Etwa eine Woche später publizierten die Oberösterreichischen Nachrichten eine Karikatur, die Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) beim fröhlichen Vergasen von identitärem Ungeziefer zeigt.
Damit feierte das Blatt die vereinten Initativen der Blauen und Türkisen gegen die geplante Einrichtung eines identitären Zentrums in Linz. Diese drastische Schädlingsvernichtungsmetaphorik war dann selbst antifantisch inspirierten Linksportalen wie FPÖ Fails oder Stoppt die Rechten nicht ganz geheuer. Im Gegensatz zu dem im Laufe des EU-Wahlkampfs hochgejazzten “Rattengedicht” hielten sich Empörung und mediale Aufmerksamkeit allerdings in engen Grenzen. Die OÖN publizierten schließlich eine kleinlaute Entschuldigung. Wenn sich ausschließlich Rechte beschwert hätten, wäre wohl gar nichts passiert.
Unterdessen fand bei Martin Sellner eine erneute (!) Hausdurchsuchung statt, der weitere Repressionsmaßnahmen folgten. In einem Schreiben der Grazer Staatsanwaltschaft wird von der IBÖ als “terroristische Vereinigung” gesprochen, als handele es sich dabei um eine zweifelsfrei festgestellte Tatsache.
Auch in der Bundesrepublik wurden identitäre Aktivisten Zielscheiben von Razzien: in Augsburg traf es eine 19jährige Schülerin, die eine Protestaktion für die “Opfer von Multikulti” veranstaltet hatte, in Nordrhein-Westfalen den Aktivisiten Kai von “Ruhrpott Roulette”, der mit Gesicht und Namen für seine Überzeugungen einsteht, ebenfalls für die Teilnahme an einer Protestaktion, die über ein Jahr zurückliegt, und dies am Geburtstag seiner kleinen Tochter.
Ich kann mir kaum vorstellen, daß die Verantwortlichen tatsächlich glauben, es gäbe hier justiziables Material zu holen. Es geht hier wohl in erster Linie um den abschreckenden, erzieherischen Wert. Oder um es drastischer zu sagen: um Staatsterror. Politische Oppositionelle werden aus den nichtigsten Gründen grob in ihrer Intimsphäre verletzt, kriminalisiert, erniedrigt, eingeschüchtert. Legaler, friedlicher Protest soll verunmöglicht werden, und wer sich daran beteiligt, läuft in Gefahr, von der Justiz wie ein Verbrecher behandelt zu werden.
Die andere Backe der Zange ist die auch physische Bedrohung durch Linksextremisten. An der Uni Leipzig wurde ein 21jähriger Aktivist von drei vermummten Antifas hinterrücks attackiert, die ihm ins Gesicht schlugen und die Nase brachen. Als sie davonliefen, riefen sie: “Da ist ein Nazi! Da ist ein Nazi!” Auch in Leipzig arbeiten sogenannte “linke und antirassistische Aktivisten”, etablierte linke Parteien (Grüne, Linke, SPD), Kirchen und Kulturschaffende in einem Anti-AfD-Bündnis Hand in Hand, um “immer wieder offensiv deutlich machen, dass Hass keine Alternative für diese Gesellschaft ist”.
Antifa-Attacken auf echte oder vermeintliche Rechte aller Art sind sehr häufig, und fast jeder, der im rechten Spektrum aktiv ist, hat sie schon erlebt. Die Bandbreite reicht von Beschimpfungen, Drohungen und Morddrohungen im Netz, Privatadressen-Leaks, Denunziationen beim Arbeitgeber über angefackelte Autos, beschmierte Häuserwände, eingeschlagene Fensterscheiben bis hin zu Pöbeln, Bespucken, Treten, Prügeln, Schlagen und Niederschlagen.
Dabei gibt es Exemplare, die mit einer verblüffenden Hemmungslosigkeit vorgehen. Ihr gutes Gewissen, gegen das absolut Böse und absolut böse Menschen vorzugehen, erlaubt es ihnen offenbar, ihren Aggressionen freien Lauf zu lassen. Normale Anstandsregeln im zwischenmenschlichen Umgang gelten nicht mehr. In den Objekten ihrer Gewalt sehen sie Un- und Untermenschen, denen keinerlei Grundrechte zustehen, da diese ja angeblich selbst die Grundrechte anderer aufheben wollen, wenn nicht Schlimmeres.
