Mit schwarzen Fingernägeln – Schwaerzel las aus “Schizoid Man”

Sebastian Schwaerzel, oder wie auch immer er tatsächlich heißen mag, las in Wien aus seinem Roman Schizoid Man, wohlwollend besprochen von Kositza und generell in "unseren" Kreisen ziemlich gehypet. Volker Zierke hat den Autor für den Podcast von Jungeuropa interviewt. Ich habe ihn nun "live" gesehen, und weiß jetzt, daß er tatsächlich existiert.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Der Ver­an­stal­tungs­ort paß­te auf­grund sei­ner Obsku­ri­tät recht gut zu dem abge­fuck­ten, noto­ri­schen Ruf, der dem Werk mitt­ler­wei­le vor­an­geht. Ver­steckt in einer Sei­ten­stra­ße der Groß­stadt, im Kel­ler eines leer­ste­hen­den Alt­baus, der nur über eine Wen­del­trep­pe erreich­bar war, bis an die Decke voll­ge­stopft mit anti­qua­ri­schen, gut sor­tier­ten Büchern aller Art, fan­den sich bei Ker­zen­licht (Strom­ver­sor­gung gab es nicht) etwa drei­ßig Besu­cher ein.

Das Publi­kum war wild, aber auf selt­sa­me Wei­se stim­mig zusam­men­ge­wür­felt. Die anwe­sen­den Frau­en waren aus­schließ­lich schön, etwa die Hälf­te davon Typ Anarcho-Bohè­me (oder sowas) mit lan­gen, dunk­len Haa­ren, Stirn­fran­sen, schwar­zen Kla­mot­ten und Täto­wie­run­gen. Ver­ein­zelt sah man jun­ge, kon­ser­va­tiv-katho­li­sche Damen mit auf­ge­räum­tem Aus­se­hen und ele­gan­ten, geschmack­voll gewähl­ten Klei­dern (eine war ganz in gelb geklei­det, pas­send zum Ein­band des Buches). Ich erspäh­te auch drei bekann­te Gesich­ter aus dem “451”-Lesekreis.

Auf­fal­lend war auch ein jun­ger Mann, der aus­sah wie Tim Roth in sei­ner Skin­head-Rol­le in Made in Eng­land, mit Ohr­rin­gen und einem NON-Shirt. Dann der bekann­te Kopf einer vor allem in der “schwar­zen Sze­ne” belieb­ten Kult­band, die seit den spä­ten acht­zi­ger Jah­ren aktiv ist. Anwe­send war auch Castrum-Chef Ledio Alba­ni, Ver­le­ger von Schwaer­zels Roman, mit Ste­fan-Geor­ge-Fri­sur, gel­ber, gepunk­te­ter Kra­wat­te und schwar­zer Lederjacke.

Bücher­men­schen, obsku­re Roman­au­to­ren, Fou­cault-Anhän­ger und Speng­le­ria­ner, Lite­ra­ten und Cine­as­ten. Einer hat­te wie sei­ner­zeit ich sel­ber das von Peter Kubel­ka initi­ier­te Pro­gramm “Was ist Film?” im Film­mu­se­um in der Alber­ti­na bei­na­he kom­plett durch­ge­ses­sen, also auch die extrem lang­wei­li­gen oder extrem kras­sen Expe­ri­men­tal­fil­me, die den in der Regel ohne­hin recht spär­lich besuch­ten Saal rapi­de zu lee­ren pfleg­ten. Mit ande­ren sprach ich über Veit Har­lan und Ken­neth Anger, QRT und Chris­ti­an Böhm-Ermol­li. Mit ande­ren Wor­ten, ich fühl­te mich ziem­lich zuhause.

Zu trin­ken gab es für eine freie Spen­de Dosen­bier und ein wider­lich schme­cken­des Kirsch­li­kör, das sich selbst als “Wikin­ger­ge­tränk” aus­gab und des­sen Fla­schen mit Runen geschmückt waren. Es stand kis­ten­wei­se zur Ver­fü­gung, gra­tis ent­nom­men aus den Res­ten einer Fir­ma, die in Kon­kurs gegan­gen war.

