Das betrifft auch Fragen nach außen- und geopolitischer Positionierung, wie sie Kubitschek anläßlich aktueller Stellungnahmen von Petr Bystron und Jörg Meuthen zum schwelenden Konflikt USA-Iran aufwarf. Ich stimme seiner Einschätzung im wesentlichen zu und möchte ein paar Worte zum Israel-Komplex im deutschsprachigen rechten Spektrum verlieren.
Inititalzünder für viele, die im im weitesten Sinne rechten Lager gelandet sind, ist das Problem der wachsenden Präsenz islamischer Völker in Deutschland und Europa, angefangen bei mißlichen Alltagserfahrungen über Kulturkampfkonflikte um Kopftücher und Speiseordnungen und massenhaften Übergriffen auf Frauen à la Köln bis hin zu terroristischen Attentaten.
Ob es nun mit “mit dem Islam zu tun hat” oder nicht, Tatsache ist, daß sich besonders Einwanderer aus dem muslimischen Kulturkreis als besonders problematisch, besonders sichtbar, mindestens hartnäckig “identitär” in ihrer Lebensart erweisen. Ohne Zweifel fördern Einwanderung und demographische Verschiebungen die Ausbreitung des Islams in Europa, mit verheerenden Folgen.
Nun nehmen viele diesen Konflikt durch eine veraltet gewordene Brille wahr, die ihren Ursprung vor allem in der vom “Neokonservatismus” geprägten Ära George W. Bush hat. “Islam” vs. “westliche Welt” ist demnach ein “Zusammenprall der Zivilisationen”, nach einem simplifzierten Verständnis des berühmten Modells von Samuel Huntington. Dieser war allerdings der Ansicht, daß der Glaube an die Universalität der westlichen Kultur im Zeitalter heraufkommender ethnischer und zivilsatorischer Konflikte “falsch, unmoralisch und gefährlich” sei.
Innerhalb dieses Framings ist Israel ein Vorposten des “Westens” inmitten der muslimischen Welt und “die einzige Demokratie im Nahen Osten”. Etwas anders akzentuiert bezeichnete Ernst Nolte den Staat Israel in seinem grundlegenden Werk Der Islam als dritte Widerstandsbewegung als “Einsprengsel von Modernität” im islamisch-arabisch-persischen Raum.
Eine andere Variation dieses Themas wäre die Vorstellung von Israel als Leuchtturm für “Demokratie und Menschenrechte”, quasi die universalistische Rechtfertigung, warum gerade dieses Land besonderer Unterstützung bedürfe.
Die “partikularistische” Rechtfertigung leitet sich von einer postulierten Sonderstellung des Holocaust und damit auch des jüdischen Volkes in der Geschichte ab. Israel sei “die Zuflucht der Überlebenden des Holocaust” und “existenziell in seinem nackten Überleben bedroht”, antwortete mir neulich ein Zeitgenosse auf die Frage, warum Israel so massive finanzielle und militärische Unterstützung aus den USA beziehe.
Aber die Geschichte Israels beginnt lange vor dem Holocaust, Staaten finanzieren einander nicht aus bloßer moralischer Barmherzigkeit, und ein Land, das über Nuklearwaffen verfügt und die größte Militärmacht der Welt im Rücken hat, kämpft kaum um sein “nacktes Überleben”.
Die Betonung der “Menschenrechte” stellt die Tatsachen geradezu auf den Kopf, zumindest was die Politik in den besetzen Gebieten betrifft (und ein Land mit westlichen Ansprüchen muß sich auch gefallen lassen, mit westlichen Maßstäben gemessen zu werden.) Gerade die besonders aggressiven Israelverteidiger, die mir immer wieder etwa via Twitter begegnen, und die überall “Antisemitismus” wittern, haben häufig ein sehr naives, idealisiertes, faktenbefreites Bild von diesem Staat, der in ihrem inneren spirituellen Haushalt eine große symbolische Rolle zu spielen scheint.
Die Vorstellung Israels als Vorposten der westlichen Zivilisation hat eine lange Geschichte. Israel ist ein verspäteter Siedler- und Kolonialstaat, der auf der stupenden Idee beruht, ein vertriebenes Volk habe nach zwei Jahrtausenden ein Recht auf Rückkehr (das den 1948ff vertriebenen Palästinensern kategorisch verweigert wird). Wer vom Blut der biblischen Urväter sei, habe demnach auch Anrecht auf den Boden, auf dem sie (und ihr Gott) gewirkt hätten. Dies sind Ideen, die im Rest der westlichen Welt nach 1945 zunehmend als diskreditiert, reaktionär und antiquiert galten.