Ich bin mir nicht sicher, was wirklich in diesen Köpfen vorgeht, und gewiß gibt es hier unterschiedliche Typen und Motivlagen. Manche scheinen die moralische Erlaubnis geradezu zu genießen, eine Opfergruppe unter dem Beifall und mit der Erlaubnis des Establishments hassen und angreifen zu dürfen. Im Namen des Anti-Faschismus “darf” man sich verhalten wie der schlimmste “Faschist” (gemäß ihrem eigenen Klischee-und Feindbild), und wird dafür auch noch gesellschaftlich belohnt.
Andere wiederum scheinen ernsthaft Angst zu haben vor “Rechten”. Sie sehen in quasi jedem Rechten einen potenziellen Nazimörder, der sich nur gut getarnt hat, und der kurz vor der Machtergreifung steht. Ihr Weltbild hat infantile Züge, ist manichäisch und stark emotionalisiert. Auch das ist Ergebnis einer jahrzehntelangen Propaganda, die Schicht um Schicht, Hetzkampagne um Hetzkampagne aufgetragen wird, bis sie in Fleisch und Blut übergegangen ist und Affekte erzeugt, die so gut wie jederzeit abrufbar sind.
Hier wird nichts anderes als eine Art moderner Dämonologie betrieben, ein Mythos von Werwolfmenschen in die Welt gesetzt, die “mitten unter uns” seien, “unsere Demokratie” bedrohen, und von einem völlig irrationalen “Haß” angetrieben werden.
Ich erinnere nur an die “Kunstaktion” mit dem Titel “Die Wölfe sind zurück”, die unter anderem in Berlin, Hamburg, Chemnitz und Dresden zu sehen war. Darin wurde die “rechtspopulistische Gefahr” durch bewaffnete und den Arm hebende Horrorskulpturen dargestellt, namentlich genannt wurden etliche AfD-Politiker.
Wenn das nicht Hetze, Verhetzung, Aufhetzung ist, was dann?
Die, so vermute ich mal ganz forsch, Folge dieser Beschwörungen ist eine außerordentlich hohe Zahl an Übergriffen auf AfD-Einrichtungen und ‑politiker. Sogar der linke “Faktenerfinder” Patrick Gensing mußte im Januar einräumen, daß die AfD am weitaus häufigsten attackiert wird. Die Zeit berichtete im selben Monat über Verwüstungen von AfD-Büros, “nun sogar mit Bomben”, während “im Internet weiter zu Angriffen aufgerufen” werde.
Das ist keine Neuigkeit: Bereits 2016 war der Aggressionspegel teilweise so hoch, daß sich etwa in Brandenburg acht von zwölf politischen Angriffen gegen die AfD richteten. “Die Gewalt gegen AfD-Mitglieder durch Linksextreme hat erschreckende Ausmaße angenommen”, schrieb Markus Wehner im Mai 2016 in der FAZ, doch “eine öffentliche Debatte darüber findet nicht statt.” Er kam zu dem Fazit: “Wenn es gegen rechts geht, gelten andere Maßstäbe”, und nannte auch einen Schreibtischtäter:
Allerdings hat auch die AfD ein Recht, als demokratische Partei ungehindert agieren zu können. Das sehen anscheinend nicht alle Politiker anderer Parteien so. „Fakt bleibt, man muss Positionen und Personal der Rechtspopulisten attackieren, weil sie gestrig, intolerant, rechtsaußen und gefährlich sind!“, twitterte etwa der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner am 8. Mai. Dabei müsste Gewalt in der politischen Auseinandersetzung ausnahmslos geächtet werden.
