Solingen heute, Solingen damals – eine Hierarchie

Der Ortsname  "Solingen" steht in der Geschichtsschreibung der Bundesrepublik für ein besonders  finsteres Beispiel rechtsextremer, ausländerfeindlicher Gewalt. Der am 23. August dieses Jahres stattgefundene dreifache Messermord an zufällig ausgewählten Passanten, verübt laut eigenem Geständnis durch einen 26jährigen syrischen Asylbewerber, wird daran vermutlich nichts ändern.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Die “Hier­ar­chie der Opfer” wird auch dies­mal ver­hin­dern, daß der Tat ein signi­fi­kan­tes Gewicht bei­gemes­sen wer­den wird. Sie ist nicht die ers­te ihre Art; schon vor elf Jah­ren hat Akif Pirin­çci ver­kün­det, daß “das Schlach­ten begon­nen” habe.

Wir ken­nen das Dreh­buch: Nach Abspu­lung der übli­chen Betrof­fen­heits- und “Law & Order”-Floskeln durch die aktu­el­len Char­gen in der Regie­rung wird die Sache wie­der ver­ges­sen und wie­der so wei­ter gemacht wie bis­her. So lan­ge, bis sich die nächs­te grö­ße­re Blut­tat ereig­net (die “klei­ne­ren” wer­den schon gar nicht mehr wahr­ge­nom­men), dann beginnt die Scha­ra­de von Neuem.

Dar­um muß­te ich (fast) lachen, als ich den Mei­nungs­bei­trag von Chris­ti­an Ult­sch (Jahr­gang 1969) in der öster­rei­chi­schen Pres­se (angeb­lich ein “kon­ser­va­ti­ves” Blatt) las, den ich hier als Bei­spiel für die Illu­sio­nen all jener zitie­ren möch­te, die immer noch glau­ben, eine Wen­de in der “Asyl­po­li­tik” kön­ne aus dem Inne­ren des Sys­tems selbst kom­men (ansons­ten wären ja schröck­li­che Din­ge wie etwa “Zulauf” zur “extrem rech­ten AfD” zu erwar­ten, was unbe­dingt ver­hin­dert wer­den muß).

Nach dem Anschlag in Solin­gen kann Deutsch­land nicht zur Tages­ord­nung über­ge­hen. Der Fall wird poli­ti­sche und gesell­schaft­li­che Fol­gen haben, die weit über das blu­ti­ge Ereig­nis hin­aus­rei­chen. (…) Alle, die seit der Flücht­lings­kri­se 2015 – schrill oder sach­lich-nüch­tern – vor unkon­trol­lier­ter Zuwan­de­rung gewarnt haben, füh­len sich nun bestä­tigt: Deutsch­land hat ein mas­si­ves Sicher­heits­pro­blem. Es ist fahr­läs­sig, das Tor zu öff­nen, ohne genau zu schau­en, wel­che Men­schen hereinkommen.

Seit dem Mord­an­schlag auf Micha­el Stür­zen­ber­ger , in des­sen Ver­lauf ein Poli­zist zu Tode gekom­men ist,

… dis­ku­tiert Deutsch­land über Mes­ser­ver­bo­te und Abschie­bun­gen. Nach Solin­gen wird die heil­los zer­strit­te­ne Ampel­ko­ali­ti­on end­lich auch han­deln müs­sen. (…) Die Bru­ta­li­tät und Blut­rüns­tig­keit des Ter­ror­ak­tes in Solin­gen hin­ter­las­sen im gan­zen Land ein Gefühl des Zorns und der ohn­mäch­ti­gen Fas­sungs­lo­sig­keit. (…) Der Rechts­staat soll­te kei­ne Dreh­tü­ren und Schlupf­win­kel für Leu­te ken­nen, die das west­li­che Lebens­mo­dell offen­kun­dig ver­ach­ten und zugleich alle Annehm­lich­kei­ten mit offe­ner Hand in Anspruch neh­men. Für isla­mis­ti­sches Gedan­ken­gut und Gewalt darf es kei­ne Tole­ranz. Die Zeit der Blau­äu­gig­keit ist vorbei.

Nied­lich, nicht wahr? Wie vie­le Arti­kel in die­sem Stil sind seit 2015 (das ist nun neun Jah­re her) oder 2010 (Anno Sar­ra­zin, das ist nun vier­zehn Jah­re her) oder noch frü­her geschrie­ben worden?

Die Wahr­heit ist: Die Ampel­ko­ali­ti­on “muß” gar nichts. Kei­ne Wäh­ler­stim­men, kei­ne zor­ni­gen Pro­test­ler­mas­sen wer­den sie zu irgend­et­was zwin­gen, kei­ne Jour­na­lis­ten wer­den sie unter mora­li­schen Druck setzen.

Deutsch­land dis­ku­tiert nicht über “Mes­ser­ver­bo­te und Abschie­bun­gen”, son­dern über besof­fe­ne Par­ty­gän­ger, die aus völ­lig uner­find­li­chen Grün­den “Aus­län­der raus” sin­gen und das auch noch lus­tig finden.

Die Olafs und Roberts und Nan­cys (oder wie die aktu­el­len Hyd­ra­köp­fe gera­de hei­ßen mögen) sind nicht “blau­äu­gig”. Sie sind nicht ein­mal “tole­rant”. Sie sind oppor­tu­nis­tisch, fei­ge und ver­lo­gen. Sie den­ken nicht im gerings­ten dar­an, die “Tages­ord­nung” zu ändern. Sie den­ken ver­mut­lich gera­de an nichts ande­res, als wie sich auch dies­mal wie­der aus der Affä­re wur­men und wurs­teln können.

Sie haben in der Ver­gan­gen­heit einen Dreck dar­auf gege­ben, wie vie­le unschul­di­ge Men­schen durch ihre Ein­wan­de­rungs­po­li­tik ver­ge­wal­tigt, ver­wun­det, ver­stüm­melt, tot­ge­schla­gen oder ermor­det wer­den. Das sind in ihren Augen nur Kol­la­te­ral­schä­den, die hin­zu­neh­men und zu igno­rie­ren sind. Wäre es anders, hät­ten sie die­se Poli­tik geän­dert. Aber nichts der­glei­chen ist geschehen.

Viel­leicht tue ich ihnen Unrecht, sie pau­schal für oppor­tu­nis­tisch, fei­ge und ver­lo­gen zu hal­ten. Viel­leicht sind sie “ledig­lich” von heh­ren Zie­len und Moral­vor­stel­lun­gen ver­blen­det, an die sie tat­säch­lich und auf­rich­tig glau­ben. Tat­sa­che ist jedoch, daß sie stets ein­fach wei­ter gemacht haben, unge­ach­tet der Blut­rüns­tig­keit und Häu­fig­keit der Ver­bre­chen und Ter­ror­ak­te “mit Migrationshintergrund”.

Pas­sen Opfer und Täter in ihr ideo­lo­gi­sches Sche­ma (manch­mal muß fest gepreßt wer­den), so ver­gie­ßen sie zwar dicke­re Kro­ko­dils­trä­nen, als wenn es “nur” um ein­hei­mi­sche Nor­mal­deut­sche geht, ändern aber auch in die­sem Fall ihren Kurs nicht: Wie gehabt, for­dern sie dann noch mehr Ein­wan­de­rung, noch mehr “Viel­falt”, noch mehr “Kampf gegen rechts”.

Wenn sie jemals irgend­et­was “ver­schärft” haben, dann waren es die Repres­sa­li­en gegen die Kri­ti­ker ihrer Poli­tik, die umso här­ter und orwel­lia­ni­scher aus­fal­len, je offen­kun­di­ger die Fata­li­tät ihres mul­ti­kul­tu­ra­lis­tisch-glo­ba­lis­ti­sches Pro­jekts zu Tage kommt.

Das haben sie gemein­sam mit den herr­schen­den Eli­ten ande­rer west­li­cher Län­der (ins­be­son­de­re Frank­reich und Groß­bri­tan­ni­en), in denen der Bevöl­ke­rungs­aus­tausch weit fort­ge­schrit­ten ist und in denen sich trotz wie­der­hol­ter bes­tia­li­scher Ver­bre­chen kei­ne Spur eines ernst­haf­ten poli­ti­schen Umden­kens abzeich­net (gele­gent­lich wird so getan, als ob, um Wäh­ler­stim­men abzugreifen).

