IfS-Akademie – Visuelle Nachbetrachtung

Das Institut für Staatspolitik (IfS), das die Sezession herausgibt, hat mit der 21. Sommerakademie gezeigt, wie wichtig die Denkarbeit ist, die es leistet.

Es leis­tet kon­struk­ti­ve Denk­ar­beit für alle, die Inter­es­se an kon­ser­va­ti­ven, non­kon­for­men, frei­heit­li­chen, rech­ten, »reak­tio­nä­ren«, soli­da­ri­schen Ideen haben und über die Tages- und Par­tei­en­po­li­tik hin­aus­den­ken wol­len. Kon­kre­te Sach- und The­men­po­li­tik ist ohne Zwei­fel unver­zicht­bar für die poli­ti­sche Opposition.

Allein, dies kann nie aus­rei­chend sein. Jedes Lager benö­tigt einen welt­an­schau­li­chen Kompaß, der im Tages­ge­schäft Ori­en­tie­rung bie­tet und in Zei­ten der Auf­lö­sung aller Din­ge ruhig und beson­nen, nach­hal­tig und fun­diert die Rich­tung weist. Die­ser Kompaß aber wird gemein­sam erar­bei­tet – durch Leis­tungs­be­reit­schaft, Lek­tü­rewil­len und geis­ti­ge Tätig­keit. Just hier liegt das Allein­stel­lungs­merk­mal des IfS seit vie­len Jah­ren als Ori­en­tie­rung und Orga­ni­sa­ti­on ver­mit­teln­des Zen­trum des rechts­in­tel­lek­tu­el­len Milieus.

Ohne staat­li­che Gel­der und ohne jed­we­de Hil­fe durch par­tei­na­he Stif­tun­gen kön­nen bei­spiels­wei­se zwei­mal jähr­lich bei der Som­mer- und Win­ter­aka­de­mie fast ein Dut­zend Refe­ren­ten zusam­men­ge­führt wer­den, die zu bestimm­ten The­men­be­rei­chen Sub­stanz und Ansät­ze zum eigen­stän­di­gen Wei­ter­den­ken liefern.

Rezi­pi­en­ten der Vor­trä­ge sind im Regel­fall 150 Schü­ler und Stu­den­ten aus ver­schie­de­nen Zusam­men­hän­gen der alter­na­ti­ven Rech­ten; das Spek­trum reicht von Bur­schen­schaf­tern und Lands­mann­schaf­tern über Ange­hö­ri­ge der Jun­gen Alter­na­ti­ve und kon­ser­va­ti­ver Jugend­bün­de bis hin zu akti­vis­tisch aus­ge­rich­te­ten Jugendlichen.

Im Sep­tem­ber die­sen Jah­res muß­ten wir erst­mals seit vie­len Jah­ren auf die 150er Gren­ze ver­zich­ten. Immer­hin 90 Gäs­te kamen nach Schnell­ro­da ins Tagungs­lo­kal und arbei­te­ten drei Tage lang mit den Refe­ren­ten zu den The­men­be­rei­chen »Staat und Ordnung«.

Daß die Ver­an­stal­tung trotz aller ver­ord­ne­ten Coro­na-Maß­nah­men auf hohem Niveau durch­ge­führt wur­de und somit als Erfolg gewer­tet wer­den konn­te, wird im Tagungs­be­richt von Jonas Schick eben­so deut­lich wie in den per­sön­li­chen Betrach­tun­gen des IfS-Mit­be­grün­ders Götz Kubitschek.

Daß die ganz eige­ne Atmo­sphä­re in Schnell­ro­da nur jenen zugäng­lich ist, die unter 35 sind und einen der begehr­ten Plät­ze ergat­tern konn­ten, ist durch­aus erwünscht. Doch an der Arbeit des Insti­tuts und sei­ner Refe­ren­ten sol­len mehr Inter­es­sier­te teil­ha­ben können.

