Die Frage: Wer verteidigt im Ernstfall unser Land, unsere Freiheit? läßt bestehende Männerbilder plötzlich in anderem Licht erscheinen. Brauchen wir jetzt vielleicht Männer, die sich klassischer Rollenmuster erinnern?
Matthias Politycki hat diese Frage bereits vielfach in seinen Romanen aufgeworfen. Als Jahrgang 1955 ist er ein waschechter „Boomer“. Viele seiner hellsichtigen Romane und Essays sind in der Sezession besprochen worden; man nehme nur Herr der Hörner (Kubitschek, Sezession 2006), Das kann uns keiner nehmen (wiederum Kubitschek, Sezession 2020) und Alles wird gut (ebenfalls Kubitschek, Sezession 2023.)
Politycki als Vielgereister weiß, wie sehr „wir“, gemeint: die deutschen Männer, verachtet werden im russischen und islamischen Raum für unsere neuerlernte Weichheit. Er ist in dieser Hinsicht entschieden kein „Späterwachter“.
Bislang hatte er das Thema spielerisch verhandelt, nun ist es ihm ernst. Fünfunddreißig Seiten Fußnoten zeugen davon – so kannte man Politycki bislang nicht. Das Manuskript zum Buch hatte er anno 2020 „niedergeschrieben“. Es lag also wohl ein bißchen „in der Schublade.“
Übriggelieben ist der gebändigte Mann, ein in alle Richtungen empathisches Männchen, das immer auch die bessere Feministin sein will.
Wer würde einem solchem Satz nicht zustimmen? Auf diesen Befund wird man sich wohl einigen dürfen. Das müßte allerdings unterfüttert werden, wenn es nicht bloß eitles Gewäsch sein will. Politycki versucht es – und untersucht tastend (auf Männlichkeits-Erweise) das Schrifttum der Autoren Ernest Hemingway und Jorge Luis Borges.
Als drittes kommt sein eigenes Werk (das häufigste Wort ist daher „ich“) ins Spiel. Politycki legt sich selbst aus, in extenso. Dieses Buch mag also eine erhellende Lektüre für all jene (wohl sehr wenigen) sein, die die Bücher von Hemingway, Borges und Politycki aus dem effeff kennen.
Ja, wir saugen auch Honig. Etwa die Bezugnahme auf „Erec“ und „Iwein“, Stoff des hohen Mittelalters. Die beiden Figuren aus Hartmann von Aues Werk klassifizierten schon damals den „Ehrenkodex des Abendlandes“. Der eine vernachlässigt die ritterliche „aventiure“ zugunsten der geliebten Frau, der andere verliert vor lauter Abenteuerlust seine Frau. Das wäre ein wichtiger Faden, den der Autor leider verliert. Am Ende fragt Politycki rhetorisch:
Hat die dekonstruktivistische Geschlechterforschung die Frauen glücklicher gemacht? Oder nur ihre Sehnsüchte vielfältiger und abgründiger? Welcher Mann schwebt ihnen wirklich vor?
So fragt man doch besser nicht. Mit solchen Fragen desavouiert sich der unsichere Mann – „Schätzchen, ich will doch nur wirklich, daß du glücklich bist!“
Politycki trägt mit großem literaturwissenschaftlichem Tamtam Eulen nach Athen. Daß das dürftig ist (weil heute fast alle sagen, daß Feminismus uns nicht guttut), ist bloß das eine. Es ist zudem peinlich. Erstens, weil Politycki betont wiederholt, wie oft er selbst dem Tod im Ausland grade noch von der Schippe gesprungen sei. Also dort, wo er männlich sein durfte und mußte. („Darf man in Deutschland ja nicht mehr.“)
Zweitens, weil er sich so wohlfeil absetzt von jedem Verdacht, „rechts“ zu sein. Er möchte den „altbackenen Männerkonzepten der Populisten“ ein Schnippchen schlagen – was für ein dürftiger Strohmann! Zumal er gar nicht ausführt, worin diese Konzepte denn bestünden.
Wie gesagt: ich will die Errungenschaften der Emanzipation keineswegs preisgeben!
Seine „Freund Mehmet“ (der hier mehrfach vorkommt als Ausweis dafür, wie weltoffen unser Autor ist) habe beispielsweise vorbildlich mehrfach Eier gezeigt gegenüber den Linken. Oh bitte, wie dürftig ist das…
Drittens stößt der Schreibstil gelegentlich ab. Politycki, der Siebzigjährige, will Ernst Jünger nachweisen, doch eher „weiblich“ zu schreiben! (Sagt ursprünglich Borges, der Jüngers „eitle Anhäufung von sinnlosen Metaphern“ beklagt.) Dabei kursiviert er selbst, der Männlichkeitssucher Politycki, sehr gern nach Dramaqueen-Art, und er schreibt „Sätze“ wie „Oja.“, „Stark.“,„Ich war wie vor den Kopf geschlagen.“, „Ich hatte fast den Überblick verloren.“, „Um Himmels willen!“
Summa summarum ist dies ein eher peinliches Buch. Hier hatte einer was vor und hat versagt. „Mann gegen Mann“ finden wir hier bloß rein theoretisch. Ok, Boomer.
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Matthias Politycki: Mann gegen Mann. Von alten und neuen Tugenden, Hoffmann & Campe 2025, 253 Seiten, 24 € – hier bestellen
RMH
"Ok, Boomer," trifft es. Denn die Geschlechterdebatten sind ohnehin künstlich am Leben erhaltene Dauerschleifen aus der Vergangenheit. Die neue Realität sieht man beim Gang durch die Straßen, beim direkten Kontakt mit den "Neuen" in diesem Land. Die Mädchen schminken sich extrem, tragen figurbetont, teilweise dann mit Kopftuch, geben sich fast schon grotesk feminin, pushen Brüste und Po etc. & die "Männer" sind Maulhelden, die von den Mädchen halb-mütterlich eingefangen werden, wenn sie sich nicht gerade mal wieder selber im Weg stehen oder anderen auf den Sack gehen. Ertragen müssen wir Älteren, dass sich Frauen überall in den nicht konstruktiven Berufen wie Justiz, Lehrerschaft, Verwaltung, "HR-Abteilungen" breit gemacht haben & damit den Praxisbeweis erbracht haben, dass durch das bloße "Frau-Sein" nichts besser, nichts "sozial-kompetenter" wurde & vor allem: Nichts ehrlicher. Die friedlichen Frauen fordern in der Politik dann gerne mal Krieg, eigene Söhne, die dabei drauf gehen können, sind meist keine vorhanden oder ins Ausland abgestellt. Fortsetzung folgt.
Der dt Mann hingegen war als Einzelner noch nie eine Held. Das, was die deutschen Männer für die Welt gemeingefährlich gemacht hat, war ihre - seltsamerweise gerade Frauen zugeschriebene "Kompentez" - zu Teamfähigkeit aka Kameradschaft, zur praktischen Beherrschung komplexer technischer Geräte, genannt Waffen. Es waren Milchbubis in Uniform, die die Welt erzittern liesen, keine Einherjer (das waren sie erst, wenn sie gefallen warenI) & Siegfrieds. Das waren Nickelbrillen-mit Sportohrbügel tragene Söhnchen. Die aber Willen zum Leben hatten, der nicht mit dem jämmerlichen Lebenstrieb verwechselt werden darf. Daran fehlt es, bei Mann UND bei Frau (zumindest, wenn sie Deutsche sind).