech­nik genutzt wird. Wird sie in einem klas­sisch-indus­tria­li­sie­ren­den Stil ver­wen­det, wirkt sie zer­stö­rend. Wird sie hin­ge­gen har­mo­ni­sche in die Natur ein­ge­bet­tet, treibt sie das Magi­sche in der Welt nicht zurück, son­dern es eröff­net sich so die Opti­on zur Koexistenz.

Unge­ach­tet des­sen ist Miya­za­kis Wahr­neh­mung der Moder­ne als »dünn und seicht und falsch« in sei­nem Schaf­fen omni­prä­sent. Im Grun­de sind sei­ne Fil­me ein künst­le­ri­sches Auf­bäu­men gegen das »Fal­sche«, indem er durch sie eine Wie­der­ver­zau­be­rung mit Hil­fe von Bil­dern kana­li­siert. Zwar sind die­se wie­der­ver­zau­ber­ten Wel­ten fra­gil und stän­dig von der Ent­zau­be­rung bedroht, aber jede ein­zel­ne stellt einen Kon­tra­punkt, wenn auch einen ima­gi­nä­ren, zur end­gül­ti­gen Abkop­pe­lung des Men­schen von sei­nen natür­li­chen Wur­zeln dar.

Jedoch erschafft der Inhalt allei­ne noch kei­ne ani­mier­te, magi­sche Par­al­lel­welt, in die man hin­ein­ge­zo­gen wird. Mit wel­chen hand­werk­li­chen Mit­teln Ghi­b­li die­se Immersi­on kon­sis­tent erreicht hat, zeigt das fol­gen­de Video (lei­der nur auf Englisch):

Außer­dem exis­tiert eine älte­re Arte-Doku­men­ta­ti­on mit dem Titel Ghi­b­li: Der Tem­pel der tau­send Träu­me, die auf You­Tube nur noch in Bruch­stü­cken und lei­der unvoll­stän­dig zu fin­den ist. Ein Blick lohnt trotzdem:

Und wen der Kom­plex »Ghi­b­li« nun so rich­tig inter­es­siert, dem sei die Doku­men­ta­ti­on Never Ending Man: Hayao Miya­za­ki emp­foh­len, die es auch mit deut­scher Syn­chro­ni­sa­ti­on gibt:

Mögen die wil­den Grä­ser das Land zurückerobern!


Eine Tech­no­lo­gie, die mit ziem­li­cher Sicher­heit zu kei­ner har­mo­ni­schen Natur-Tech­nik-Bezie­hung im Sin­ne Miya­za­kis bei­tra­gen wird, son­dern viel­mehr eine wei­te­re For­cie­rung indus­tri­el­ler Durch­drin­gun­gen mit sich bringt, ist das elek­tri­fi­zier­te Auto­mo­bil. Mit aller Macht wird sei­ne Eta­blie­rung als das wesent­li­che Rück­grat indi­vi­du­el­ler Mobi­li­tät der Zukunft vorangetrieben.

Öko­lo­gisch soll es sein, CO2-neu­tral, »grün« – im Hin­ter­grund dre­hen die Wind­rä­der, auf den Dächern blit­zen die Solar­pa­nels und im Vor­der­grund fliegt der Tes­la, ange­trie­ben durch den Strom erneu­er­ba­rer Ener­gien, über die Land­stra­ßen dahin. So oder so ähn­lich sieht der Traum der Befür­wor­ter einer »Nach­hal­ti­gen Ent­wick­lung« aus.

Daß das einen fol­gen­schwe­ren Selbst­be­trug mit der tat­säch­li­chen Absicht, die eige­ne unöko­lo­gi­sche Lebens­wei­se des Über­flus­ses zu kon­ser­vie­ren, dar­stellt, habe ich bereits hier in den »Öko­lo­gi­sche Beleuch­tun­gen (2) – Mogel­pa­ckung Elek­tro­au­to« aus der 93. Sezes­si­on ausgeführt.

