Wo ist der Boden? Antwort auf Frank Böckelmann und Carsten Germis

Von verschiedener Seite wurde mir ein Text von Frank Böckelmann und Carsten Germis "zum Jahresauftakt 2024" zugeschickt, mit der Bitte um einen Kommentar und um Entschlüsselung, worum es hier eigentlich gehe.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Nun. Als ers­tes stach mir, wenn ich es nicht miß­ver­stan­den habe, ein ziem­lich deut­li­cher Wider­spruch gleich zu Beginn des Arti­kels ins Auge. Er hebt an mit einer Grundsatzerklärung:

Maga­zin­ma­cher soll­ten sich ent­schei­den, ob sie vor­zugs­wei­se auf­klä­re­risch oder poli­tisch tätig sein wol­len; sonst sind ihre Pro­duk­te zwie­lich­tig. Wir bei­de sehen uns in der Erkun­dungs­bran­che und las­sen uns gern über­ra­schen (…). Das unter­schei­det uns von denen, die – wie die Häup­ter von Par­tei­en, Sze­nen und Ver­an­stal­tungs­be­trie­ben – auf die Erwar­tun­gen ihres Publi­kums Rück­sicht neh­men müs­sen. Sie bewer­ten das Gesche­hen danach, ob es güns­tig oder ungüns­tig fürs Geschäft ist.

Schon die­se Unter­schei­dung leuch­tet mir nicht ein. Wenn das wirk­lich so ist, dann ken­ne ich eigent­lich kein Maga­zin mit einer spe­zi­fi­schen poli­ti­schen Aus­rich­tung (links, rechts, libe­ral, liber­tär…), das in die­sem Sin­ne nicht “zwie­lich­tig” wäre. Poli­ti­sche Par­tei­nah­me ist kein grund­sätz­li­cher Gegen­satz zu Auf­klä­rung (und dies, seit es “Auf­klä­rung” gibt), und idea­ler­wei­se soll­ten ihr Klä­rung und Klar­heit über eine bestimm­te Lage vor­an­ge­gan­gen sein.

Nach­dem sich nun Böckel­mann und Ger­mis selbst zu den Auf­klä­rern, nicht zu den Poli­ti­kern bekannt haben, bemä­keln sie an Tei­len des rech­ten Spek­trums eine man­gel­haf­te poli­ti­sche Par­tei­nah­me, näm­lich für den Staat Israel.

Als die Mord­bren­ner, Kin­der­mör­der und Frau­en­schän­der der Hamas am 7. Okto­ber 2023 in Isra­el ein­fie­len, reagier­ten die Wort­füh­rer des neu­rech­ten Main­streams und der AfD hin­hal­tend – war­te­ten erst ein­mal die wei­te­re Ent­wick­lung ab. Alles, was sie seit­dem erklä­ren, ist Aus­druck poli­ti­scher Ver­le­gen­heit mit oppor­tu­nis­ti­schem Bei­geschmack. In die­ser defen­si­ven Hal­tung erken­nen wir ein grund­le­gen­des Defi­zit. Aus­ge­rech­net vie­len Ver­tre­tern des „natio­na­len Lagers“ scheint der Boden unter den Füßen frag­wür­dig oder belie­big gewor­den zu sein.

Lei­der nen­nen sie kei­ne kon­kre­ten Bei­spie­le, wer denn die­ser “neu­rech­te Main­stream” sein soll, und wel­che Kri­te­ri­en man erfül­len muß, um inner­halb des Anti-Main­stream-Spek­trums “Main­stream” zu sein.

Die Buh­män­ner, die sie kri­ti­sie­ren, beschwö­ren “höchs­te Wer­te”, wie es sonst nur die schlimms­ten Uni­ver­sa­lis­ten tun. Etwa Tino Chrup­al­la , der „Trau­er um alle Kriegs­to­ten“ bekun­de­te und „Dees­ka­la­ti­on“ for­der­te. “Man” war­ne “vor ein­sei­ti­ger Par­tei­nah­me und Stim­mungs­ma­che und vor der Aus­weg­lo­sig­keit des Kon­flikts zwi­schen Isla­mis­ten und Zio­nis­ten”. “Man” bit­te, “dem Bekennt­nis­druck nicht nach­zu­ge­ben und ins ‘Kriegs­ge­heul’ nicht einzustimmen.”

An den Bekennt­nis­sen der Bun­des­re­gie­rung zum “Exis­tenz­recht” Isra­els bemän­geln Böckel­mann und Ger­mis, daß es sich hier um rei­nen “Gra­tis­mut” hand­le, ohne die Bereit­schaft, für die­se Staats­rä­son “ernst­haft mili­tä­risch für ein­ste­hen zu müs­sen”. Das Bekennt­nis selbst sei also nicht das Pro­blem, son­dern ledig­lich sei­ne man­gel­haft radi­ka­le Umset­zung. Das ent­spricht Alex­an­der Gau­lands Stel­lung­nah­me von 2017 (die er spä­ter in Vari­an­ten wie­der­hol­te), Deutsch­land habe die “Ver­pflich­tung, im Ernst­fall einer exis­ten­ti­el­len Bedro­hung Isra­els an des­sen Sei­te zu kämp­fen und unter Umstän­den auch zu sterben.”

Denn der grö­ße­re Kon­text des israe­lisch-paläs­ti­nen­si­schen Kon­flikts sei ein “Krieg”, ein “Kampf der Kul­tu­ren, der auch in Euro­pa aus­ge­tra­gen wird”, dem man sich ohne­hin nicht ent­zie­hen kön­ne, der zu einem kommt, auch wenn man nicht hin­ge­hen möch­te (ein Klas­si­ker der zio­nis­ti­schen Pro­pa­gan­da, der das Ziel hat, Isra­els essen­ti­ell eth­no­na­tio­na­lis­ti­sche Kolo­ni­al­po­li­tik zu ver­schlei­ern, samt allen Gewalt­ex­zes­sen und Mas­sen­mor­den an Zivi­lis­ten, wie es nun gera­de wie­der in Gaza der Fall ist – hier ein aktu­el­les Bei­spiel für die­ses Gen­re aus der NZZ.)

Aus die­ser Per­spek­ti­ve erscheint den Autoren das “Distanz­ge­bot” wie ein fei­ges Aus­wei­chen vor dem Unver­meid­li­chen, vor einer Ent­schei­dung. Da ist von einem “läs­ti­gem Bekennt­nis­zwang” die Rede, dem “selbst­er­nann­te Patrio­ten” zu ent­flie­hen ver­su­chen, indem sie sich hin­ter der For­mel ver­ste­cken, “vor­be­halt­lo­se Unter­stüt­zung einer Kriegs­par­tei sei ’nicht im deut­schen Interesse’ ”.

Dabei schie­ßen sie sich gleich im nächs­ten Satz ein Eigentor:

Das Argu­ment ist jedoch eben­falls Aus­flucht, denn Deutsch­land ist der­zeit in Kriegs­fäl­len gar nicht imstan­de, sei­nen eige­nen Inter­es­sen selb­stän­dig Gel­tung zu ver­schaf­fen. Mili­tä­risch ist es gleich­sam nicht satis­fak­ti­ons­fä­hig (bekommt jedoch Kriegs­fol­gen zu spüren).