War das nun unfair? Hat indes ein AfD-Vertreter von Bedeutung einmal Ähnliches gesagt oder geschrieben? „Fakt bleibt, man muss Positionen und Personal der Linksversifften attackieren, weil sie Volksverräter, intolerant, linksaußen und gefährlich sind!“
Es kann keinen Zweifel geben, daß das hohe Ausmaß an Gewalt gegen die AfD mit der permanenten medialen Zeichnung der Partei und ihrer Protagonisten als “Nazis”, als “braune Gefahr”, als “Rechtsextremisten” usw. zusammenhängt. Dies schafft ein Klima, das Antifanten, die ohnehin schon wenig Skrupel kennen, ermutigt, zu Taten zu schreiten. (Man sieht, daß ganz nach “Lichtmesz-Sommerfeld-Gesetz” sämtliche sprachlichen Phrasen “gegen rechts” faktisch auf ihre Urheber zurückfallen).
Jedesmal, wenn ein Journalist X in einem Artikel Person Y als “Rechtsextremisten” bezeichnet, erhöht er die Gefahr, daß Y eines Tages von Antifas terrorisiert wird, bis hin zur Gefährdung von Leib und Leben.
Was die laufende Kampagne an den Mordfall Lübcke anhängt, wurde bereits 2011/12 vollorchestriert durchgespielt. Damals gab es noch keine AfD, der man die Morde des angeblichen “NSU” anlasten konnte, aber das Trio Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe wurde von den staatlichen Hohepriestern als böser Spiegel präsentiert, in dem sich jeder nicht auf globalistisch-multikulturalistische Linie gebrachte Linie Deutsche und “Alltagsrassist” wiederzuerkennen habe.
Merkel äußerte damals in einer Rede:
Doch Intoleranz und Rassismus äußern sich keineswegs erst in Gewalt. Gefährlich sind nicht nur Extremisten. Gefährlich sind auch diejenigen, die Vorurteile schüren, die ein Klima der Verachtung erzeugen. Wie wichtig sind daher Sensibilität und ein waches Bewusstsein dafür, wann Ausgrenzung, wann Abwertung beginnt.
Die Melodie ist dieselbe wie heute (es lohnt sich vielleicht, meine Analysen von damals nachzulesen: Hier, hier, hier, hier, hier, hier). Jeder “Haßrede”-Poster, der aus diesem oder jenem Grund mit der Einwanderungspolitik der Regierung unzufrieden ist, wäre demnach nur ein paar Intensitätsgrade vom NSU entfernt, ebenso wie er heute nur ein paar Intensitätsgrade von dem Mordverdächtigen Stephan E. entfernt ist. Und das Schöne an dem “Haßrede”-Begriff ist, daß er keine klare Definition hat, nahezu beliebig ausgedehnt und eingesetzt werden kann.
Daß diese Vorstellungen in den Köpfen so vieler so rasch und scheinbar so schlüssig einrastet, hat mit einer viel umfassenderen Erzählung zu tun. Ihr Fluchtpunkt ist ein bestimmtes, unterkomplexes, entkontextualisiertes und dämonologisches Bild des historischen Nationalsozialismus, der als eine Art Quintessenz, Reinform des “Rechten” gehandelt wird, während alle weiteren Positionen des rechten Spektrums als bloße Verdünnungen oder homöopathische Hochpotenzen angesehen werden.
Im Gegensatz dazu sieht man linkstotalitäre Pendants zum Nationalsozialismus wie den Stalinismus als Entgleisungen, Verzerrungen, Entartungen, Verfälschungen des “eigentlich” Linken. Die Verhandlungsbasis ist also so ungleich, wie sie nur sein kann.
Wie mächtig sie ist, zeigt sich darin, daß selbst Rechte die Sprache und die Kategorien des politischen Gegners übernommen haben – etwa wenn sie Antifanten oder Heiko Maas als “Faschisten” oder “die wahren Faschisten” bezeichnen, womit eine bestimmte repressiv-fanatische Grundhaltung gemeint ist, die auch vor Gewalt nicht zurückschreckt.
Man könnte die fraglichen Tendenzen mit ebenso großem, wenn nicht größerem historischen Recht als “bolschewistisch”, “kommunistisch” oder “stalinistisch” brandmarken. Damit gewönne man aber keinerlei Debattenvorteil. Diese Begriffe taugen nicht zur Ächtung, weil sie im Bewußtsein der Massen so gut wie keine affektive Verankerung haben, nicht Teil der Dämonologie der globalistisch-liberalen Welt sind. Deren metaphysischer Satan ist der “Faschist”, weshalb auch jeder seinen “Faschisten” hat und jeder dem anderen diesen unüberbietbaren schwarzen Peter zuzuschieben sucht.