Nun hat der fran­zö­sisch-deut­sche Sen­der ARTE es gewagt, mit der Doku­men­ta­ti­on Umwelt­sün­der E‑Auto? am Glau­bens­satz vom »grü­nen« Gefährt der Zukunft zu rüt­teln. Die gespal­te­nen Reak­tio­nen der deut­schen Zuschau­er und das teils vehe­men­te Ver­tei­di­gen des elek­tri­schen Vier­rä­ders in den Kom­men­ta­ren zeigt, wie tief das Man­tra von der umwelt­freund­li­chen Mobi­li­tät im Land der Ener­gie­wen­de zumin­dest bei einem Teil der Bevöl­ke­rung bereits ver­an­kert ist.

 


Auch dies­mal gibt es wie­der Neu­es aus der Clown­welt zu ver­mel­den. Und zwar wur­de Micha­el Wend­ler – kurz nur »Der Wend­ler« – vom Pri­vat­sen­der RTL ein­fach »trotz­ki­siert«.

Da eini­ge Leser den Wend­ler nicht ken­nen – was sie an sich erst­mal grund­sym­pa­thisch macht und für sie spricht – und daher auch das gan­ze Brim­bo­ri­um um sei­ne Per­son nicht mit­be­kom­men haben wer­den, hier eine knap­pe Einordnung:

Der Wend­ler ist ein mit­tel­mä­ßig erfolg­rei­cher Schla­ger­sän­ger der Mar­ke »Mal­lor­ca­be­spa­ßung«. In den letz­ten Jah­ren erfuhr er durch sei­ne zahl­rei­chen Auf­trit­te in »Reality«-Formaten über den »Bierkönig«-Kosmos hin­aus eine grö­ße­re Bekannt­heit. Das ging soweit, daß ihm eine eige­ne »Reality«-Serie von RTL ange­bo­ten wur­de (natür­lich ist das mitt­ler­wei­le Geschich­te) und man ihn als neu­en Juror in der vor sich hin­s­chip­pern­den Trash-Cas­ting-Serie Deutsch­land sucht den Super­star installierte.

Doch vor kur­zem mach­te der Wend­ler den Naidoo und oute­te sich als Quer­den­ker. Das konn­te in der BRD anno 2020 natür­lich nicht gut gehen und RTL reagier­te prompt: Wie bereits den frie­dens­be­weg­ten Naidoo zuvor wur­de der Wend­ler aus der DSDS-Jury ver­bannt. Dumm nur, daß die ers­ten DSDS-Fol­gen mit ihm bereits im Kas­ten waren.

Aber RTL fand eine Lösung: Retu­schie­ren! Das amü­san­te Resul­tat kann man hier ab Minu­te 1:31 bestaunen:

Wenn das Genos­se Sta­lin noch mit­be­kom­men hät­te – er wäre ver­zückt gewe­sen. 2021 dreht den Clown­welt-Reg­ler mun­ter auf.

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Kommentare (25)

Laurenz

16. Januar 2021 13:31

Danke JS,

auch wenn mein gegen Anatol Broder gerichteter Beitrag im Sonntagshelden nicht publiziert wurde. So haben Sie es direkt formuliert ....

"Entscheidend ist hierbei für Miyazaki aber die Art und Weise, wie die Technik genutzt wird. Wird sie in einem klassisch-industrialisierenden Stil verwendet, wirkt sie zerstörend. Wird sie hingegen harmonische in die Natur eingebettet, treibt sie das Magische in der Welt nicht zurück, sondern es eröffnet sich so die Option zur Koexistenz."

Magie oder Begeisterung, wie sie in Ihrem Artikel oder in dem von TLW zu spüren ist, hat weder was mit Vernunft noch mit der Ratio, also dem Verstand zu tun. Magie oder Enthusiasmus entstehen nur, wenn der Verstand ausgeschaltet ist. Deswegen haben Sie genau das Richtige getan, und im wesentlichen Ihre Empfindungen beschrieben. Gerade unsere vielen Katholiken, die Mystik immerhin noch besser hinkriegen als die Protestanten, sollten sich das hinter die Ohren schreiben. 

RMH

16. Januar 2021 14:32

Ich persönlich kann mit einem Maserati Ghibli, erste Serie, mehr anfangen, als mit Anime Filmen. Ist mir zu oft "too much", alleine die weißen Punkte in den Rehaugen ... der Grad vom Pathos zum Kitsch ist bekanntermaßen schmal und manchmal kann beides gleichzeitig vorliegen.