Nun, wenn das so ist, dann braucht Isra­el, das bekannt­lich eine äußerst ein­satz- und satis­fak­ti­ons­fä­hi­ge Armee, Nukle­ar­waf­fen und die US-Mili­tär­ma­schi­ne­rie im Rücken hat, kei­ne deut­schen Sol­da­ten, die in Gaza oder viel­leicht dem­nächst wie­der auf der Sinai-Halb­in­sel für Groß­is­ra­el “kämp­fen und (unter Umstän­den auch) ster­ben”, aus wel­chen Grün­den auch immer (“his­to­ri­sche Ver­ant­wor­tung”, “Kampf der Kul­tu­ren” etc.)

Kubit­schek hat genau das in sei­nem grund­le­gen­den Bei­trag zum Nah­ost-Kon­flikt ausgeführt:

Wel­che Kon­se­quen­zen soll­te es haben, daß Deutsch­land fest an der Sei­te Isra­els ste­he? Wel­che hat­te es, seit Deutsch­land fest an der Sei­te des ukrai­ni­schen Vol­kes steht? Was folgt, wenn man sich ver­bal auf die­se Wei­se hoch­ge­ris­sen hat? Es wird auch die­ses Mal nicht zum Ein­satz deut­schen Sol­da­ten­le­bens kom­men, es kam in der Ukrai­ne nicht dazu, und die “Kriegs­mü­dig­keit der Deut­schen”, vor der die Außen­mi­nis­te­rin mit Blick auf die nach­las­sen­de Empa­thie­dich­te der Ukrai­ne gegen­über warn­te, ist eine Wen­dung, die dem Absur­den und Pein­li­chen die Kro­ne aufsetzte.

Wir dür­fen uns mit Blick auf den israe­li­schen Staat und die Ver­faßt­heit sei­nes Vol­kes sicher sein, daß man die fest an der Sei­te her­um­ste­hen­den Deut­schen dort nicht braucht.

Ich weiß nicht genau, was das Stamm­pu­bli­kum von Tumult erwar­tet und ob die­se Stel­lung­nah­me sei­ner Chef­re­dak­teu­re nun Leser ver­grault hat und schlecht fürs Geschäft war. Offen­sicht­lich ist hin­ge­gen, daß ein sol­cher Ruf der Lau­war­men an die Nah­ost-Front nicht mehr in die Erkundungs‑, son­dern in die Bekennt­nis­bran­che gehört. Dage­gen wäre an sich nichts ein­zu­wen­den, etwas irri­tie­rend ist hin­ge­gen die Inkon­sis­tenz der eige­nen Argu­men­ta­ti­on und Selbstdarstellung.

Ich für mei­nen Teil möch­te die Her­ren Böckel­mann und Ger­mis dazu ein­la­den, sich doch ein­mal anzu­se­hen und zu über­den­ken, was eben Götz Kubit­schek und dann mei­ne Wenig­keit (etwa hier und hier) über die Not­wen­dig­keit eines eige­nen Stand­punkts ange­sichts des israe­lisch-paläs­ti­nen­si­schen Krie­ges geschrie­ben haben. Mich hat der Hamas-Angriff kei­nes­wegs “über­rascht” (und den israe­li­schen Tie­fen­staat ver­mut­lich auch nicht); mei­ne Posi­ti­on betont aus­drück­lich die Per­spek­ti­ve vom eige­nen Boden (des “Jemei­ni­gen”) aus.

“Der Kampf der Kul­tu­ren”, der angeb­lich in Gaza und Neu­kölln der­sel­be ist (in Wahr­heit han­delt sich hier um dia­me­tral ent­ge­gen­ge­setz­te Situa­tio­nen, was ich auf die­ser Sei­te unzäh­li­ge Male zu begrün­den ver­sucht habe), hat nun laut Böckel­mann und Ger­mis einen noch grö­ße­ren Kon­text, bzw. “Sub­text”:

Die­ser tritt zuta­ge, wenn die Vor­sit­zen­den der Frie­dens­par­tei AfD auf die neue „mul­ti­po­la­re Welt­ord­nung“ ver­wei­sen und Russ­land, Chi­na und Iran bzw. die BRICS-Staa­ten als Kon­tra­hen­ten der USA anfüh­ren, aber das Poten­zi­al eines Groß­raums Euro­pa uner­wähnt las­sen. Die Beru­fung auf die – ver­nach­läs­sig­ten – deut­schen Inter­es­sen wirbt somit unaus­ge­spro­chen für eine Alli­anz mit Russ­land, mit­tel­bar auch mit Chi­na, gegen die ent­thron­te glo­ba­le Hege­mo­ni­al­macht USA. Das ist gefähr­lich: Unter einem neu­en Ober­herrn, sei es nun Russ­land oder Chi­na, wür­de sich am Vasal­len­sta­tus Deutsch­lands nichts ändern.

Das ist gewiß ein berech­tig­ter Ein­wand, über den man an die­ser Stel­le nicht vie­le Wor­te ver­lie­ren muß. Vie­le, die der Hege­mo­ni­al­macht USA feind­se­lig gegen­über­ste­hen, ten­die­ren dazu, deren geo­po­li­ti­sche Gegen­spie­ler zu idea­li­sie­ren und sie als Pro­jek­ti­ons­flä­chen zu benut­zen. Und ich ken­ne nicht weni­ge, die argu­men­tie­ren, daß eine Anleh­nung an die öst­li­chen Hege­mo­nen (in spe) zual­ler­min­dest das klei­ne­re Übel wäre. Ein tat­säch­lich sou­ve­rä­nes Deutsch­land, das jeg­li­chen Vasal­len­sta­tus abge­schüt­telt habe, sei ohne­hin vor­erst nicht denk­bar oder in uto­pi­scher Ferne.

Aber wenn nun etwa Jür­gen Elsäs­ser, von Böckel­mann und Ger­mis als Beweis­stück der Ankla­ge zitiert, fest­stellt, „Putin macht alles, was im Wes­ten mitt­ler­wei­le ver­teu­felt und unter­drückt wird”, dann ist das, unab­hän­gig davon, ob man dies bewun­dert oder ablehnt oder mit Skep­sis betrach­tet, eine sach­li­che Fest­stel­lung, und kei­nes­wegs per se eine Arti­ku­la­ti­on einer “boden­lo­sen, geschichts­ver­ges­se­nen, gera­de­zu post­mo­der­nen Rechten.”

Zu die­sen angeb­lich “post­mo­der­nen” Rech­ten (“post­mo­dern” meint wohl so etwas wie intel­lek­tu­ell bloß spie­lend, abs­trakt kon­stru­ie­rend, mit belie­big her­um­flie­gen­den Ver­satz­stü­cken, die einem ein­fach mal so ein­fal­len; oder viel­leicht auch alles, was das Pri­mat der “Auf­klä­rung” und des Libe­ra­lis­mus in Fra­ge stellt) zäh­len die Autoren auch die­se Netzseite:

Post­mo­der­ne Rech­te legen auf mul­ti­po­lar, gegenstrom.org, Mano­va, Sezes­si­on im Netz und anders­wo ver­glei­chen­de Exper­ti­sen über die öko­no­mi­schen und mili­tä­ri­schen Poten­zia­le Russ­lands und der Ukrai­ne vor – als schweb­ten sie in einer neu­tra­len Ana­ly­se­platt­form über der Erde und als fin­de der Krieg nicht beim über­nächs­ten Nach­barn, son­dern in Vor­der­asi­en oder im Maghreb statt.