Sie wis­sen nur zu gut, daß aus­län­di­sche Mes­ser­mör­der und die von ihnen reich­lich genutz­ten Dreh­tü­ren, Schlupf­win­kel und Annehm­lich­kei­ten des Sozi­al­staa­tes kei­ne Neben­sa­chen und fahr­läs­si­gen Ver­säum­nis­se, son­dern “struk­tu­rel­le” Pro­ble­me des tief ver­wur­zel­ten ideo­lo­gisch-poli­tisch-mora­li­schen Gefü­ges sind, des­sen Zög­lin­ge, Nutz­nie­ßer, Reprä­sen­tan­ten und Ver­kün­der sie sind.

Die offen­sicht­li­chen Feh­ler im Sys­tem kön­nen indes auch sie nicht mehr leug­nen, und so krat­zen sie ab und zu ein biß­chen an der Ober­flä­che, rah­men (und ver­harm­lo­sen somit) die chro­ni­sche Mise­re als “isla­mis­ti­sches”, “rechts­staat­li­ches”, waf­fen­recht­li­ches oder sonst­wie kri­mi­no­lo­gi­sches Pro­blem. Man redet von “Mes­sern”, um nicht von jenen reden zu müs­sen, die sie füh­ren. Man wagt es nicht, die hei­li­ge Kuh Ein­wan­de­rung an sich in Fra­ge zu stel­len, und so redet man eben von “unkon­trol­lier­ter” Ein­wan­de­rung, ohne jemals wirk­lich kon­kret zu wer­den, was denn nun genau bes­ser “kon­trol­liert” wer­den soll, und war­um es denn so schwer fällt, dies umzusetzen.

Das ist frei­lich bes­ser als nichts. Hier könn­te man theo­re­tisch einen Kehr­be­sen anset­zen, der wohl bei einem Groß­teil der Bevöl­ke­rung auf Zustim­mung sto­ßen wür­de. Aber der Besen bleibt in der Ecke ste­hen, kei­ner will ihn anfas­sen (dann gäbe es auch wirk­lich Streß mit der Presse).

Immer­hin ist der Trend wie­der da, zumin­dest um ihn her­um­zu­schlei­chen, wie um den hei­ßen Brei, fragt sich nur wie lan­ge. So titel­te die Kro­nen­zei­tung am 25. August: “Was sich die Öster­rei­cher für die Zukunft wün­schen: Stren­ge­re Regeln bei Zuwan­de­rung”, und am 26.: “Kla­re Mehr­heit im Land für stren­ge­re Asyl­re­geln: Vor Abschie­bung jeder 2. kriminell”.

Das ist wenigs­tens ein Fort­schritt gegen­über dem, was die Kro­ne am 22. August berich­te­te, näm­lich daß es “gro­ße Zustim­mung – außer bei den Jun­gen – auch für die digi­ta­le Über­wa­chung” gäbe, damit man wie­der ohne Angst vor Ter­ror­an­schlä­gen Tay­lor-Swift-Kon­zer­te besu­chen kann.

Es wirkt wie ein Akt der Neme­sis, daß nun aus­ge­rech­net Solin­gen, aus­ge­rech­net im Zuge eines “Fes­ti­vals der Viel­falt” (unter die­sem Mot­to wur­den die 650-Jah­re-Fei­er prä­sen­tiert, offen­bar, um hier bloß kei­ne natio­na­lis­ti­schen Gefüh­le oder Gedan­ken auf­kom­men zu las­sen) zum Schau­platz von inlän­der­feind­li­chen Mord­ta­ten wur­de, die auf­grund ihrer Sinn­lo­sig­keit und Will­kür beson­ders scho­ckie­rend wir­ken (wenn das Schu­le macht, könn­te es theo­re­tisch jeden theo­re­tisch über­all erwi­schen, aus hei­te­rem Himmel).

Der berüch­tig­te, viel­zi­tier­te, am 29. Mai 1993 ver­üb­te Brand­an­schlag auf ein haupt­säch­lich von Tür­ken bewohn­tes Zwei­fa­mi­li­en­haus for­der­te fünf Todes­op­fer, das jüngs­te davon ein vier­jäh­ri­ges Kind. Die Tat war der grau­en­haf­te Tief­punkt einer Serie von aus­län­der­feind­li­chen Aus­schrei­tun­gen, die 1991 im Osten begon­nen hat­ten (Hoyers­wer­da und Ros­tock-Lich­ten­ha­gen), aber kei­ne Todes­op­fer gefor­dert hat­ten. Das änder­te sich mit einem Brand­an­schlag im schles­wig-hol­stei­ni­schen Mölln im Jahr 1992 mit drei Toten und neun Schwerverletzten.

Die­se Serie von Aus­schrei­tun­gen und Anschlä­gen wur­de von Medi­en, Agi­ta­to­ren und Poli­ti­kern benutzt, um das Gespenst eines nach der deut­schen Wie­der­ver­ei­ni­gung wie­der­erstar­ken­den Natio­nal­so­zia­lis­mus an die Wand zu malen.

Da seht ihr, was pas­siert, so sag­te man, wenn sich die Deut­schen wie­der ver­ei­ni­gen, wenn sie wie­der sou­ve­rän wer­den, wenn sie wie­der stolz sind! Weh­ret den Anfän­gen, schiebt ihnen einen Rie­gel vor, ste­ri­li­siert die­sen noch frucht­ba­ren, furcht­ba­ren Schoß, aus dem das kroch, kriecht und krie­chen wird! Dahin führt es, wenn die Nati­on wie­der “selbst­be­wußt” wird, näm­lich direkt nach Auschwitz!

Die neun­zi­ger Jah­re, die eine uner­war­te­te his­to­ri­sche Chan­ce boten, wur­den para­do­xer­wei­se zum Jahr­zehnt, in dem sich die Auf­lö­sung Deutsch­lands end­gül­tig ent­schied. Es war in die­sem Jahr­zehnt, in dem die Kon­zep­ti­on, Deutsch­land sei das Staats­ge­biet eines bestimm­ten, eth­no­kul­tu­rell defi­nier­ten Staats­vol­kes ein für alle Mal fal­len­ge­las­sen wur­de. Pro­pa­gan­dis­tisch-psy­cho­lo­gisch legi­ti­miert und ange­heizt wur­de die­se Selbst­auf­ga­be auch durch Hoyers­wer­da, Ros­tock, Mölln und Solin­gen, die als Mene­te­kel gele­sen wurden.

Thors­ten Hinz schrieb hier­zu in der Jun­gen Frei­heit vom 6. Okto­ber 2023:

1994 ver­öf­fent­lich­te Heri­bert Prantl, Redak­teur der Süd­deut­schen Zei­tung, das Buch „Deutsch­land, leicht ent­flamm­bar“. Dar­in heißt es: „Deutsch­land puber­tiert gewalt­tä­tig. Seit der Ver­ei­ni­gung von Bun­des­re­pu­blik und DDR sind sei­ne Ner­ven labil, sei­ne Stim­mun­gen unaus­ge­gli­chen.“ Und wei­ter: „Noch nie in der Nach­kriegs­ge­schich­te sind Nazis und Neo­na­zis so dreist, so scham­los und gewalt­tä­tig aufgetreten.“(…)

Prantl, der poli­ti­sche Peter Pan der alten Bun­des­re­pu­blik, war frei­lich auch Alpha-Jour­na­list. Er und sei­ne Gesin­nungs­freun­de besa­ßen die Inter­pre­ta­ti­ons­ho­heit über das Gesche­hen. Der „Kampf gegen Rechts“ rück­te in den Rang einer Staats­rä­son. Wer jetzt noch über deut­sche Inter­es­sen, über zwi­schen­staat­li­cher Inter­es­sen­kon­flik­te, über Zuzugs­be­schrän­kun­gen, Geo­po­li­tik, über die Risi­ken der D‑Mark-Abschaf­fung und der Euro-Ein­füh­rung usw. debat­tie­ren woll­te, der zog den Vor­wurf der „geis­ti­gen Brand­stif­tung“ auf sich.