Schwaer­zels Out­fit und Gesichts­zü­ge erin­ner­ten mich an den “Pickup-Artist”-Kaiser der 2000er Jah­re, “Mys­tery” Erik von Mar­ko­vik, inklu­si­ve Kajal­stift unter den Augen und schwarz lackier­ten Fin­ger­nä­geln. Ob ich das erfun­den habe, oder ob er in Wirk­lich­keit eher so aus­sieht wie auf dem Autoren­fo­to des Castrum-Ver­la­ges, über­las­se ich den Lesern. Das ärmel­lo­se Shirt offen­bar­te kräf­ti­ge Ober­ar­me, somit schei­nen die “Gym”-Exzesse, die in sei­nem Buch eine gewich­ti­ge Rol­le spie­len, nicht aus zwei­ter Hand zu stammen.

Sein Vor­le­se­stil war pas­siv-aggres­siv, mit lei­ser, unbe­ton­ter Stim­me, sodaß es mit­un­ter rein akus­tisch schwie­rig war, ihm zu fol­gen. Das erin­ner­te mich an einen ande­ren “kon­tro­ver­sen” Autor, Peter Sotos (gugeln auf eige­ne Gefahr), den ich vor vie­len Jah­ren ein­mal in Ber­lin lesen hör­te, und der sich auf ähn­li­che Wei­se kei­ner­lei Mühe gab, sei­nem Nischen-Publi­kum irgend­et­was etwas zu “bie­ten”.

(Sotos “kon­tro­vers” zu nen­nen ist einer­seits gera­de­zu euphe­mis­tisch, was den extre­men, grau­sa­men Inhalt sei­ner Bücher angeht, auf einer ande­ren Ebe­ne aller­dings auch schon wie­der nicht ganz wahr, ange­sichts der Tat­sa­che, daß er mit Gas­par Noé abhängt und im Cent­re Pom­pi­dou und im Palais de Tokyo in Paris auf­tre­ten durf­te. Sei­ne Tex­te sind schwar­ze Löcher, wider­lich und depri­mie­rend genug, um als “Kunst” durch­zu­ge­hen und auch im sub­ven­tio­nier­ten Main­stream als Spar­ten­pro­gramm gedul­det zu wer­den. Über­haupt ist das Kon­zept des “trans­gres­si­ven” Künst­lers mau­se­tot und nur mehr eine Scha­ra­de für leicht­gläu­bi­ge Roman­ti­ker. Aber davon ein andermal.)

Schwaer­zel jeden­falls eröff­ne­te die Lesung mit dem “Dis­clai­mer”, daß der Ich-Erzäh­ler sei­nes Buches selbst­ver­ständ­lich nicht er sel­ber, son­dern eine Kunst­fi­gur sei, und daß er in kei­ner Wei­se zu Gewalt, Ter­ro­ris­mus, Home­ma­de-Bom­ben­bas­teln, Tran­sen­sex oder Selbst­ver­stüm­me­lung aufrufe.

Im Inter­view mit Vol­ker Zier­ke äußer­te er, sein “Schi­zo­id Man” sei “ein Ter­ro­rist, das jedoch in sei­ner urei­gens­ten Form, da ihm jede Ideo­lo­gie oder Ziel­set­zung fehlt.”

Das paßt zu “Klas­si­kern” wie Boris Sawin­kow oder auch Luis Buñuel (ein Kom­mu­nist), der in sei­ner Auto­bio­gra­phie Mein letz­ter Seuf­zer schrieb:

Die Sym­bo­lik des Ter­ro­ris­mus, die unse­rem Jahr­hun­dert zu eigen ist, hat mich immer ange­zo­gen. Ich mei­ne den tota­len Ter­ro­ris­mus, der auf die Zer­stö­rung jeder Gesell­schaft zielt, der gan­zen mensch­li­chen Ras­se. Aber ich habe nur Ver­ach­tung für die, die aus dem Ter­ro­ris­mus eine poli­ti­sche Waf­fe im Kampf um irgend­ei­ner Sache wil­len machen.