Hier folgt erneut das­sel­be struk­tu­rel­le Argu­ment wie ange­sichts Isra­el-Gaza (ein Krieg, der in Vor­der­asi­en statt­fin­det, uns aber trotz­dem inter­es­sie­ren soll): Man wol­le hier einem Krieg aus­wei­chen, der nicht nur der Ukrai­ne erklärt wor­den sei, son­dern “per pro­xy” auch Deutsch­land selbst, wes­halb man­geln­de Par­tei­nah­me­freu­dig­keit für die­ses Land als Zei­chen eines luft­lee­ren, schwäch­li­chen, rea­li­täts­flüch­ti­gen Intel­lek­tua­lis­mus (oder so ähn­lich) zu wer­ten ist.

Das kann man jedoch nur behaup­ten, wenn man Argu­men­te der Kri­ti­ker der west­li­chen Sei­te des Krie­ges ver­zer­rend dar­stellt. Das tun Böckel­mann und Ger­mis nun aber komi­scher­wei­se nicht, son­dern refe­rie­ren recht korrekt:

Der Ukrai­ne selbst wird nicht die Bedeu­tung eines eigen­stän­di­gen poli­ti­schen Fak­tors zuer­kannt. Die Volks­sou­ve­rä­ni­tät spielt kei­ne Rol­le, die Ukrai­ne wird als „Bau­er im hege­mo­nia­len Schach­spiel“ abge­tan, künst­lich beatmet von knapp gehal­te­ner US-ame­ri­ka­ni­scher Press­luft – letzt­lich vom Pro­fit­in­ter­es­se der Rüs­tungs­kon­zer­ne und jener, die ukrai­ni­sches Lithi­um für die grü­ne Ener­gie­wen­de benötigen.

Die gän­gi­ge Rede vom „Stell­ver­tre­ter­krieg“ besagt ja, dass die Ukrai­ner nicht ein­mal für sich selbst kämp­fen. Die USA, heißt es, opfer­ten beden­ken­los Hun­dert­tau­sen­de, um Russ­land zu schwä­chen; Russ­land wie­der­um wol­le und kön­ne es nicht zulas­sen, dass die west­li­che Ein­fluss­zo­ne um das Gebiet der Ukrai­ne erwei­tert wer­de. Und auch Deutsch­land sei nur ein Spiel­ball der US-ame­ri­ka­ni­schen Geopolitik.

Well. Unge­fähr so sehe ich es auch. Es han­delt um einen schänd­li­chen, vor­sätz­lich ein­ge­fä­del­ten Krieg, in dem hun­dert­tau­sen­de Rus­sen und Ukrai­ner sinn­los durch den Fleisch­wolf gedreht wur­den und wer­den, und für den die NATO unter US-Füh­rung eine wesent­li­che Ver­ant­wor­tung trägt. Ich mag mich irren. Aber das hat nichts mit der “Post­mo­der­ne” oder mit yogi­schem Flie­gen zu tun, son­dern mit den mir zugäng­li­chen Fak­ten, gewon­nen aus einer Ana­ly­se die­ser Fak­ten (das nen­ne ich “Auf­klä­rung”).

Der Appell von Böckel­mann und Ger­mis läuft also in die­sem spe­zi­fi­schen Punkt dar­auf hin­aus, als getreue Vasal­len ent­schie­den die Außen- und Geo­po­li­tik des ame­ri­ka­ni­schen Impe­ri­ums zu unter­stüt­zen, in der Ukrai­ne eben­so wie in Isra­el-Paläs­ti­na. Wer das nicht tue, sei eben “post­mo­dern” (ein Wort, das ihnen so gut gefällt, daß sie es vier­mal wie­der­ho­len) oder bewe­ge sich im “poli­ti­schen Wolkenkuckucksheim”.

Die­se Ansicht ist gewiß nicht “Main­stream” im rech­ten Main­stream, aber im ech­ten Main­stream. Inso­fern haben wir es hier eher mit einer Kon­sens­af­fir­ma­ti­on als einer ‑stö­rung zu tun, sind doch die Autoren damit mehr oder weni­ger auf einer Linie mit Baer­bock und Scholz. (Wer hat denn übri­gens, den­ken sie, die Nord Stream-Pipe­lines gesprengt?).

Der Grund scheint zu sein, daß sie sich von einem “euro­päi­schen Trutz- und Schutz­bünd­nis”, das sich logi­scher­wei­se unter dem Dach der NATO bil­den müß­te, in gemein­sa­mer Oppo­si­ti­on zu Ruß­land und (ich ver­mu­te mal) “dem Islam” (“Kampf der Kul­tu­ren” und so), die Ret­tung oder “bes­ser gesagt” Erneue­rung der “Iden­ti­tät Deutsch­lands” erhof­fen. Sie malen einen pan-euro­päi­schen Traum aus, natür­lich streng auf dem Boden der har­ten Tat­sa­chen, ohne eine Spur von post­mo­der­ner Wolkenkuckuckerei:

… die Wider­stand leis­ten­den Ukrai­ner sind nicht irgend­ei­ne fer­ne Kriegs­par­tei. Sie sind unse­re Leu­te, unter geo­po­li­ti­schen Aspek­ten und nach allem Augen­schein. Und die Grie­chen, Rumä­nen, Kroa­ten, Polen, Litau­er, Fin­nen, Schwe­den, Iren, Schot­ten, Nie­der­län­der, Fran­zo­sen, Ita­lie­ner, Kata­la­nen und Por­tu­gie­sen rücken uns in der glo­ba­len Neu­ord­nung so nahe wie im 19. Jahr­hun­dert den Schwa­ben und Sach­sen die ande­ren deut­schen Stämme.

Ich für mei­nen Teil schaue mir Euro­pa an und ich kann beim bes­ten Wil­len nichts der­glei­chen erkennen.

Der Buh­mann des rus­si­schen Bären hat in kei­ner Wei­se zu einem Zusam­men­rü­cken “unse­rer Leu­te” von Lis­sa­bon bis Hel­sin­ki geführt (in Ost­eu­ro­pa mag das anders aus­se­hen, was die USA nach Kräf­ten aus­nüt­zen und ansta­cheln). Die Unter­stüt­zung oder das Inter­es­se der euro­päi­schen Völ­ker für den “Stell­ver­tre­ter­krieg” und den ukrai­ni­schen Natio­na­lis­mus ist trotz allem Pro­pa­gan­da­ge­döns gering und schwin­det immer mehr dahin, wäh­rend auch ihre Regie­run­gen nur mehr halb­her­zig dahinterstehen.

Die Panik­ma­che vor Putin und den rus­si­schen Bar­ba­ren lief weit­ge­hend ins Lee­re, ermü­de­te, wie alle Pres­se­kam­pa­gnen es eines Tages tun, um vom nächs­ten “cur­rent thing” abge­löst zu wer­den. An einen ukrai­ni­schen “Sieg” (was auch immer man dar­un­ter ver­ste­hen mag), glaubt offen­bar auch die Biden-Regie­rung, die Selen­skyj zuneh­mend im Stich läßt, schon lan­ge nicht mehr.