Dar­an hat sich bis heu­te nichts geän­dert. Dar­um hat Mer­kel 2015 die Schleu­sen öff­nen las­sen, dar­um kann auch die heu­ti­ge Regie­rungs­gar­ni­tur das Pro­blem mes­sern­der und ander­wei­tig gewalt­tä­ti­ger Migran­ten nicht in den Griff krie­gen, weder kon­zep­tu­ell noch praktisch.

Hinz schloß sei­ne Betrach­tun­gen mit der Feststellung:

Die Ver­säum­nis­se zwi­schen 1990 und dem Jahr 2000 sind kaum mehr auf­zu­ho­len. Die Bun­des­re­pu­blik ist heu­te ein des­ori­en­tier­ter, zu ratio­na­ler und selbst­be­stimm­ter Poli­tik unfä­hi­ger Hüh­ner­hau­fen. Das macht sie inter­es­sant als Modell­fall und Expe­ri­men­tier­feld für Glo­ba­lis­ten, um ihr Migra­ti­ons- und Kli­ma­pa­ra­dig­ma samt post­de­mo­kra­ti­scher Herr­schafts­me­tho­den zu erproben.

Das ers­te Jahr­zehnt der wie­der­erlang­ten deut­schen Ein­heit ende­te übri­gens mit einer bösen, sozu­sa­gen “zukunfts­wei­sen­den” Pointe:

Den Schuß­punkt des ver­lo­re­nen Jahr­zehnts setz­te ein Brand­an­schlag auf die Düs­sel­dor­fer Syn­ago­ge im Okto­ber 2000. Reflex­ar­tig rief der Kanz­ler den „Auf­stand der Anstän­di­gen“ aus. Die Tat­sa­che, daß bald dar­auf ara­bisch­stäm­mi­ge Täter ermit­telt wur­den, spiel­te dann schon kei­ne Rol­le mehr. Poli­tik, Medi­en, wei­te Tei­le der Gesell­schaft hat­ten nach einem Anlaß gegiert, ihre ein­ge­schlif­fe­nen Affek­te aus­zu­le­ben. Sie hat­ten ihn bekommen.

Besag­te Affek­te sind bis heu­te viru­lent und außer­or­dent­lich leicht aus­zu­lö­sen, wie jede belie­bi­ge Hys­te­rie du jour “gegen rechts” zeigt.

Gab es in den neun­zi­ger Jah­re noch ande­re Affek­te, die in eine güns­ti­ge­re Lage hät­ten füh­ren kön­nen, als jene, in der sich Deutsch­land heu­te befindet?

Gab es damals “vie­ler­orts in der Bun­des­re­pu­blik” wirk­lich eine “Pogrom­stim­mung”, wie die­ser Autor der Jun­gen Welt zum 25. Jah­res­tag des Brand­an­schlags von Solin­gen behauptete?

Kann man dies von rechts umdeu­ten als “bar­ba­ri­schen” Abwehr­af­fekt, um die durch Immi­gra­ti­on bedroh­te inne­re Ein­heit zu bewahren?

Botho Strauß mut­maß­te in sei­nem Essay “Anschwel­len­der Bocks­ge­sang” in die­se Rich­tung , wohl nicht zufäl­lig erschie­nen 1993, im Jahr von Solin­gen 1.0:

Ras­sis­mus und Frem­den­feind­lich­keit sind »gefal­le­ne« Kult­lei­den­schaf­ten, die ursprüng­lich einen sakra­len, ord­nungs­stif­ten­den Sinn hatten.

Kann man die Aus­schrei­tun­gen also mit ande­ren Wor­ten als eine Art pri­mi­ti­ve “Immun­ab­wehr” gegen das Ein­drin­gen des Frem­den deu­ten, das als gefähr­lich für die sozia­le Ord­nung wahr­ge­nom­men wur­de? Aus­län­der­ge­walt und ‑kri­mi­na­li­tät gab es bereits damals reich­lich, aber bei wei­tem nicht in dem Aus­ma­ße, in dem das heu­te der Fall ist.

So etwas wie “Volks­zorn” auf­grund eines “eth­ni­schen Schocks”, ver­bun­den mit ost-spe­zi­fi­schem, sozia­lem Post-Wen­de-Streß  mag es teil­wei­se im säch­si­schen Hoyers­wer­da und Ros­tock gege­ben haben, aber bei den meis­ten Tätern fin­det sich das übli­che trü­be, explo­si­ve Gemisch aus frust­ge­bo­re­ner jugend­li­cher Aggres­si­ons­be­reit­schaft und sozia­ler Ver­wahr­lo­sung, das ein Ven­til sucht.

Tat­sa­che ist auch, daß die Aus­schrei­tun­gen den dama­li­gen anti­deut­schen Agi­ta­to­ren wie geru­fen kamen. Hinz erwähnt, daß in Ros­tock “vor und wäh­rend der Kra­wal­le etli­che Merk­wür­dig­kei­ten regis­triert” wur­den, “die zu Ver­mu­tun­gen führ­ten, daß neben­bei poli­ti­sche Süpp­chen gekocht wur­den.” Im Fal­le von Solin­gen beteu­ern drei der vier Ver­ur­teil­ten bis heu­te ihre Unschuld (zuletzt 2023 in einer öffent­li­chen Erklä­rung), und unge­klärt ist immer noch, inwie­fern ein V‑Mann namens Bernd Schmitt sei­ne Fin­ger im Spiel hatte. 

Wie dem auch sei: Drei­ßig Jah­re spä­ter ist gewalt­tä­ti­ge Aus­län­der­feind­lich­keit in Deutsch­land zur Sel­ten­heit gewor­den, wenn nicht so gut wie ver­schwun­den. Die Gewalt hat sich in eine ent­ge­gen­ge­setz­te Rich­tung ver­la­gert und ist zum all­täg­li­chen Phä­no­men, zum Grund­rau­schen der mul­ti­kul­tu­rel­len Gesell­schaft gewor­den. Selbst auf ihre extrems­ten Mani­fes­ta­tio­nen (wie eben in Solin­gen gesche­hen) fol­gen kei­ne Lich­ter­ket­ten, Mas­sen­kund­ge­bun­gen, Mahn­mä­ler und Bene­fiz­kon­zer­te, und auch kei­ne empör­ten Lie­der von muti­gen Lie­der­ma­chern mit Titeln wie “Sage Nein!”:

Ob als Pen­ner oder Sänger,
Bän­ker oder Müßiggänger,
ob als Pries­ter oder Lehrer,
Haus­frau oder Straßenkehrer,
ob du sechs bist oder hundert,
sei nicht nur erschreckt, verwundert,
tobe, zür­ne, misch dich ein:
Sage nein!

Immer­hin, auch hier­vor hat Botho Strauß gewarnt:

Wir wer­den her­aus­ge­for­dert, uns Heer­scha­ren von Ver­trie­be­nen und hei­mat­los Gewor­de­nen gegen­über mit­leid­voll und hilfs­be­reit zu ver­hal­ten, wir sind per Gesetz zur Güte ver­pflich­tet. (…) Da die Geschich­te nicht auf­ge­hört hat, ihre tra­gi­schen Dis­po­si­tio­nen zu tref­fen, kann nie­mand vor­aus­se­hen, ob unse­re Gewalt­lo­sig­keit den Krieg nicht bloß auf unse­re Kin­der verschleppt.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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Kommentare (38)

Franz Bettinger

27. August 2024 09:57

"Die meisten Schlangen sind harmlos," sagte mir mal ein gebildeter Afrikaner, „und doch bin ich vorsichtig, wenn ich eine sehe." Die Merkel-Clique will uns auch nach Solingen noch einreden, Schlangen seien generell ungefährlich. "5% der Schlangen sind giftig. Das ist nicht viel, dennoch sollte man bei jeder Schlange genau hinsehen,“ meinte der kluge Afrikaner. - Social profiling bei Schlangen ist akzeptiert. Wieso nicht auch bei Menschen? Die Ebenen der Verallgemeinerung und damit der Unterscheidung von Individuen, Völkern, Rassen... sind deren Biologie, Kultur, Religion & Sozialisierung. Aufgrund dieser Merkmale sind Vorurteile nützlich & angebracht. Zu sagen "Vorsicht, das ist kein Deutscher; der könnte ein Messer in der Tasche haben" ist ein Vorurteil. Und zwar ein sehr nützliches. 

