„Sieferle von links“, urteilt etwa Patrick Bahners über einen jüngst von A. Dirk Moses veröffentlichten Beitrag über den „Katechismus der Deutschen“. Tatsächlich erleben wir im Kampf zwischen dem deutschen postnazistischen Schuldstolz und der postmodernen Identitätspolitik einen interessanten theologischen Konflikt der Neuzeit.
Der Text von Moses ist absolut lesenswert. Seine klare formulierte These muß in den Ohren des bundesrepublikanischen juste milieu wie Blasphemie klingen: „Die Erinnerung an den Holocaust als Zivilisationsbruch ist für viele das moralische Fundament der Bundesrepublik. Diesen mit anderen Genoziden zu vergleichen, gilt ihnen daher als eine Häresie, als Abfall vom rechten Glauben. Es ist an der Zeit, diesen Katechismus aufzugeben.“
Die fünf Gebote dieser Schuldreligion werden treffend aufgelistet: 1. die Einzigartigkeit des Vernichtungsantisemitismus als Vernichtung um ihrer selbst willen, 2. der Holocaust als unüberbietbarer Zivilisationsbruch der westlichen Aufklärung, 3. die Verantwortung Deutschlands für die Juden und die Sicherheit Israels als Staatsräson, 4. Antisemitismus als Gegenstand sui generis statt als Sonderfall des Rassismus, 5. Antizionismus ist Antisemitismus.
Der Autor beschreibt in kurzen Etappen die Verdrängung des alten konservativen Holocaustnarrativs in der Bundesrepublik durch den neuen Universalismus der Schuld, der zu einem „christologischen Erlösungsnarrativ“ und „heiligen Trauma“ mit „völkischen Vorannahmen“ sowie eigenen „Glaubensartikeln“ wurde.
Mit Dan Diner sieht der Autor den Holocaust gar als Gottesersatz, der den Erlösungsantisemitismus durch einen „erlösenden Philosemitismus“ ersetzt habe. Eine priesterliche Kaste, welche diesen Katechismus verkörpert, spielt sich als globale moralische Elite auf und macht nach Moses „Jagd auf Häretiker“, welche die reine Einzigartigkeit durch andere Perspektiven „kontaminieren“. Gegen die fünf Gebote bringt Moses die Tatsache vor, daß die „Eliminierung ganzer Gruppen in paranoiden und rachsüchtigen Kämpfen gegen ‘Erbfeinde’ keineswegs einzigartig und in der Weltgeschichte ein verbreitetes Muster“ war.
Nach dieser scharfen Analyse offenbart der Autor jedoch seine wahre Intention. Das Problem dieser fetischisierten Schuldreligion sieht er nicht etwa in ihrer psychologischen und politischen Auswirkung auf das deutsche Volk. Nein, die „Perspektiven der Migranten“ und die Verantwortung und Reparationen für „koloniale“ Opfer des Deutschen kämen dadurch zu kurz. Der Holocaust würde in seiner katechistischen Deutung Grundlage einer neue „Zivilisierungsmission“, die nach Innen moralischen Assimilationsdruck auf „Migrant:innen“ ausübe. Statt einer einzigartigen Offenbarung sieht Moses im Holocaust eine modernisierte Ausprägung eines „europäischen Herrschaftsstils, den Europäer zur Herrschaft über ihre Imperien“ etabliert hätten.
In dieselbe Kerbe schlägt ein auf der Netzseite der ZEIT erschienener Text mit dem Titel: Enttabuisiert den Vergleich!. Jürgen Zimmerer und Michael Rothberg nennen die Erkenntnis des völkischen Schuldnarrativs eine „Feier der Provinzialität“ und ein „ritualisiertes Postulat“. Die „Unvergleichbarkeit“ des Holocausts „verzerrt die pluralen Dynamiken öffentlicher Erinnerung“. Ganz konkret kritisieren die Autoren den „völkischen“ Aspekt des ethnischen Schuldkults, wenn sie ihm vorwerfen, daß für ihn ein „Festhalten an derselben ethnischen Identität, demselben Volksbegriff notwendig ist, die den Verbrechen des Nationalsozialismus zugrunde lagen“.
Stattdessen gelte es in einer „multidirektionalen Erinnerung“ das „koloniale Kontinuum“ zu erkennen, in dem der Holocaust eine hervorstechende, aber nicht singuläre und einzigartige Sünde des alten weißen Mannes gewesen sei. Die Autoren wollen anders als Moses nicht nur eine Umverteilung von Schuld und Reparationszahlungen, sondern sogar ein „mehr an Verantwortung“, das die Deutschen zur größerem Wiedergutmachungsfleiß motivieren soll. Hier findet sich kein Ausweg aus dem Labyrinth der Schuld.