Eine Hoff­nung sehen die Autoren aber noch, näm­lich in einer fun­da­men­ta­len Kri­se, die die Euro­pä­er zum Zusam­men­rü­cken zwin­gen könnte:

Zu einer glaub­wür­dig wehr­haf­ten Alli­anz fin­den die euro­päi­schen Eigen­bröt­ler erst in einer abgrün­di­gen Not­la­ge zusam­men – ange­sichts poten­zier­ter Mas­sen­mi­gra­ti­on oder im Wohl­stands­ab­sturz oder in Erwar­tung wei­te­rer rus­si­scher Inva­sio­nen, vor allem aber in der Erfah­rung, allein­ge­las­sen zu wer­den. Dass eine sol­che Situa­ti­on ein­tritt, ist kaum noch abzu­wen­den. Am Abgrund, vor­her nicht, wer­den sich die euro­päi­schen Solis­ten dazu über­win­den, ihre Kräf­te zu bün­deln, um in der mul­ti­po­la­ren Welt­ord­nung selbst Macht­pol zu sein. Einen eige­nen deut­schen Weg kann es dabei nicht mehr geben.

“Poten­zier­te Mas­sen­mi­gra­ti­on”, “Wohl­stands­ab­sturz” oder Ant­ago­nis­mus zu Ruß­land sind jedoch in letz­ter Kon­se­quenz Fol­gen der US-ame­ri­ka­ni­schen Hege­mo­nie und ihrer glo­ba­lis­ti­schen Dok­tri­nen. Man muß sich also klar wer­den, wer der Bock ist und wer der Gärt­ner sein könnte.

Aber auch, was nun über­haupt der Gar­ten und wo der Boden ist. Böckel­mann und Ger­mis beto­nen, daß das Euro­pa, das sie mei­nen, natür­lich nicht der EU ent­sprä­che. Sie wol­len statt­des­sen einem “rea­lis­ti­schen Euro­pä­er­tum” das Wort reden, ein Begriff, den sie dem Phi­lo­so­phen Hugo Fischer aus dem Kreis um Ernst Jün­ger ent­lehnt haben. Die­ser euro­päi­sche Rea­list unter­schei­det sich

vom Natio­na­lis­ten und vom Ein­heits-Welt­bür­ger dadurch (…), dass er sich – wie Fischer es nann­te – „in der Mit­te des Euro­päi­schen“ bewegt: die inner­eu­ro­päi­schen Riva­li­tä­ten aus­hält, ja in gewis­ser Wei­se bewahrt, aber den Zwang zu gemein­sa­mer Selbst­be­haup­tung als Grün­dungs­er­eig­nis begrüßt.

In einer “Zeit der Mas­sen­mi­gra­ti­ons­be­we­gun­gen, der Rück­kehr zwi­schen­staat­li­cher Krie­ge und des neu­en wirt­schaft­li­chen Pro­tek­tio­nis­mus” hie­ße das für “die euro­päi­schen Län­der, koor­di­niert von Deutsch­land, Frank­reich, Polen und Ita­li­en”, in einen “Wirt­schafts­kriegs­mo­dus” zu gehen. Das bedeu­tet, die euro­päi­schen Natio­nen müs­sen “die Abhän­gig­keit von Chi­na und den USA weit­mög­lichst reduzieren”,

ihren Ener­gie­be­darf tat­säch­lich gemein­sam decken und eine har­te euro­päi­sche Wäh­rung gegen den Dol­lar sub­ven­tio­nie­ren. Im neu­en anti­im­pe­ria­lis­ti­schen Kampf haben sie kei­ne ande­re Wahl, als das Volu­men ihrer Rüs­tungs­auf­trä­ge dras­tisch zu erwei­tern und die­se fort­an euro­päi­schen Fir­men zu ertei­len (somit die Bevor­zu­gung US-ame­ri­ka­ni­scher Lie­fe­ran­ten zu been­den) und die eige­nen Inter­es­sen robust zu verteidigen.

Immer­hin! Sie haben die Kur­ve gekratzt, und plä­die­ren dafür, den “Tra­ban­ten­sta­tus gegen­über den USA” abzu­schüt­teln und “anstatt abs­trak­ter Mensch­heits­idea­le wie­der die Inter­es­sen sei­ner eige­nen Völ­ker” zu ver­tre­ten. Dazu müß­te aber auch das poli­ti­sche Sys­tem “Wes­ten” abge­schüt­telt wer­den, das sich in Euro­pa hin­ein­ge­fres­sen hat wie eine Säu­re oder ein Krebs­ge­schwür, aller­dings auch in sei­nen eige­nen Labo­ra­to­ri­en ent­stan­den ist, nicht zuletzt in jenen der Aufklärung.

Was aber soll an sei­ne Stel­le tre­ten? Es ist kein Wun­der, wenn nun man­che ange­sichts die­ses Vaku­ums Rich­tung Ruß­land, Chi­na oder Tür­kei schie­len, wie es dort gemacht wird.

Ich selbst, “guter Euro­pä­er”, der ich aus (roman­ti­scher?) Über­zeu­gung bin, hal­te eine “wehr­haf­te Alli­anz” der “euro­päi­schen Eigen­bröt­ler” für durch­aus wün­schens­wert, aber nicht für beson­ders realistisch.

Das alter­na­ti­ve Euro­pa, das sich Böckel­mann und Ger­mis hier aus­ma­len, gefällt mir gut, es ist sogar sehr schön, nicht weni­ger schön als die Idee einer “Eura­si­schen Uni­on” als alter­na­ti­ves Euro­pa mit eige­nen „kul­tu­rel­len und poli­ti­schen Stan­dards“, wie sie Hau­ke Ritz 2014 auf Tele­po­lis in einem Inter­view beschrieb. Dar­in erbli­cken die Tumult-Chef­re­dak­teu­re nach Elsäs­ser ein wei­te­res Bei­spiel für eine “boden­lo­se, geschichts­ver­ges­se­ne, gera­de­zu post­mo­der­ne Rech­te, der völ­lig aus dem Blick gerät, wo sie selbst her­kommt und ihren Ver­ständ­nis­rah­men hat.”

Aber war­um eigent­lich? Was fin­den sie an die­ser Dar­stel­lung so anstö­ßig? Daß sich die­ses Gebil­de, das seit 2014 auch tat­säch­lich exis­tiert, als “euro­pä­isch” ver­ste­hen könn­te? Es hat sich, ganz ohne Zutun des Ritz (seit wann ist er “rechts”?), der er es ledig­lich in einem Inter­view “prä­sen­tiert” hat (wie Böckel­mann und Ger­mis for­mu­lie­ren), im “post­so­wje­ti­schen Raum” kon­sti­tu­iert, in dem die Idee einer sol­chen Wirt­schafts­ge­mein­schaft kei­nes­wegs boden­los, geschichts­ver­ges­sen oder post­mo­dern, son­dern ganz im Gegen­teil eine rea­lis­ti­sche, nahe­lie­gen­de und his­to­risch prä­fi­gu­rier­te Opti­on war.