Es gab und gibt natür­lich auch immer wie­der den Fall, daß sich der gebo­re­ne Ter­ro­rist eine poli­ti­sche Ideo­lo­gie aus­sucht wie ein Vehi­kel, das sei­nen Wil­len zum Ter­ror opti­mal zum Aus­druck bringt. Und die­ser Wil­le zählt mehr als die Ideo­lo­gie, in die er sich klei­det. Inso­fern ist es in der Tat irre­füh­rend, auf der Fra­ge her­um­zu­rei­ten, ob Schwaer­zel nun ein “Faschist” sei oder nicht, weil sich sein schwer patho­lo­gi­scher Prot­ago­nist so nennt. (Hier ist jemand der Mei­nung, es hand­le sich um einen “faschis­ti­schen” Roman.)

Schwaer­zel wich die­ser Fra­ge aus dem Publi­kum spie­le­risch aus, distan­zie­ren woll­te er sich zwar nicht, weil das schwul sei (mei­ne Wor­te), erklär­te sie aber für letz­ten Endes irrele­vant und “sooo 1930”. Das stimmt zweifellos.

Das Wort “Faschist” ist selbst bei den weni­gen, die es heu­te aus die­sem oder jenem Grund selb­staf­fir­ma­tiv benut­zen, nur mehr eine Chif­fre für einen Erhit­zungs­grad meis­tens aso­zia­ler, latent gewalt­tä­ti­ger, dem gesell­schaft­li­chen Kon­sens maxi­mal feind­se­lig gegen­über­ste­hen­der Inten­si­tät, den man sich selbst zuschreibt, und mit dem man immer noch eini­ger­ma­ßen zuver­läs­sig den Bour­geois scho­ckie­ren kann. (Dann darf man auch nicht mehr im Cent­re Pom­pi­dou oder wo auch immer auf­tre­ten und mit kan­ti­gen Film­re­gis­seu­ren abhängen.)

Einen roten Faden, der zu einem bestimm­ten Typus “Faschis­ten” führt und der auch in Schwaer­zels Text­ge­we­be deut­lich ein­ge­floch­ten ist, hat Gün­ter Maschke apro­pos Drieu La Rochel­le beschrieben:

Der faschis­ti­sche Intel­lek­tu­el­le ist der radi­ka­le déca­dent. Er kann den ihn quä­len­den Wert­ni­hi­lis­mus nur ertra­gen, weil er glaubt, daß sich das wirk­li­che Leben erst im Aus­nah­me­zu­stand ent­hüllt; im Krieg oder im Augen­blick der Gefahr. Die­se Abhän­gig­keit vom Äußers­ten ver­rät die Schwä­che für den All­tag, der auch sei­nen Hero­is­mus hat. Die vita­lis­ti­sche Sub­stanz wird gefei­ert, weil sie fehlt. Nicht in ihr wur­zelt die Gier nach star­ken Erre­gun­gen, son­dern sie steigt aus dem Rausch und dem Traum, ist aus flüch­ti­gem Stoff, nach der Anspan­nung, die ganz von der schö­nen Ges­te lebt, kommt die Erschöp­fung, die Ver­zweif­lung, der Zynismus.

Der Ästhe­ti­ker der Gewalt und der Poli­tik mag dann sei­ne wich­tigs­te Über­zeu­gung wie­der­fin­den: daß die ein­zi­ge Rea­li­tät im Leben die Illu­si­on ist. Die­se Über­zeu­gung kann zu nar­ziß­haf­ten Ent­blö­ßun­gen füh­ren, zum Spie­len mit erschre­cken­den Wahr­hei­ten. Die Eitel­keit des­sen aber, der ele­gant for­mu­lie­rend und mit koket­tie­ren­der Scham­lo­sig­keit auf sei­ne Geschwü­re zeigt, auf sei­ne Amo­ra­li­tät und sei­ne erschre­cken­de Nied­rig­keit, ver­mag zu betö­ren. Die Eitel­keit, die Erkennt­nis und die gro­ße ästhe­ti­sche Form durch­drin­gen sich und stei­gern einander.

Schwaer­zel begann mit dem Kapi­tel “Per­oxid-Gno­sis”:

Nein, Frau Lehr­amtstu­den­tin, wir sind nicht alle Teil von Mut­ter Erde. Wir sind gen­mu­tier­te Affen, die Gott ver­ges­sen hat, aus sei­nem Spam-Ord­ner zu löschen. Das ist nicht unse­re Hei­mat. Wir sind auf einer Haus­par­ty, in der wir nur den Gast­ge­ber ken­nen. Und er hat vor zwei­tau­send Jah­ren ein­mal gesagt, er kommt gleich zurück.