Klarer Fall von Geschmackssache - und ich gönne den Japanern ihre eigene Kultur, schön, dass sie sie zumindest versuchen, aktuell zu erhalten, aber es ist eben nicht meine/ unsere Kultur.

Ich persönlich fahre übrigens nur alte Autos (jüngstes ist 25 Jahre), deren Produktions-CO2 schon längst absorbiert ist. Und bei der schmalen Rente, die ich erwarten darf, werde ich froh sein, wenn ich ab und an mal nen Bus bezahlen kann und alternativ die Füße noch standfest genug für längere Wege sind.

Technologisch sind Batterie-Autos der klare Holzweg (auch was die Ressourcenverschwendung angeht), zumindest, wenn man noch in Themen wie mindestens 1 Auto pro Haushalt verhaftet ist. Ich vermute, dass soll aber ohnehin abgeschafft werden.

anatol broder

16. Januar 2021 18:49

ich frage die anwesenden geister, ob wendler zum schweigen über die retusche verpflichtet wurde. ein zeichen, sei es nur ein zwinkerndes fettauge auf der suppe, wäre ausreichend.

@ laurenz 13:31

einverstanden.

Niedersachse

16. Januar 2021 22:43

Die Retuschierung des Wendlers in einem Trash- TV- Format, ist eine tragikkomische Pointe dieses Freiluft- Irrenhauses BRD. Es ist ein politisch- medialer Komplex, der sich hermetisch gegen Selbstdenker, Falschmeiner und ganz generell gegen alle, die den verhängnisvollen Kurs einer globalen Gesundheitsdiktatur nicht mittragen wollen, abgeschottet hat. Der Elektroautowahn findet eigentlich auch so gut wie nur in den Medien und den Parlamenten statt. Tatsache ist, das vor allem Städte, Kommunen und Firmen diese Dinger kaufen, ganz selten Privatleute, die sich mit ihrem vermeintlich vorbildhaften Verhalten zur Schau stellen wollen. Ich werde mir bei Gelegenheit den Beitrag mal in Ruhe ansehen, jedoch kann ich eines jetzt schon klar feststellen: Wann immer irgendeine Ideologie, eine Bewegung oder ein Produkt so massiv gehypt und politisch- medial vorangetrieben wird, ist irgendwas im Busche. Frage: Wer hat die größte Macht über die "Märkte"? Antwort: Wir! Und zwar durch Verweigerung. Großbritannien z.B hat ja beschlossen, ab 2030 keine neuen Verbrenner mehr zuzulassen. Wenn sich nun jeder oder zumindest die meisten kurz vor "Ladenschluss" noch einen Diesel- oder Benziner zulegt, dann können sich die E-Auto Hersteller ihre Kisten selber kaufen und in die Vorgärten ihrer Villen stellen, wo diese dann vor sich hingammeln. Heraus aus der Ohnmacht!

Laurenz

17. Januar 2021 12:03

@Anatol Broder

https://www.nordbuzz.de/kino-tv/dsds-2021-rtl-michael-wendler-deutschland-sucht-den-superstar-juror-rauswurf-kz-lockdown-vergleich-castingshow-90161154.html

Die Stellungnahme vom RTL-Geschäftsführer ist natürlich was für Analphabeten und Betroffenheits-Künstler, eben exakt die Ziel-Kundschaft von Bertelsmann.

Wir können doch davon ausgehen, daß Wendler wußte, was er tat. Vermutlich waren die Vertragsbedingungen nicht so vorteilhaft, daß man auf einer gefakten Jurorenbank hätte sitzen bleiben müssen.

Ich hatte mal bei der Parallel-Sendung "Supertalent" gesungen, um einerseits meine Wirkung auf Publikum zu eruieren und andererseits die strukturellen Abläufe des Proleten-TVs kennenzulernen.

99,5% dieser Sendungen sind von der Musik-Redaktion der UFA GmbH geplant und in Skripte gefaßt. Auch ein Bohlen richtet sich, bis auf wenige Ausnahmen, nach dem Skript. Es werden auch Profi-Künstler für Geld angeworben, die als Amateur-Kandidaten vorgestellt werden. Alles in allem nicht mehr oder weniger als eine sogenannte Reality-Schau. 