Letz­te­res kann man von ihrem von Deutsch­land, Frank­reich, Polen und Ita­li­en (Mit­te, Wes­ten, Osten, Süden, wer ver­tritt den Nor­den?) “koor­di­nier­ten” Wunsch­eu­ro­pa im Wirt­schafts­kriegs­mo­dus gegen Ost und West, in dem die Rol­le des Bin­nen­he­ge­mons offen­bar demo­kra­tisch auf­ge­teilt wird, nun wirk­lich nicht behaup­ten. Wo soll man da anfan­gen? Darf man eine sol­che Visi­on auch “post­mo­dern” oder “boden­los” oder “geschichts­ver­ges­sen” nen­nen? Mir wür­den Grün­de dafür einfallen.

Es ist auch nicht ein­zu­se­hen, was ein sol­ches Pro­jekt mit einer Par­tei­nah­me (bis hin zum “Ster­ben”) für Isra­el zu tun haben soll, einem der viru­len­tes­ten Vor­pos­ten des ame­ri­ka­ni­schen Impe­ria­lis­mus, von des­sen Gedei­hen es abhän­gig ist. Ein ernst­haf­ter “anti­im­pe­ria­lis­ti­scher Kampf” um die Sou­ve­rä­ni­tät Euro­pas müß­te also auch zu einer Distan­zie­rung von Isra­el füh­ren. Ich ver­mu­te, daß hier man­geln­de Ein­sicht über die Rol­le des Zio­nis­mus in der ame­ri­ka­ni­schen Außen­po­li­tik eine Rol­le spielt (nach­zu­le­sen etwa bei Walt und Mearsheimer.)

Und es bleibt auch unklar, wie das nun alles zusam­men­pas­sen soll mit den eher vagen, auf Stroh­män­ner ange­wie­se­nen Sei­ten­hie­ben ins eige­ne Spek­trum, die dem Arti­kel als Auf­hän­ger (wenn nicht gar “Click­bait”) und Wür­ze die­nen. Ich hät­te den Autoren emp­foh­len, ihren Text noch ein biß­chen lie­gen­zu­las­sen und zu überdenken.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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Kommentare (25)

Laurenz

4. Januar 2024 09:20

@ML
Ich gehe davon aus, daß Sie, vielleicht im Sinne der Redaktion, Stellung bezogen haben, weil die SiN im Text, wie auch die AfD, benannt wurde. Für meinen Geschmack sind Sie mit diesen beiden Herren noch viel zu wohlwollend umgegangen. Hackt hier die eine Krähe der anderen kein Auge aus? Im Grunde Zeitverschwendung. Was beiden Autoren völlig abgeht, ist das Bewußtsein für die geo-politische Situation Deutschlands, die sich quasi seit über 100 Jahren kaum verändert hat, außer die Abschaffung unserer militärischen Option, die wir durch Tributleistungen an unsere Nachbarn ersetzt haben. Hier sind beide Autoren in keiner Weise satisfaktionsfähig. Nachwievor sind wir durch unsere Nachbarn, wie in 2 Weltkriegen erlebt, militärisch bedroht. Die Sprengköpfe der Force de Frappe sind nachwievor auf uns gerichtet. Es existiert kein politisches Europa, Romantik hin oder her. So leicht, wie die USA den Regime-Wechsel in der Ukraine mit anschließendem Krieg vom Zaun brechen konnten, so leicht können sie das auch bei uns. Die AfD-Granden sagen doch nichts anderes, als Germany first, was erstmal heißt ideologie-befreiter Handel mit allen & Deine Baustelle ist nicht unsere Baustelle. Macht Israel übrigens auch nicht anders.

Heinrich Loewe

4. Januar 2024 10:19

Amen und tausend Dank, Meister, daß Sie mir diesen blog von TUMULT in verständlicher Sprache erklärt haben. Ich habe mich intuitiv (weil ich Böckelmanns verschraubte Formulierungen zunehmend weniger schnalle, wahrscheinlich liegt es am Alter - also, an meinem) sehr über diesen geärgert. Das geht nun schon seit Beginn des Ukraine-Krieges, mit dem Sarazzin-Artikel, daß die schlichtweg amerikanische Neocon-Propaganda machen. Mit dem Habitus, es ganz genau zu wissen und es bis ins letzte und allumfassend, letzt-begründet  und also „objektiv“ analysiert zu haben. Ärgerlich. Man kann, wohl begründet, diese oder jene Position beziehen.
Ich bestelle und lese den Mearshheimer und Sie meditieren vielleicht nochmal das Thema Scharia/Totalitätsanspruch des Islam. Und dann vielleicht nochmal eine Debatte zum Thema „Israel und wir“.

Karl Otto

4. Januar 2024 10:30

„Putin macht alles, was im Westen mittlerweile verteufelt und unterdrückt wird”
Stimmt, er geht aber nicht nur in die Kirche und verbietet den Geschlechtswechsel, sondern unterwirft das gesamte Land komplett seiner Bande, nimmt den Bürgern alle Rechte und wirft jeden der aufmuckt ins Gefängnis, und wenn er nur ein leeres Blatt Papier hochhält.
 

Niemand

4. Januar 2024 10:43

Ich sehe mich außerstande, das Ausmaß an kognitiver Dissonanz, welches für die Position der Herren Böckelmann und Germis erforderlich ist, irgendwie angemessen zu beschreiben. Über die Urheberschaft des Anschlags auf NordStream wird sogar in Amerika selbst ganz offen gesprochen, u.a. von Tucker Carlson, Jeffrey Sachs, Jimmy Dore und sogar Donald Trump. Ein heute amtierender europäischer Außenminister bedankte sich - auch bei ihm darf man annehmen, dass er sich im Adressaten seiner Dankbarkeit nicht irrte. Angesichts der Implikationen für die Energiepreise in Deutschland und also für die deutsche Industrie kann kein Zweifel darüber bestehen, welch "gedeihliche" Zukunft "unser" "Bündnis" für Deutschland vorsieht.

Laurenz

4. Januar 2024 10:55

@Karl Otto ... Putin geht aber nicht nur in die Kirche & verbietet den Geschlechtswechsel, sondern unterwirft das gesamte Land komplett seiner Bande, nimmt den Bürgern alle Rechte & wirft jeden, der aufmuckt ins Gefängnis, & wenn er nur ein leeres Blatt Papier hochhält. ...
Würde Putin das nicht tun, wäre er längst tot. Weißgott nicht der erste Zar, der nicht im Bett gestorben ist. Desweiteren würde Rußland sofort in seine lokalen, von Warlords/Provinzgouvereuren beherrschten Gebiete zerfallen, & alles gehörte us-amerikanischen Investoren. Was meinen Sie, wie Indien, die USA oder China, oder auch das popelige Deutschland beherrscht werden? Ja, ich weiß, nachts ist es kälter als draußen. 

Nemo Obligatur

4. Januar 2024 11:21

Teil 1: 
Soviel Text (hier und bei Tumult) für so wenig Inhalt. Björn Höcke verwendete in einer seiner Reden mal das Bild vom "Gemächt, dass man sich hochbindet". Das trifft es ganz gut. Eigentlich kann man das ja viel schneller erledigen.
So ist die realpolitische Situation:
Europa sitzt seit dem 2. Weltkrieg global nur noch am Katzentisch. In London und Paris wird das nicht gerne hören, in Berlin weiß man es hoffentlich.
Russlands Strategie war stets die Größe des Landes. Die Ukraine gehörte immer zum Vorfeld Moskaus.
Das Interesse der USA ist der globale Handel. Militärisch ist es unangreifbar. Es kann sich nur von innen heraus zerstören. Der globale Handel wird durch China herausgefordert. Also ist China der Gegner. Russland ist ein Verbündeter Chinas, also ist auch Russland ein Gegner. Aber das Bündnis Moskau-Peking ist nicht auf ewig.
 