Das wie­der­um erin­nert an eine berühm­te Stel­le aus dem art­ver­wand­ten (Film/Roman) Fight Club:

You are not a beau­tiful and uni­que snow­fla­ke. You are the same decaying orga­nic mat­ter as ever­yo­ne else, and we are all part of the same com­post pile. / We are the all sin­ging, all dancing crap of the world.

Nach die­sem “gnos­ti­schen” State­ment betritt der Prot­ago­nist das Stu­dio einer Pro­sti­tu­ier­ten mit zer­ritz­ten Unter­ar­men, um das “König­reich Got­tes” dem Ker­ker sei­ner “zwei­bei­ni­gen Mas­se aus Fleisch, Kno­chen und Magen­säu­re” zu ent­rei­ßen, durch eine den Kör­per zer­stö­ren­de, den Geist befrei­en­de “Apo­ka­lyp­se”, eine “Gno­sis des ato­ma­ren Ver­nich­tungs­krie­ges” in Form einer Pene­tra­ti­on durch einen Umschnalldildo.

Um Anal­sex geht es auch im nächs­ten Kapi­tel (die Kapi­tel sind gene­rell sehr kurz, man­che nur eine Sei­te lang):

In einer Rede vor der UN redet eine Men­schen­rechts­ak­ti­vis­tin davon, dass wir unse­re “Mau­ern zer­bre­chen” müs­sen. Aber Mau­ern zer­bre­chen, heißt nicht mehr, als den Nach­barn beim Anal­sex zuhö­ren zu müs­sen. Und das ist eigent­lich alles, wor­aus das Gan­ze hier besteht. Anal­sex in ver­schie­de­nen Kombinationen.

Schwaer­zel been­de­te die Lesung ziem­lich rasch und abrupt, gewähr­te jedoch den Publi­kums­wunsch nach einer Zuga­be. In der anschlie­ßen­den Fra­ge­run­de zu sei­ner Per­son, zeig­te er wesent­lich mehr Ver­ve als wäh­rend der Lesung sei­nes Werkes.

Ein paar wohl­feil abschät­zi­ge Bemer­kun­gen über Mar­tin Sell­ner und die Pfui­git­tig­keit sei­nes poli­ti­schen Akti­vis­mus reiz­ten Yours Tru­ly zum ent­schie­de­nen Wider­spruch: Sell­ner, so sprach ich, sei viel­mehr ein “hap­py war­ri­or”, ein real exis­tie­ren­der Über­mensch, der Eier und Ner­ven aus Stahl hat und im Gegen­satz zu man­chem von Extrem­si­tua­tio­nen träu­men­den Lite­ra­ten sich im rea­len Leben in unzäh­li­ge gefähr­li­che, wag­hal­si­ge, adre­na­lin­stei­gern­de Situa­tio­nen bege­ben hat, der eine öffent­li­che Schmutz­flut von Ver­fe­mung als Ter­ro­ris­ten­freund und “Faschist” lächelnd wie ein Film­star ertra­gen hat, wo ande­re schon wegen viel weni­ger heu­lend ein­ge­knickt wären.

Ihm nach so vie­len har­ten Dol­lars, die er auf den Tisch gelegt hat, vor­zu­wer­fen, daß sei­ne poli­ti­schen Über­zeu­gun­gen ernst­ge­meint und nicht bloß ästhe­ti­sche Pose sind, erscheint mir ziem­lich kleinkariert.

Auch Schwaer­zels Lob­prei­sun­gen der “Lüge”, die all­zu geist­reich sein woll­ten, über­zeug­ten mich nicht. Ein Autor, der Fik­tio­nen schafft, “lügt” nicht im eigent­li­chen Sin­ne. Der Autor, dem man als Leser ver­traut, ist jener, der durch Fik­tio­nen nicht ver­ne­beln und ver­dre­hen, son­dern eine Wahr­heit zum Aus­druck brin­gen möchte.