Aus die­sem Grund wur­de u. a. der »kanal schnell­ro­da« geschaf­fen. Fast 11.000 Abon­nen­ten ver­fol­gen bei You­Tube – neben Buch­be­spre­chun­gen von Ellen Kositza, Sezes­si­on-Heft­prä­sen­ta­tio­nen von Götz Kubit­schek und Bene­dikt Kai­ser oder auch dem belieb­ten Pod­cast »Kri­sen­trin­ker« von Erik Leh­nert und wie­der­um Kubit­schek – die Vor­trä­ge der IfS-Akademien.

Unse­re Medi­en­mann­schaft hat die ers­ten Vide­os fer­tig­ge­stellt. Wir emp­feh­len die­se zur selb­stän­di­gen Wei­ter­bil­dung. So kann man die – häu­fig über­mä­ßi­ge – Zeit, die man in vir­tu­el­len Sphä­ren ver­bringt, kon­struk­tiv nutzen.

Vier Bei­spie­le:

1. IfS-Lei­ter Erik Leh­nert refe­rier­te über das Phä­no­men okzi­den­ta­ler Ratio­na­li­tät anhand der Theo­rien des deut­schen Sozio­lo­gen Max Weber. Weber hat­te her­aus­ge­ar­bei­tet, wie die Her­aus­bil­dung des Kapi­ta­lis­mus durch einen pro­tes­tan­ti­schen Arbeits­ethos begüns­tigt wurde.

Aus die­sem Pro­zeß ent­steht nach Weber der ratio­na­le Staat, da nur jene Orga­ni­sa­ti­ons­form dazu in der Lage sei, dem Kapi­ta­lis­mus die Sicher­heit des Fort­dau­erns zu geben. Die­ser zeich­net sich über­dies durch einen aus­ufern­den Hang zur Büro­kra­ti­sie­rung aus. Dem­zu­fol­ge ent­zau­bert der ratio­na­le Staat die Welt wei­ter und bringt Phä­no­me­ne her­vor, denen die Rech­te den Kampf ange­sagt hat.

Folg­te man Leh­nerts Vor­trag, stün­den wir in einem Span­nungs­ver­hält­nis aus unbe­ding­tem Zuspruch zur Not­wen­dig­keit des Staa­tes und der Ableh­nung sei­ner imma­nen­ten Auswüchse.

Leh­nerts Vor­trag zu Max Weber sehen Sie hier:

 

2. Neben den »Stamm­re­fe­ren­ten« zieht das IfS stets ande­re renom­mier­te Gäs­te an. Dies­mal begrüß­ten wir Dimi­tri­os Kis­ou­dis. Der ver­sier­te Anthro­po­lo­ge und Wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter im Bun­des­tag näher­te sich dem Phä­no­men »Staat« unter dem Titel »Ord­nungs­staat, Rechts­staat, Sozi­al­staat« aus einer juris­ti­schen und kon­struk­tiv libe­ral ange­rei­cher­ten Perspektive.

Im Zen­trum des Kis­ou­dis­schen Den­kens steht der »Ord­nungs­staat«. Nur die­ser kön­ne die Sicher­heits­funk­ti­on des Staa­tes wie­der­her­stel­len und ihn nach­hal­tig entschlacken.

Dimi­tri­os Kis­ou­dis’ Vor­trag sehen Sie hier:

 

3. Das IfS ope­riert ent­lang diver­ser Arbeits­bau­stei­ne. Neben »Klas­si­kern« wie eben dem im Ver­an­stal­tungs­ti­tel und Insti­tuts­na­men ent­hal­te­nen »Staat« oder der Auf­ar­bei­tung des geschichts­po­li­ti­schen Ter­rains ist dies auch das Feld »Rechts, Mit­te, Links«. Bene­dikt Kai­ser ist hier zu Hause.

