urteilte Sezession-Chefredakteur Götz Kubitschek hier über die Podiumsdiskussion mit Dr. Daniel Zerbin (MdL in NRW) und Dr. Hans-Thomas Tillschneider (MdL in Sachsen-Anhalt), bei der die in der AfD präsenten, unterschiedlichen Standpunkte zum Ukraine-Krieg ihren Ausdruck fanden.
Als Ertrag notierte Kubitschek: »Über eines aber herrschte Einmütigkeit: daß über den Ukraine-Krieg nicht sprechen sollte, wer vom Ukraine-Konflikt nichts wissen will.«
Wer nicht vor Ort gewesen ist, kann sich die Podiumsdiskussion nun nachträglich über den kanal schnellroda auf YouTube anschauen:
Ein weiterer substantieller Ertrag des Sommerfest-Wochenendes in Schnellroda stellte das halbstündige Gespräch zwischen Dr. Markus Sanke und IfS-Leiter Dr. Erik Lehnert zu dem jüngst als Studientext beim IfS erschienenen Meine politischen Gedanken des geistigen Urahnen der modernen französischen Rechten und Mitbegründer der Action française, Charles Maurras – Sanke hat das Werk erstklassig übersetzt und um ein ausgiebiges sowie fundiertes Vorwort bereichert.
Eine Arbeit, die Sezession-Autor Benedikt Kaiser auf dem Kurznachrichtendienst Twitter zu einem Lob in höchsten Tönen und einer klaren Leseempfehlung veranlaßte:
Markus #Sanke hat Beeindruckendes geleistet:
1. Er hat das Hauptwerk von Charles #Maurras erstmals ins Deutsche übertragen.
2. Er schreibt in seinem XXL-Vorwort das Sinnvollste zu diesem ambivalenten Vordenker, das hierzulande je erschien.Empfehlung.https://t.co/WcjCxFBdGG
— Benedikt Kaiser (@benedikt_kaiser) July 25, 2022
Das Gespräch sehen Sie hier:
Charles Maurras’ Meine politischen Gedanken erhalten Sie indes direkt hier, bei Antaios. Wie bereits hier, in den letzten Fundstücken, geschrieben: Es bleibt ein französischer Sommer in der neurechten Publizistik in Deutschland – im September obliegt es Georges Sorel mit Soziale Idee und Revolution, hier vorbestellen, diesen Sommer auszuläuten.
Vom Franzosen zum preußischen Kadetten: Letzten Dienstag, am 9. August, jährte sich der Todestag des Freikorpskämpfers und Schriftstellers, Ernst v. Salomon, zum 50. Mal. Anlaß zum Gedenken an einen, der sich von der Tat zum Wort wandte und dabei ein Bündel unauflösbarer Widersprüche in sich vereinte.
Hier, auf Sezession im Netz, gedachte man Salomon mit der Veröffentlichung seines Autorenportraits aus dem 3. Band »Vordenker« des Staatspolitischen Handbuchs undfür die Junge Freiheit schrieb Karlheinz Weißmann über »Lauter Widersprüche in Person«.
Selbst links ließ man Salomons Todestag nicht unbeachtet verstreichen: Für die Junge Welt schrieb der Literaturwissenschaftler Kai Köhler zum »ordnungsliebenden Anarch« und stellte unter Beweis, daß links der Mitte doch noch geistige Kapazitäten bestehen, sich mit der Rechten differenziert und ohne antifaschistische Sprechschablonen auseinandersetzen zu können.
Daß man von links in diesen polarisierten Zeiten dennoch einen Zugang zu Salomon findet, mag auch mit seiner Widersprüchlichkeit zusammenhängen, die Weißmann wie folgt beschreibt:
Man kann die Widersprüchlichkeit dieser Positionen nicht harmonisieren. Sie hatten mit den Zeitumständen des „Jahrhunderts der Extreme“ (Eric Hobsbawm) wie mit Salomons Charakterzügen zu tun, die sich schwer auf einen Nenner bringen lassen. Denn er war immer beides: Etatist und Bohemien, Konservativer und Revolutionär, Russen- und Franzosenfreund, Verfasser seichter Filmdrehbücher und ein glänzender Schriftsteller.
Und die Köhler ähnlich faßt:
[Salomon] gesteht […] ein, dass für ihn der Weg attraktiver sei als das Ergebnis, Fidel Castro ihn als Staatschef im Gegensatz zum Revolutionär Che langweile. Dies bringt den Widerspruch auf den Punkt. Die Staatsordnung ist das Ziel, aber dem Anarchischen gilt alle Sympathie.
Interessant ist auch Köhlers Reflexion des Salomonschen Lebens und Denkens hinsichtlich linker Ansätze und seiner Prognose, daß die Linke ideologisch nicht mehr dazu in der Lage sein könnte, die sich für die Zukunft abzeichnenden Proteste, die die soziale Solidarität – schlußendlich eine Volkssolidarität betreffen –, an sich zu binden:
»Das heute für Linke interessante Problem ist aber, wie das Verhältnis zwischen notwendiger Zerstörung der imperialistischen Ordnung und ebenso notwendigem Staatsdenken zu begreifen ist. Ernst von Salomon ist interessant im Scheitern; was aber machen Linke, wenn im kommenden Herbst Proteste gegen die absehbare Verelendung am nationalen Interesse orientiert sind?«
Hier der gesamte Artikel Köhlers:
Und hier noch einmal das Literaturgespräch von Kubitschek und Lehnert zu Ernst v. Salomon:
Maiordomus
Charles Maurras gehört lesenswert in den Traditionsstrang des rechten Frankreich , bei dem ich mich aber stärker nach Joseph de Maistre und Chateaubriand orientiert habe; an letzteren erinnert man sich nach wie vor gut in der Stadt St. Malo, die man nicht nur von der Tour de France her kennen sollte. Stärker als für Maurras interessierte ich mich seit 1964, nach einer Thomas-Mann-Lektüre, in der er zitiert wurde, für Maurice Barrès, an den zum Beispiel auf dem elsässischen Odilienberg erinnert wird. Bekannte er sich doch nachdrücklich zu diesem Heiligtum: Ottilie ist für das Elsass, ob französisch oder deutsch, was die heilige Hedwig für Schlesien, wiederum unbeschadet davon, ob polnisch oder deutsch. Derlei Kulte haben meines Erachtens mit einer christlich-universalen Europa-Idee zu tun, also noch das Gegenteil dessen, was Reinhold Schneider mit der abwertenden Einschätzung von "Euromarkt" in "Winter in Wien" als früher EU-Kritiker mehr oder weniger verabscheute. Vom schriftstellerischen Format her würde ich Barrès heute noch als lesenswerter empfinden als Maurras. Wobei indes die Franzosen selbst in politischen Texten wenn nicht über Anregungsgehalt, so doch über einen brillanten Unterhaltungswert verfügen. Mohler hat für diesen Typ Autor stets die Trommel gerührt.