Je mehr sich jedenfalls die Sicht durchsetzt, daß jeder Konservative oder Rechte nur Potenzgrade von der Ur-Essenz des NS entfernt ist, umso weniger Toleranz ist selbst gegenüber den mildesten und “vercucktesten” Formen des Konservativen möglich: Enthalten doch auch diese Viren und Infektionsherde, Moleküle des absoluten Bösen, die nicht toleriert werden dürfen.
Damit wird jedem Rechten qua Rechtssein ein grundsätzlicher ethischer Defekt und Webfehler unterstellt. Er steht damit jenseits der herrschenden universalistisch-humanitären Moral (oder Hypermoral) und darum auch potenziell hors la loi. So wird über Rechte in einer Form gesprochen, als hätte man ihnen bereits jetzt de facto alle Grundrechte, die geschriebenen wie ungeschriebenen, aberkannt. An dieser Tendenz ändern auch gelegentliche Interventionen wie jene von Gauck wenig, der hier offenbar versucht hat, den “guten Polizisten” zu spielen.
Im Rahmen dieser Erzählung waren schon die Morde des angeblichen “NSU” eine Art “Mikroholocaust”, aus dem man quasi eine neue, frische Kollektivschuld schöpfen konnte. Ebenso wird der Mord an Lübcke als eine Art “Nanoholocaust” gehandelt. Voraussetzung ist eine sakrale Hierarchie der Opfer und Täter, wie ich sie in diesem Kaplakenband dargestellt habe. Es handelt sich hierbei im Grunde um metaphysische, wenn nicht religiöse Kategorien. Der Rechte, der darüber klagt, wenn ihm jemand den Schädel eingeschlagen hat, “stilisiert sich zum Opfer”, weil er qua Rechtssein ein “Täter” ist, und es nicht anders verdient hat.
Dieses “Mindset” fand ich (unfreiwillig) karikaturhaft bei einem ganz gescheiten Twitter-User dargestellt:
Mehr noch als bei dem Fall “NSU” (ich erspare mir hier weitere Ausführungen), ist die Basis für die Kollektivbezichtigung der Gesamtrechten, expressis verbis bei Erika Steinbach und Max Otte angefangen, äußerst dünn. Es heißt, Lübcke wäre ermordet worden, weil er sich für Flüchtlinge engagiert und Dinge gesagt habe, die von der AfD kritisiert worden sind. Unter anderem folgendes:
Da muss man für Werte (Aufnahme von Geflüchteten) eintreten. Und wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er will. Das ist die Freiheit eines jeden Deutschen.
Das war in der Tat eine unverschämte Provokation, beispielhaft für die Arroganz des Establishments, und hat zu Recht Empörung und Kritik ausgelöst. Diese Empörung und Kritik sollen nun nicht mehr erlaubt sein, weil sie angeblich zur Ermordung Lübckes geführt haben. Aber sein furchtbarer Tod ändert nichts an der Kritikwürdigkeit dieser Aussage. Umgekehrt kann wohl nur ein vollendet perverser Mensch auf die Idee kommen, jemanden deshalb umzubringen (ein Grund mehr, warum der Täter kaum als exemplarisch anzusehen ist – oder warum das angegebene Tatmotiv eine Lüge sein könnte.)
Lübcke soll postum zur unangreifbaren, numinosen Figur, zum Märtyrer erklärt werden. Man nennt das “Instrumentalisierung”. Mit schlechtem Gewissen und Androhung von Stigmatisierung soll die Opposition mundtot gemacht werden, während das Establishment weiterhin keinen Genierer haben muß, wenn es darum geht, große Teile der eigenen Bevölkerung zu ächten, zu verhöhnen und zu verleumden.