Das alles weiß auch ein Wendler. Vielleicht täuschte sich Wendler über die Promo-Wirkung seines wohl geplanten Rauswurfs. Aber das kann ich nicht beurteilen.

Gustav Grambauer

17. Januar 2021 13:54

anatol broder

"ich frage die anwesenden geister, ob wendler zum schweigen über die retusche verpflichtet wurde. ein zeichen, sei es nur ein zwinkerndes fettauge auf der suppe, wäre ausreichend."

Niedersachse

"Die Retuschierung des Wendlers in einem Trash- TV- Format, ist eine tragikkomische Pointe dieses Freiluft- Irrenhauses BRD."

Die anderen Mitwirkenden können noch froh sein, wenn nur retouchiert wird und sie nicht in Sippenhaft genommen werden. Vroni Fischer sah sich 1980 dem Verbot eines Großteils ihres Œuvre ausgesetzt, welches sie somit über nacht nicht mehr singen durfte und welches auch in Fernsehen und Radio über nacht nicht mehr gespielt werden durfte - lediglich weil ihr Komponist (Franz Bartzsch, hier sind beide später zusammen zu sehen)

https://www.youtube.com/watch?v=EdoCQX89Grk

in den Westen übergesiedelt war. Was blieb ihr übrig, als ebenfalls in den Westen zu gehen. Daraufhin hat die Stasi über dero eigene Bagage bei uns auf dem Schulhof das 1/76-Gerücht streuen lassen, Frau Fischer müsse für ihr Überleben in Westberlin auf den Strich gehen. Das sind die wie in Hammurabis Stele gemeißelten Mechanismen, `37 in Moskau, `80 in der DDR und heute in der BRD.

- G. G.

Fonce

17. Januar 2021 17:21

Kommentar zu „Abkopplung des Menschen von seinen natürlichen Wurzeln“
Wann hat denn diese begonnen? Mit dem Computerzeitalter? Eigentlich geht diese Clown-World nicht nur auf die Französische Revolution, sondern auf das Christentum und die Antike zurück.
Ihr werdet mich mit Häme* bewerfen, wenn ich andeute, wie man das Leben im Kern wieder anwerfen müsste, bei der (nicht perversen oder entarteten) Sexualität, und dass dafür ein Regelsystem (zur Sicherung eines sehr frühzeitig, nicht erst ab 25 Jahren, betretbaren Übungs- und Entfaltungsraums, gegen den aus Bequemlichkeit alle Eltern sind) geschaffen werden müsste, das als Kontrapunkt zu genozidartiger Frühsexualisierung in den Schulen und Geschlechterrollen-Umkehr ganz akzentuiert und rüpelhaft gesetzt werden müsste.**  –  Aber was rege ich mich auf, über Windmühlen, die auch Ihr hier alle eigentlich längstens verinnerlicht habt. Ist es zufällig, dass der Antaios Verlag genau zu diesem Brückenkopf kein einziges Buch im Sortiment hat?

*    Weil Ihr alle im Sinne unserer Hochkultur in kulturloser Weise dazu erzogen seid, dass dieses Thema irgendwie peinlich sei. Und genau dort liegt die Wurzel der Entlebendigung und Entfernung von der Natur. Ihr seid alle Streiter für diese Degeneration aber schreibt oder lest Widerstandsliteratur dagegen. Diese Unehrlichkeit ist Eure ganz persönliche von Euch selber gehätschelte Clown-World.
** vgl. dazu z.B. Torsten Mann: Rote Lügen in grünem Gewand, 2019, S. 165.

Laurenz

17. Januar 2021 18:14

@Fonce

bin fest davon überzeugt, Sie können bei Antaios die Bibel bestellen.

Lotta Vorbeck

17. Januar 2021 18:43

@Laurenz - 17. Januar 2021 - 12:03 PM

"Gescriptete Realität" und die "Traumfabrik Universum Film AG®".

Verbinde die Punkte!

Geht dann eine Lampe an?