Zu recht bedienen sich beide Artikel religiöser Vokabeln, haben wir es doch mit einer kultisch geprägten Zivilreligion zu tun, die das metapolitische Kraftfeld der Demokratiesimulation darstellt. Ohne eine tiefere Analyse dieser unsichtbaren Zivilreligion des Selbsthasses, die Markus Vahlefeld einmal als treffend als „ schwarzmagisches Einweihungsritual der Negation“ beschrieben hat, ist jedes Verständnis der deutschen Zustände unmöglich.
Sowohl der aggressiv selbstzerstörerische Multiukulturalismus, als auch die Vehemenz der “Energiewende”, oder die Euro-Rettungspolitik bleiben ohne die Psychoanalyse der schuldzerfressenen „deutschen Seele“ unverständlich. Da nur die Neurechten aus ihrem verfemten Exil als Paria heraus sozial in der Lage und intellektuell imstande ist, diese Analyse zu tätigen, wie Bosselmann treffend beschrieben hat, muß ein heilsamer „daseinsanalytischer“ Impuls gegen die Diktatur der „Wiedergutmacher“ (Raymond Ungar) auch auf diesem Blog seine Anfänge nehmen. Ich will als Beginn einer Debatte drei Thesen zum derzeitigen Stand des Schuldnarrativ vorschlagen.
1. Der Universalismus der Schuld ist eine Religion.
Das Schuldnarrativ, das sich in der Bundesrepublik als „Katechismus“ etabliert hat, weist die gleiche Struktur wie religiöse und politische Universalismen der europäischen Ideengeschichte auf. Es fundiert auf einem „Ereignis“, das wie Alain Badiou in seinem Buch Paulus und der Universalismus erklärt, notwendig unvermittelt, überzeitlich und unerklärbar ist. Nicht, weil es etwa historisch falsch sei, sondern aus kultisch-universalistischen Gründen muss die Perspektive auf die Ereignisse von jeder Kritik abgeschirmt werden:
Nur was absolut grundlos ist, kann an alle gerichtet sein“ (Alain Badiou).
Gerade dieser Missbrauch als gründendes Ereignis ruft erst jene Revisionismus auf den Plan, der für Hinterbliebene verstörend und beleidigend ist. Worum es mir, wie den beiden zitierten Texten geht, sind nicht die historische Tatsachen, sondern eine bestimmte Interpretation, Einordnung und Schlußfolgerung, die das Ereignis zu dem macht, was es ist. Dieses eröffnet eine neue „Heilsgeschichte“, die alles Vorherige nur unter dem Aspekt der Hinleitung darauf betrachtet.
Sieferle schreibt dazu:
Mit Hitler und seinen Komparsen sind der säkularisierte Teufel und das Personal der Hölle leibhaftig auf der Erde erschienen. Dieser Teufel hat eine singuläre Tat vollbracht, die Massenvernichtung der Juden, die zugleich eine Leugnung der Humanität ist. (Rolf Peter Sieferle, Epochenwechsel, S. 143ff)
Wie vorherige Universalismen läßt sich auch das Schuldnarrativ als politisches Werkzeug gebrauchen. Während die universalistische Aufklärung mit ihrer kantianischen Maxime einen moralischen Impetus des Fortschritts und der Zivilisierung aufstellte, Marx eine zweite soziale Revolution gegen die entstandene liberale Ordnung forderte, so ist die Maxime Adornos eine defensiv-perpetuierende:
Hitler hat den Menschen im Stande ihrer Unfreiheit einen neuen kategorischen Imperativ aufgezwungen: ihr Denken und Handeln so einzurichten, daß Auschwitz nicht sich wiederhole, nichts Ähnliches geschehe“.
Dieser Satz der auf eine globale “Einrichtung” des Denkens und Handelns abziele, ist ebenso wie die Sätze von Kant und Marx an die gesamte “Menschheit” gerichtet. Sieferle dazu:
„Mit dem »Faschismus« ist daher der Anti-Mensch aufgetreten, so daß der »Anti- Faschismus« zur Religion des Menschen werden kann (…). (Sieferle, Epochenwechsel, ebd.)