MARCEL

27. August 2024 10:26

Oh ja, die 90iger...
Am Ende dieses Jahrzehnts gehörte ich dann auch zu den Neugeborenen im Sinne Armin Mohlers. 
"Inkubationszeit" seit 1995, zuvor noch in der Schule allgemeine Empörung über einen Skinhead in der Klasse, dann nach BW-Zeit, das Abenteuer, Dinge auch einmal anders zu sehen, als von überallher wiedergekäut, die Erfahrung, dass man dabei nicht böser, sondern "nur" ehrlicher wird, konkretisiert im Zuge der Balkan-Konflikte und ihrer Narrative (erste Vorahnungen), nichts mehr nur aus zweiter Hand, kein Vertrauensvorschuss mehr gegenüber den alten, linken Autoritäten auf ihren Thronen.
Die damals antrainierten Pawlowschen-Reflexe funktionieren bei immer noch zu vielen bis heute, die aus ihrem Traum nicht aufwachen wollen. Bei einer Urlaubs- und Fernreisenation, wie der westdeutschen auch kein Wunder. Exotik ist Fetisch, ist Idol. In den 90igern fielen mir die Fremden kaum auf, heute freue ich mich, wenn ich mal (bio-) deutsche Jugendliche antreffe (um beim ersten "Digga..."  schon wieder ernüchtert zu sein).
Und dann das unheimliche Wissen, dass politisch nichts mehr zu machen ist! Die schmerzliche Erkenntnis, wie schwach wir geworden sind. Zuwarten auf das, was da noch kommen kann. Jean Raspail (v.a. Sieben Reiter), Ernst Jünger u.a. als geistige Bewältigungshilfen. Sub specie aeternitatis

das kapital

27. August 2024 10:33

Es gibt eine gefestigte Bevölkerungs- und Wählermehrheit für die Migrations-politik, die seit 2015 betrieben wird. 1933 gab es eine gefestigte Mehrheit für einen "starken Mann". Heute gibt es in "unserer" Demokratie eine gefestigte Mehrheit für die sichere Einreise von außereuropäischen Zuwanderern in belie-biger Zahl und beliebiger Qualität. Seit 2013 werden durchgehend die Parteien der Messermänner und der Gruppenvergewaltiger gewählt. Das ändert sich hoffentlich jetzt in Thüringen, in Sachsen und in Brandenburg. Auf Bundesebene aber wird das auch 2025 so bleiben. /// Die Opfer von Solingen und deren Angehörige haben seit 2013 mit deutlicher Mehrheit diese Parteien gewählt. Sie haben die freie Einreise für Gruppenvergewaltiger und Messermänner gewählt und werden das auch künftig so tun. Die Handlungsfreiheit des Islamischen Staates in Deutschland hat Priorität, der Schutz der deutschen Bevölkerung ist nachrangig. Die Messeranwendungen in Solingen sind Ergebnis des politischen Willens der politischen Mehrheit. Die Mehrheit der Opfer wollte, dass der islamische Staat hier ungehindert einreisen, vergewaltigen und Deutsche töten kann. Dass er dafür Sozialleistungen bekommt, hat auch eine verfestigte Mehrheit. Wenn aber derartige Mehrheiten sich (im Westen) verfestigt haben, wäre eine Zweistaatenlösung ja vielleicht gar keine so dumme Idee.

Waldgaenger aus Schwaben

27. August 2024 10:58

[Olaf Scholz, Nancy Faeser, etc.] Sie sind opportunistisch, feige und verlogen.
 
Nein, das sind sie nicht. Sie sind machtgierig und skrupellos. In einem Ausmaß, dass sich weder einfache Parteisoldaten, noch Wähler vorstellen können. 
Ihre Kalkulation sieht vermutlich so aus: Eine starke AfD zwingt die CDU/CSU in Koaltionen mit der SPD und vielleicht sogar mit den Grünen. Damit ist die Regierungsbeteiligung nach 2025 gesichert. Auch in den Ländern haben beide Parteien, wenn sie nur die 5% Hürde schafffen, wieder gute Aussichten auf Ministerposten. 
Wie anders könnte man sich sonst das zynische Gerede nach dem Anschlag erklären. Zum Beispiel Saskia Esken: "Daraus [aus dem Anschlag von Solingen] haben wir nicht viel zu lernen"
Denkt dabei vermutlich: "Wählt doch AfD, ihr Dummbratzen. Jedes Prozent mehr für die AfD erhöht meine Chance Parteivorsitzende einer Regierungspartei zu bleiben."
Die CDU/CSU könnte dem entgehen, wenn sie die Brandmauer gegen die AfD einreisst. Dazu ist ist sie nicht mehr in der Lage, weil sie sich zu sehr in ihre AfD-ist-Nazi-Lügen verrannt hat.
Ich bin ja mal gespannt, ob die Wagenknechte nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen, den Mut haben, eine AfD-Minderheitsregierung zu dulden. Ich glaube eher nicht.
 

Waldgaenger aus Schwaben

27. August 2024 11:02

Noch eine Frage an die Juristen-Fraktion hier. §146 GG besagt, dass sich das deutsche Volk in freier Entscheidung eine neue Verfassung geben kann. Wäre das nicht ein Weg, angebliche oder wirkliche Hindernisse für eine vernünftige Migrationspolitik mit einem Schlag loszuwerden? 
Eine einfache Mehrheit im Bundestag könnte eine neue Verfassung ausarbeiten und dem Volk zur Abstimmung vorlegen. Das BVerfG hätte da nichts reinzugackern, weil eine neue Verfassung nicht in seine Zuständigkeit fällt. 

Karl Otto

27. August 2024 11:12

Aber der Druck im Kessel steigt, das ist nicht zu übersehen. Nach jedem Vorfall wird die Diskrepanz zwischen dem realen Leben der Menschen und dem öffentlichen Vielfalt und Toleranz-Gerede deutlicher, und es bedarf mehr mediatischer Betreuung, um weiter machen zu können.
Mal sehen was die Wahlen am Sonntag bringen, und was danach geschieht. Es könnte spannend werden.

tearjerker

27. August 2024 11:15

Der Solinger Gedenkpark für die Toten von 93 zeigt die Verehrung echter Idole. In jedem Kult wird von oben verfügt, wer dazu gehört und wer nicht, und wehe denen, die nicht bereitwillig ihren Teil beitragen. Ketzerei ist keine Meinung.

lxndr

27. August 2024 11:24

Wert jeder Aktion wird an der staatlichen Reaktion ermessen. Immer und ausnahmslos. Das betrifft Täter und Opfer der Aktionen gleichermaßen. Niemand erfährt Namen der drei Opfer zu Solingen. Keine Ministerpräsidentin bittet Hinterbliebene um Vergebung. Nach ihnen werden keine Plätze, Gassen und Haltestellen umbenannt. Sie gehören vergessen - genau deshalb, weshalb NSU-Opfer verewigt werden sollen. 

Artabanus

27. August 2024 11:38

Es ist richtig, dass die bereits Anfang der 90er die Weichen in die heutige Katastrophe gestellt wurden. Diese Entwicklung scheint im Nachhinein unausweichlich und vorhersehbar. Während Deutschland von 1945-1990 besetzt und geteilt und jeder Teil für sich ein Frontstaat im Kalten Krieg war, waren auch die "Schulden" des 2.Weltkriegs gestundet. Mit der sog. Wiedervereinigung änderte sich dies schlagartig: man knüpfte wieder bei 1945 an und bekam eine riesige untilgbare Hypothek auferlegt. Die 2+4- und Maastricht- "Verträge" waren in ihrer Wirkung weit verheerender als z.B. Versailles. Das Ganze ging einher mit der Errichtung eines Schuldkultes, wie er in dieser Form vor 1990 weder in der BRD noch in der DDR existierte. Vor 1990 gab man die Schuld einer kriminellen Bande mit Hitler als Anführer, nach 1990 waren plötzlich alle Deutschen schuldig. Nicht zufällig wurde der Paragraph 130 StGB zu jener Zeit massiv verschärft. Und auch die Pläne zur Errichtung des Holocaustmahnmals in Berlin begannen Anfang der 90er. Die Groß-BRD ist der untote Wiedergänger des 1945 untergegangenen Deutschen Reichs, der seine Aggression auf die Deutschen selbst fokussiert. 

