Kapitalismuskritik von rechts wendet sich traditionell gegen ein schrankenloses Wachstum und die damit einhergehende Verwertung aller Lebensbereiche mit all seinen negativen Folgen. Konservativ Maß zu halten gehört definitiv nicht zu den Stärken des ökonomischen Prozesses des Kapitalismus, ob es nun knappe Ressourcen, die Belastung von Schadstoffsenken oder die Wahrung ethnischer Gemeinschaften sind. Zur Mehrung des Gewinns wächst die Ökonomie ins Grenzenlose und läßt jegliche Verortung hinter sich.
Wer zur Lösung der Migrationskrise der letzten Jahre nur auf die Schließung der Grenzen setzt, der kratzt lediglich am Oberflächlichen – solange die wesentliche Triebfeder, die Menschen als bloße Verschiebemasse betrachtet, in ihrer jetzigen Funktionsweise persisitiert, bleibt es ein Anrennen gegen Windmühlen. Doch was soll Anstelle des kapitalistischen Wirtschaftssystems gesetzt werden bzw. wie lassen sich konservative Prinzipien (das Gewachsene bewahren, Grenzen setzen) des Wirtschaftens etablieren? Wenn in diesem Netztagebuch die soziale Frage hervorgehoben wird oder die Grenzen der Machbarkeit aufgezeigt werden, stellt sich parallel dazu jedesmal die Frage nach der Alternative.
Jemand, der die Problematiken des grenzenlosen Wachstums präzise ausleuchtet und Alternativen, insbesondere im Kleinen aufzeigt, ist der Schweizer Volkswirt Mathias Binswanger. Seine ernüchternde Bestandsaufnahme: Wir sind zum Wachstum verdammt – das soziale und ökonomische System, das den gesamten Globus zur Monokultur transformiert, muß wachsen, damit es nicht zusammenbricht. Weswegen das so ist, warum ein vollständiger Ausstieg aus der »Tretmühle« unrealistisch ist und welche Möglichkeiten einem bleiben, das erläutert Binswanger einmal im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin brand eins in folgendem Video:
Wem das noch nicht ausreicht und es en détail dargelegt haben möchte, der kann Binswanger neustes Buch »Der Wachstumszwang« hier bei Antaios bestellen.
Das heißt, es könnte auch aufhören, wenn die Menschen irgendwann mal genug hätten. Doch der real existierende Kapitalismus ist darauf ausgerichtet, dass es niemals genug ist.
Wie letzte Woche anhand des Niko Paech Interviews schon deutlich wurde, ist Binswanger nicht der einzige, der dem zwanghaften Wachstum skeptisch gegenübersteht. Während Binswanger sich stärker auf die konstituierenden Mechanismen des derzeitigen ökonomischen Systems konzentriert, wird Paech in der Konzeption einer Alternativstruktur konkreter und elaboriert die Hebel zur Entmachtung, die »Suffizienz« – welche schon bei Binswanger Erwähnung findet – sowie die »Subsistenz«, ausgiebiger. Konzise Ausarbeitungen der Konzeption einer »Postwachstumsökonomie« von Paech finden Sie hier und hier.
In die substantielle Tiefe geht indes der Arbeitsbericht des Instituts für Forstökonomie der Universität Freiburg „Wirtschaft ohne Wachstum?! – Notwendigkeit und Ansätze einer Wachstumswende“, den Sie hier frei verfügbar als PDF abrufen können. In diesem Bericht finden sich mehrere Artikel Paechs zur »Postwachstumsökonomie« als auch ein lesenswerter Beitrag zum zwanghaften Wachstum des Volkswirts Hans Christoph Binswanger, Vater des obig angeführten Mathias Binswanger.
