Sezession-Chefredakteur Götz Kubitschek bzw. ein alter Kumpel von Danger hat uns hier gezeigt, wie der Text seines gratismütigen »Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt« in seiner ursprünglichen, wirklich konträren Form aussah:
Ich bin ganz klar der letzte Faschist
und ein Faschist ist ein aktiver Pessimist.
Aber das der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit entgegenzuschmettern, hätte mehr als Mut verlangt. Das wäre das maximalmöglichste Kontra zum linksliberalen Normenkomplex des gemeinen Bundesbürgers gewesen.
Damit wären auch die Antworten auf meine Fragen – hier in meinen vorletzten Netzfundstücken unter dem Eindruck des Erstgenusses des Danschen Meisterwerks in dem Raum gestellt – gegeben, die mir Danger natürlich schon mit seinem Lied selbst beantwortet hatte:
Und was wäre, wenn der vor lauter Gratismut platzende Daniel Pongratz für sein »engagiertes« Lied nachhaltige Konsequenzen und zwar richtige – Auftrittsverbot, Vertriebsverbot seiner Musik, Deplatforming, gekündigte Konten etc. – befürchten müßte? Würde er dann auch noch mit der AK-47 in Videos auf dicke Hose machen?
Ich denke, auch Sie kennen die Antwort darauf, wie Herr Pongratz auf substantiellen Gegenwind reagieren oder wie er agieren würde, wenn ihm dieser drohte. Wenn es keine Liveauftritte mit »Starpianisten« zu bester Sendezeit bei Jan Böhmermann gäbe.
Das letzte Wort in Sachen Kunstfreiheit obliegt indes dem Pianisten Kemal Cem Yilmaz, der in bester Hip-Hop-Diss-Manier Dangers eigene Melodie gegen ihn selbst wendet:
Elsässer ist kein Antisemit
Und Kubitschek hat seinem Land gedient
Eure Lügen glaubt nur der
der ganz wenig liest
nen Familienvater töten wollen
ist auch richtig mies
Im selben Keller wo auch
Oury Jalloh verbrannt
starb ein obdachloser Deutscher
namens Bichtelmann
Das Unrecht juckt euch nicht
Wenn es die Deutschen betrifft
Aus Heuchelei wird Hass
Der eure Seele zerfrisst
Und in Wirklichkeit will Danger
Gar kein Krieger sein
Sondern einfach nur par Cent mehr von Spotify
Das war’s dann. Mehr Aufmerksamkeit sollte man der umherirrenden Antilope nicht schenken.
Im Gegensatz zu Danger Dan weiß die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht wahrlich mehr anzuecken. Es ist kein Geheimnis, daß das ehemalige Zugpferd der LINKEN seit geraumer Zeit mit ihrer Partei fremdelt und umgekehrt.
Den Wandel der LINKEN zum radikaleren Anhängsel des urbanen, diversen, kosmopolitischen und individualistischen Linksliberalismus der Grünen begegnet sie mit erheblicher Skepsis und sieht die Gefahr einer Entfremdung vom traditionell linken Stammklientel sowie das Abtreten etlicher linker Kernanliegen wie der Sozialen Gerechtigkeit an die politische Rechte.
In ihrem neuesten Buch Die Selbstgerechten rechnet sie mit dieser konformistischen Linken ab und entwirft ein Programm, das die Linke wieder »mehrheitsfähig« machen soll. Derweil zeigt da Schicksal der Person Wagenknecht, ihre relative Isolation und die damit verbundene politische Wirkungslosigkeit, welche Räume sich für eine sozialpolitisch versierte Rechte ergeben.
Inhaltlich kann Wagenknecht dabei jedoch nur eingeschränkt als Vorbild herangezogen werden. Ihr Unverständnis für die politische Kategorie »Volk« und ihre emanzipatorischen gesellschaftspolitischen Ansätze lassen keinen Zweifel über ihre linke Prägung aufkommen.
Ungeachtet dessen verdeutlicht ihr Dilemma, daß eine Rechte, die sich ihrer sozialen Traditionslinien bewußt ist, und den Themenkomplex der Sozialen Gerechtigkeit mit einem eigenen Ansatz füllt, auf einen erheblichen Resonanzraum im Volk stößt.
Wie das folgende DLF-Interview anläßlich der Veröffentlichung von Die Selbstgerechten beweist, ist sich Wagenknecht dieses Resonanzraums schmerzlich bewußt:
„Diskussionen über Sprachverbote führen an den Problemen vorbei“
Die Selbstgerechten erhalten Sie natürlich wie immer direkt hier, bei Antaios, dem größten konservativen Versandbuchhandel.
Abschließend ein Sprung in die Subkultur: Ob Millwall oder Hopp, der Fußball und seine gesellschaftliche Verankerung waren hier auf Sezession im Netz immer wieder Thema:
Wochenende für Wochenende entfaltet sich auf den Rängen rund um den Globus ein archaisches Schauspiel – Schlachtgesänge schallen durch das ovale Rund, Schmähungen werden dem Feind auf der Gegenseite um die Ohren geschmettert. Wird die Spitze der Fieberkurve erreicht, bleibt es nicht nur bei verbalen Nettigkeiten – Fäuste fliegen.