Unser Mit­ar­bei­ter refe­rier­te daher ent­lang sei­ner jüngs­ten Buch­ver­öf­fent­li­chung Soli­da­ri­scher Patrio­tis­mus. Die sozia­le Fra­ge von rechts (hier bestel­len) über »Iden­ti­tät und Soli­da­ri­tät« – zwei tot­ge­lei­er­te Begrif­fe auf der lin­ken Sei­te, oft dif­fus ver­wen­det auf der rech­ten Sei­te. Kai­ser setz­te hier an und schaff­te Ordnung.

Dies gelang ihm unter der Prä­mis­se, daß der Staat als Garant einer soli­da­ri­schen Gemein­schaft fun­gie­re. Laut Kai­ser kommt der »Iden­ti­tät« hier­bei eine zen­tra­le Rol­le zu, weil sie den nicht hin­ter­geh­ba­ren Bezugs­punkt für die Soli­da­ri­tät festlege.

Erst die Kom­bi­na­ti­on von »Iden­ti­tät« und »Soli­da­ri­tät« – dem »Zement«, der nach Émi­le Durk­heim die Gesell­schaft zusam­men­hält und zur Gemein­schaft wer­den las­sen kön­ne – las­se sich ein funk­tio­nie­ren­der, moder­ni­sier­ter, um zeit­ge­nös­si­sche Pro­ble­me berei­nig­ter Sozi­al­staat realisieren.

Sein Vor­trag ist eben­falls im kanal schnell­ro­da abrufbar:

 

4. Neben Kis­ou­dis kann ein wei­te­rer renom­mier­ter Gast des IfS genannt wer­den: Die Kul­tur­wis­sen­schaft­le­rin Bet­ti­na Gru­ber, die im Ver­lag Antai­os unter dem Pseud­onym »Sophie Lieb­nitz« ver­öf­fent­licht, reis­te nach Schnellroda.

Ihre jüngs­te Publi­ka­ti­on Anti­ord­nung (hier) lag ihrem Vor­trag zugrun­de. Den Aus­gangs­punkt des herr­schen­den Den­kens in unse­rer Zeit der Anti­ord­nung sieht Gru­ber im Post­struk­tu­ra­lis­mus und ins­be­son­de­re in den Aus­füh­run­gen des fran­zö­si­schen Phi­lo­so­phen Michel Fou­cault, der jeg­li­che Norm grund­le­gend in Fra­ge stellte.

Es geht bei den Post­struk­tu­ra­lis­ten bzw. bei Fou­cault nicht mehr dar­um, eine ver­meint­lich schlech­te Ord­nung mit einer neu­en bes­se­ren zu erset­zen, son­dern die Ord­nung an sich auf­zu­lö­sen. Gru­ber hält in die­sem Zusam­men­hang den Begriff des »Kul­tur­mar­xis­mus« für irre­füh­rend, da an den heu­ti­gen domi­nan­ten Theo­re­men kaum ein ord­nungs­her­stel­len­des Prin­zip prä­sent ist, wie es für die Mar­xis­men jedoch kon­sti­tu­ie­rend ist.

Auch Gru­bers emi­nent wich­ti­gen Vor­trag kann man im kanal schnell­ro­da einsehen.

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (1)

Franz Bettinger

16. Oktober 2020 21:57

Als bereichernd (und noch etwas) empfinde ich vor allem die Buchbesprechungen des Duofeminats Kositza / Dagen. Gegen die anarchische Gesprächs-„Führung“ habe ich nichts, denn der Respekt vor dem Gegenüber bleibt stets gewahrt. 

Noch off topic (falls gestattet): EinProzent schrieb (mir) gerade: “Das Dilemma, nämlich die klare Zweiteilung der Wählerschaft in Corona-Fragen, bedarf einer Analyse - und einer Lösung.“ Ich schrieb zurück: "Wenn 52% der Menschen die Erde für eine Kugel und 48% die Erde für für ein Dreieck halten (aber selbst wenn 98% die Erde für dreieckig hielten) worin liegt dann die Lösung des 'Problems'? Ist die Antwort nicht offensichtlich? - Kleine Hilfe: Die Lösung liegt sicher nicht in einem Kompromiss.

Für diesen Beitrag ist die Diskussion geschlossen.