Die “Hierarchie der Opfer” wird auch diesmal verhindern, daß der Tat ein signifikantes Gewicht beigemessen werden wird. Sie ist nicht die erste ihre Art; schon vor elf Jahren hat Akif Pirinçci verkündet, daß “das Schlachten begonnen” habe.
Wir kennen das Drehbuch: Nach Abspulung der üblichen Betroffenheits- und “Law & Order”-Floskeln durch die aktuellen Chargen in der Regierung wird die Sache wieder vergessen und wieder so weiter gemacht wie bisher. So lange, bis sich die nächste größere Bluttat ereignet (die “kleineren” werden schon gar nicht mehr wahrgenommen), dann beginnt die Scharade von Neuem.
Darum mußte ich (fast) lachen, als ich den Meinungsbeitrag von Christian Ultsch (Jahrgang 1969) in der österreichischen Presse (angeblich ein “konservatives” Blatt) las, den ich hier als Beispiel für die Illusionen all jener zitieren möchte, die immer noch glauben, eine Wende in der “Asylpolitik” könne aus dem Inneren des Systems selbst kommen (ansonsten wären ja schröckliche Dinge wie etwa “Zulauf” zur “extrem rechten AfD” zu erwarten, was unbedingt verhindert werden muß).
Nach dem Anschlag in Solingen kann Deutschland nicht zur Tagesordnung übergehen. Der Fall wird politische und gesellschaftliche Folgen haben, die weit über das blutige Ereignis hinausreichen. (…) Alle, die seit der Flüchtlingskrise 2015 – schrill oder sachlich-nüchtern – vor unkontrollierter Zuwanderung gewarnt haben, fühlen sich nun bestätigt: Deutschland hat ein massives Sicherheitsproblem. Es ist fahrlässig, das Tor zu öffnen, ohne genau zu schauen, welche Menschen hereinkommen.
Seit dem Mordanschlag auf Michael Stürzenberger , in dessen Verlauf ein Polizist zu Tode gekommen ist,
… diskutiert Deutschland über Messerverbote und Abschiebungen. Nach Solingen wird die heillos zerstrittene Ampelkoalition endlich auch handeln müssen. (…) Die Brutalität und Blutrünstigkeit des Terroraktes in Solingen hinterlassen im ganzen Land ein Gefühl des Zorns und der ohnmächtigen Fassungslosigkeit. (…) Der Rechtsstaat sollte keine Drehtüren und Schlupfwinkel für Leute kennen, die das westliche Lebensmodell offenkundig verachten und zugleich alle Annehmlichkeiten mit offener Hand in Anspruch nehmen. Für islamistisches Gedankengut und Gewalt darf es keine Toleranz. Die Zeit der Blauäugigkeit ist vorbei.
Niedlich, nicht wahr? Wie viele Artikel in diesem Stil sind seit 2015 (das ist nun neun Jahre her) oder 2010 (Anno Sarrazin, das ist nun vierzehn Jahre her) oder noch früher geschrieben worden?
Die Wahrheit ist: Die Ampelkoalition “muß” gar nichts. Keine Wählerstimmen, keine zornigen Protestlermassen werden sie zu irgendetwas zwingen, keine Journalisten werden sie unter moralischen Druck setzen.
Deutschland diskutiert nicht über “Messerverbote und Abschiebungen”, sondern über besoffene Partygänger, die aus völlig unerfindlichen Gründen “Ausländer raus” singen und das auch noch lustig finden.
Die Olafs und Roberts und Nancys (oder wie die aktuellen Hydraköpfe gerade heißen mögen) sind nicht “blauäugig”. Sie sind nicht einmal “tolerant”. Sie sind opportunistisch, feige und verlogen. Sie denken nicht im geringsten daran, die “Tagesordnung” zu ändern. Sie denken vermutlich gerade an nichts anderes, als wie sich auch diesmal wieder aus der Affäre wurmen und wursteln können.
Sie haben in der Vergangenheit einen Dreck darauf gegeben, wie viele unschuldige Menschen durch ihre Einwanderungspolitik vergewaltigt, verwundet, verstümmelt, totgeschlagen oder ermordet werden. Das sind in ihren Augen nur Kollateralschäden, die hinzunehmen und zu ignorieren sind. Wäre es anders, hätten sie diese Politik geändert. Aber nichts dergleichen ist geschehen.
Vielleicht tue ich ihnen Unrecht, sie pauschal für opportunistisch, feige und verlogen zu halten. Vielleicht sind sie “lediglich” von hehren Zielen und Moralvorstellungen verblendet, an die sie tatsächlich und aufrichtig glauben. Tatsache ist jedoch, daß sie stets einfach weiter gemacht haben, ungeachtet der Blutrünstigkeit und Häufigkeit der Verbrechen und Terrorakte “mit Migrationshintergrund”.