Wenn wir uns mit der heute vorgeschriebenen Interpretation der geschichtlichen Ereignisse beschäftigen, müssen wir uns dessen bewußt sein, daß sie das „heilige Trauma“ einer neuen globalen Zivilreligion des „Antifaschismus“ geworden sind, in der sich die ehemaligen Aufbruchs- und Revolutionsmaximen des Universalismus in eine defensive „Abwehr- und Reinhaltung“ transformiert haben. Der negative „Antiwert“, des Holocausts, der im Unterschied zu Liberalismus und Marxismus kein positives Ziel formulieren kann, führt vor allem in der Linken zu einer blinden Akzeptanz des derzeitigen wirtschaftlichen „Weltsystems“ (Wallerstein). Stattdessen fokussiert die gesamte Intelligentsia sich auf den Kampf gegen die „Wiederkehr Hitlers“ und den Schuldkult als “identitätspolitische” Keimzelle.
Wenn der Fortschritt der Gott der Aufklärer und Marxisten war, so fehlt dem Universalismus der Schuld jeder positive Gottesersatz. Tatsächlich wird Hitler zu einer Art weltbeherrschendem Demiurgen einer neuen Gegen-Religion, wie eine These aus meinem früheren Artikel lautet:
Dieser deus malignus ist die Essenz der Exkursion, des Krieges, des Leidens und der Gemeinheit. Alles „Böse“ in der Geschichte, von Platos Staat über Fichtes Nationalismus bis hin zu Pippi Langstrumpfs „Rassismus“ waren Hinleitungen und Vorformen zu ihm. Alles „Böse“ nach ihm, von Sarrazin über Höcke bis hin zu Pepe dem Frosch sind Emanationen dieses dunklen Lords des Bösen. Seine Repräsentanten auf der Erde sind die heterosexuellen weißen Männer, die dämonischen „masters of the universe“, die täglich neu alle repressiven Strukturen und diskriminierenden Milieus perpetuieren.
Aus einer linken revolutionären Avantgarde machte dieser Schulduniversalismus eine Art „Revolutionsgarde“, die durch antifaschistische terreur die Wiederholung eines neuen Faschismus verhindern soll. Der Erfolg der postmoderne Identitätspolitik ist ein notwendiges Reaktion des linken Lagers auf dieses dominante Narrativ.
2. Postkoloniale Kritik ist ein universalistischer Binnenkonflikt.
Stellt der Holocaust das ereignishafte Epizentrum des Schuldkults dar, so bildet sich um ihn herum eine allgemeine “Scholastik der Schuld”, die alle weißen westlichen Staaten erfaßt. Insofern die gesamte westliche Ideengeschichte als Hinführung zum deutschen Verbrechensereignis gedeutet wird, lassen sich auch Sklaverei und Kolonialismus in den Pantheon des Bösen einbauen. Das Narrativ der Schuldscholastik habe ich in diesem Artikel mitsamt seiner eigenen „Schuldmetaphysik“ beschrieben.
Ihre Welterklärung ist ebenso simpel wie stringent. Die Ungleichheit der Menschen sei das Ergebnis diskriminierender Strukturen, die ein Milieu schaffen, welches Menschen daran hindert, in der befreiten Gesellschaft ihren Frieden zu finden. Anders als im klassischen Marxismus wird diese Struktur jedoch ethnisiert und sexualisiert. Sie ist quasi identisch mit der „whiteness“ und dem Patriarchat. Der weiße, westliche, gesunde und heterosexuelle Mann ist der Herr und Schöpfer aller Strukturen und Milieus.
Den Nichtweißen „devianten“ LGTBQPOCs*, wird jeglicher Agens abgesprochen. Das Tun und Unterlassen des weißen alten Mannes ist daher nicht nur schuld an Leid und Ungleichheit, sondern auch an den Untaten, welche die „Diskriminierten“ als Reaktion auf ihre strukturelle Benachteiligung begehen. Solange also kein paradiesischer globaler Zustand der Gleichheit und Freiheit hergestellt ist, trägt der weiße Mann die Schuld an allen globalen Folgen der Ungleichheit, vom Hunger in Botswana über Wirtschaftsflucht aus Bangladesch bis hin zu Vergewaltigungen auf der Kölner Domplatte.
Der Erfolg dieser Schuldideologie ist wohl nicht “sinistren Umerziehern” geschuldet, hat sie doch auch die „Siegermächte“ des 2. Weltkriegs voll und ganz erfaßt. Ihre Effizienz liegt in den unausweichlichen Widersprüchen der „Realtranszendez“, also der Säkularisierung des monotheistischen Universalismus. Die oben zitierten Texte verstehe ich daher als “scholastische Binnenkonflikte” einer Schuldreligion. Im Namen von neuen Opfergruppen wie postkolonialen POC oder genderfluiden Transmenschen wird die Herrschaft der Priesterkaste des Holocaust-“Katechismus“ angegriffen. Diese Kritik richtet sich jedoch in keiner Weise gegen die ethnomasochistische und globalistische Struktur dieser Zivilreligion.