Schon lange, bevor ein Täter präsentiert wurde, las man in einigen Medien, daß “Rechtsextreme” das Opfer “verhöhnen” würden. Da konnte man die Nachtigall bereits trapsen hören. Mir persönlich war jedenfalls Lübcke bislang kein Begriff, und in meiner rechten Info-Blase gab es niemanden, der seinen Tod bejubelt hätte.
Zwei Wochen nach dem Mord wurde ein vorbestrafter, 45 Jahre alter Veteran der Neonazi-Szene verhaftet. Angeblich hat er Kontakte zu einer militanten Gruppe namens “Combat 18” (eine auch via ARD-Monitor verbreitete Meldung, er wäre erst kürzlich auf einem Treffen dieser Gruppe gewesen, erwies sich als “Fake News”), mithin einem Verein, der eine geradezu klassische V‑Mann-Spielwiese bietet, wenn er nicht überhaupt ein Geheimdienstkonstrukt ist.
Teile der radikalen Linken fordern bekanntlich eine Veröffentlichung der für 40 (vor kurzem noch: 120) Jahre gesperrten “NSU”-Akten. Sie erwarten sich davon eine Bestätigung ihrer ernsthaft gehegten Phantasie, daß der Verfassungsschutz von Nazis geleitet wird, die einen faschistischen tiefen Staat bilden. Dabei ist vermutlich das genaue Gegenteil der Fall: Nazi-Organisationen werden von Verfassungsschützern geleitet, denn man weiß nie, wann man wieder einmal ein Krokodil braucht, das die Strategie der Spannung befeuern soll.
Dieser Stephan E., der seit den neunziger Jahren aktiv ist, und wohl kaum durch Alice Weidel und Erika Steinbach radikalisiert wurde, wurde blitzartig als Vorwand benutzt, um das komplette rechte Lager von der Werte-Union abwärts in Geiselhaft zu nehmen. (Einige versuchten bereits, die Meute nach Schnellroda zu locken – so Sigmar Gabriel und Karin Göring-Eckardt.)
Ehe noch irgendeine Verbindung zur AfD nachgewiesen werden konnte (abgesehen von einer angeblichen Spende in der Höhe von 150,- im Jahr 2016, woher kennen wir das bloß?) wurde die gesamte Partei beschuldigt, mitgeschossen zu haben. Ein vollkommenes Gleichsetzungsdelirium: Dieser Stephan E. wurde nun als die Quintessenz und letzte Konsequenz des rechten Denkens hingestellt.
Jeder AfD-Vertreter, ‑Sympathisant und ‑Wähler sollte sich nun in einer obskuren Figur wiedererkennen, die einem notorisch V‑Mann-durchseuchten Subkulturghetto entstammt, mit dem die meisten Menschen keine Berührung haben. 1993 wurde Stephan E. wegen eines gescheiterten Sprengstoffanschlags auf ein Flüchtlingsheim zu sieben Jahren Haft, 2010 “zu sieben Monaten Freiheitsstrafe wegen Landfriedensbruch und versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt” (Quelle, Quelle). Denoch wurde er angeblich seit 2009 nicht mehr als extremistischer Gefährder auf dem Schirm des VS geführt.
Zusätzlich soll 2015 sein Datensatz “im NABIS-System (Die digitale Terror-Kartei der NATO) gelöscht worden sein”. Und rein zufällig hockt im Regierungspräsidium von Kassel, bei der Behörde, deren Chef Lübcke war, ein gewisser Andreas Temme (Quelle), ein ehemaliger (?) V‑Mann, der 2006 bei einem der “NSU”-Morde in einem Nebenzimmer ANWESEND war (Quelle).
Die einzige Verbindung dieses Stephan E. zu Lübcke war ein DNS-Fussel, der auf der Kleidung des Ermordeten entdeckt wurde. Es kursierten weitere Details, die Hadmut Danisch so zusammenfaßt:
Es geht wohl im wesentlichen um diesen Rettungssanitäter, der da den Tatort gereinigt hat. Was mir bisher nicht bekannt war: Der erste Verdächtige, den man auf einer Fähre festgenommen, aber wieder freigelassen hatte, soll eben jener Rettungssanitäter sein. Man habe verhindern wollen, dass die Tatwaffe per Fähre in der Nordsee verschwindet. Habe sie aber nicht gefunden. Auch habe der keine Schmauchspuren an den Händen gehabt. Deshalb habe man ihn wieder freigelassen.