Mit der folgenden Aufnahme, einer Gastvorlesung an der Universität Augsburg mit dem Titel »Wege zur Postwachstumsökonomie«, ein letztes Mal Paech:
Um die Postwachstums-Fundstücke zum Ende zu führen, ein Verweis zurück in das Umfeld unseres Milieus – auf den Diskussionsbeitrag des marokkanischen Historikers Youssef Hindi, den er anläßlich des dritten, von Alexander Dugin mitausgerichteten, Kischinauforums vortrug: Alexander Markovics hat den Vortrag hier ins Deutsche übersetzt. Hindi forderte darin nachdrücklich den Entwurf eines sozialen Konservatismus und greift die bürgerlich-liberale Version desselbigen scharf an:
Auf der Grundlage der historischen und soziologischen Realität ist die zu definierende und vorzuschlagende Alternative ein sozialer Konservatismus, also eine kohärente Kombination von traditionellen Werten und sozio-ökonomischen Protektionismus. […] Das ist es, was die Völker heute fordern: Anführer und Gesetze, welche ihnen im Angesicht der globalistischen Schlange Sicherheit gewährleisten.
Das 100-jährige Jubiläum des Bauhauses zieht weiter seine Kreise – jüngst hat sich die hingebungsvoll gestalte Heimatzeitschrift Die Mark Brandenburg in seiner 114. Ausgabe mit den »Zeugnissen der Moderne« im Land Brandenburg auseinandergesetzt. Die Mark konzentriert sich dabei nicht nur auf die unmittelbaren architektonischen Zeugnisse des Bauhauses, wie die Kupferhaussiedlung in Eberswalde Finow, sondern gibt auch Raum für Projekte wie die Planstadt Schwedt, die erst in den 1960ern errichtet wurde. Sowohl eine fundierte Kritik am Bauhaus als auch konservativ-soziale Synthesen rund um den modernistischen Baustil haben im Heft ihren Platz.
Eine wirklich lesenswerte Ausgabe! Sie kann hier bestellt werden.
Währenddessen wird die architektonische Debatte in unserem Lager munter weiter geführt: der Nachwuchsautor Jörg Dittus erwiderte unlängst auf dem Jungeuropa-Blog (hier) die auf Sezession im Netz von Claus Wolfschlag formulierte Kritik (hier) an seinem ersten Beitrag »Das Bauhaus (1) – eine Korrektur rechter „Kritik“« und bricht weiterhin eine Lanze dafür, daß wir in einer Zeit, in der sich Neues Bahn bricht, »die Chance ergreifen und Neues selbst gestalten«.
Gleichwohl ist die Frage nach der wahren und schönen Architektur ständiger Begleiter der Sezession, die vom leider zu früh verschiedenen Publizisten Norbert Borrmann in Beiträgen immer wieder Beachtung fand. So schrieb Borrmann in der Sezession 60 über »Demokratische Architektur?« (hier frei zugänglich), in der Sezession 59 über »Laboe – noch nicht für jeden Badeunfall« (hier abzurufen) und in der 50. Sezession über »Linkes und rechtes Bauen« (hier einsehbar) u.a. Nehmen Sie sich die Zeit, stöbern Sie einfach mal im Archiv unserer Zeitschrift; Sie werden es nicht bereuen!
Moderne Architektur beinhaltet die Abwendung vom Abendland, bedeutet das Abschneiden aller Traditionen – und das trifft nahezu auf alle rasch wechselnden Moden der Moderne zu. Statt Verortung gibt es Entortung, statt Überzeitlichkeit Beschleunigung. Moderne Architektur ist Teil der Globalisierung und sichtbarster Ausdruck einer sich weltweit ausbreitenden Monokultur. Der Entwurf ist der globalisierte Einheitsmensch – ohne Rasse, ohne Klasse, ohne Geschlecht, »beheimatet« in entorteter Allerweltsarchitektur.
Lotta Vorbeck
"Der Entwurf ist der globalisierte Einheitsmensch – ohne Rasse, ohne Klasse, ohne Geschlecht, »beheimatet« in entorteter Allerweltsarchitektur."
Norbert Borrmann
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... und dieser Entwurf okkupiert, wahrlich nicht nur als solitärer Prototyp, sondern derweil in Divisionsstärke auftretend, schon längst nicht mehr an die urbanen Ballungsräume gebunden, immer weitere Areale des Landes welches, global betrachtet an so viele Nachbarländer grenzt, wie kein zweites.