Nun erscheint zum ersten Jahrestag der Tat die deutsche Übersetzung seines publizistischen Abschieds: Ein Samurai aus Europa. Das Brevier der Unbeugsamen.
Der französische Historiker, einst Algerien-Aktivist und bekannt als Herausgeber des Magazins Nouvelle Revue d’Histoire, begründete seine Entscheidung zur aufmerksamkeitserregenden Selbsttötung mit dem nötigen Protest gegen “Homo-Ehe” und die permanente Herabwürdigung der Familie durch politische und gesellschaftliche Kräfte, die einem linken, egalitären Zeitgeist folgten. Dessen Dominanz erdrücke das europäische Leben, und die Europäer, auch die relevanten politischen Kräfte der Rechten, sähen dem Treiben weitgehend tatenlos zu. Doch “man muß das Leben einsetzen”, und kostete es auch das Leben selbst, zeigte er sich in seiner letzten Befragung überhaupt, die er der Sezession gewährte, überzeugt.
In Frankreich, das ja seinen „Französischen Frühling“ erlebte, als Anfang 2013 hunderttausende die „Demo für alle“ ins Leben riefen, sorgte der spektakuläre Fall für einiges Rauschen im Blätterwald. Französische, aber auch ausländische Weggefährten Venners veranstalteten eine würdevolle Gedenkfeier. Auch in der deutschen Rechten diskutierte man kontrovers über das Fanal von Notre-Dame, und einige blieben ratlos zurück. Venner ahnte dies und formulierte unter anderem: “Sie werden in meinen letzten Schriften Vorwegnahmen und Erläuterungen meiner Geste finden.”
Venners jüngstes Werk, Un samouraï d’Occident : Le bréviaire des insoumis, das unmittelbar nach seinem Freitod im Verlag Pierre-Guillaume de Roux (dem Verlag der politischen Essays Richard Millets) erschien und bis dato nur im französischen Original vorlag, wurde nun ins Deutsche übertragen. In ihm erblickt der Leser, wie immer er persönlich auch zur letzten Tat Venners stehen mag, das Brevier eines Unbeugsamen.
Antaios hätte das Werk gerne ins Deutsche übertragen, nicht nur, weil Venner ebenso Gesprächspartner und Autor wie auch Gegenstand der Sezession gewesen ist. Allein, ein anderer Verlag verfügte über die materiell besseren Argumente und hat nun, auf den Tag genau ein Jahr nach dem Abschied Venners vom irdischen Dasein, die gelungene Übersetzung vorgelegt.
Strogoff
Venners Tod war symbolträchtig. Er selber ist bestimmt für viele ein Vorbild geworden. Jemand der sich wirklich ganz eingesetzt hat.
Wieviel muss man anreichern um sich selbst das Leben zu nehmen, nicht aus Angst oder Verzweiflung sondern wohlüberlegt aus Überzeugung für eine große Sache und um andere wachzurütteln und aufzuschrecken.