Wer diese Woche auf Heldenfang ging, konnte reiche Beute machen; inhaltlich war für jeden was dabei: Zivilgesellschaftlicher Widerstand, Fraueninitiativen und kreativer Aktivismus.
Nachdem Kandel, bzw. Cottbus und das Projekt #120db bereits hier, hier und hier gewürdigt wurden, wendet sich meine Laudatio diesmal in den hohen Norden.
Es hätte so ein schöner Abend werden können: Einige Dutzend Engagierte und Egagiert*innen hatten sich im Auditorium Maximum der Rostocker Universität versammelt, um zu den sanften und rebellischen Klängen eines vom Zentrum für politische Schönheit (ZPS) veranstalteten Vortrags ein mehr politisch-korrektes, denn politisch-schönes Wohlfühlsüppchen im eigenen Saft zu kochen.
Dazu ein kurzer Exkurs: Die Aktionen des ZPS, das darf an dieser Stelle ruhig mal zugegeben werden, waren für uns Aktivisten lange Zeit Inspiration und Ansporn zugleich. Die relative Narrenfreiheit, die das Kollektiv von Seiten der Politik genießen durfte, dazu die wohlwollende Berichterstattung der Presse und der Sensationseifer der Spektakelgesellschaft, der – selbstverständlich ironisch gebrochen – von den Aktivisten bedient werden wollte, ermöglichten so spektakuläre Aktionen wie den Marsch der Toten auf den Reichstag, oder der Aufruf zum “Tyrannenmord” namentlich an Vladimir Putin und Recep Erdogan.
Bei all’ diesen Aktionen bediente sich das ZPS einer außerordentlichen Verbalradikalität, die man von den gemäßigten Bündnissen der 2010er Jahre so garnicht mehr gewohnt war, und kombinierte diese mit ambitionierten Aktionsankündigungen, die in letzter Instanz jedoch meist symbolischen Charakter behielten. Ein absoluter Grundsatz des ZPS-Aktivismus jedoch: In die Wohlfühlzonen des politischen Gegners eindringen, sich dort breitmachen und die eigene Verbalradikalität mit dem harmlosen Gesicht des ewig betroffen dreindröppelnden Philipp Ruch garnieren, damit sich bloß keiner der Unterstützer aus den bürgerlichen Rotweingürteln der Metropolen vor den Kopf gestoßen fühlt.
Die bislang spektakulärste Aktion dann 2017: Die angeblich monatelange Beschattung der Familie Höcke durch einen eigens eingerichteten “Verfassungsschutz” und die Errichtung einer Miniaturkopie des Berliner Holocaustdenkmals in unmittelbarer Sichtweite des Wohnhauses des Politikers. Nun gibt es einen entscheidenden Unterschied zwischen Wohlfühlzone und Privatssphäre, und obgleich die eine von der anderen nicht immer zu trennen ist und die Übergänge fließend sind, ist man als politischer Aktivist in der Regel gut beraten, den aktivistischen Ansprung auf erstere auszureizen, im Angesicht der letzteren aber lieber einen Schritt zurück zu gehen. Martin Sellner hat in mehreren Artikeln recht anschaulich die gefährliche Logik eines sich selbst immer und immer wieder übertrumpfen müssenden Aktivismus beschrieben. Diese Logik führt zwangsläufig irgendwann an den Punkt, wo Grundsatz- und Gewissensentscheidungen getroffen werden. Insofern ist es für mich und andere Identitäre traurig, den ehemals geliebten Feind beim ZPS so vor die Hunde gehen zu sehen.
Zurück an die Ostsee: Identitären Aktivisten aus Rostock blieb daher nichts anderes übrig, als den anwesenden Zuhörern und Referenten das oben genannte Süppchen zu versalzen, indem sie der propagierten Privatssphäreninvasion eine ästhetischen Wohlfühlzonenintervention entgegenstellten. 30 Personen unterbrachen daher am vergangenen Freitag die Veranstaltung des ZPS um den verblüfften Anwesenden, angetan in feinstem NVA-Schick und ausgerüstet mit einer übergroßen Urkunde, zu ihrer exzellenten staatssicherheitlichen Arbeit zu gratulieren.
Ihr Stil dabei: Friedlich, aber bestimmt, mit einem Charme, dem sich sogar die Vortragende Cesy Leonard nicht entziehen konnte.
Nicht ganz so souverän:
– Die anwesenden Linken, die sich im Angesicht der eigenen Harmlosigkeit nicht entscheiden konnten, ob sie das identitäre “Heuchler”-Banner und dessen Träger jetzt angreifen wollen oder nicht.
– Eine antifaschistische Eingreiftruppe, die sich vergeblich am Berliner Hauptbahnhof die Lumpenfinger abfror, nachdem sie aufgrund von Fake News die IB-Aktivisten dort erwartete, die sich zu diesem Zeitpunkt längst im warmen Bett befanden.
– Das Zentrum für politische Schönheit, dessen propagierter “aggressiver Humanismus” vor Allem darin bestand in den sozialen Medien passiv-aggressiv herumzuopfern und die nimmermüde Mär vom identitären Saalsturm wiederzukäuen.
Was sich wirklich zugetragen hat, wurde zum Glück von einem Kameramann festgehalten und kann hier eingesehen werden. Und überhaupt steht fest: Wer sich politische Schönheit auf die Fahnen schreibt, der muss etwas früher aufstehen. Denn das haben schon ganz andere versucht…
deutscheridentitaerer
Hervorragend! Klasse Videomaterial.
Genau die richtige Aktionsform, gut durchgezogen. Auch Frau Leonard hat mir ihrer Gelassenheit beeindruckt.
Alleine, dass der Kameramann um Hilfe gerufen hat, als er von einem Einzelnen sanft abgedrängt wurde, trübt das Gesamtbild etwas.
Aber was solls, super Sache jedenfalls.