Konrad Weiß, der Die blaue Insel und Die Axt aus der Steppe übersetzt und über zwanzig der rund vierzig Bücher Raspails gelesen hat, teilte mir neulich mit, daß er das Heerlager, obgleich er es schätze, von allen Werken des Generalkonsuls von Patagonien aufgrund seiner bedrückenden Visionen am wenigsten genießen könne. In der aktuellen Jungen Freiheit schrieb er, es überfahre “ohne jede Romantik in seiner Drastik den Leser, statt ihn wie sonst zu erheben.” Dennoch finden sich so gut wie alle Themen des Heerlagers auch in Raspails anderen Büchern, die immer wieder um dieselben Motive kreisen, insbesondere den verlorenen Posten.
Ehe Antaios mit Sieben Reiter verließen die Stadt begann, den Raspail’schen Kontinent auch für deutsche Leser zu erschließen, gab es meiner Erfahrung nach zwei Sorten von Raspail-Fans: diejenigen, die ihn wegen des Heerlagers liebten, und diejenigen, die ihn wegen Sire liebten (erstmalig auf Deutsch erschienen 2005), wobei es vorkam, daß die eine Fraktion nichts von der anderen wußte. Wer Sire als erhebend empfand, fand sich oft von der deprimierenden Last des Heerlagers erdrückt.
Auch ich liebe Sire, gehöre aber definitiv zur ersteren Fraktion, und zu jener Sorte Leser, denen das Heerlager bei aller Beklemmung ein enormes Vergnügen bereitet (hier habe ich mich an einer Lesung versucht). Der schwarze Humor des Buches kam in der alten Übersetzung zu kurz, und ich habe versucht, ihn in meiner Fasssung deutlicher hervorzukitzeln.
Zwischen den Polen des Traums von Sire und des Alptraums des Heerlagers erstreckt sich der Kontinent Jean Raspail in seiner Gesamtheit, und es wäre verkehrt, ihn auf den einen oder anderen Aspekt reduzieren zu wollen.
So tat es Alexander Pschera , als er in der Tagespost versuchte, sich Raspail zu einer Figur zurechtzukneten, die man vom “Rechten” abzugrenzen habe, zu welchem Zweck er sich eine passende Definition von “rechts” aus den Fingern saugt. “Raspail war kein Rechter, sondern ein Reaktionär und Monarchist”, schreibt er, und man kann nur spekulieren, wen er denn wohl meinen mag, wenn er schreibt:
Auch hierzulande hat sich die extreme Rechte Raspails angenommen und ihn, ähnlich wie Ernst Jünger, zu einer ihrer Galionsfiguren gemacht. Wer vor dem Hintergrund anti-rassistischer Proteste einen Nachruf zu Raspail schreibt, der kann sich über das Verzagen, das sich dabei einstellt, nur hinwegsetzen, wenn er sich eben nicht auf den von der öffentlichen Meinung vorgeschriebenen Diskurs einlässt und sich auch nicht von den Instrumentalisierungen politischer Außenseiter beeindrucken lässt, sondern indem er den Autor so einordnet, wie es der Wahrheit dieses Lebens entspricht, das ein abenteuerliches, reaktionäres, menschenliebendes Leben war.
Wir nehmen einmal höflich an, daß der am Ende doch nicht verzagende, sondern sich kühn hinwegsetzende Herr Pschera damit gewiß nicht auf jenen Verlag anspielt, der sich seit 2013 intensiv um das Werk Raspails bemüht und bislang vier Romane und einen Interview- und Essayband herausgebracht hat (ein Verlag, in dem auch Pschera selbst einmal ein erfolgreiches Buch publiziert hat).
Dabei fragt man sich, warum Pschera gerade die Leser der Tagespost, die eine erhebliche Schnittmenge mit den Lesern der Sezession haben dürften, derart fadenscheinig für dumm verkaufen will. Den Monarchismus von der politischen Rechten abspalten zu wollen, kann gerade im französischen Kontext wohl nur als schlechter Scherz aufgefaßt werden (oder muß man nun ernsthaft an den Ursprung der Begrifflichkeit rechts-links in der Sitzordnung der Nationalversammlung erinnern?). Das eigentliche Problem ist jedoch die Verfälschung und Verharmlosung Raspails zum bloßen träumenden, apolitischen Literaten.