Gustav Grambauer

17. Januar 2021 19:26

Fonce

I

"Ihr werdet mich mit Häme bewerfen, wenn ich andeute, wie man das Leben im Kern wieder anwerfen müsste, bei der (nicht perversen oder entarteten) Sexualität."

Also bei mir rennen Sie damit offene Türen ein.

Ich muß Theweleit teilweise sehr recht geben, nur hat er lange nicht tief genug gegraben (vor allem hat er lieblos gegraben). Insofern meine These betreffend die Ursachen, die ich Ihrer ("... sondern auf das Christentum und die Antike zurück") gegenüberstelle: die Sexualfeindlichkeit im Umfeld der KR geht m. E. einfach auf die Idealisierung soldatischer Selbstversagung zurück, wie sie vielleicht nirgends so poetisch wie in diesem Kosakenlied zum Ausdruck kommt:

https://www.youtube.com/watch?v=4szx41toC4s

(Die Übersetzung ist nicht gelungen:)

https://lyricstranslate.com/de/ne-dlya-menya-не-для-меня-nicht-für-mich.html

- G. G.

Gustav Grambauer

17. Januar 2021 19:26

II

Die Sexualfeindlichkeit bei der KR dürfte dabei eher im Biedermeierbürgertum als im Adel angelegt sein, welcher mit seinen Mätressen, seinem ius primae noctis usw., beides heute nur noch mißverstanden und durch den Kakao bzw. Dreck gezogen, außerdem mit seinen chambres séparées in der Oper, seinen Liebhabertheatern, seinen Schäferphantasien, seinen Parkgrotten, seinen Blinde-Kuh-Spielen bei Festen u. ä. sogr genau die von Ihnen angeregten erotischen Entfaltungsräume, - ein sehr treffendes Wort gerade fernab seiner militärischen Bedeutung -, erschaffen hat.

Kann dazu sagen, daß der Ausgangspunkt für meine Überlegungen sowie die Anregung, Theweleit noch einmal zu lesen, der sogenannte Shitstorm war, den ich mir mit Argumentieren gegen Bordelle hier bei SiN mal eingefangen hatte, und über dessen Unerbittlichkeit und Massivität im Festhalten mit Zähnen und Klauen am Bordell als Institution ich nur entsetzt war. Womit sich - für mich - der Kreis zu Ihrem Kommentar schließt.

Abgesehen davon, daß niemand Fast Food verächtlich machen sollte, der für das Bordell plädoyiert.

- G. G.

RMH

17. Januar 2021 20:15

"... der sogenannte Shitstorm war, den ich mir mit Argumentieren gegen Bordelle hier bei SiN mal eingefangen hatte, und über dessen Unerbittlichkeit und Massivität im Festhalten mit Zähnen und Klauen am Bordell als Institution ich nur entsetzt war."

Das Thema wäre ja mit Corona nun auch ganz bequem und offiziell abgeräumt - bzw. wieder in nichtbesteuerbare (der Fiskus war der größte Zuhälter) Mätressenverhältnisse oder Schmuddelecken, in die keiner schauen mag, verbannt.

Im Übrigen war es eher das Rokoko als das Biedermeier, welches gewisse "Ausschweifungen" erzeugte, die aber auch einer der Tricks zur Beschäftigung des Adels während der absoluten Herrschaft war. Auf die üble Rolle, die ein vermeintlicher "Libertär" M. de Sade beim Entfachen des revolutionären Hasses, welches den Zinnober für längere Zeit  beendete, gespielt hat, braucht man an dieser Stelle nicht weiter einzugehen.

areopagitos

18. Januar 2021 00:37

Ghibli ist Anime. Anime ist Popkultur. Sich mit dieser auch ab und zu mal zu identifizieren, d.h. sich mit ihr zu beschäftigen, Gutes und Schlechtes zu unterscheiden, die Ästhetik und die Philosophie zu besprechen, das ist, solange man die jüngeren Leute abholen will, ganz normal. Das haben bereits die Identitären verstanden, die von Anfang an ganz in der Tradition von Bloc Identitaire sowas wie beiläufig praktizierten. Warum auch nicht? Das ist nunmal das, was Millionen beschäftigt, also sollte man es nicht ignorieren. Casa Pound hat damit angefangen, soviel ich weiß, dort ist 70er Jahre Animeheld Captain Harlock, zusammen mit Beneluxcomicheld Corto Maltese, Tolkien, Kerouac, Danté, Sorel und Ernst Jünger Teil des Mosaiks an kultureller Ikonographie. Warum auch nicht? 