Laurenz

27. August 2024 11:44

Kevin Kühnert, von Beruf ausgebildete Call-Center-Kaffee-Schubse, hat ja offen zugegeben, daß sich nichts ändern wird. Deswegen wird sich auch für Kühnert persönlich nichts ändern. Er wird sich auch weiterhin als Schwuler nicht mit seinem Partner auf der Straße als solcher zu erkennen geben können. Auch die 3 Wahlen im Osten werden daran nichts ändern. Das muß auch noch so sein, denn Solingen ist noch lange nicht überall & mehr als die Hälfte der Bürger denken nicht "Je suis Solingen". Erst wenn Solingen in 6k von 11k Kommunen gegenwärtig ist, werden wir eine Zeitenwende erleben. Allen denjenigen, die denken, daß Fehler, die vor 30 Jahren gemacht wurden, nicht revidierbar sind, halte ich Dänemark entgegen. Die Sozialdemokraten dort sagten sich, besser rechts regieren, als gar nicht regieren. Und die Dänen-Sozies setzten die Erkenntnis schnell in Taten um.

Umlautkombinat

27. August 2024 12:07

Sehr gut zum Mittelteil passend (zum Teil auch komplementaer) der heutige Artikel von Alexander Wendt.
 
I. Allg. verwende ich kaum Referenzen zu anderen zeitnahen Veroeffentlichungen, aber hier sei es eine Ausnahme.

Daniel

27. August 2024 13:43

2015 war der Kulminationspunkt eigen- und fremdverantworteter Entwicklungen, an dem man glaubte, das Bild des häßlichen Deutschen ein für allemal abschütteln zu können. Es war ein Akt nationaler Hybris, an dessen Außenwirkung man sich zu neuem Selbstbewusstsein aufschwingen wollte. Es herrscht ja immer noch der geradezu manische Drang vor, besser als andere sein zu wollen, was sich besonders auch im Sport zeigt, wo jede Fußball-EM zu einem Ereignis landesgeschichtlicher Bedeutung aufgeblasen wird. Die in sich ruhende Selbstbehauptung der Skandiniavier geht uns leider völlig ab. Und wenn man merkt, dass man die falsche Richtung eingeschlagen hat, geht man aus reinem Trotz eben doppelt so schnell.

MARCEL

27. August 2024 14:28

@Artabanus
akkurat zusammengefasst!
Am Rand: Das offizielle Gerede von Verbündeten oder gar Freunden (Die Deutschen hatten, den Juden ähnlich, nie Freunde!) kann ich nicht mehr hören.

Monika

27. August 2024 14:34

Die Asylproblematik ist deutlich älter als 2015. Unter dem Titel So geht es nicht weiter  schrieb Johann Georg Reißmüller am 15.7.1986 einen Kommentar in der FAZ. Recht auf Asyl, das bedeutete 1986, dass " die Bundesrepublik jedes Jahr zwischen zehn- und zwanzigtausend Verfolgte aufzunehmen und unterzubringen hatte." Von solchen Zahlen kann man heute nur träumen. Das war vor der sog. Wende, die damals niemand auf dem Schirm hatte. Deshalb wurde die historische Chance, die die 90 er Jahre boten, nicht ergriffen. Tragisch. Reißmüller warnte schon 1986 vor einer Politik, die unerträgliche, explosionsartige Zustände schafft. Zitat: "Uns wäre es nicht an der Zeit, ein Herz auch für die in vielen Städten von der Masseneinwanderung aus Asien und Afrika schier erdrückten deutschen Bewohner zu haben ?" Die Deutschen haben es verpennt! So eine Chance auf Souveränität wird es nicht wieder geben. 😢

Monika

27. August 2024 14:47

Ich erinnere mich noch gut an die Anschläge von Rostock-Lichtenhagen und die Pogromstimmung danach. In dieser Zeit hatte ich norwegische au-pair Mädchen zu Gast, die darüber sehr besorgt waren.  Deren Großeltern hatten im Krieg schlechte  Erfahrungen mit Deutschen gemacht und in einem Falle schickte ein norwegisches Mädchen tatsächlich ein Foto mit Kreuz aus unserer Wohnung an ihre Oma in Norwegen, um zu zeigen, dass sie nicht bei Nazis gelandet war. Die rechtsextremistischen Anschläge haben das Bild der Deutschen im Ausland damals ziemlich beschädigt und da stellt sich natürlich auch die Frage, was solche Anschläge politisch bewirken. 🤔Im Hinblick auf islamistische Anschläge halte ich den Zug für abgefahren. Der Widerstand wird, wenn überhaupt, von Eingewanderten kommen, die  teils genauso betroffen sind, aber keine "Erblast" tragen. 

Umlautkombinat

27. August 2024 15:24

@Artabanus, interessehalber:
 
> eines Schuldkultes, wie er in dieser Form vor 1990 weder in der BRD noch in der DDR existierte.
 
Ist das so? DDR als grober Umriss ja. Trotz aller "Rotlichtbestrahlung" in der DDR hatte ich von Anfang an dieses Bauchgefuehl, dass diese Dinge im Westen quali- und quantitativ noch ganz anders verinnerlicht wurden. Meine jetzige grosse angeheiratete Westfamilie hat das noch bestaetigt. Viele Leute ueber Mitte 50 - die also zu grossen Teilen in der alten BRD sozialisiert wurden - tragen dieses aetzende Gutmenschentum mit sich. Signifikanter Anteil, und das seit 2015 nicht mehr nur latent.

Waldgaenger aus Schwaben

27. August 2024 15:34

@Artabanus
Vor 1990 gab man die Schuld einer kriminellen Bande mit Hitler als Anführer, nach 1990 waren plötzlich alle Deutschen schuldig.
Nach meiner Erinnerung nahm der Umschwung an Fahrt auf, als die Erlebensgeneration wegstarb und es auf ihre Wählerstimmen nicht mehr ankam. Mein Vater Jahrgang 1926 regte sich furchtbar auf, als Norbert Blüm 1978 sagte:
 „ob einer im KZ Hitler gedient hat oder an der Front, macht in meinen Augen nur einen graduellen Unterschied aus. Das KZ stand schließlich nur so lange, wie die Front hielt." 
Quelle 
https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=ae0a2f0f-0d38-58b2-fa34-e6310c56a3d1&groupId=252038
(auch sonst ein interessantes Zeitdokument)
Dabei war mein Vater fest davon überzeugt, dass die Verbrechen der NS-Regierung einschließlich der Judenvernichtung (das Wort Holocaust kam erst später auf), genauso wie beschrieben stattgefunden hatten. Bei der Flucht vor der Roten Armee durch Mitteldeutschland sah er selbst befreite KZ-Häftlinge. Er ergab sich dann der US-Armee (um im August 1945 schon wieder entlassen zu werden, weil er wie viele aus der Landwirtschaft gebraucht wurde um die Ernte einzubringen).
 
 

Sandstein

27. August 2024 17:52

@Karl Otto
das Gerede vom Druck im Kessel ist fast genauso alt wie das Problem und nicht richtig. Mag sein dass vielen langsam Zweifel kommen. Aber Lichtmesz hat es doch sehr schön rausgearbeitet: das ist kein rational begreifbares und begründetes Phänomen sondern erinnert eher an eine Religion. Und zu viele sind in diese Lüge schon verstrickt, und wenn viele Menschen etwas nicht können, dann ist es das Eingeständnis, falsch zu liegen oder gelegen zu haben. Das kratzt an der brüchigen Identität und wird daher vermieden.Das ist ein Wahn und der wird nicht so schnell enden. Denken Sie an die Eltern der Ladenburger die von einem afghanischen Migranten bestialisch ermordet wurde: die haben tatsächlich von Blumen zur Beerdigung abgeraten und stattdessen empfohlen für eine Flüchtlingshilfe zu spenden. Das ist schon pathologisch.Ich hab jeglichen Respekt vor meinen kriecherischen und feigen Landsleuten verloren. Und das Schlimmste: mir ist das alles mittlerweile egal. Sieferle hatte Recht.