Zunächst kann man in einem sehr präzisen Sinne kaum “rechter” sein, als es Raspail gewesen ist, der nicht einen einzigen linken, egalitären, demokratischen oder sozialistischen Knochen im Leibe hatte (und darum auch kein “Faschist” war). Den Begriff “rechts” benutzte er ausdrücklich als Selbstbezeichnung. Daß der Monarchismus (oder genauer: der Royalismus) als romantisches und sakrales Ideal für ihn eine bedeutende Rolle spielte, ist eine Tatsache, die man richtig gewichten muß. Er war sich bewußt, daß es sich hierbei um eine Option handelte, die in der realen Welt keinerlei Chance auf eine politische Umsetzung hat, und man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daß er gerade darin einen Vorzug erblickte.
In einem Interview, publiziert in dem vergriffenen Kaplaken-Bändchen Der letzte Franzose (2014), äußerte er:
Der Royalismus, wie ich ihn verstehe, ist keine politische Position. Er ist vielmehr eine ethische, philosophische und religiöse Haltung. Der Royalismus ist eine schöne und vornehme Idee, die unseren edleren Bestrebungen Genugtuung verschafft: dem Heroismus und dem Sinn für das Sakrale und Ideale.
Insofern verfolgt auch Sire nur indirekt eine politische Absicht, und wenn, dann eine, die sich leicht als exzentrischer Spleen abtun läßt.
Karlheinz Weißmann bemerkte:
Raspail verzichtet ganz darauf, die Möglichkeit einer Konterrevolution zu entwerfen. Er weiß, daß sie keine Träger hätte, anrührend ist das Bild der riesenhaften Schwarzen aus Martinique, die in der Krypta von Saint Dénis als letzte das Andenken der Kapetinger, der Valois, der Anjou und der Bourbon verteidigt. Die einzige königliche Tat, die Pharamond vollzieht, ist denn auch die Handauflegung, mit der er nach seiner Salbung einen kranken Jungen heilt, gemäß der berühmten, in der letzten Phase des Ancien Régime schon aufgeklärterweise abgeschafften Überlieferung von den rois thaumaturges (wundertätige Könige).
Jenseits seines idealistischen Royalismus, der in seinem Werk 1976 mit Le jeu du roi erstmalig in Erscheinung tritt, gibt es noch einen anderen politischen Raspail, der eine recht deutliche Sprache gesprochen hat, auch wenn er sich niemals in einer Partei oder einer politischen Organisation engagiert hat. Er hat sich jedoch gelegentlich direkt zu politischen Themen geäußert, vor allem in Artikeln für die konservative Tageszeitung Le Figaro, die 1977 in dem Sammelband Boulevard Raspail abgedruckt wurden (der übrigens sehr selten ist und mir leider nicht vorliegt).
Raspail war sich dabei allerdings bewußt, wie gründlich aktives politisches Engagement einen Schriftsteller verderben kann. Im Vorwort schrieb er:
Es ist kein Zufall, daß meine erste veröffentlichte Kolumne, die am Beginn dieses Bandes steht, einen starken politischen Beigeschmack hat. Ich fühle mich solidarisch mit meinem Land. Ich kann nicht mit den Achseln zucken oder ihm den Rücken zuwenden und sagen: Dann eben ohne mich! Es gibt ein ganzes System von Werten und Ideen, die bedroht sind oder teilweise im Sterben liegen, und ich kann nicht anders, als sie zu verteidigen. Man wird bemerken, wie sich diese Neigung steigert und in der zweiten Hälfte dieser Sammlung geradezu eskaliert.
Ich gestehe auch, daß ich dies bedauere. Um der Ehre und Freiheit der Literatur willen bedauere ich diese Zeit, in der aufrichtige Schriftsteller und Romanciers gezwungen sind, an die vorderste Front zu rücken, weil wir uns in einem Zustand des Bürgerkriegs der Ideen befinden. Sie haben alles zu verlieren und vom Geist her wenig zu gewinnen.
So dankte er der Redaktion des Figaro, ihm hin und wieder Zügel angelegt zu haben:
Ich verdanke es dem Figaro, daß ich nicht zum Extremisten geworden bin. Wenn man all diese Ringkämpfer der Feder betrachtet, in die sich so viele meiner Kollegen verwandelt haben, kann man nicht ermessen, wie aufrichtig dankbar ich ihm bin. Und wenn mich der Bürgerkrieg, von dem ich gesprochen habe, eines Tages wieder in die Extreme treiben sollte, dann werde ich wenigstens den Ton, den guten Ton beibehalten haben. Ist das nicht die Hauptsache? Und es wird jemanden auf der anderen Seite geben, der froh sein wird, daß er das Gleiche getan hat…
Am härtesten und direktesten hat sich Raspail freilich im Heerlager geäußert. Das Sujet des Buches, die demographische Übernahme Europas durch Menschenfluten aus der Dritten Welt, ist das entscheidende politische Thema, das in diesem Jahrhundert vermutlich das Schicksal der westlichen Zivilisation besiegeln wird.