Der jüdische Nationalismus hatte trotz seines säkularen Charakters stets einen religiösen, messianischen Untergrund, was für den Nationalcharakter dieses Volkes typisch ist. Es leuchtet ein, warum die Wahl schließlich auf Palästina fiel (das wohlgemerkt nicht die einzige Option war), denn dort befindet sich Jerusalem, einer der Achsenpunkte der Weltgeschichte, Brennpunkt des Judentums und Christentums und tausendjährige Heimstatt ihres verspäteten Abkömmlings Islam. Der Zionismus mußte wohl auf einen wirklich großen Wurf setzen, um seine immense mobilisierende Wirkung auf das Diasporajudentum zu entfalten.
Daß es ihm gelungen ist, in der nahöstlichen Wüste ein quasi Erste-Welt-Land aus diesem mythisch aufgeladenen Boden zu stampfen, ist zweifellos eine heroische Leistung. Daher betonen die Zionisten bis heute ihre “zivilisatorische” Mission, die ihnen, neben dem historisch-biblischen Anspruch, das moralische Recht auf den Besitz des vormals arabischen, rückständigen Landes sichere: Wer den Boden urbar machen und kultivieren kann, dem gehört er auch. Das ist ein klassischer “Kolonialdiskurs”, der ein Vorrecht der “zivilisierten” gegenüber den “unzivilisierten” Völkern postuliert. Nicht anders hätte ein pied noir in Französisch-Algerien oder ein Pionier des “wilden Westens” argumentiert.
Ich würde diesem Argument sogar einige Berechtigung einräumen, allerdings hat es in der Geschichte des Kolonialismus immer wieder den Vorwand zu massiven Schurkereien geliefert, von denen auch Israel nicht freigesprochen werden kann, wobei die schärfsten Kritiker häufig selbst israelischer und jüdischer Herkunft sind (dessen sind sich Israelfanatiker kaum bewußt, scheint mir).
Die Unterstützung Israels erscheint jedenfalls manchem Deutschen, der um Einwanderung und Islamisierung besorgt ist, als logische Notwendigkeit, aufgrund dessen vermeintlicher Generalgegnerschaft zum “Islam” – was näher betrachtet ein “Counterjihad”- Mythos ist, der allein schon durch das anti-iranische Bündnis Israels mit Saudi-Arabien widerlegt wird.
Ebenso gibt der weitverbreitete arabische und muslimische Antisemitismus Gelegenheit, sich (aus “Wiedergutmachung”) mit “den Juden” (die mit “Israel” gleichgesetzt werden) solidarisch zu zeigen, was vielen Deutschen auch ein ehrliches Anliegen ist.
Zusätzlich kann man an dieser Stelle trefflich die Heuchelei der Herrschenden bloßstellen, die zwar ständig das Anwachsen von Antisemitismus in Deutschland beklagen, während sie gleichzeitig verschweigen oder vertuschen, daß dies hauptsächlich Folge der von ihnen geförderten muslimischen Einwanderung ist (Philipp Amthor, der einmal mutig sein wollte, hat neulich für diese Feststellung gehörig eins auf die Finger bekommen.)
Nicht selten tobt sich hier ein kompensierender “Ersatzpatriotismus” aus, der im “antideutschen” Lager auch seine linke (und ans Pathologische grenzende) Spielart hat. Israel scheint die einzige Nation zu sein, der man schier unbegrenzte “patriotische” Begeisterung entgegenbringen kann, auch, wenn man selbst weder Jude noch Israeli ist, gar dem “Tätervolk” entstammt.
Gewiß gibt es auch viele Rechte, die sich mit dem philosemitischen, pro-israelischen Schild aus vorrangig strategischen Gründen wappnen, um sich gegen Kritik zu schützen und die Einsortierung ins “rechtsextreme” Eck zu vermeiden. Das ist eine Mimikry, die manchmal vielleicht nur halbbewußt ist, die aber auf der Gegnerseite kaum abgekauft wird: auch ein Stürzenberger ist und bleibt in den Augen der Linken ein “Nazi”.
Hinzu kommt wohl bei manchen politisch korrekt Geprügelten die Genugtuung: Endlich einmal auch selbst eine der unangreifbaren Keulen schwingen dürfen!
Etliche der deutschen Israelfans verhalten sich unangenehm missionarisch, was ihr Leib- und Magenthema angeht: Wer ihnen nicht zustimmt, wird nach bewährtem Muster als “Antisemit” plattgemacht und geächtet, was umso erbärmlicher ist, als es sich hier, wie gesagt, um eine nur ausgeliehene Keule handelt. Diese Leute handeln in der Regel nach dem Motto: “Wer nicht für uns ist, ist gegen uns”, und sie wollen auch keine, ich nenne es mal, “Israelagnostik”, Distanz oder Stimmenthaltung dulden.