Passen Opfer und Täter in ihr ideologisches Schema (manchmal muß fest gepreßt werden), so vergießen sie zwar dickere Krokodilstränen, als wenn es “nur” um einheimische Normaldeutsche geht, ändern aber auch in diesem Fall ihren Kurs nicht: Wie gehabt, fordern sie dann noch mehr Einwanderung, noch mehr “Vielfalt”, noch mehr “Kampf gegen rechts”.
Wenn sie jemals irgendetwas “verschärft” haben, dann waren es die Repressalien gegen die Kritiker ihrer Politik, die umso härter und orwellianischer ausfallen, je offenkundiger die Fatalität ihres multikulturalistisch-globalistisches Projekts zu Tage kommt.
Das haben sie gemeinsam mit den herrschenden Eliten anderer westlicher Länder (insbesondere Frankreich und Großbritannien), in denen der Bevölkerungsaustausch weit fortgeschritten ist und in denen sich trotz wiederholter bestialischer Verbrechen keine Spur eines ernsthaften politischen Umdenkens abzeichnet (gelegentlich wird so getan, als ob, um Wählerstimmen abzugreifen).
Sie wissen nur zu gut, daß ausländische Messermörder und die von ihnen reichlich genutzten Drehtüren, Schlupfwinkel und Annehmlichkeiten des Sozialstaates keine Nebensachen und fahrlässigen Versäumnisse, sondern “strukturelle” Probleme des tief verwurzelten ideologisch-politisch-moralischen Gefüges sind, dessen Zöglinge, Nutznießer, Repräsentanten und Verkünder sie sind.
Die offensichtlichen Fehler im System können indes auch sie nicht mehr leugnen, und so kratzen sie ab und zu ein bißchen an der Oberfläche, rahmen (und verharmlosen somit) die chronische Misere als “islamistisches”, “rechtsstaatliches”, waffenrechtliches oder sonstwie kriminologisches Problem. Man redet von “Messern”, um nicht von jenen reden zu müssen, die sie führen. Man wagt es nicht, die heilige Kuh Einwanderung an sich in Frage zu stellen, und so redet man eben von “unkontrollierter” Einwanderung, ohne jemals wirklich konkret zu werden, was denn nun genau besser “kontrolliert” werden soll, und warum es denn so schwer fällt, dies umzusetzen.
Das ist freilich besser als nichts. Hier könnte man theoretisch einen Kehrbesen ansetzen, der wohl bei einem Großteil der Bevölkerung auf Zustimmung stoßen würde. Aber der Besen bleibt in der Ecke stehen, keiner will ihn anfassen (dann gäbe es auch wirklich Streß mit der Presse).
Immerhin ist der Trend wieder da, zumindest um ihn herumzuschleichen, wie um den heißen Brei, fragt sich nur wie lange. So titelte die Kronenzeitung am 25. August: “Was sich die Österreicher für die Zukunft wünschen: Strengere Regeln bei Zuwanderung”, und am 26.: “Klare Mehrheit im Land für strengere Asylregeln: Vor Abschiebung jeder 2. kriminell”.
Das ist wenigstens ein Fortschritt gegenüber dem, was die Krone am 22. August berichtete, nämlich daß es “große Zustimmung – außer bei den Jungen – auch für die digitale Überwachung” gäbe, damit man wieder ohne Angst vor Terroranschlägen Taylor-Swift-Konzerte besuchen kann.
Es wirkt wie ein Akt der Nemesis, daß nun ausgerechnet Solingen, ausgerechnet im Zuge eines “Festivals der Vielfalt” (unter diesem Motto wurden die 650-Jahre-Feier präsentiert, offenbar, um hier bloß keine nationalistischen Gefühle oder Gedanken aufkommen zu lassen) zum Schauplatz von inländerfeindlichen Mordtaten wurde, die aufgrund ihrer Sinnlosigkeit und Willkür besonders schockierend wirken (wenn das Schule macht, könnte es theoretisch jeden theoretisch überall erwischen, aus heiterem Himmel).
Der berüchtigte, vielzitierte, am 29. Mai 1993 verübte Brandanschlag auf ein hauptsächlich von Türken bewohntes Zweifamilienhaus forderte fünf Todesopfer, das jüngste davon ein vierjähriges Kind. Die Tat war der grauenhafte Tiefpunkt einer Serie von ausländerfeindlichen Ausschreitungen, die 1991 im Osten begonnen hatten (Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen), aber keine Todesopfer gefordert hatten. Das änderte sich mit einem Brandanschlag im schleswig-holsteinischen Mölln im Jahr 1992 mit drei Toten und neun Schwerverletzten.