Nicht nur der anonyme Erzähler, der am Ende in der letzten abendländischen Bastion Schweiz die finale Grenzöffnung erwartet, ist ein direktes Sprachrohr der Ansichten Raspails, sondern so gut wie alle “rechten” Figuren, die auftauchen, insbesondere Professor Calguès, der Zeitungsverleger Machefer oder Staatssekretär Jean Perret, in denen man unschwer Alter Egos des Autors wiedererkennen kann. Keiner von ihnen ist Monarchist, alle ergreifen sie am Ende die Waffen, auch wenn sie wissen, daß sie auf verlorenem Posten stehen.
Hier liegt auch eine der offensichtlicheren Schwächen, die man dem Roman aus literaturkritischer Sicht ankreiden kann: Raspails Figuren verkörpern vor allem “Typen”, denen er bestimmte Überzeugungen in den Mund legt, was dem Buch stellenweise einen pamphletartigen Charakter gibt. Jedenfalls sind die Ansichten und Urteile seiner rechten Figuren völlig konsistent mit jenen, die Raspail in unzähligen Interviews, etlichen davon in seinem letzten Lebensjahrzehnt, geäußert hat.
In seinem letzten Artikel für den Figaro, “Die Republik verrät das Vaterland”, brachte er 2004 die politische Botschaft des Heerlagers erneut auf den Punkt. Ich selbst las diesen Text noch vor dem Roman. Er erschütterte mich tief, und hat wohl endgültig meine persönliche Wendung nach rechts bewirkt. Ich sah, daß Raspail die Wahrheit sah und den Mut hatte, sie unverblümt auszusprechen:
Denn ich bin davon überzeugt, daß das Schicksal Frankreichs besiegelt ist, denn „mein Haus ist auch das ihrige“ (Mitterrand) in einem „Europa, dessen Wurzeln ebenso muslimisch wie christlich sind“ (Chirac), weil die Nation unaufhaltsam auf ihr endgültiges Kippen zusteuert, wenn im Jahre 2050 die „Franzosen des Stammes“ nur mehr die am meisten gealterte Häfte der Bevölkerung des Landes ausmachen werden, während der Rest aus schwarzen oder maghrebinischen Afrikanern und Asiaten aus allen unerschöpflichen Winkeln der Dritten Welt bestehen wird, unter der Vorherrschaft des Islams in seiner fundamentalistischen und dschihadistischen Ausprägung.
Eine auf 40 Seiten erweiterte Fassung dieses Artikels findet sich im Vorwort zu französischen Neuausgabe des Romans im Jahr 2011, ebenfalls in Der letzte Franzose nachzulesen. Der Titel des Essays spielt auf George Orwells “großen Bruder” an: “Big Other” ist das Götzenbild des “Anderen”, des “Fremden”, des Einwanderers, des Nicht-Weißen, Nicht-Europäischen, dessen tyrannischem Anspruch und dessen moralischen Anklagen sich die weiße, westliche Welt zu unterwerfen hat:
Big Other sieht euch. Big Other überwacht euch. Big Other hat tausend Stimmen, Augen und Ohren. Er ist überall. Er ist der eingeborene Sohn des herrschenden Gedankenguts, wie Christus der Sohn Gottes ist und vom Heiligen Geist angekündigt wird. Er nistet sich in den Köpfen ein. Er umgarnt die barmherzigen Seelen. Er sät Zweifel selbst unter den Hellsichtigsten. Nichts entgeht ihm. Wie einst Lenin unter anderen Umständen, steht ihm eine Masse an »nützlichen Idioten« zur Verfügung. Sein Wort gilt.
Und die guten Menschen folgen ihm, hypnotisiert, betäubt, wie eine Gans, die man mit engelsgleichen Gewißheiten gestopft hat … Besonderes Augenmerk hat Big Other darauf gelegt, dem Français de souche, dem »Stammfranzosen«, den Hals abzuschneiden, um das Gelände endgültig freizuräumen.
Belegt mit Zitaten etlicher französischer Politiker stellt der Autor die Frage:
Warum bekämpfen sie alles, was mit dem unantastbaren und – was sie nicht begreifen können – heiligen Charakter einer Heimat aus Fleisch und Blut zu tun hat? Das ist der Weg, der zum Verrat führt. Big Other hat gerufen.
In diesen Tagen wurden dutzende Städte in den USA (sowie Paris und London, beide mit einer großen schwarzen Bevölkerung) von gewaltsamen Rassenunruhen heimgesucht, begleitetet von einer Welle des Ikonoklasmus, die durchaus mit der Schändung der Königsgräber von St. Denis durch den revolutionären Pöbel verwandt ist, die Raspail in Sire in allen ihren makabren Details schildert.