Die Lust an der Inquisitorenrolle wird somit nicht nur auf der Linken zum Feind jeglichen nuancierten Denkens. Hier nähert sich das sogenannte “liberal-konservative” Spektrum immer mehr dem linken Diffamierungsstil an, und daß die neokonservative Achse des Guten inzwischen etliche Autoren aus dem “antideutschen” Spektrum à la Jungle World rekrutiert hat, ist eine sehr bezeichnende Entwicklung. Grund dafür ist wohl der Israel-Fetisch dieser Leute (à la Nico Hoppe), die übrigens selten selber Juden sind.
Als markantes Beispiel für diesen Stil diene dieser aktuelle und erheiternd wirre Artikel von Marcus Ermler auf Achgut.com. Was “projüdisch” ist, wird hier anhand einiger dogmatischer, vorwiegend rechtszionistischer und schuldkultgläubiger Richtlinien festgenagelt, während Ermler wie selbstverständlich davon ausgeht, die Abweichler von dieser reinen Lehre durch bloßes Zitieren erledigen zu können (natürlich möglichst aus dem Kontext gerissen und auf Signalwörter abgescannt).
Politisch gesehen ist der Ertrag der betont philosemitischen, pro-israelischen Linie gering: die Liebe der “Rechtspopulisten” zu Israel ist notorisch einseitig, es sei denn es handelt sich um einen “Rechtspopulisten” an der Macht, wie etwa Trump oder Orban. Die Versuche etwa der FPÖ unter Strache, sich dem rechten Zionismus anzubiedern, glichen Selbsterniedrigungen, die niemanden beeindruckten, schon gar nicht die maßgeblichen jüdischen Organisationen in Österreich. Kaum war türkis-blau an der Macht, gab es diplomatischen Boykott aus Israel, der etliche Appeasement-Manöver seitens der ÖVP nötig machte.
Ähnlich erfolglos ist bislang die AfD geblieben. Daran ändern auch gelegentliche Highlights wie ein Knuddeln mit Henryk Broder oder Streicheleinheiten eines 90jährigen Mossad-Agenten nichts. Es ist unwürdig, hier ständig um Sympathiebekundungen, Absolutionen oder Koscher-Zertifikate zu betteln, und mehr ist es am Ende nicht. Man träumt von einem Deal: “Wir unterstützen euren Nationalismus, bitte unterstützt im Gegenzug unseren auch! Wir beweisen euch unseren Philosemitismus, also erklärt uns bitte für nazifrei, legitim und salonfähig, ihr seid ja für die Persilscheinausstellung zuständig!”
Darum scheint mir ziemlich realitätsfern, was Arthur Abramovych (“Juden in der AfD”) hier postuliert:
Petr Bystron, der wohl am besten vernetzte Bundestagsabgeordnete unserer Fraktion, unternimmt genau das Gegenteil von dem, was Kubitschek ihm unterstellt: Es verfolgt eben keinen deutschen Sonderweg, sondern den Anschluss an die international erstarkende Opposition gegen die Zerstörung der Familie, der Nation als Prinzip (statt einer bestimmten einzelnen Nation) sowie des abendländischen Erbes. Diese Opposition – deren ausländische Hauptakteure Bystron, im Gegensatz zu Kubitschek, persönlich kennt – hat in Israel einen zuverlässigen Partner im Kampf gegen die dekonstruktivistische Erschlaffung erkannt…
Der Beweis, daß es sich hier um einen “Partner” handelt, noch dazu einen “zuverlässigen”, oder daß diese “international erstarkende Opposition” gegen (um es in anderen Worten zu sagen) Globalismus und Kulturmarxismus von der Parteinahme für Israel abhängt oder dadurch nennenswerten Auftrieb bekommt, muß noch erbracht werden. Momentan ist nur wenig davon zu bemerken.
Man sollte sich außerdem bewußt sein, daß sich die pro-israelische Fraktion der deutschen Rechten vor allem die Ideologie der Likud-Partei zu eigen macht, wie sie von Benjamin Netanjahu vertreten wird, die mithin nur einen Teil der israelischen Gesellschaft und des dortigen politischen Spektrums abbildet. Die Gleichsetzung von etwa Hamas und IS, wie sie Netanjahu betrieben hat, dient dann keinem anderen Zweck, als die konkreten Ursachen des israelisch-palästinensischen Konflikts “counterdjihadistisch” zu vernebeln.