Diese Serie von Ausschreitungen und Anschlägen wurde von Medien, Agitatoren und Politikern benutzt, um das Gespenst eines nach der deutschen Wiedervereinigung wiedererstarkenden Nationalsozialismus an die Wand zu malen.
Da seht ihr, was passiert, so sagte man, wenn sich die Deutschen wieder vereinigen, wenn sie wieder souverän werden, wenn sie wieder stolz sind! Wehret den Anfängen, schiebt ihnen einen Riegel vor, sterilisiert diesen noch fruchtbaren, furchtbaren Schoß, aus dem das kroch, kriecht und kriechen wird! Dahin führt es, wenn die Nation wieder “selbstbewußt” wird, nämlich direkt nach Auschwitz!
Die neunziger Jahre, die eine unerwartete historische Chance boten, wurden paradoxerweise zum Jahrzehnt, in dem sich die Auflösung Deutschlands endgültig entschied. Es war in diesem Jahrzehnt, in dem die Konzeption, Deutschland sei das Staatsgebiet eines bestimmten, ethnokulturell definierten Staatsvolkes ein für alle Mal fallengelassen wurde. Propagandistisch-psychologisch legitimiert und angeheizt wurde diese Selbstaufgabe auch durch Hoyerswerda, Rostock, Mölln und Solingen, die als Menetekel gelesen wurden.
Thorsten Hinz schrieb hierzu in der Jungen Freiheit vom 6. Oktober 2023:
1994 veröffentlichte Heribert Prantl, Redakteur der Süddeutschen Zeitung, das Buch „Deutschland, leicht entflammbar“. Darin heißt es: „Deutschland pubertiert gewalttätig. Seit der Vereinigung von Bundesrepublik und DDR sind seine Nerven labil, seine Stimmungen unausgeglichen.“ Und weiter: „Noch nie in der Nachkriegsgeschichte sind Nazis und Neonazis so dreist, so schamlos und gewalttätig aufgetreten.“(…)
Prantl, der politische Peter Pan der alten Bundesrepublik, war freilich auch Alpha-Journalist. Er und seine Gesinnungsfreunde besaßen die Interpretationshoheit über das Geschehen. Der „Kampf gegen Rechts“ rückte in den Rang einer Staatsräson. Wer jetzt noch über deutsche Interessen, über zwischenstaatlicher Interessenkonflikte, über Zuzugsbeschränkungen, Geopolitik, über die Risiken der D‑Mark-Abschaffung und der Euro-Einführung usw. debattieren wollte, der zog den Vorwurf der „geistigen Brandstiftung“ auf sich.
Daran hat sich bis heute nichts geändert. Darum hat Merkel 2015 die Schleusen öffnen lassen, darum kann auch die heutige Regierungsgarnitur das Problem messernder und anderweitig gewalttätiger Migranten nicht in den Griff kriegen, weder konzeptuell noch praktisch.
Hinz schloß seine Betrachtungen mit der Feststellung:
Die Versäumnisse zwischen 1990 und dem Jahr 2000 sind kaum mehr aufzuholen. Die Bundesrepublik ist heute ein desorientierter, zu rationaler und selbstbestimmter Politik unfähiger Hühnerhaufen. Das macht sie interessant als Modellfall und Experimentierfeld für Globalisten, um ihr Migrations- und Klimaparadigma samt postdemokratischer Herrschaftsmethoden zu erproben.
Das erste Jahrzehnt der wiedererlangten deutschen Einheit endete übrigens mit einer bösen, sozusagen “zukunftsweisenden” Pointe:
Den Schußpunkt des verlorenen Jahrzehnts setzte ein Brandanschlag auf die Düsseldorfer Synagoge im Oktober 2000. Reflexartig rief der Kanzler den „Aufstand der Anständigen“ aus. Die Tatsache, daß bald darauf arabischstämmige Täter ermittelt wurden, spielte dann schon keine Rolle mehr. Politik, Medien, weite Teile der Gesellschaft hatten nach einem Anlaß gegiert, ihre eingeschliffenen Affekte auszuleben. Sie hatten ihn bekommen.
Besagte Affekte sind bis heute virulent und außerordentlich leicht auszulösen, wie jede beliebige Hysterie du jour “gegen rechts” zeigt.
Gab es in den neunziger Jahre noch andere Affekte, die in eine günstigere Lage hätten führen können, als jene, in der sich Deutschland heute befindet?