Und Ghibli ist nunmal extrem andockfähig für uns. Nicht, dass Miyazaki ein "Rechter" wäre, aber seine Skepsis gegenüber der Moderne, verhässlichender Urbanistmus und gegenüber den blinden Industrialismus (was er mit dem großen Tolkien teilt), seine Bewunderung für wahren Heroismus, Ehre und Naturschönheit, seine Wertschätzung des einfachen Lebens, Familie und Liebe, all das was die Filme seines Studios meist so gut machen, sind es. Warum sollten wir hier Knut Hamsun Werke besprechen, aber Ghibli Filme nicht? 

Ein schöner Beitrag, Herr Schick, ich habe zu danken.

Gracchus

18. Januar 2021 00:51

Wenn Sie, RMH, nichts mit den Produktionen von Ghibli anfangen können, ist dagegen natürlich nichts zu sagen, ich hatte Ihren Kommentar bei TLW so verstanden, dass Sie nicht nur eine landläufige Ansicht paraphrasierten, sondern auch persönlich die Filme unter Schund subsumierten, was m. E. aber nicht gerechtfertigt ist. 

Ich denke, der Geisterglaube ist universell, wenn er sich auch kulturell unterschiedlich manifestiert, auch weil Klima und Landschaft anders sind. Sonst hätte Ghibli wohl kaum weltweit Erfolg. In unseren Breiten ist der Geisterglaube - besser: Anschauung - verschüttet. Unsere Cartesianer haben uns erfolgreich ausgeredet, dass Natur und Kosmos beseelt seien. Gut, wenn animistische Animes dies wieder in Erinnerung rufen. 

 Takahata hat übrigens die Zeichentrickserie Heidi produziert, die in Japan noch immer sehr beliebt ist. Da geht es ja auch - Heidi wird in der Stadt krank - um ein gesundes Verhältnis zur Natur.

Thematisch passend ist auch der schöne Film eines anderen Japaners, nämlich "Urzala - der Kirgise" von Kurosawa, einem Vorbild Myazakis. (Kurosawa war nicht "rein" japanisch, sondern hat viele Dostojewski- und Shaakespeare-Stoffe adaptiert.)

  

Laurenz

18. Januar 2021 03:38

@Gustav Grambauer @Fonce

"Die Sexualfeindlichkeit bei der KR dürfte dabei eher im Biedermeierbürgertum als im Adel angelegt sein, welcher mit seinen Mätressen, seinem ius primae noctis usw."

Mag Ihnen da widersprechen. Ihre "Sexualfeindlichkeit" ist nur ein Aspekt, es betrifft die gesamte Körperlichkeit, es dreht sich also um Körperfeindlichkeit (und im weiteren Sinne um Frauenfeindlichkeit) und sie stammt aus den orientalischen Religionen Christentum, Islam und Judentum, also kurzerhand, aus, soweit vorhanden, orientalischer Nomaden-Kultur. Die einzig erlaubte Sportlichkeit oder Körperlichkeit bezog sich im christlichen Totalitarismus Europas rein auf kriegerische, also militärische Handlungen, alles andere war sündig. Der erst Protagonist, der uns nach über 1.000 Jahren zur Körperlichkeit unserer antiken Vorfahren zurückführte, war Turnvater Jahn.

Laurenz

18. Januar 2021 03:53

@RMH

weiß nicht, ob ich bei dem exkrementalen Windchen gegen Sie dabei war. Aber, wenn ich Sie auf meine Sex-Shop-Erfahrungen (in meinen 20ern) im niederländischen Sluis hingewiesen hatte, wo eine Kleinstadt von 23.000 Einwohnern an der Grenze zu den katholischen Spanisch-Niederlande (heute Belgien) 20 Sex-Shops beherbergte, lag das einfach daran, daß in Belgien so etwas verboten ist/war, und die ganzen Katholiken über die Grenze kamen, um dieses exorbitante Gewerbe diese Kleinstadt Sluis zu ermöglichen.