Nemo Obligatur

4. Januar 2024 11:22

Teil 2:
Israel will überleben. Die Araber können noch zehn Kriege verlieren, die Israelis nicht einen. Es setzt auf die USA als natürlichen Partner, weil nur die USA seine militärische Sicherheit garantieren können.
Wo ist Deutschland in diesem Kräfteparallelogramm? Es gibt kein "Europa" in dem Sinne, wie es ein Römisches Reich gab. Deutschland wäre dumm, sich auf die EU zu verlassen. Die EU ist eine Schönwetterveranstaltung, die an Deutschlands Zahlungsfähigkeit hängt. Die demografische Lage ist fatal, der Bevölkerungsaustausch eine Tatsache. Russland liegt quasi "um die Ecke". China ist weit weg. Die USA auch, aber derzeit in Europa noch gut vertreten. Wenn Trump die Wahl gewinnt, könnte er einen amerikanischen Rückzug aus Europa einleiten. Dann stehen wir nackt da. Die Solidarität mit Israel ergibt sich aus unserer Geschichte. Aber wir haben nicht die Mittel, um Israel zu garantieren.
Alles andere ist Gefasel.

RMH

4. Januar 2024 11:50

1. Ich sehe den Artikel der beiden TUMULT Herausgeber bei weitem nicht so kritisch und auch keinen Anlass, sich daran umfangreich abzuarbeiten. Den "Klassiker der zionistischen Propaganda", den Nahostkonflikt ideologisch aufzuladen zu einem Thema, bei dem sich jeder auf der Welt zu positionieren habe, macht Russland spätestens seit dem Zeitpunkt auch, als der geplante Blitzkrieg gescheitert ist (ich erinnere an die Debatten um Dugins Katechon hier bei SiN, bei dem die ideologische Aufladung bereits festgestellt wurde, aber auch das hier genannte Elsässer Zitat von Putin als Schützer konservativer Werte fügt sich ein). Es ist das Wesen des Krieges, sich möglichst viele Helfer zu akquirieren, wenn man es aus eigener Kraft nicht auf Anhieb schafft und Israel war/ist bei weitem nicht so stark, wie dargestellt (Atombomben sind nur eine letzte Rückversicherung, aber keine Aktivposten - sieht man auch bei den Kriegen der USA und Russlands), da innerlich nicht so geschlossen, wie nötig und selbst das militärische Material war nicht mehr auf wirklich große Operationen, in denen viel Material benötigt wird, ausgelegt (das zeigt sich ebenfalls bei der NATO und auch Russland musste seine Rüstungsindustrie erst wieder während eines laufenden Krieges aktivieren).  Egal, ich verzettele mich in Details, daher auch ein Teil 2. 

rotenburg

4. Januar 2024 11:54

„Antimperialistischer Kampf um die Souveränität Europas“? Wer ist denn in diesem Zusammenhang mit „Europa“ gemeint?
Großbritannien, Polen stehen fest an der Seite der USA. Frankreich und Italien haben das Ziel einer europäischen Schuldenunion, in der die Deutschen bedingungslos und unbegrenzt für das französische Rentensystem und die italienischen Staatschulden haften, was wohl wenig mit Souveränität, auf jeden Fall für Deutschland, zu tun hat. Auch Spanien und Griechenland machen wenig Anstalten, aus der NATO austreten zu wollen. Finnland und Schweden treten gerade der NATO bei. Also wer soll da mit wem, um wessen Souveränität kämpfen? 

RMH

4. Januar 2024 11:56

2. Richtig am Ansatz der Tumult-Macher ist, dass die Konflikte uns das Wechseln zum vermeintlich besseren "Hegemon" nicht wünschen lassen sollten, sondern dazu, Europa endlich zu bauen. Daran ist aus meiner Sicht nichts auszusetzen. Die vorhandenen, tiefen innereuropäischen Gegensätze sind bekannt und sie werden außereuropäisch von allen Seiten (bei weitem nicht nur von USA/UK) gefördert - alles altbekannte Hüte. Warum nur sollte man diese Gegensätze als "ewige" Konstante festschreiben und damit für unabänderbar halten? Da ist mir eine IB, die bspw. regelmäßig nach Frankreich fährt und Kontakte hält, perspektivisch weiter, als die Wortfechterei zweier - im Sinne der metapolitischen Strategie - für Deutschland wertvoller Zeitschriften und Tumult ist wertvoll, auch wenn man manches dort nicht teilen mag (das gilt im Übrigen auch für die im Debattenteil so gerne geschmähte JF). Man wird wohl nie eine Zeitung finden, die einem komplett nach dem Mund schreibt - wäre auch mehr als langweilig. Reibung erzeugt Wärme und Energie. Und wenn viele da sind, gibt es noch mehr Energie. In diesem Sinne: ein gutes neues Jahr.

Florian Sander

4. Januar 2024 15:56

Volle Zustimmung, bis auf einen Punkt. Sie zitieren: "Unter einem neuen Oberherrn, sei es nun Russland oder China, würde sich am Vasallenstatus Deutschlands nichts ändern."
Das ist eben alles andere als ein berechtigter Einwand. Mitnichten ist aus einem Bündnis gleich ein Vasallenstatus ableitbar.

ML: Nein, das behaupte ich auch nicht.

Abgesehen von der durchaus beträchtlichen deutschen Wirtschaftsmacht bedeutet die Tatsache, dass China und Russland eindeutig überlegene Militärmächte sind, ja nicht, dass Deutschland bei einem Bündnis gleich Satellitenstaat würde. Weder müssten wir beispielsweise deswegen fremde Truppen und Atomwaffen auf deutschem Boden dulden (wie das dagegen im Rahmen des deutschen US-Vasallenstatus der Fall ist) noch Abhöraktionen von deren Diensten in Deutschland gnädig abnicken und kuschend vor dem eigenen Volk verheimlichen (NSA!). Ein Unterschied im militärischen Potenzial und der Größe von zwei potenziellen Bündnispartnern macht den jeweils kleineren nicht gleich zum "Vasallen". Das Verhältnis zu den USA hingegen geht eben weit über bloße Größen- und Machtunterschiede hinaus.

RMH

4. Januar 2024 19:43

@Le Chasseur,
ihre Zitate widerlegen meine Aussagen nicht, bestätigen sie doch eher.

ML: Natürlich wiederlegen sie Ihre Aussagen. "Our armed forces, however, are not the thirtieth strongest in the world, but rather the second or third."

Atombomben haben (bislang - wer weis, woran alles geforscht wird) keinen taktischen, Aktiv-Nutzen, sie sind das Mittel, um in der Ecke gestellt, im Ernstfall eben alle drauf gehen zu lassen und Abschreckung zu erzeugen, weshalb sie von Nordkorea angeschafft wurden und der Iran steht kurz davor solche Waffen zu haben, aus eben den gleichen Gründen, wie Nordkorea. Ich habe es hier schon einmal geschrieben: Israel mag militärisch die Hamas ausradieren, aber es zeigte eine inhärente Schwäche. Ein Schwäche, die sich insbesondere daraus ergibt, dass die geburtenstarken Familien der Orthodoxen bislang (soll sich angeblich ändern), sich vor dem Militärdienst drücken (darauf hat auch M.L. in einem seiner grundlegenden Artikel hingewiesen).