Der habe bosnische Wurzeln, sei mit Lübckes Sohn befreundet und habe eine „Schrottimmobilie” gekauft, die vorher Lübcke gehört habe. Der sei auf einer Kirmes 100 Meter vom Grundstück entfernt gewesen, während Lübckes Sohn selbst den Vater gefunden und den Kumpel von der Kirmes gerufen habe. Und der habe dann noch vor dem Eintreffen der Polizei den Tatort mittels eines „Felgenreinigers” (ist ein Hochdruckreiniger gemeint?) von Spuren gereinigt.
Am 25. Juni gestand Stephan E. die Tat und bestätigte die bisherigen Mutmaßungen:
Über sein Motiv sagte er nach SPIEGEL-Informationen, seine Tat sei eine Reaktion auf Lübckes Äußerungen über Flüchtlinge im Oktober 2015 im hessischen Lohfelden gewesen.
Er beteuerte, als Einzeltäter gehandelt zu haben, und die Generalbundesanwaltschaft erklärte, daß es noch keine Hinweise darauf gebe, daß „der Beschuldigte in eine rechtsterroristische Vereinigung eingebunden gewesen sein könnte“.
Mithin wäre Stephan E. zu jener seltsamen Sorte der bundesdeutschen Rechtsterroristen zu zählen, die wie der “NSU” darauf verzichten, durch ein offenes Bekenntnis zu ihren Taten Terror zu verbreiten, und die stattdessen offenbar aus reinem privaten Blut- und Vergeltungsdurst morden, zum Teil vier Jahre, nachdem jemand etwas gesagt, das ihnen nicht gefallen hat.
Die Hexenjagd war aber schon lange vor dem Geständnis eröffnet worden; Peter Taubers Kriegserklärung gegen “rechts” war am 19. Juni erschienen (Kubitscheks Kommentar hier). Nach E.s Geständnis meldete sich Wolfgang Schäuble zu Wort:
“Das Machtmonopol des Staates ist dazu da, dass es auch angewandt wird. Konsequent und durchschlagend”, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch im Bundestag. Sollten sich die Vermutungen der Bundesanwaltschaft über die Tatmotive bestätigen, wofür nach dem Geständnis des Tatverdächtigen vieles spreche, “haben wir es mit einem erschreckenden Ausmaß an rechtsextremistischer Gewalt zu tun”, betonte Schäuble. “Es ist am Rechtsstaat, die weiteren Hintergründe zügig und umfassend aufzuklären – und an der Politik und den Sicherheitsbehörden, dafür zu sorgen, dass sich beweist, wovon beim Grundgesetz-Jubiläum so viel die Rede war: die wehrhafte Demokratie”.
Nach dem gewalttätigen Antifa-Überfall auf den AfD-Politiker Magnitz hatte Schäuble geäußert:
Bundespräsident Schäuble wünschte Magnitz im Namen des Bundestages eine schnelle und vollständige Genesung. Schäuble empfahl jedoch auch Zurückhaltung bei Mutmaßungen über Tathergang und ‑motive bis die Ermittlungsarbeit abgeschlossen sei. Gerade weil Gewalt kein Mittel der Politik sein dürfe, sollte eine kriminelle Straftat nicht zu politischen Zwecken missbraucht werden.
Gewiß, Magnitz wurde “nur” verletzt, und nicht ermordet. Aber diese noble Zurückhaltung kennt man auch aus anderen Zusammenhängen, etwa im immer gleichen Nachspiel zu islamistischen Attentaten und ähnlichen “Einzelfällen”, die um gar keinen Preis verallgemeinert werden dürfen.
Drastisch, aber wohl treffend hat unser geschätzter Freund Raskolnikow diese “Hierarchie der Opfer” in Aktion kommentiert:
Seit Jahren werden tausende Deutsche von denen, die die CDU hierhergeholt hat, vergewaltigt & ermordet. CDU: “Müssen wir aushalten, Arschloch, wander’ doch aus, wenn es Dir nicht passt!” Es trifft einen (1) Bonzen. CDU: “Ermächtigungsgesetze her! Staatsgefahr. Endlich handeln!”