Dasselbe Phänomen beobachtete ich in Thailand, wo die meisten käuflichen Kurz-Beziehungen auf Zeit, an den Grenzen zu muslimischen Staaten (oder Staaten mit hohem Muslimen-Anteil) stattfindet, wo dieses Gewerbe eben nicht erlaubt ist.

Sie sehen, es ist vollkommen sinnlos über Verbote nachzudenken. Verbote schaffen Nachfrage.

Daß sich die Regierung Schröder/Fischer, in der angeblichen Absicht Prostituierte mehr zu schützen, Buntland zum größten Sex-Tourismus-Staat Europas machte, beschreibt nur die übliche pseudo-grün/linke Gutmenschen-Ideologie, die sich selbst und den Betroffenen (Frauen), wie so oft, ins eigene Knie geschossen hat.

 

Lotta Vorbeck

18. Januar 2021 13:30

@Laurenz - 18. Januar 2021 - 03:53 AM

Dasselbe Phänomen beobachtete ich in Thailand ...

---

... und jenes Phänomen läßt sich ebenfalls beobachten auf der Insel Luzón, der sechzehntgrößten Insel der Welt, zugleich die größte Insel der von der Südinsel Mindanao abgesehen, erzkatholischen Philippinen, am Beispiel der Stadt Angeles, die nahe des Clark Airfield sowie der einst größten Naval Base der Welt, Subic Bay gelegen, quasi nur aus Puffs besteht.

Die Kundschaft trug einst Tarnanzug und schwebt nunmehr in sommerlichem Zivil aus Gringo-Land und Nippon mit dem Flugzeug kommend in Manila ein, um sodann mit dem Bus weiter nordwärts, nach Angeles zu gelangen ...

 

Gotlandfahrer

18. Januar 2021 15:13

In Sachen deutscher Zeichentrick- und Reanimationsfilme hier eine weitere Empfehlung:

https://www.bitchute.com/video/iZiTDDrien0B/

Hat ein patriotisches Pathos, dass man nicht länger liegen bleibt.

anatol broder

19. Januar 2021 01:00

abgesehen von wendlers retusche könnte das video eine gewöhnliche bewerbung für eine thailändische karaokebar sein. das ist häufig eine tarnung für bordelle. man beachte die dialoge ab 0:47.

Laurenz

19. Januar 2021 01:27

@Lotta Vorbeck @Laurenz

"schwebt nunmehr in sommerlichem Zivil aus Gringo-Land und Nippon mit dem Flugzeug kommend in Manila ein".

Das EAV-Klischee aus dem Lied "Samurai" https://youtu.be/BLsRwTa0A3A ist ein Ergebnis von zuviel RTL2 schauen. Thomas Spitzer und Klaus Eberhartinger haben lieber halb Kenia flach gelegt. Jedem das seine.

Allerdings, so möchte ich darauf hinweisen, daß in ganz Ostasien nur max. 3% aller Sex-Touristen aus dem Westen stammen. 97% stammen aus Ostasien, in der Mehrzahl Muslime in Thailand, und wer es etwas fülliger mag, auf den Philippinen. Natürlich liegt der historische Ursprung von Angeles und Pattaya in den ehemaligen US-Marine-Basen. Allerdings geht der Bar-Bestand Pattayas massiv zurück, man hat innerhalb eines Jahrzehnts Pattaya für die Chinesen umgebaut. Und, Lotta, das ist bei 800 Übersee-Marine-Basen der Amis auch nichts ungewöhnliches. Ich hatte 1998 es selbst persönlich erlebt, wie nach der Absage der Türken die US-Stützpunkte in Kleinasien auszubauen, die fetten Transportmaschinen der Amis in Constanta reinkamen. Und das erste was US-Militärs bei einem neuen Stützpunkt aufmachen, ist ein Puff.

Laurenz

19. Januar 2021 13:01

@Anatol Broder (1)

"häufig eine Tarnung für Bordelle"

Richtig und falsch. Alles ist Tarnung, denn in Thailand ist Prostitution offiziell verboten. Ich habe dort am Strand die Thailändische Verfassung in Deutsch gelesen.