RMH

4. Januar 2024 19:55

@Florian Sander, zum einen wird der angebliche Vasallenstatus Deutschlands immer wieder als einfach gegeben dargestellt (es gibt keinen einzigen, echten Beleg dafür - Schäubles Geraune mag noch am treffensten sein, Schröders "NEIN" zeigt, dass Deutschland sehr wohl mehr ist als Vasalle und auch anders kann. Das Mindset unserer Administrationen ist aber in der Tat stets der von Vasallen), zum anderen ist es schlichtes Wunschdenken, welches Sie in Bezug auf China und Russland äußern, ein ungedeckter Wechsel auf die Zukunft. Was mich immer wieder wundert ist der Umstand, dass man die Matrix der US-angeführten Welt ge-redpilled hat, und zur Aufassung gekommen ist, man wird in der westlichen Konsumwelt letztlich nur ausgebeutet und mit den Werten von Demokratie & Freiheit verarscht (im Übrigen findet man die treffenste Kritik an diesem System gerade von Leuten, die in diesem System leben. Nach wie vor alles frei zugänglich, keiner davon kam/kommt in einen Gulag - andere Nachteile setzen wir als bekannt voraus) aber davon träumt, dass es bei der anderen Feldpostnummer besser sei oder zumindest "nicht ganz so schlimm" ist. Das ist doch wahres Vasallen-Mindset und das von einer Opposition, die sich national-patriotisch nennt. PS: Russische Oppositionelle fühlen sich auch ausgebeutet, verarscht, unterdrückt. Sog. russische Werte werden auch erst wieder hoch gehalten, seit dem man junge Männer zum Fallen an der Front braucht. 

links ist wo der daumen rechts ist

4. Januar 2024 21:09

Läßt sich das wirklich alles so leicht trennen oder zuordnen?
„Emotional“ mag ich auf Seiten der Palästinenser sein, aber als Nicht-Muslim hätte ich es leichter in Israel, wie ich es als Weißer in Südafrika zu Zeiten des Apartheid-Regimes gehabt hätte. 
Ein Unrechtsregime als Fortsetzung eines früheren Kolonialismus mag ich ablehnen, aber hat nicht die Vorstellung, zu Zeiten des britischen Kolonialreiches ein Kolonialoffizier gewesen zu sein („Venus in Indien“ sag‘ ich nur…) einen gewissen Reiz; wozu sonst Gopferdammi verteidigen wir implizit unsere white supremacy?
Und die Argumentation, es wäre doch schizophren, wenn wir die armen Palästinenser (die für ihre Brudervölker ja auch nur ein Bauernopfer sind) bemitleiden, während wir hunderttausende Muslime ins Land holen, hat doch was für sich.
Und war da nicht auch noch die Sache mit dem Großmufti von Jerusalem… (Gevatter Klonovsky hat sich darüber wieder schmallippig ereifert).
Detto Ukraine-Rußland.
Deutschland hatte immer bestimmte Interessen (die berühmte Linie von Tauroggen über Rapallo bis zum Hitler-Stalin-Pakt) – und das auf Kosten der „Schütterzone“.
Aber wer heute den ukrainischen Nationalismus und damit unsere „westlichen Werte“ glaubt verteidigen zu müssen, könnte ebenso gut die Goebbelspropaganda vom abendländischen Kampf gegen den Bolschewismus aus der Mottenkiste holen.
Es bleibt alles sehr verworren, umso mehr, wenn Deutsche Partei ergreifen.

Kuonirat

4. Januar 2024 21:53

Ich für meinen Teil vermag kein Fehl an dem Text des Autorenduos Böckelmann/Germis zu entdecken. Im Gegenteil, ich empfand ich ihn sogar als sehr befreiend. Es gruselt mich allerdings festzustellen, wie sehr die gegenwärtige Diskussion um Israel das rechte politische Vorfeld mittlerweile verunsichert, um nicht zu sagen gespalten hat. Die dahinter stehende Hinwendung zur islamischen Welt als vermeintlich natürlichen Verbündeten gegen eine von den USA angeführte verirrte westliche Welt geht mir so sehr gegen den Strich, dass meine normalerweise reichlich vorhandene Ambiguitätstoleranz hier definitiv an ihre Grenzen gelangt.

Ein gebuertiger Hesse

5. Januar 2024 00:57

Prima Aufsatz, und dennoch: Man hüte sich vor Selbstdarstellern, die sich in ihren hochgeschraubten Intellektualismen pro Text eine Selbstbestätigung nach der anderen verschaffen (und bewerte sie nicht über). Just have a look at them. Aber wie es heißt: die Dinge entblößen sich zur Kenntlichkeit, so auch in diesem Fall. Das weiß man nun. Okay. Und was machen wir morgen? 

Amos

5. Januar 2024 01:03

Mal was anderes: die Habeck-Fährenstory ist ja schon der Knaller. Könnte man das Geschehen um die Bauernproteste nicht ein bisschen nutzen und z.B. auf X wie beim Stolzmonat reimen, dichten, memen was das Zeug hält? --"Wir sind des Geyers wilder Stand und holen uns zurück das Land!"
schöne Neujahrsgrüsse!

Fonce

5. Januar 2024 01:57

Ich finde den Gedanken, dass die Rechten, zu denen die Tumult Autoren auch gehören, bodenlos seien gar nicht abwegig. Diese Bodenlosigkeit könnte durch ein freudiges sich Abwenden vom Gram über die politische Realität überwunden werden. Denn nur indem man sich so befreit, kann man den Boden kennenlernen, auf dem man eigentlich steht. Dieser Gegensatz «Gram vs. Erkundung des Bodens» ist interessanter als der von Tumult erwähnte verschwommene Gegensatz «Politik vs. Aufklärung» (was immer diese zwei wohl bedeuten).

Laurenz

5. Januar 2024 04:52

@Kuonirat ... Richtig ist, daß der personifizierte Islam niemals ein Verbündeter in einem multi-ethnischen Staat darstellen kann. Putin konnte die Tschetschenen nur befrieden, weil sie autonome Rechte bekamen. Das ist mit ähnlichen Religionen nicht viel anders, nur unterschwelliger. Ich möchte Sie daran erinnern, daß die USA ein christlicher Staat sind, God's own country. Die Verfassung der USA ist hier bedeutungslos. Bilaterale Beziehungen, hingegen, mit Islamischen Staaten sind durchaus möglich. In vielen Staaten haben Ethnien historische Rechte. Aber in Staaten der Amerikas oder der Levante ist das nicht so, weil dort zu oft die Besatzer wechselten. Von Istanbul bis Kairo gibt es nur das Recht der militärischen Option.

kikl

5. Januar 2024 10:17

"Viele, die der Hegemonialmacht USA feindselig gegenüberstehen, tendieren dazu, deren geopolitische Gegenspieler zu idealisieren und sie als Projektionsflächen zu benutzen."
Das ist eine kluge Beobachtung und in diese Falle bin ich auch schon getappt. Eine solche Idealisierung könnte beispielsweise darin bestehen, den Einmarsch Russlands in die Ukraine lediglich als "einen schändlichen, vorsätzlich (von den USA) eingefädelten Krieg, in dem hunderttausende Russen und Ukrainer sinnlos durch den Fleischwolf gedreht wurden und werden," zu verstehen.
Das entsprach weitgehend meiner Position vor zwei Jahren, als der Einmarsch Russlands in die Ukraine begann. Allerdings haben mich die Äußerungen hoher russischer Funktionäre davon überzeugt, dass es auch ein imperialistischer Krieg Russlands ist. Ziel ist es letztlich die Ukraine ganz zu annektieren oder in einen russischen Vasallenstaat zu verwandeln.
Dieser Tweet von Dmitry Medvedev, Ex-Ministerpräsident und stellvertretender Leiter des Sicherheitsrates der Russischen Föderation hat mich davon überzeugt. Hierin bezeichnet er Kiew als temporär besetzte russische Stadt.
 