3. Der deutsche Schuldkult ist negativ “völkisch-identitär”.
Der „Schuldstolz“, den Deutschland für seinen „Gründungsmythos“ Auschwitz entwickelt hat, ist mittlerweile ein Allgemeinplatz geworden. In diesem Artikel wurde er so beschrieben:
„In diesem ‘Universalismus der Schuld’, der als Epoche den gesamten Westen umfaßt hat, ist Deutschland metaphysischer Schuldweltmeister. Die ‘german guilt’ verteidigt mit großem Eifer den ersten Platz als metaphysisches Urereignis der ‘white guilt’.Wie Fichte das Attribut als einzig wahres ‘Urvolk’, so verteidigen die deutschen Eliten heute die Eigenschaft des einzige echten ‘Tätervolks’. Die deutsche Größe will auch in einer Ära der Schande noch absolut sein.Statt die phänomenologische Einzigartigkeit historischer Verbrechen zu erkennen und zwischen subjektiver Erinnerung und (möglichst) objektiver Geschichtsschreibung zu unterscheiden, wird der Wert der eigenen Identität wieder totalitär-abstrakt festgesetzt. Wir sind ’stolz’, als ‘einzige weltweit’ unsere Vergangenheit derart ‘aufgearbeitet’ zu haben. Das heißt, den Holocaust nicht als einzigartigen Fall unter vielen anderen ebenso einzigartigen Vorfällen, sondern als absolut und archetypisch für das Böse an sich etabliert zu haben.“
Die Gründe, warum gerade Liberalkonservative heute den herrschenden Schuldkatechismus eifersüchtig gegen postkoloniale Kritik verteidigen, sind vielfältig. Vor allem ist der Schuldkult als einziger unbestreitbarer, essentieller Wert unbewußt zu einem stabilisierenden gesellschaftlichen Zentrum geworden. Den letzten Hauch von Andacht, Staatskult und moralischen Maximen in einer ansonsten weitgehend nihilistischen und relativistischen Gesellschaft findet man in diesem „ritualisierten Postulat“. Etwas sarkastisch antworte ich Linken, die mich nach der Essenz der deutschen Identität fragen, oft: „Deutsch ist, wer sich für die deutsche Geschichte schämen soll“.
Auch Sieferle erkannte bereits vor fast 20 Jahren den „völkisch-identitären“ Aspekt des Schuldkults:
Diese Ur-Sünde pflanzt sich nun von Geschlecht zu Geschlecht fort, sie wird zur Erbsünde, die nicht vergessen oder verdrängt werden kann und darf. Damit ist das Volk der Nazis zum negativ auserwählten Volk geworden. (Sieferle, Epochenwechsel S.156f)
Ich denke, man geht zu weit, wenn man darin dem deutschen Volk eine uneingestandene Fortschreibung des völkischen Denkens oder eine universalistische Auserwähltheitssehnsucht unterstellt. Dieses Argument mag gewitzt erscheinen und ich bringe es manchmal selbst vor, da es über die subversive Nutzung der ethnomasochistischen Reflexe gerade bei schwer Traumatisierten spontane Erkenntnisse bewirken kann. Insgesamt erklärt sich der Erfolg des Schuldstolzes jedoch wohl dadurch, dass es das einzig erlaubte Identitäts- und Sinnangebot für das „Deutschsein“ im 21. Jahrhundert darstellt.
Bei der Wahl zwischen einer faden Existenz als Kosomopolit, bar jeder Geschichtlichkeit und historischen Sendung, trifft das Schuldnarrativ gerade das mentale Bedürfnis jener mönchischen Gemüter und Sinnsucher, die es seit eh und je auf die Hochschulen und Klöster treibt. Analog zu Nietzsches Satz: „Denn der Mensch will lieber noch das Nichts wollen als nicht wollen“, wollen die Deutschen lieber schuldig sein als gar nicht deutsch sein. Und was das heute heißt, weiß Sieferle: „Deutsch sein heißt, an seiner Auflösung zu arbeiten”.
Nachdem der neue „Katechismus“ vollkommen verinnerlicht wurde, ist seine Kritik paradoxerweise tatsächlich ein empörender Akt der gesellschaftlichen Ruhestörung, der unter anderem den heimischen Tourismus und Wirtschaftsstandort schädigt. Daß CDU und ÖVP den Schuldkult mit größter Vehemenz verteidigen, muß daher also keine böse Absicht sein, sondern entspricht der bewußtlosen Stabilisierung des jeweiligen status quo, die seit eh und je die legitimistische Schwäche der Konservativen darstellt.