Am 2. Juli widerrief Stephan E. sein Geständnis. Wie es weitergeht, ist zu diesem Zeitpunkt unabsehbar. Fest steht lediglich, daß sich Medien und Politik von ihrem einmal in Umlauf gebrachten Narrativ nicht abbringen lassen werden.
Die Trompeter der öffentlichen Meinung verhalten sich wie NKWD-Kommissare in der Zeit der stalinistischen Schauprozesse: Die Angeklagten, die “unsere freie Gesellschaft” wie “Krebs” befallen haben oder ihr “demokratisches Grundwasser” ein “Ölfleck” verschmutzen (Polenz) sind “guilty by accusation”- das Urteil steht von vornherein fest, der Verdacht genügt, alles, was dagegen spricht, ist Mimikry und Camouflage, die “entlarvt” und “decodiert” werden muß, während jeder Versuch der Angeklagten, sich gegen die ungeheuerlichen Anschuldigungen und Unterstellungen zu wehren, als frecher, infamer Versuch gewertet wird, “sich und andere Nazis” – Sie haben es erraten – “als das eigentliche Opfer darzustellen” (exemplarischer O‑Ton eines Twitter-Antifas).
Daß der AfD-Politiker Uwe Junge in der Manege “Hart, aber fair” die Chance bekam, sich einem Hyänenrudel von vier linken Opponenten mit Einheitsmeinung in einer öffentlichen Diskussion zu stellen, wurde mit mehrschichtiger Empörung quittiert. Was war schlimmer, daß dieser widerliche Faschist überhaupt sein widerliches Faschistenmaul aufmachen durfte (da sei der Staatsfunk vor!), oder daß er (vermeintlich) überproportional Redezeit für sich beansprucht hatte (was den Moderator Frank Plasberg den Kommissaren langsam verdächtig macht)?
Was war das größere Versagen dieser Show, daß man das festgelegte Debattenziel nicht erreicht hatte, “eine Verbindung zwischen rechtem Terror und der AfD herzustellen” (Spiegel Online), oder daß “Junge als Vertreter des gemäßigten Flügels die AfD über eine Stunde als ‘bürgerlich demokratische Partei’ anpreisen konnte” (Tagesspiegel)?
Nein, nicht die Einladung eines AfD-Vertreters muss kritisiert werden, vielmehr sollte es dann aber auch ein ausgemachter Brandstifter sein, dem dann von einem angriffslustigen Moderator mit der ganzen Härte der Fakten seine Verantwortung nachgewiesen werden kann.
Man hat Junge also nicht genug fertig gemacht und vorgeführt, noch jemanden ausgesucht, der sich zum Buhmann eignet, um ihn dann fertigmachen und vorführen zu können. Und zu keinem anderem Zweck, also zum Fertigmachen und Vorführen, sollen AfD-Vertreter nach dieser Logik eingeladen werden. (“Härte der Fakten” ist auch insofern besonders witzig, als die “Verantwortung” und “Brandstifung” rein durch den nebulosen Begriff der “Haßrede” konstruiert wird.)
Die nazidürstigen Kommissare sind derart verzweifelt auf der Suche nach ihrem braunen Monster, daß am Ende ein unbeteiligter junger Mann aus dem Publikum auf Zupfiff eines pseudonymen Berufsdenunziaten aus dem Umfeld der Amadeu-Stiftung seine fünfzehn Minuten Rufmord erleben durfte - wegen einer vermeintlichen Handgeste (!), die auch in ihrer beabsichtigten Form niemals anders denn als Witz und Getrolle benutzt wurde, insbesondere, um die Nazidürstigen ad absurdum zu führen.