Man geht quasi eine Kurzbeziehung auf Zeit ein, und entlohnt den Versorger, sprich die Person, die den Unterhalt der Damen oder Ladyboys gewährleistet, Barbesitzer in Vertretung von Eltern. 

Und ich bin als erfahrener Thailand-Fahrer bis heute nicht wirklich in der Lage, seriöse Massage-Salons von denen mit "Happy-Ending" von vorneherein zu unterscheiden. Nur bei großen Läden ist das Angebot offensichtlich, wie dem Sabai dee,

https://www.pattayafans.de/bodymassage.htm. Aber auch da können Sie, quasi, die Kurzbeziehung auf Zeit abbestellen.

Ich ging in Pattaya meist zur Massage ins Blindenheim. http://www.pattayablatt.com/bunt-gemischt/redemptoristen-schule-und-blindenheim-ehren-lehrer-11174

anatol broder

19. Januar 2021 15:32

@ laurenz 13:01

den trick mit dem blindenheim muss ich mir merken.

zufällig verbrachte ich mit meiner frau den letzten frühling und den sommer in thailand. ausgerechnet in pattaya erlebten wir die landesweite schliessung aller körpernahen einrichtungen. ich verstand mich blendend mit den plötzlich tagesaktiven zuhältern. sie haben mich über die örtlichen geschäftspraktiken aufgeklärt.

übrigens gibt es dort noch eine weitere besonderheit. in den sogenannten reggaebars wird hanf verkauft, der auch eigentlich verboten ist.

Lotta Vorbeck

19. Januar 2021 16:50

@Laurenz - 19. Januar 2021 - 01:27 AM

"Das EAV-Klischee aus dem Lied "Samurai" ist ein Ergebnis von zuviel RTL2 schauen.

---

Einspruch, Euer Ehren!

Das Lied "Samurei" mit dem darin enthaltenen Vers "Zahlst Du mir Cääsch, hupf ich aus der Wääsch" erschien als Bestandteil des EAV-Albums "Neppomuk's Rache" am 21. Mai 1990.

Sendestart von RTL2 in der BRD war am 6. März 1993.

"Vorher-wissend-was-nachher-passiert" müßte demnach der Komponist des EAV-Liedchens "Samurei", Anfang 1990, "zuviel RTL2 schauend", vor seinem Röhrenfernsehgerät gesessen haben ...

 

Laurenz

20. Januar 2021 03:01

@Lotta Vorbeck

Ja, natürlich, korrekt. Aber das Klischee wird durch Prol-TV einfach verstärkt. Das Rotlichtviertel Bangkoks (schätzungsweise 15 Mio. Einwohner) ist kleiner als das von Frankfurt am Main (ca. 800k Einwohner).

@Anatol Broder

Das Blindenheim von Pattaya ist hinter Little Germany fast direkt am weniger schönen Strand. Einerseits ist das Blindenheim günstiger als die meisten Salons, andererseits leben auch die sehbehinderten Bewohner von ihrer Arbeit. Und wie überall, gibt es welche, die ihre Arbeit besser machen und solche, die sie schlechter machen. Ich kann Ihnen das wirklich nur empfehlen. Es werden auch noch andere sogenannte Wellness-Angebote gemacht. Sie können einfach mit dem Tuktuk dahin fahren, bis etwa auf Höhe vom Hotel Loma (mit wunderbarem Garten), in dem man einfach, gut & günstig wohnen kann, und von da aus zu Fuß zum Blindenheim gehen. Wer mitten im Trubel, aber feudal unterkommen will, zieht ins August Suites. In Pattaya gibt es wohl an die 500 Hotels, da ist für jeden was dabei. Auf jeden Fall sind die Bars mit "Infinity-Pool" auf dem Dach der Hochhäuser einen Besuch in der Dämmerung bis in den Abend hinein wert.

Laurenz

20. Januar 2021 03:07

@Anatol Broder

Ich vergaß.

Auch dampfen ist in Thailand verboten. Man bekommt aber trotzdem entsprechende Ausrüstung. Man verpackt einfach Akkus und Tanks getrennt. Und 10ml Ampullen fallen nicht auf.

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