Hier ein Beispiel einer exemplarischen Kritik dieser Auffassung von Joshua Fattal (2014):
Nach Netanjahus Darstellung sei Israel eine Art “Robin für den Batman USA”
… in vorderster Front in einem globalen Kampf gegen den Terrorismus, eine einsame Demokratie im Kampf gegen die Mächte des Islamismus, des Dschihad und 9/11. Es stimmt zwar, daß Israel den USA im ‘Kampf gegen den Terror’ näher steht als den Feinden Amerikas. Aber der Konflikt Israels ist fundamental anders: Israel bekämpft den militantesten Flügel des palästinensischen Volkes, das es weiterhin okkupiert, und nicht die islamistischen Feinde der westlichen Demokratie. Nationalistischer Islam ist nicht dasselbe wie global-expansionistischer Islam.
Mir scheint, daß dieser Unterschied im Auge behalten werden muß, auch wenn es fließende Übergänge gibt.
Nun sehen viele Rechte in Israel eine Art Vorbild: Es handelt sich praktisch um den einzigen “westlichen” Staat, der dezidiert nationalistisch ausgerichtet ist, einen recht stabilen innenpolitischen “identitären” Konsens hat, von rechts regiert wird und sich als Heimstätte eines spezifischen Volkes sieht (das in sich recht komplex zusammengesetzt ist, aber aus zionistischer Sicht eine Einheit bildet). Vergleichbares gibt es heute nur in Osteuropa, etwa in Ungarn und Polen, Staaten, die von den “liberalen Demokraten” mit einigen Bauchschmerzen betrachtet und als Problembären gehandelt werden.
Der dezidiert jüdische Nationalcharakter des Staates ist de facto Grundlage Israels seit Anbeginn seiner Existenz, wurde allerdings erst 2018 “offiziell” in den Kanon der israelischen Grundgesetze aufgenommen. Dieses ähnelt etwa der “Präambel” im Grundgesetz Ungarns. Damit ist ein Vorrang der jüdischen Interessen in Israel in den Verfassungsrang erhoben worden, auch wenn es sich bei etwa 20% der Staatsbürger um muslimische und christliche Palästinenser handelt. Für diese gelten (fast) diesselben Rechte, wobei es hier etliche Sonderregelungen gibt. Verblüfft nimmt man zur Kenntnis, daß für israelische Muslime die Scharia gilt.
In einer Zeit, in der die Identität der europäischen Nationalstaaten und Völker durch Masseneinwanderung und Multikulturalisierung bedroht ist, wäre ein Nationalstaatsgesetz oder ein “nationales Bekenntnis” nach israelischem oder ungarischen Modell mehr als wünschenswert, ja Zeichen einer grundsätzlichen Neuorientierung und Abwendung von globalistischen Marschrichtungen. Etwa eine Präambel des Grundgesetzes, in der es hieße: “Deutschland ist das Heimatland des deutschen Volkes.”
Ein solches “Nationalstaatsgesetz” würde auch, nicht anders als in Israel oder Ungarn, die Rechte ethnischer Minderheiten sicherstellen, allerdings ebenso das kulturelle Primat (und damit die Bevorzugung) des Mehrheits- und Staatsvolkes. Hier würde von liberal-demokratischer Seite der Einwand kommen, daß dies insofern problematisch sei, als diese Modelle nicht die vollständige Gleichheit aller Bürger gewähren, auf der Basis ihrer jeweiligen ethnischen Herkunft. Der israelische Historiker Ilan Pappe geht so weit, daß er Israel den Charakter als demokratischer Staat schlechthin abspricht, weil die nicht-jüdischen Staatsbürger eben doch bis zu einem gewissen Grad Bürger zweiter Klasse bleiben.
Aus rechter Sicht ist dieser Einwand nicht sehr gewichtig. Man kann sich gut ein Deutschland vorstellen, das eine gewisse Anzahl von Einwanderern und Minderheiten aushalten kann (anders wird es auch kaum gehen), aber eine national-identitäre “Leitkultur” zum Konsens hat, was sich auch in Integrations‑, Assimilisations- und Einwanderungspolitik niederschlagen würde.
Demokratie setzt aus rechter Sicht eine relative Homogenität des Staatsvolkes, des Demos, voraus, und eine ethnisch fragmentierte Nation wird rasch zum Raub von Partikularinteressen, verkommt zum “Bevölkerungsmanagement”, während identitär-demokratische und direktdemokratisch-populistische Bestrebungen geächtet und der “Spaltung” bezichtigt werden.