Le Chasseur

27. August 2024 18:16

@Monika
"Der Widerstand wird, wenn überhaupt, von Eingewanderten kommen, die  teils genauso betroffen sind, aber keine "Erblast" tragen."
Einer der Verletzten von Solingen ist ein Iraner, der seit etwas mehr als einem Jahr in Deutschland ist: Link
@Artabanus
"Das Ganze ging einher mit der Errichtung eines Schuldkultes, wie er in dieser Form vor 1990 weder in der BRD noch in der DDR existierte. Vor 1990 gab man die Schuld einer kriminellen Bande mit Hitler als Anführer, nach 1990 waren plötzlich alle Deutschen schuldig."
Dieses sich in der Schuld suhlen war wahrscheinlich die Bedingung, die die westlichen Siegermächte forderten, um einer Wiedervereinigung Deutschlands zuzustimmen.
 

Valjean72

27. August 2024 19:10

@Monika: "Die rechtsextremistischen Anschläge haben das Bild der Deutschen im Ausland damals ziemlich beschädigt"
---
 
Und was wäre wenn diese Anschlagserie Anfang der 1990er Jahre (Rostock, Mölln, Solingen) ähnlich wie die sog. NSU-Anschläge (Anfang der 2000er) vielleicht einen ganz anderen Hintergund gehabt haben oder aber bewusst geschehen lassen worden sind?
 
"Der NSU-Prozess ist vorbei, viele Fragen bleiben offen. Dennoch will der Verfassungsschutz in Hessen eine Akte über die Rechtsterroristen bis ins Jahr 2134 unter Verschluss halten."
(Quelle: t-online.de, 16.07.2018)
 
So oder so, ich gehe davon aus, dass ein Interesse bestand, das positive (oder das doch zunehmend positiver gestimmte) Deutschlandbild, welches sich ab 1989 in der Welttöffentlichkeit (zumal bei unseren europäischen Nachbarstaaten) heraus bildete, wieder ins Negative abdriften zu lassen. 

Gelddrucker

27. August 2024 20:16

"Heute gibt es in "unserer" Demokratie eine gefestigte Mehrheit für die sichere Einreise von außereuropäischen Zuwanderern in belie-biger Zahl und beliebiger Qualität"
Nein, die gibt es nicht, das ist eine Minderheit von 10-20% die das forciert. Es hat wirtschaftliche Gründe. Man füllt mit Menschen auf, da sonst die Profite sinken würden. Das sollte mal endlich von sämtlichen Patrioten Medien/Zeitschriften was auch immer aufgegriffen werden. Dass die Gier dahintersteckt.
 
"Das ist ein Wahn und der wird nicht so schnell enden"
Wahrscheinlich wird es noch dieses Jahrzehnt enden. Er endet dann, sobald der patriotische Widerstand endlich mal aus dem Dauerschlaf erwacht und den Leuten das Kernproblem seriös vorrechnet und verbreitet: Nämlich wann hier gewisse Gruppen die Mehrheit stellen werden. Ein von ca 90% der Europäer unerwünschtes Szenario.
 
 
 

herbstlicht

27. August 2024 20:35

Mir scheint, in der Runde wird der Typ "Mitläufer" oft zu ernst genommen; habe hier  schon einmal über dessen soziale Rolle spekuliert.  Nun eine Anekdote aus der NS-Zeit:  Der Vater hat seinem Staat im Fußvolk, in Ehre und mit Anstand, gedient bis zur letzten Stunde.  Anfang 1943 wurde er als nicht mehr wehrtauglich beim Militär entlassen.  Er lehrte dann wieder Naturwissenschaften an der Oberrealschule; gegen Ende des Krieges arbeitete er auch ehrenamtlich auf der Kreisleitung mit: "Wir müssen das schaffen".  Eines Tages kam die Ehefrau eines Altphilologen zu ihm auf die Kreisleitung.  Im Krankenhaus des Städtchens war Lazarett eingerichtet worden und es war ein Aufruf an die Bevölkerung ergangen, doch bitte zeitweise nicht benötigten Wohnraum Leuten zur Verfögung zu stellen, welche Angehörige im Lazarett besuchen wollen.  Die Dame, auch BDM-Führerin, war dem Aufruf gefolgt und beherbergte nun ein altes Ehepaar aus Berlin, dessen Sohn im Lazarett lag.  Beim ersten Besuch hatten sie diesen als "mehr oder weniger lebender Fleischsalat" vorgefunden, waren aufgewühlt in's Quartier zurückgekommen und klagten nun die oberste Führung schwer an; insbesondere ging's wohl um Weiberg'schichten des Dr.Joseph Goebbels.
Der Vater hatte sich den Bericht angehört und am Ende fragte er: "Wem haben Sie nun dieses erzählt?  Ihrem Bekannten X, oder einem Mitarbeiter der Kreisleitung?  Im zweiten Fall müßte ich das weiter melden".  Ja, sie wolle das melden.  "Haben Sie sich überlegt, was Sie da auslösen; die alten Eltern, der einzige Sohn?"  Die Dame wurde unsicher, bat um Bedenkzeit; 1,2 Tage später signalisioerte sie: Schweigen!
Um 1950 begegnete ihr der Vater wieder: "Na, haben Sie sich für Ihre Spruchkammerverhandlung ein Zeugnis geben lassen von den Herrschaften aus Berlin?"  Die Dame nickte, tief und schweigend.  Später war sie in der evangelischen Kirche aktiv.
Ein Scherz von 1933 lautete: "Hast scho g'hört, in X ham's den Hahnergockel ora dou und an Schullehrer affe g'macht auf's Rathaus" -- Nein, wieso das? -- Weil sich der besser dreht im Wind.

Artabanus

27. August 2024 21:32

@Le Chasseur
Ich glaube nicht, dass die Siegermächte die Aufrichtung des Schuldkultes als Staatsreligion forderten. Es war vielmehr ein automatischer Reflex der Deutschen selbst. Durch die Vereinigung von alt-BRD und DDR war man ja automatisch wieder auf das Jahr 1945 als Anknüpfungspunkt zurückgeworfen worden. Und nun wollte man der Welt und sich selbst beweisen, dass man nicht mehr die bösen Nazis war, sondern geläutert nun zu den Guten gehörend. Man wollte im Nachhinein mit zu den Siegermächten gehören, weshalb man selbst nochmals die Nazis besiegen musste. Der Endpunkt dieser Logik ist zwangsläufig die Selbstzerstörung und Auslöschung des Deutschen Volkes, wobei dies den meisten bis heute nicht bewusst ist. Aber genau dieser Logik folgt die Politik der Groß-BRD seit 1990.

Monika

27. August 2024 21:39

@Valjean 
Wenn man sieht, mit wie wenig Aufwand man die maximale Zerstörung eines positiven Deutschlands  betreiben kann, dann kann man durchaus auf diese Gedanken kommen. Andererseits, wie gestört muss eine Nation sein, wenn sie sich so verunsichern lässt. Ich war sehr begeistert, wie schnell nach 89 die "blühenden Landschaften" im Osten entstanden. Weimar, Jena, Erfurt usw. Und geschockt, wie schnell das wieder zu verschwinden droht. Inzwischen kommt man überall ins Gespräch. Letzt hörte ich an einem Nebentisch im Hotel: "Was ist nur aus Deutschland geworden?" Dieses Hintergrundrauschen wird nicht so schnell verschwinden.

B Traven

27. August 2024 23:23

@Valjean
Volle Zustimmung. 