Man verteidigt die Ehre seines Clubs, der Stadt, der Region – in anderen Teilen der Welt auch mit Waffengewalt bis zum Tod. »König Fußball« übt eine ungebrochene Faszination aus. Er vermag das Unklare, die Wirrungen der arbeitsteiligen, modernen Gesellschaften wegzuwischen – hier ist der Frontverlauf geklärt, hier herrscht Gewißheit, ist der Sinn wiederhergestellt.
So versuchte ich die ungebrochene Anziehungskraft, die der Sport ausstrahlt, hier unter dem Titel »Fußball (1) – Volkssport und gesellschaftlicher Gradmesser« in Worte zu fassen. Eine Subkultur, die sich rund um dieses »archaische Schauspiel« herausgebildet hat, ist die der Hooligans. Seit den 1980ern gehört sie zum festen Bestandteil jeder größeren Fußballfanszene – von den meisten verachtet, vom harten Kern geachtet.
Über die Jahrzehnte haben sich die Hooligan-Gruppen stark gewandelt. Was als unkontrollierte, rabiate Kneipenschlägerei des gesellschaftlichen Durchschnitts mit »Temperaturerhöhung« begann, ist zu einem professionalisierten Aufeinandertreffen von »Kämpfern« geworden, auf das sich teils minutiös vorbereitet wird.
Eine Veranstaltung, die für diese Entwicklung exemplarisch steht und mittlerweile über die Grenzen der Subkultur hinaus Bekanntheit erlangt hat – ist der King Of The Streets – Underground Fight Club (K.O.T.S.). Beim in Schweden stattfindenden K.O.T.S. werden illegale Untergrundkämpfe ausgetragen, an denen meist Hooligans einzelner »Firms« teilnehmen. Die Parallelen des K.O.T.S. zu Chuck Palahniuks Fight Club sind augenscheinlich.
Durch den hohen Grad an Professionalität und der steigenden Bekanntheit nehmen an den Kämpfen aber auch immer mehr Kampfsportler teil, die nicht direkt aus der Subkultur der Hooligans stammen. Es war also nur eine Frage der Zeit, daß sich diesem, auch per eigener Netzseite genährtem, Phänomen nun die großen Medien widmen.
Der Privatsender DMAX eröffnet seine Dokumentationsreihe »Dark Germany« mit einer Reportage über die deutsche Hooligan-Szene mit einem besonderen Fokus auf den K.O.T.S. Als Reporter schickt man den Kampfsportler Axel Wagner los, der versucht die Fühler in eine abgekapselte Subkultur auszustrecken, die lieber unter sich bleibt.
Wirklich Neues hat die Doku dabei nicht zu bieten. Das Hooligan-Phänomen, die Gewalt in und um das Stadion, die Ackerkämpfe, all das ist schon etliche Male beleuchtet worden. Was jedoch heraussticht, ist die hautnahe Begleitung eines jungen Kämpfers aus Norddeutschland zum K.O.T.S.
Diese Unmittelbarkeit macht die Folge sehenswert und läßt auch die dauerhafte Einblendung des linksextremen »Hooligan-Experten« Robert Claus vergessen, der in der Doku das Monopol auf die einordnende Erklärung zugesprochen bekommen hat.
Claus – Arbeitsschwerpunkte »Extreme Rechte und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit«, »Vielfalt und Antidiskriminierung«, »Fanszenen und Hooliganismus« sowie »Geschlechter- und Männlichkeitsforschung« – ist fester Bestandteil des informellen Komplexes aus linken Initiativen und Forschungsinstituten, dem DFB, den Fanprojekten und Vereinsoffiziellen, den ich hier in »Fußball (2) – Ultras, eine linke Vereinnahmung« angeschnitten habe, die versuchen, die Kurven frei von »Rechten« zu halten.
Claus bedient dabei mit seinen hanebüchenen, reißerischen Analysen die linke Angstvorstellung vom rechten Umsturz – gerne unter dem Titel »Ihr Kampf. Wie Europas extreme Rechte für den Umsturz trainiert« (»geistreiche« Bezüge auf Mein Kampf dürfen natürlich nicht fehlen) auch bei der Amadeu Antonio Stiftung – und übt damit Druck auf Offizielle und Verbände aus bzw. liefert diesen die Munition, um unliebsame Gruppen aus dem Stadion zu verbannen.
Claus Bemühungen laufen schlußendlich auf die Herstellung derselben politischen Hygiene in den deutschen Kurven hinaus, die wir schon aus der Hauptkultur kennen – nun soll sie auch in der Subkultur durchgesetzt werden.
Wie dem auch sei, hier die Doku zum kurzzeitigen Abtauchen in einen Ausschnitt aus der Hooligan-Welt:
Dark Germany – Kämpfen bis aufs Blut
An dieser Stelle der Hinweis, daß ich die von mir begonnene und noch nicht abgeschlossene Fußballreihe nicht vergessen habe. Beizeiten werden die angekündigten Teile kommen, alleine schon, weil es eines Gegengewichts zu den Claus-»Analysen« bedarf.
Maiordomus
Das Wort "Faschist" bleibt für mich als Konservativer mit Wurzeln im regimen mixtum, welches totalitäre Staatlichkeit ausschliesst, für immer widerwärtig, auch geistig steckt so gut wie gar nichts dahinter. Wohingegen mir das Gedicht am Schluss einigen Eindruck macht, es ist echt politisch und im positiven Sinn provozierend.