So weit, so gut. In Bezug auf Israel besteht allerdings das Problem, daß diese “Bürger zweiter Klasse” zu einem großen Teil Autochthone sind. Dieser “identitäre” Staat wurde in einem Raum gegründet, der allen Hasbara-Mythen zum Trotz, die sich in den Köpfen vieler hiesiger Israelfans festgesetzt haben, blöderweise bereits besiedelt war. Er konnte sich nur durch Gewalt, Terrorismus, Krieg und ethnische Säuberung konstituieren. Es ist das Verdienst gerade israelischer und jüdischer Historiker wie Tom Segev, Ilan Pappe, Benny Morris oder Norman Finkelstein, diese unbequeme Tatsache aufgezeigt zu haben.
Denn auch wenn man zugesteht, daß die Grundrechte der nicht-jüdischen israelischen Staatsbürger weitgehend gesichert sind, so besteht immer noch das Problem der rund vier Millionen Menschen, die in den besetzten (bzw. militärisch blockierten) Gebieten leben. Ohne diese militärische Kontrolle über den Gazastreifen und das Westjordanland könnte Israel nicht existieren. Die dort lebenden Palästinenser besitzen “keine Bürgerrechte und kein demokratisches Mitbestimmungsrecht über ihre Zukunft” (Pappe) – von der Gewalt, der Unterdrückung, den Schikanen und Massakern, denen sie seit Jahrzehnten ausgesetzt sind, ganz zu schweigen. Das relativiert das Bild der “einzigen Demokratie im Nahen Osten” doch erheblich.
Man kann nun dazu stehen wie man will, die eine Seite sympathischer finden als die andere, die barbarischen Taten der einen Seite höher werten als der anderen, im Propaganda- und Informationskrieg, der um diesen Komplex tobt, sich hier wie dort vertiefen. Die nüchterne Tatsache besteht, daß Israel als Nationalstaat auf einer schiefen Ebene errichtet wurde, und die Folgen nicht so schnell aus der Welt verschwinden werden.
Hinzu kommt das enge Bündnis Israels mit der Großmacht USA. Wer den amerikanischen Interventionismus im Nahen Osten kritisch sieht, wird nicht darum herumkommen, auch Israels Rolle kritisch beäugen zu müssen.
Und schließlich muß angemerkt werden, daß die deutschen Nachahmer des amerikanischen Neokonservatismus ein stark vereinfachtes und idealisiertes Bild von den Beziehungen Israel-USA pflegen. Unkritisch übernehmen sie das Schlagwort vom “größten Verbündeten” (“greatest ally”) und die Vorstellung, Israel wäre ein ausgelagerter quasi 51. Bundestaat.
Sie sehen nicht, daß ein nationalpopulistisches “America First!”, wie es Donald Trump versprochen (aber kaum gehalten) hat, im Widerspruch zu der schier bedingungslosen Unterstützung einer anderen Nation steht, die inzwischen mehr Einfluß auf die amerikanische Innen- wie Außenpolitik hat, als in einem souveränen Staat zulässig sein sollte. Dazu demnächst mehr.
brueckenbauer
Ich stimme mit Lichtmesz durchaus überein: Von den tonangebenden jüdischen "Repräsentanten" haben wir nichts zu erwarten. Die pflegen ein Feindbild, weil es zu ihrer Vorstellung von "Interessenvertretung" einfach dazugehört.
Nichtsdestoweniger: Es gibt in der offiziellen jüdischen Gedächtnispflege enorme Lücken, und wir sollten uns gerade gegen den Zentralrat, gegen die "Jüdische Allgemeinen" usw. derjenigen jüdischen Menschen annehmen, die dort verschwiegen werden.
Dazu gehören ganz natürlicherweise die "nationaldeutschen" Juden oder die Mitglieder des "Vortrupp" - wenn die AfD sich auf diese Personengruppe (und ihre Verfolgung durch die Nazis) konzentrieren würde, hätte sie ein unbestrittenes Feld.
Dazu gehören aber auch die "liberalen Nationalisten" in Israel - eine Gruppe, die es heute eigentlich nicht mehr gibt, die aber ernsthaft und auf eine noch immer interessante Weise versuchten, die alte Symbiose von Liberalismus und Nationalismus aufrechtzuerhalten. Zu nennen sind da der Philosoph Agassi oder der Ideenhstoriker Jacob Talmon. Auch da könnte sich die AfD sinnvoll profilieren, ohne sich dadurch in Gefahr zu bringen, dass man ihr von rechts (und links) bloße Anbiederei unterstellt.