Es sind nicht nur die Statuen von konföderierten Generälen, die zerstört oder beschmiert werden, sondern auch von Christoph Columbus, Thomas Jefferson, George Washington und des Nordstaatengenerals und späteren Präsidenten Ulysses Grant. Auch den Autor der US-Nationalhymne “The Star-Spangled Banner”, Francis Scott Key, hat es inzwischen erwischt. Hier wird Amerika an seiner Wurzel und seinen Gründungsmythen angegriffen, die nicht mehr in das antirassistische Weltbild passen.
Die Bilderstürmerei wird auch wie der ganze Rest der Black-Lives-Matter-Psychose in Europa (und anderswo) nachgeahmt: In England wurde Winston Churchill (Text: “war ein Rassist”) zur Zielscheibe, in Schottland Robert the Bruce (Text: “rassistischer König”), in Frankreich Charles de Gaulle, in Deutschland (wo Denkmalschändungen dieser Art schon seit langem Brauch sind) Bismarck, in Belgien König Leopold II. und Julius Cäsar.
Und das sind nur die bekanntesten Namen. Sogar das Andenken an Mahatma Ghandi, der von Schwarzen keine besonders hohe Meinung hatte, wurde in Amsterdam und Johannesburg geschändet.
Abgesehen von letzterem sind es jedoch vorrangig Symbolfiguren der weißen, europäischen Zivilisation und Geschichte, die attackiert werden. In England veröffentlichten “Protestler” eine Liste von “rassistischen Statuen”, die verschwinden müssen, darunter die Namen von Columbus, Francis Drake, Horatio Nelson, Robert Peel, König James II. von England, Oliver Cromwell, William Gladstone, Francis Galton, Cecil Rhodes usw.usw.
Big Other trägt in diesen Tagen das Gesicht eines zum Heiligen und Märtyrer verklärten schwarzen Kriminellen. Er wird wie eine Art Christus verehrt, der von der gesamten weißen Menschheit den Kniefall und das Bekenntnis der Sünde des Rassismus verlangt. Im House of Congress in Washington knieten die Demokraten unter Führung von Chuck Schumer und Nancy Pelosi neun Minuten lang schweigend zu Ehren von Floyd, und kleideten sich anläßlich dieser Zeremonie in ghanaische Kente-Schals, die sich seit einigen Jahren als Symbole für schwarzafrikanische Identität etabliert haben.
Die Buße für den Rassismus der Vergangenheit besteht in der Selbstaufgabe der Weißen zugunsten der farbigen Völker. Es geht nicht um “Gerechtigkeit” oder Gleichstellung, sondern um Unterwerfung, Umwertung und Umkehrung der Machtverhältnisse.
Zum hundertsten Mal scheinen die Visionen Raspails Wirklichkeit geworden zu sein, diesmal vor allem jene aus dem letzten Drittel des Romans, nachdem die “Armada der letzten Chance” an der französischen Küste gelandet ist, und die farbige Weltrevolution die westliche Zivilisation zusammenbrechen läßt:
wüste Eruptionen eines anti-weißen Rassen- und Klassenhasses; weiße Antifaschisten und Linksextreme, die sich den plündernden und brandschatzenden farbigen Horden anschließen; bizarre Massenprozessionen der Flagellanten der “weißen Schuld”; Polizisten und Militärs, die vor Hypermoral zermürbt vor den Randalierern buchstäblich in die Knie sinken; ein katholischer Klerus, der sich vom Papst abwärts vor dem Abgott der “Diversität” und des “Antirassismus” in den Staub wirft, und dabei so tut, als würde er weiterhin das Evangelium verkünden; eine wild gewordene Presse (im Heerlager mit einem apokalyptischen Tier gleichgesetzt), die tagtäglich dicke Schichten aus Lügen, Desinformation und Verhetzung aufeinanderstapelt.
Wir können getrost damit rechnen, daß dies nicht das letzte Mal sein wird, daß wir Zeugen derartiger Szenen werden. Die Agonie des Abendlandes kann sich theoretisch noch über Jahrzehnte hinwegziehen, und wir haben uns längst an einen grellen Irrsinn gewöhnt, den wir uns vor zehn Jahren kaum vorstellen oder eben nur in Raspails Roman satirisch überspitzt nachlesen hätten können.
Raspail war bis zuletzt zornig und enttäuscht über die Selbstkastration und Passivität seiner Landsleute, die selbst ein Massaker wie im Bataclan im November 2015 hinnahmen, ohne auf die Barrikaden zu steigen und die Kriegserklärung anzunehmen.