Bis heute ist nicht geklärt, warum eine BGS-Einheit aus Lübeck, ohne dass eine Ablösung vor Ort war, in Rostock abrueckte und dem Mob freie Bahn gewährte, während in den Sonnenblumenhaeusern (zufällig?) ein Kamerateam vor Ort war, um alles zu Filmen.
Zu dem im Beitrag erwähnten Mordanschlag auf Stuerzenberger, von seinem Team selbst auf Film dokumentiert: Wer war der Mann in der blauen Jacke, der den bereits am Boden fixierten Afghanen befreite, der dadurch dann im Anschluss den Polizisten ermorden konnte? Ein Behördenmitarbeiter? Er taucht in keiner Berichterstattung auf. 

das kapital

27. August 2024 23:38

@ Monika Super historisches Gedächtnis. Auf den Reißmüller von 1986 hätte ich wahrhaftig keinen Zugriff mehr gehabt. /// Bis 1990 haben sich selbst und uns im Westen DDR und Warschauer Pakt verlässlich vor unerwünschter Zuwanderung geschützt. Nur die sozialistischen Brudervölker aus Kuba, Vietnam und Angola hatten hier besonderen Zugang. Islamische Völkerschaften eben nicht. /// Mit Gorbatschow gab es die historische und realistische Chance für ein gemeinsames Haus Europa. Ich bin darauf emotional ganz und gar eingestellt und trauere dieser Chance immer noch hinterher. Jeden Tag, an dem der A***lochwesten Putin dämonisiert und Russland zerlegt, trauere ich der vergebenen Chance hinterher. /// Der Westen wollte niemals eine echte deutsche Souveränität, sondern immer ein entmachtetes Deutschland. Als Waffenbruder sind wir seit 1990 weitgehend entbehrlich. Auch die Nordstreamsprengung, die möglicherweise bei einem Strang unter polnischer Beteiligung stattfand, zeigt die neuen Freunde. /// Die USA wollten ausschließlich die langfristige Zerstörung der Chancen Russlands und der UdSSR. Die Wiedervereinigung war nur ein Nebeneffekt dieser Langfriststra-tegie, die bis heute faulige Früchte trägt.

das kapital

28. August 2024 00:01

Rostock Lichtenhagen hat funktioniert. Die Politik musste dem böse gewordenen Volk zuhören. Ohne diesen Krawall keine sichere Drittstaatenregelung. Diese vom Volk erzwungene Regelung hat bis 2015 gewirkt und unser Land wirksam geschützt. Zwei Jahre nach der Wende hatten die Mitteldeutschen noch Eier, heute sind auch sie kastriert. Das war dasselbe Volk, das 1989 auf die Straße gegangen war und keinen Bock mehr hatte, sich von Honecker, von Mielke oder sonstwem in der Politik verarschen zu lassen. /// Heute ist das Volk mürbe geworden. Der Krieg gegen das eigene Volk ist so langfristig inszeniert und so fest organisatorisch abgesichert worden, das kaum Raum für ein zweites Rostock Lichtenhagen bleibt. Rostock ist nicht in erster Linie "rechtsextremistisch". Sondern es ist in erster Linie ein Beispiel für dieselbe Volkssouveränität, die 1989 zum Sturz von Honecker, Mielke und der SED geführt hat. /// Den Mitteldeutschen reichte es wohlmöglich schon, von Westdeutschen in Verwaltung und Regierungen überfremdet zu werden. Ein Land in dem auch noch "Polen offen" war, wollten sie nicht und wollen sie auch bis heute nicht. Rostock ist keine "Erblast" sondern das letzte Mal, dass die Parteien der Messermänner und Gruppenvergewaltiger gezwungen waren, auf den Souverän zu hören. Das wollten und wollen sie nie wieder erleben. Deshalb der langfristig politisch inszenierte Krieg gegen das eigene Volk.

Adler und Drache

28. August 2024 08:00

@Monika
Die Asylproblematik ist deutlich älter als 2015.
Jeder Kanzler vor Schröder wollte die Asylanten wieder loskriegen, auch die SPD-Kanzler. Warum haben sie es nicht getan? Offensichtlich konnten sie nicht, durften sie nicht. 
Merz haut jetzt Parolen raus, als wär er jahrelang bei Pegida mitgelaufen. Vielleicht ist das nur ein populistischer Versuch, der AfD Stimmen abzuziehen, aber vielleicht dämmert ihm wirklich, dass Deutschland mitten im Zerfall ist. Wie auch immer, warum sollte er können oder dürfen, was die anderen vor ihm nicht konnten oder durften?
Im Übrigen glaube ich nicht, dass der Schuldkult von den Siegermächten bewusst implementiert wurde, sonst wären ja die Siegermächte nicht ebenso davon betroffen. Ich stimme hier Artabanus zu.
Der Zenit ist überschritten. Wir befinden uns längst in der Auflösungsphase dieser speziellen Staats- und Gesellschaftsideologie. Es lohnt kaum noch, sich aktiv einzumischen, die Dinge haben längst eine Eigendynamik gewonnen.  

tearjerker

28. August 2024 08:07

Es hat nie eine funktionierende sichere Drittstaatenregelung gegeben. Der Überschuss der Zuzüge kam zu Beginn der 90ger Jahre aus Osteuropa und Russland, ebbte nach 93 einfach ab, blieb aber weiter im sechsstelligen Bereich positiv. Die allgemeine Entwicklung in Osteuropa und die Demographie führten zum Ausgleich der Zahlen um 2009. Die Rekordzahlen ab 22 gehen erneut auf Osteuropa/Ukraine zurück, während 2015 in seinen Folgen um 2018 bereits weitgehend ausgestanden ist. Nicht Einwanderungsbürokratie oder Wirtschaft, sondern die Umverteilung durch den Sozialstaat zieht Landfremde an. Da von der noch immer vor Allem Einheimische profitieren, ist eine deutliche Begrenzung der Einwanderung unmöglich. 100 Messertote mehr oder weniger werden daran nichts ändern.

Klaus Kunde

28. August 2024 08:56

Solingen, Tat als Ausdruck individueller Abartigkeit? Terror lediglich die Spielart eines Kampfes, der Täter evtl. irregulärer Kombattant. Oder ein Massaker? Dann sicher nicht punktuell-spontan, wie meist als unvermeidbare Folge von Kriegen. Bliebe ein systemimmanentes. Egal. Erstaunlich bleibt, daß nach der Vielzahl derartiger Vorkommnisse sich kein Hinterbliebener wahrnehmbar kritisch zur Politik ausgelassen hat. Zwischen Taten und politischem Handeln ist ein Nexus unübersehbar. Kein Angehöriger, der unter Tränen Politik als Spiritus rector der Taten brandmarkt und, live übertragen der Super-Gau, ihre Vertreter beim Gedenkgottesdienst des Ortes verweist. Klar, weder im ÖRR noch in Printmedien ein erwünschtes Szenario. Es gäbe allerdings im Netz genügend alternative Plattformen, um sich zu erklären. Es geschieht nicht. Weshalb? Niemand dabei, der seinen Gefühlen und Gedanken öffentlich freien Lauf lassen will? Unheimlich das alles. Bleibt die stille Nebenklage im Prozeß, die niemanden interessiert. Ganz anders, Geflogenheiten in der US-Justiz: Hinterbliebene können öffentlichen Druck aufbauen. Den Wünschen nach Vergeltung der seelisch gebrochenen Tochter eines Opfers können sich weder Staatsanwaltschaft, Jury noch Richter bei der Urteilsfindung verschließen. Sie werden im Prozeß angehört.

Valjean72

28. August 2024 09:36

@Waldgänger aus Schwaben: "§146 GG besagt, dass sich das deutsche Volk in freier Entscheidung eine neue Verfassung geben kann."
---
 
In Art. 146 GG ist nicht von einer neuen Verfassung die Rede, sondern von einer Verfassung.
 
Im Wortlaut:
 
"Dieses Grundgesetz [...] verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist."
 
Das mag Ihnen als Spitzfindigkeit oder Wortklauberei erscheinen aber ich meine es steckt doch mehr dahinter. In Art. 46 GG wird zwischen Grundgesetz und Verfassung unterschieden, folglich sind diese beiden Begriffe auch im Sinne des GG nicht identisch.