Damit mei­ne ich nicht not­wen­di­ger­wei­se, daß er Alle­go­rien schrei­ben oder “Bot­schaf­ten” ver­pa­cken soll (das tut der Lite­ra­tur meis­tens nicht gut), son­dern daß er dem Leser etwas Wah­res oder frei nach Wer­ner Her­zog etwas “eksta­tisch” Wah­res über sein Dasein im sterb­li­chen Ker­ker des Flei­sches erzählt.

Ich, Her­zog Wer­ner, gebo­ren 1942, sage, dass sich Wahr­heit, eine bestimm­te, tie­fe­re Schicht von Wahr­heit, nur errei­chen lässt durch Sti­li­sie­rung und Insze­nie­rung und Erfin­dung. Ich nen­ne es die eksta­ti­sche Wahrheit.

Mir fiel Yukio Mishi­ma ein, ein Autor, den Schwaer­zel in sei­nem Buch nament­lich nennt und den er erklär­ter­ma­ßen sehr schätzt. Mishi­ma ist ein Para­de­bei­spiel für einen ästhe­ti­schen Ter­ro­ris­ten, bei dem nie­mand so recht weiß, inwie­fern sein poli­ti­sches Enga­ge­ment nur Vehi­kel für sei­ne Kunst war, die wie­der­um eine obses­si­ve, lei­den­schaft­li­che See­le zum Aus­druck brachte.

Dem jun­gen Mishi­ma wur­de der Vor­wurf gemacht, ein all­zu “rei­ner”, all­zu manie­rier­ter Künst­ler ohne Bezug zur Rea­li­tät zu sein. In der Tat litt er zeit­le­bens unter dem Pro­blem, daß die Wör­ter im Kopf “wie wei­ße Amei­sen” am Leben des Lei­bes fraßen.

Sei­ne Roma­ne waren zu gro­ßen Tei­len Fan­ta­sien, die sei­nen inners­ten Begier­den und Sehn­süch­te eine erzäh­le­ri­sche Form gaben. Sein dra­ma­tisch insze­nier­ter, öffent­li­cher Seppu­ku soll­te Kunst und Leben, Schwert und Feder ver­ei­nen, und vor allem auch sei­ne Auf­rich­tig­keit zum Aus­druck brin­gen und unter Beweis stel­len: Das ist der sym­bo­li­sche Sinn der aus dem Leib her­vor­quel­len­den Ein­ge­wei­de. Im Kon­text sei­ner “Per­for­mance” sind sie nur eine Meta­pher oder ein Schrift­zei­chen; aber der Mann, der sich ihrer ent­le­digt hat, ist tat­säch­lich tot.

Was bleibt Schwaer­zel, der offen­bar tat­säch­lich so jung ist, wie er behaup­tet (Jahr­gang 2002), nach so einem säu­re­zer­fres­se­nen Rund­um­schlag von Buch noch zu schrei­ben übrig? Ein Gast zitier­te das berühm­te Urteil eines Rezen­sen­ten über Huys­mans Deka­denz-Bibel Gegen den Strich: “Nach einem sol­chen Buch bleibt dem Ver­fas­ser nur noch die Wahl zwi­schen der Mün­dung einer Pis­to­le und den Füßen des Kreuzes.”

Von bei­dem scheint mir Schwaer­zel weit ent­fernt zu sein. Er kann kal­ku­liert eine Melo­die spie­len und vari­ie­ren (wie Lau­tré­a­mont), aber spürt er sie auch wirk­lich, kommt sie aus sei­nem Inne­ren? Brennt’s dort wirk­lich oder ist es viel­leicht nur ent­zün­det? Oder nicht ein­mal das?

Ich bin trotz­dem gespannt, was als nächs­tes kommt. Unzwei­fel­haft ist der Autor äußerst talen­tiert. Viel­leicht wird ja nun eine Art Adal­bert-Stif­ter-LAR­Per aus ihm, um alle bis­he­ri­gen Fans von Blut, “Faschis­mus” und Anal­sex vor den Kopf zu stoßen.

Die Stil­le kann indes eben­so trü­gen wie der Lärm, und auch Stif­ter ende­te als Selbstmörder.