Übrigens wurde Uwe Junge 2016 selbst Opfer einer Antifa-Attacke. Der Angreifer schlug Junge “mit der Faust ins Gesicht und trat nach ihm. Junge erlitt je ein Hämatom (Bluterguss) unter einem Auge und an einem Schienbein.” Er mußte im Krankenhaus operiert werden. Spiegel Online kommentierte dies spöttelnd (ist ja nur ein Rechter, der sich zum Opfer stilisiert und es eigentlich verdient hat):
Dabei legt Junge nur die übliche Strategie an den Tag, von Anfang an. Gewiss berühre ihn der Mord, er sei schließlich schon selbst Opfer von Gewalt geworden; die Redaktion unterstützt dieses Manöver, indem sie ein Bild von Junge im Krankenhaus einblendet. Armer Junge.
In diesen Tagen haben selbst manche kluge Kommentatoren jegliche Bodenhaftung verloren. So beklagte Marc Felix Serrao in der NZZ die “enthemmte Sprache” der AfD, die ein “Dünger für Gewalt” sei, wobei er blindlings das eilig lancierte Mordnarrativ für bare Münze nimmt:
Schäuble hat recht: Wer nach dieser Tat noch die oben beschriebene Sprache benutzt, macht sich mitschuldig, nicht zwingend strafrechtlich, aber als Bürger. Den Acker der Gewalt kann man düngen, von rechts wie von links. Man muss aber versuchen, ihn auszutrocknen. Es ist höchste Zeit.
Als Beispiele für schreckliche, unbürgerliche Sprachenthemmungen, die den Keim von Kopfschußprojektilen schon in sich tragen, nennt Serrao:
Der Evangelische Kirchentag? Eine «schizophrene Irrsinnsveranstaltung». Angela Merkel? Eine ins «linksgrüne Lager abgedriftete Kanzlerdarstellerin». Die CDU-Chefin? «Meinungsdiktatorin AKK». So geht das ohne Unterlass.
Das ist, mit Verlaub, jenseits von Gut und Böse.
Man muß hier gar nicht die einschlägigen Pendants der Gegenseite bemühen, die über ungleich größere politische, mediale, finanzielle und juristische Macht verfügt, was die Vertreter der AfD unter einen ständigen Ächtungs‑, Ausgrenzungs- und Verleumdungsdruck stellt. Auch nicht die mitunter irrsinnige, empörende Realität, auf die eine solche Sprache antwortet. Man muß nur das ohrenbetäubende Getöse des Niagarafalls hören, der gerade ohne Damm und Bremse auf das Land niederprasselt und jedes rationale Denken überflutet.
Deutschland bekommt nicht zum ersten Mal eine massive Angst‑, Haß‑, Frust‑, Aggressions-Injektion verabreicht, von denselben Leuten, die vorgeben, als vermeintlich haß- und angstlose Musterdemokraten gegen die Dämonen “Angst” und “Haß” zu kämpfen. Es ist Volksverhetzung im reinsten Wortsinn. Es sieht beinahe danach aus, als wolle der politisch-mediale Komplex die “Radikalisierung” der Linken wie der Rechten mit allen psychoterroristischen Mitteln herbeischreiben. Oder ist es nur ein wahnhafter Blindflug?
Hier habe ich für die Nachwelt eine kleine Collage aus Zeitungsmeldungen und Twitter- & Facebookdemoskopie gebastelt, die den laufenden Wahnsinn vielleicht besser vermittelt, als es mir hier gelungen ist. Wegen ihrer Größe mußte ich sie in zwei Hälften teilen. Man kann sie anklicken, vergrößern, und, so man will, eingehend darüber meditieren, welches Menetekel hier wohl allmählich sichtbar wird.
MARCEL
"Bestrafe einen, erziehe hundert" (Mao Zedong). Danke für diese detaillierte Übersicht, die man sonst kaum zu lesen bekommt! Kampf gegen Rechts, Klimarettung, "Seenotrettung" u.ä. sind Vehikel zur Errichtung eines autoritären Regimes, das alles als Notverordnung ausgeben wird, was zu einer waschechten Diktatur gehört. Aus Sicht des Systems durchaus logisch, weil nur so gewährleistet wird, dass das Volk (zumal das deutsche) alle kommenden Qualen (EU, Euro, Target-2, Enteignungen, Abgabenlasten, Baby-Boomer-Rente etc. etc.) demütig ertragen wird. Ich hoffe, das Kalkül geht nicht auf!