Laurenz

28. August 2024 09:56

@alle Schuldkult-Theoretiker ... Kann nicht beurteilen, wie alt Sie alle sind. Aber die These, der Schuldkult sei einzig auf Deutschem Mist gewachsen, ist, mit Verlaub, lächerlich. Unsere Lehrpläne sind seit Anbeginn der BRD im wesentlichen von den Alliierten bestimmt, an Schulen, wie Unis. Daß es 20 Jahre dauerte, die vorhandenen Lehrer seit den 50ern zu erstzen, ist einfach zu beobachten. Ich besuchte seit 1975 das Gymnasium in Frankfurt am Main. Die heutigen Narrative zu Krieg & Holocaust waren damals schon völlig implementiert. Hollywood wurde seit den 50ern in die Deutschen Kinos exportiert. Filme, wie https://de.wikipedia.org/wiki/Holocaust_%E2%80%93_Die_Geschichte_der_Familie_Weiss in die Schulen getragen, vom ÖRR transportiert. Wir wußten im Geschichtsunterricht über Jüdische Bolschewisten besser Bescheid, als über Deutsche Politiker, wie Stresemann oder Hindenburg. Die Transatlantik-Vasallen existieren schon seit Adenauer.

RMH

28. August 2024 10:07

Vor den Wahlen simuliert die etabl. Politik immerhin hektische Aktivität (natürlich ohne echte Ergebnisse) & der Elefant im Raum ist einmal mehr der, dass die Opfer schnurzegal sind (kann man ja nicht viel daraus lernen, so sinngemäß in einem luziden Moment der Ehrlichkeit Frau E. von der SPD) & man hofft, dass die pöhse AfD nicht davon profitiert & wenn der Wähler grummeln will, dann doch bitte durch das BSW, welches man bereits im Sack hat. Insgesamt darf man Medien & etabl. Politik schon attestieren, dass das übliche Theaterstück nach solchen Vorfällen etwas anders gespielt wird, die Darsteller wirken ernsthafter & bemühen sich, Handeln zu vermitteln. Der Joker, was ja nur ein Geisteskranker, wie er in Würzburg, was gerade einmal 3 Jahre her ist, gezogen wurde, fällt wegen dem deutlichen IS Bekenntnis leider (noch?) aus. Dafür werden die Opfer, wie immer, wenn es Deutsche sind, nicht genannt, der einzige, der öffentlich sofort gezeigt wurde, war ein Iraner, wer waren die anderen? Die von einem lupenrein geistteskranken Attentäter gemeuchelten Opfer von Hanau werden mit Bilder namentlich gezeigt, zu Märtyrern gemacht. In Würzburg gedenkt man hingegen nur "Menschen". Hierarchie der Opfer, darauf weist M.L. seit Jahren zu Recht hin.

Monika

28. August 2024 10:12

@ Kapital historisches Gedächtnis, ich sammle seit vielen Jahren Zeitungen zu historischen Ereignissen ( Maueröffnung , 11. September, Grenzöffnung usw.) . Da lese ich manchmal nach und staune. Letztlich ist Deutschlands Schicksal eine Frage der Demographie. Jeder 20. Syrer lebt in Deutschland ( ca. 1. Million), jeder hunderste Afghane ( ca. 500.000) mit Aussicht auf Einbürgerung. Da kann sich jeder selbst ausmalen, wohin die Reise geht. Wir Deutschen haben kein zweites Heimatland. Wenn ca. 5 Millionen vor allem jüngerer Deutscher noch bei Verstand blieben, ließe sich vielleicht noch was wuppen. Die Hoffnung stirbt zuletzt. 

Monika

28. August 2024 10:40

Thilo Sarrazin hat unlängst sein neues Buch vorgestellt. Er wurde gefragt , was sich seit DEUTSCHLAND SCHAFFT SICH AB geändert habe. Eigentlich nichts, meinte er sinngemäß, außer, dass er sich vom Verkauf seines Bestsellers eine Ferienwohnung habe leisten können. Toll, der Mann ist Jahrgang 45 . Ewig wird er auch nicht leben. Was ich meine ; viele profitieren journalistisch und sonst wie vom Zerfall unseres Landes, ändern tut sich dadurch aber nichts. Ich meine, die 1 Prozent wohlgesonnenen Deutschen müssen sich irgendwie organisieren. Ist ja auch das Thema der gleichnamigen Vereinigung . Jeder konkret in seinem unmittelbaren Umfeld .Wir fangen hier ab Herbst mit einem Vernetzungsstammtisch  an. Die Alternative wäre für die Jungen auswandern. 

das kapital

28. August 2024 11:00

@tearjerker Die Sichere Drittstaatenregelung hat durchaus was gebracht siehe hier. So irre wie seit 2015 ist es danach nicht gelaufen. /// Adler und Drache "Es lohnt kaum noch, sich aktiv einzumischen, die Dinge haben längst eine Eigen-dynamik gewonnen. " Ja, das ist die Eigendynamik der Macht, die Verblödeten haben sich längst aller Ressourcen bemächtigt und können ohne Gegenwehr den Krieg gegen das eigene Volk vollenden. Die gehen sogar nach Correctiv auf die Straße wie sie auch früher im Sportpalast dem Goebbels zugejubelt haben. So jubeln sie heute den Parteien der Gruppenvergewaltiger und der Messermänner zu. Sofort in Solingen eine Demo gegen rechts. Und in Mannheim 150 Leute für den Toten Polizisten und 800 die den Mord und die Mordversuche bejubelt haben. Es gibt einfach eine solide Mehrheit für diese Politik. Damals haben allierte Bomberkommandos das gestoppt, heute freuen sich die Amis, wie sehr sich Deutschland aus eigener Kraft und höherer Einsicht selbst zerstört und selbst vernichtet. Ganz böse: wenn Putin hier einmarschiert findet das ein Ende, vorher nicht. (Ist nur ne Provokation des Autors und weder reale Hoffnung noch reale Gefahr.) Nun ja, so eine deutsche Zweistaatenlösung wäre schwierig. Die Mitteldeutschen wären aber wahrscheinlich eher in der Lage, die kürzeren Grenzen abzusichern als die Westdeutschen mit ihrer langen Leitung.

Daniel

28. August 2024 12:04

Um hier kurz das Augenmerk auf einen ganz wesentlichen Aspekt zu lenken: Das Bundesverfassungsgericht hatte 2012, also direkt vom dem massiven Anstieg der Asylbewerberzahlen, entschieden, dass jeder (sich in Deutschland aufhaltenden) Person freier Zugang zum Sozialsystem zusteht. Damit wurde ein wesentliches Druckmittel des Aufenthaltsrechts ausgehebelt, denn auch bei Ablehnung des Asylantrags bedeutet das - wie im vorliegenden Fall wohl auch geschehen - nunmehr nicht mehr die Einstellung jeglicher Leistungen.
"Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG garantiert ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. BVerfGE 125, 175). Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen Anspruch als Menschenrecht. [...] Das Grundrecht steht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu."
sowie
"Falls der Gesetzgeber bei der Festlegung des menschenwürdigen Existenzminimums die Besonderheiten bestimmter Personengruppen berücksichtigen will, darf er bei der konkreten Ausgestaltung existenzsichernder Leistungen nicht pauschal nach dem Aufenthaltsstatus differenzieren" (BVerfG, 1 BvL 10/10)

Klaus Kunde

28. August 2024 12:33

@ Arbatus   Schuldkult. In der DDR nicht nachgefragt. Verkürztes marxistisches Grundmodell: Die Bourgeoisie unterstützte und beauftragte die faschistische Bewegung als Agent (Agententheorie) im Dienst kapitalistischer Wirtschaftsinteressen und zu allem entschlossenem Träger der Konterrevolution mit der politischen und militanten Vertretung ihrer Interessen. Die sozialkonservative und reaktionäre Wirkung sollten Kapitalisten und Bourgeoisie vor ihrem unweigerlichen Untergang in der Phase des Umbruchs bewahren. Der Pakt mit dem Faschismus dokumentierte somit auch die besondere Verwerflichkeit des kapitalistischen Systems. Max Horkheimer: "Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, soll vom Faschismus schweigen.“
Im Bündnis und in Waffenbrüderschaft mit der SU gehörte die DDR zu den Siegern der Geschichte, nun endlich und endgültig auf der richtigen Seite stehend. Als haftbar galt allein das kapitalistische System; West-Deutschland als das ideologische Kontinuum, welches sich zudem zum Nachfolgestaat des Reiches erklärte.
Das Völkerrecht sieht keine "beschränkbare Erbenhaftung" analog des BGBs vor. Das näher zu erläutern, würde den Rahmen hier sprengen.   

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