Gab es damals “vielerorts in der Bundesrepublik” wirklich eine “Pogromstimmung”, wie dieser Autor der Jungen Welt zum 25. Jahrestag des Brandanschlags von Solingen behauptete?
Kann man dies von rechts umdeuten als “barbarischen” Abwehraffekt, um die durch Immigration bedrohte innere Einheit zu bewahren?
Botho Strauß mutmaßte in seinem Essay “Anschwellender Bocksgesang” in diese Richtung , wohl nicht zufällig erschienen 1993, im Jahr von Solingen 1.0:
Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind »gefallene« Kultleidenschaften, die ursprünglich einen sakralen, ordnungsstiftenden Sinn hatten.
Kann man die Ausschreitungen also mit anderen Worten als eine Art primitive “Immunabwehr” gegen das Eindringen des Fremden deuten, das als gefährlich für die soziale Ordnung wahrgenommen wurde? Ausländergewalt und ‑kriminalität gab es bereits damals reichlich, aber bei weitem nicht in dem Ausmaße, in dem das heute der Fall ist.
So etwas wie “Volkszorn” aufgrund eines “ethnischen Schocks”, verbunden mit ost-spezifischem, sozialem Post-Wende-Streß mag es teilweise im sächsischen Hoyerswerda und Rostock gegeben haben, aber bei den meisten Tätern findet sich das übliche trübe, explosive Gemisch aus frustgeborener jugendlicher Aggressionsbereitschaft und sozialer Verwahrlosung, das ein Ventil sucht.
Tatsache ist auch, daß die Ausschreitungen den damaligen antideutschen Agitatoren wie gerufen kamen. Hinz erwähnt, daß in Rostock “vor und während der Krawalle etliche Merkwürdigkeiten registriert” wurden, “die zu Vermutungen führten, daß nebenbei politische Süppchen gekocht wurden.” Im Falle von Solingen beteuern drei der vier Verurteilten bis heute ihre Unschuld (zuletzt 2023 in einer öffentlichen Erklärung), und ungeklärt ist immer noch, inwiefern ein V‑Mann namens Bernd Schmitt seine Finger im Spiel hatte.
Wie dem auch sei: Dreißig Jahre später ist gewalttätige Ausländerfeindlichkeit in Deutschland zur Seltenheit geworden, wenn nicht so gut wie verschwunden. Die Gewalt hat sich in eine entgegengesetzte Richtung verlagert und ist zum alltäglichen Phänomen, zum Grundrauschen der multikulturellen Gesellschaft geworden. Selbst auf ihre extremsten Manifestationen (wie eben in Solingen geschehen) folgen keine Lichterketten, Massenkundgebungen, Mahnmäler und Benefizkonzerte, und auch keine empörten Lieder von mutigen Liedermachern mit Titeln wie “Sage Nein!”:
Ob als Penner oder Sänger,
Bänker oder Müßiggänger,
ob als Priester oder Lehrer,
Hausfrau oder Straßenkehrer,
ob du sechs bist oder hundert,
sei nicht nur erschreckt, verwundert,
tobe, zürne, misch dich ein:
Sage nein!
Immerhin, auch hiervor hat Botho Strauß gewarnt:
Wir werden herausgefordert, uns Heerscharen von Vertriebenen und heimatlos Gewordenen gegenüber mitleidvoll und hilfsbereit zu verhalten, wir sind per Gesetz zur Güte verpflichtet. (…) Da die Geschichte nicht aufgehört hat, ihre tragischen Dispositionen zu treffen, kann niemand voraussehen, ob unsere Gewaltlosigkeit den Krieg nicht bloß auf unsere Kinder verschleppt.
Franz Bettinger
"Die meisten Schlangen sind harmlos," sagte mir mal ein gebildeter Afrikaner, „und doch bin ich vorsichtig, wenn ich eine sehe." Die Merkel-Clique will uns auch nach Solingen noch einreden, Schlangen seien generell ungefährlich. "5% der Schlangen sind giftig. Das ist nicht viel, dennoch sollte man bei jeder Schlange genau hinsehen,“ meinte der kluge Afrikaner. - Social profiling bei Schlangen ist akzeptiert. Wieso nicht auch bei Menschen? Die Ebenen der Verallgemeinerung und damit der Unterscheidung von Individuen, Völkern, Rassen... sind deren Biologie, Kultur, Religion & Sozialisierung. Aufgrund dieser Merkmale sind Vorurteile nützlich & angebracht. Zu sagen "Vorsicht, das ist kein Deutscher; der könnte ein Messer in der Tasche haben" ist ein Vorurteil. Und zwar ein sehr nützliches.