FraAimerich

5. Januar 2024 10:57

Ob jemand zum Verbündeten taugt und in welcher Weise, ergibt sich nicht aus der Ethnie oder Religion, sondern schlicht daraus, ob man einen gemeinsamen Feind erkennt und eine entsprechende Strategie entwickeln kann oder nicht.
Hieran scheitert der größte Teil der "Gegenwartsrechten" westlich-liberalen Zuschnitts naturgemäß. Stattdessen wird einem primitiven Antiislamismus das Wort geredet und das Neocon-Geschwafel vom "Kampf der Kulturen" bedient, als könnte man nicht mühelos nachlesen oder als Blinder sogar riechen, wer es wozu in die Welt gesetzt hat. Richtig ekelhaft wird das, wenn man "dem Islam" zum Vorwurf macht, was man Israel von ganzem Herzen zugesteht.
@Kuonirat - Ein jeder hat sein Kreuz zu tragen. Die tägliche Konfrontation mit der wahren "postmodernen", also Vernichtungskriegen biblischer Dimension gegenüber aufgeschlossen "prozionistischen" Rechten, die sich begierig anschickt, unter der Maske der "Opposition", des "Widerstands" gar, die Schmutzarbeit für herrschende Interessen "des Westens" zu übernehmen, widert mich - wie seit 2015 mehrfach hier bekundet - schon lange an. Das muß man irgendwie aushalten lernen.

Dr Stoermer

5. Januar 2024 11:42

In gewohnt präziser Manier arbeitet ML die Gebrechen des schwachen Textes auf Tumult heraus.
Mit Urteilen zu Menschen soll man zurückhaltend sein, aber ich denke es ist nicht unfair gegenüber den Tumult-Autoren, wenn man die Quelle ihrer Gedankenführung in deren „Sozialisation“ vermutet, ohne ihre Honorigkeit damit in Frage zu stellen: Die sowjetrussische Aversion, die in der „guten alten“ Nachkriegs-BRD in „konservativen“ Kreisen - aus gutem Grund - nicht nur weitergepflegt, sondern sogar vom netten Ami als Ausdruck der nunmehr eingetretenen Freundschaft honoriert wurde, lässt sie beide instinktiv zurück in diesen warmen BRDistischen Schoß streben. In diesem Schoß ist der Russe, unabhängig von seiner Staatsideologie, der unheimliche Asiate, während – man empfindet sich als geläuterter (Verfassungs- / Europa-) Patriot – Israel der „angestammte“ Ort der gerade von uns stets verfolgten Juden ist. Damit würde uns jedes Gegen-Israel-Sein das - aus reiner Großzügigkeit - zugestandene Recht, deutsche Interessen zu vertreten, verwirken lassen. „Sterben für Israel“ wird so zu einem „Sterben für Deutschland“, denn erst durch unser Für-Israel-Sein kommt uns das Recht zu, für uns selbst zu sein.
Dass derart traumatisierten Zeitgenossen, denen dieser gezogene Boden der einzig denkbare ist, das Potenzial abgeht, anders auf die Lage zu schauen, ist nachvollziehbar. Damit sollte man sich jedoch nicht lange aufhalten, dieses Denken wird sich von allein aus dem Bestand herauswaschen. 

Le Chasseur

5. Januar 2024 16:12

@kikl"Allerdings haben mich die Äußerungen hoher russischer Funktionäre davon überzeugt, dass es auch ein imperialistischer Krieg Russlands ist. Ziel ist es letztlich die Ukraine ganz zu annektieren oder in einen russischen Vasallenstaat zu verwandeln."

Medvedev trollt gerne. Bißchen so wie Trump. Da muss man nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.
Zu welchen Bedingungen hätte nach Aussage von Gerhard Schröder im Frühjahr '22 ein Friedensabkommen zustande kommen können? 1. Die Ukraine verzichtet auf eine NATO-Mitgliedschaft. 2. Russisch wird wieder zweite Amtssprache. 3. Der Donbass bleibt Teil der Ukraine, erhält aber eine größere Autonomie (etwa so wie Südtirol). 4. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen plus Deutschland garantieren die Sicherheit der Ukraine. 5. Die Krim bleibt russisch"

Ich weiß nicht, war die Ukraine unter Janukowitsch ein Vasallenstaat Russlands?
Und es wurde, glaube ich, schon 1000mal erwähnt: Die USA würden es auch nicht zulassen, dass eine feindliche Macht in Kanada oder Mexiko Raketenbasen installiert, die es ermöglichen, dass atomar bestückte Raketen innerhalb von Minuten amerikanische Großstädte erreichen.

Heinrich Loewe

5. Januar 2024 20:09

Um vielleicht abzubinden zum Thema hier - TUMULT ist und bleibt ein hervorragendes, eines Abonnements immer würdiges Medium. Auch wenn man bei einzelnen „Zugriffen“ oder Perspektiven, die man nicht teilt, mal vor Wut die Wand hoch gehen könnte. Sie greifen das wichtige Thema Transhumanismus auf wie vielleicht kein Zweiter. Im jüngsten Heft zwei in ihrer Wahrheit fast schon beißend zynische Beiträge zur „Mulattisierung“ und zum „Späten Paar und sein Kind“; die Titel sprechen für sich. Erfrischend In-your-face! Daß sie nicht so ganz festen Boden haben wie hier die sezession mag sein -  geschenkt ,für mich.

A. Kovacs

5. Januar 2024 21:14

Als Abonnent von TUMULT habe ich besagten Text gelesen und wegen seines Mäanderns nicht recht verstanden. Zusammengefasst könnte man vielleicht den Sinn so wiedergeben, dass es keine deutsche Position mehr gibt, sondern nur eine europäische, aber die muss erst noch geschaffen werden. Unnötig und schädlich waren die dubiosen Andeutungen, die etwa Kubitschek in eine antisemitische/antizionistische Ecke zu stellen versuchten.Recht haben Böckelmann und Germis aber darin, dass bei den "neuen Rechten", und sie denken da an Lichtmesz, Kießling et al., eine katastrophale Verharmlosung des Islam vorliegt, der auch noch als potentieller Verbündeter imaginiert wird. Mir ist zwar klar, was "gemeint" ist, aber das ist derart naiv, dass es weh tut. Für mich ist das einer der Lackmus-Tests, die mir zeigen, dass kaum noch Hoffnung besteht. 

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