Würde man die Forderung nach Assimilation in das „Leidkollektiv“ der Scham völlig ernst nehmen, wäre die islamische außereuropäische Masseneinwanderung sogar im Rahmen dieses „Katechismus“ abzulehnen, da sie das „Erinnerungskollektiv“ der Täter ethnokulturell fragmentiert. Ist die “Sicherheit Israels Staatsräson”, so würde die Verantwortung der Schuldreligion sogar ein Überleben Deutschlands zum Schutze Israels fordern.
Da diese Schlußfolgerung dann doch zu verstiegen scheinen, bleibt im Rahmen des negativen „Antimythos“, der zum moralischen Korsett der dionysischen Gesellschaft wurde, jede lebensbejahende Bevölkerungs- und Identitätspolitik untersagt. Der Bevölkerungsaustausch durch Ersetzungsmigration sowie die regelmäßige gezielte Traumatisierung der indigenen Jugendlichen sind daher die unausweichlichen politischen Folgen des herrschenden Katechismus. Sie bleiben auch so lange die “alternativlose” Politik der Liberalkonservativen, solange diese sich nicht vom Schuldkult emanzipieren. Doch wie kann das gelingen?
Wie bereits angesprochen sind aufgrund ihrer ideengeschichtlichen und sozialen Stellung einzig rechte Denker in der Lage, dieses Phänomen umfassend zu analysieren. Wem es gelingen könnte, steht somit fest. Auch die Unruhe, die sich in der Tempelanlage des Schuldkults breitmacht, da diverse Priestersekten und Opfergruppen um Stellung als pontifex maximus kämpfen, ist kein Grund zum Aufatmen. Streitet man sich doch lediglich um die Führungsrolle im ethnomasochistischen „guilt trip“, was sich dann ganz materialistisch am Anteil an Pfründen, Reparationszahlungen und Förderungen für “postcolonial studies” oder “holocaust studies” niederschlägt.
Dennoch normalisieren solche zelotischen Binnenkriege gerade durch ihren „Narzissmus der kleinen Differenzen“ notwendige Kritikinstrumente und Begrifflichkeiten, welche für die rechte Aufgabe einer “Verwindung des Schuldkults” unbedingt nötig sind. Dabei geht es natürlich nicht um die Leugnung historischer Tatsachen, wie etwa die Existenz eines “Vernichtungsantisemitismus” im NS. Es geht darum die “Schuldmetaphysik” zu analysieren, die den Holocaust lediglich als Stichwortgeber für eine globale Herrschaftsideologie benutzt, welche Paul Gottfried im seinem Buch “Multikulturalismus und die Politik der Schuld” aufdeckte.
Wie eine identitäre Einordnung von Antisemitismus, Holocaust, Shoa und Kolonialismus aussehen könnte, habe ich in einigen Videos und Artikeln angedeutet. Bei Interesse werde ich es auf diesem Blog ausführen. Nur weil sie vor einem radikal universalismus- und modernekritischen Ansatz nicht zurückschreckt, kann eine neurechte Analyse der Dichotomie von Vernichtung und Selbstvernichtung entgehen und, wie Avram Burg es andeutete, tatsächlich den Holocaust und „Hitler besiegen“. Insofern nämlich, als sie ihn nicht spiegelt, sondern verwindet.
quarz
Ich frage mich (und die Frage ist durchaus nicht rhetorisch gemeint): ist eine ideengeschichtliche Analyse und Einordnung der geeignete Weg, um die Ursache für die Misere zu beleuchten, oder sollten wir die Sache eher aus - sagen wir mal - medizinischer Perspektive (im weitesten Sinn des Wortes) betrachten?
Als Jongen vor ein paar Jahren vom Nachlassen der Thymosspannung sprach, konnte ich zunächst mit diesem Gedanken nicht allzu viel anfangen. Zu esoterisch angehaucht und zu begrifflich vage und wenig fassbar erschien er mir. Mittlerweile hat er sich in meinen Reflexionen als hartnäckig wiederkehrender und in verschiedenen Gewändern auftretender explanatorischer Kobold erwiesen. Sowohl in Paglias kulturgeschichtlichen Betrachtungen als auch im Umstand, dass der Testosteronspiegel westlicher Männer in den letzten Jahrzehnten dramatisch gesunken ist, finden sich seine Spuren.
Ist vielleicht die Krankheit der westlichen Zivilisation weniger eine Geisteskrankheit als eine Krankheit des Gemüts? Und ist folglich ihre Diagnose und Therapie auf anderen Wegen als dem der Ideenanalyse zu suchen?