Dies brachte er in einem Interview, das er Konrad Weiß und mir im März 2016 gab, unmißverständlich zum Ausdruck:
Dieses Volk liebt es, sich zu beweinen. Aber ich habe keine wahrhafte Reaktion gesehen! Es gab stattdessen all diese Leute, die Blumenberge auf dem Place de la République häuften und sich die ganze Zeit beklagt haben; aber niemand hat den Feind beim Namen genannt, denn ein Feind ist es. Und dieser Typ da, der Präsident der Republik ist, hat noch nicht einmal das Wort „Islam“ ausgesprochen. Wenn es aber Gewalt gibt, muß man ebenfalls Gewalt anwenden. Sonst ist es sinnlos.
Am Ende von “Big Other” spricht Raspail von der Hoffnung, die europäischen Völker könnten zumindest in ethnologischen “Isolaten” überleben:
Kraftvolle Minderheiten, vielleicht 20 Millionen Franzosen (die übrigens nicht notwendigerweise alle weiß sein müssen), die weiterhin unsere gerade noch gerettete, unversehrte Sprache sprechen und an unserer Geschichte und Kultur in der Form festhalten werden, wie sie uns von Generation zu Generation überliefert wurde. Das wird nicht einfach sein. Angesichts der verschiedenen »kommunitarischen« Gemeinschaften, die sich heute in den Trümmern der Integration bilden und die sich bis 2050 dauerhaft und institutionell verankert haben werden, wird es sich hier – ich suche nach einem passenden Begriff – um eine Art Gemeinschaft der »Kontinuität des Französischen« handeln. Sie wird ihre Kraft aus den Familien schöpfen, ihren Geburtenraten, einer überlebensnotwendigen Endogamie, ihren Schulen, ihren solidarischen Netzwerken, sogar aus ihren geographischen Zonen, ihren territorialen Hoheitsgebieten und – warum nicht? – aus ihrem christlichen und mit etwas Glück auch katholischen Glauben, wenn dieser bis dahin erhalten bleibt.
Er nennt aber auch explizit von der Möglichkeit einer “Reconquista”,
die sich zwar ohne Zweifel vom spanischen Vorbild unterscheiden, aber von denselben Motiven beseelt sein wird. Es gibt Chancen, daß auch in Dänemark, in den Niederladen, in Belgien, in der Schweiz, in Norditalien, Österreich, ja vielleicht sogar in ganz Europa ähnliche Isolate erhalten bleiben, die sich einer solchen Bewegung anschließen könnten. Darüber gäbe es einen riskanten Roman zu schreiben.
Das Faszinosum Jean Raspails bestand nicht zuletzt in seiner Doppelnatur: als Schriftsteller herrschte er über ein ureigenes, bewußt unzeitgemäßes Königreich der romantischen Imagination, während er zugleich einen überaus scharfen, klaren, unerbittlichen, ja grausamen Blick auf die Gegenwart (und die Zukunft) besaß.
Ich würde sogar sagen, daß sein Royalismus bis zu einem gewissen Grad eine ästhetische Maske war, die allzu grobe Angriffe abfing und es seinen Gegnern schwer machte, ihn in die üblichen Schubladen zu stecken. Er entsprach aber auch seinem Prinzip der “Haltung”, war eine Rolle, die er spielte, weil sie schön war, weil sie einem “absolut unerreichbaren Traum” diente, weil sie seine Verachtung für den massendemokratischen Herdengeist und seine Liebe und Treue zum France éternelle der Helden und Heiligen zum Ausdruck brachte. Er diente ihm als eine Art innere Burg, in die er sich zurückzog, um den bösen Geistern des Heerlagers zu entfliehen, die ihn 1971 in einer Villa an der Côte d’Azur überfielen und bis an sein Lebensende nicht mehr losließen.
Nordlicht
Die Vergötterung von "Big Other" ist eine Schande. Was Raspail dazu geschrieben hat, sollte uns alle aufwühlen.
(Wie ein Freund, die mehr als 30 Jahre in der DDR leben musste, zu dem Gebräu aus Dummheit, Narzissmus und Hass gegen das Eigene sagt, das uns aus allen Medien entgegenquillt: "Die sind doch alle ins Gehirn geschissen!")
Als praktischen Schritt bin ich zu einem Schießsportverein (- keinen saufenden Schützenverein) eingetreten und bereite mich auf die Fachkundeprüfung als Voraussetzung für den Erwerb einer Waffe vor. Alternativ empfehle ich einen Jagdprüfung. Wir flüchten nicht.