– – –

Sebas­ti­an Schwaer­zel: Schi­zo­id Man, 280 S., hier bestellen

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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Kommentare (19)

Frika Wies

5. September 2024 10:54

Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrundauch in dich hinein.(Friedrich Nietzsche)

A. Kovacs

5. September 2024 12:33

Schwarz lackierte Fingernägel sind auch bei Männern spießig, und diese Fixierung auf (Anal-)Sex ist längst langweilig. Die im Buch offensichtlich gepflegte nihilistische "No-Future"-Attitüde gab's ebenfalls schon. Ich spielte mit dem Gedanken, das Buch zu lesen, zumal ich den Verlag sehr schätze, glaube aber, nach dieser Besprechung darauf verzichten zu können. Dem Autor ist in der Tat eine Wandlung zu einem Adalbert Stifter Vs. 2 zu wünschen, ohne das von Lichtmesz angedeutete Schicksal.
Übrigens ist Karlheinz Stockhausens Kommentar zu 9/11 immer noch die vielleicht radikalste ästhetische Verbindung von Kunst und Terror: "[Im Sinne Luzifers] jahrelang für eine Aufführung üben, und dann 3000 Leute mit einem Schlag in die Auferstehung schicken – das können wir Künstler nicht!" Nicht Ästhetik der Gewalt, sondern die Gewalt des Schönen steht im Fokus: Etwas so Schönes zu schaffen, dass der rezipierende Mensch sofort stirbt und in den Himmel kommt – DAS ist Kunst. Die zumeist atheistischen Kommentatoren damals verstanden den Kontext nicht und entblödeten sich übrigens auch nicht, zu kritisieren, dass die Ermordeten vielleicht gar nicht in den Himmel kommen wollten... (Wohin denn?) – Stockhausen war da pragmatischer: Ein Verbrechen war es, weil die Leute keine Karten für die Aufführung gekauft hatten...

Laurenz

5. September 2024 13:41

@A. Kovacs ... ML liebt es ja, in der künstlerischen Sub-Kultur zu baden. Gemäß Seiner Beschreibung sind mehr oder weniger alle Künstler & Aktivisten darauf angewiesen, unter dem Druck sich auch äußerlich (durch Mode oder Extravaganz) von uns Masse zu unterscheiden, zu präsentieren. Niemand hat sich bisher auch über den äußerlichen Leo-Trotzki-Stil MLs beschwert. Weil es einfach keine Geige spielt. Martin Sellner hat sowas deswegen nicht nötig, weil Er auch in Lumpen so gut, quasi wie ein Staats-Schauspieler, aussieht. Ihr Anal-Verkehr ist aus ganz anderen Gründen, als die von Ihnen zitierten langweilig. Der Anhauch des Sündigen wurde ja nur durch die Abschaffung der heidnischen Geburtenkontrolle durch die Kurie erzielt. Goethe sah das, als unser größter Heide der Neuzeit, viel entspannter. Der von der Natur angebotene alternative Geschlechtsverkehr diente schon immer als Schwangerschaftsverhütung & jungen Frauen als Erhalt der Jungfräulichkeit für die Ehe auch noch in späteren Jahren. Gläubige Christen werden sich an meinen Sätzen in der Magengrube stören, was aber nichts an der Realität des Gesagten ändert. Es lebe der ganz normale Heidenspaß.

Carsten Lucke

5. September 2024 15:17

Mann, Lichtmesz, Sie wandeln mir bedenklich oft in Erfahrungsräumen, die man selbst in der Vollschutzmontur für Tatortreiniger kaum betreten mag. Das gibt doch etwas Anlaß zur Sorge ...
Diese Analfixiertheit des Autors deutet mir doch entschieden auf ein Coming-out in Buchform hin. Das wäre heutzutage doch auch einfacher gegangen.
Aber : Guter Text !

X41X

5. September 2024 16:53

Hab nat. sogleich Peter Sotos geguglt.
Lt. Wikipedia ist einer seiner Haupteinflüsse Marquis de Sade. Ebenso wie dieser schildert er in seinen Werken penibel Mord und Folter an Kindern. 
Schön, dass dann auch gleich ein kleiner Hinweis in seinem Wikiartikel auf die "day-care sex-abuse hysteria" den verharmlosenden Standpunkt, den man zu so etwas zu haben hat, vorgibt.

ML: Die "day-care satanic panic" war tatsächlich eine Hexenjagdhysterie, in der hunderte unschuldige Menschen verurteilt wurden.

Abgefahren!
Toll, wenn die Lesung Schwaerzls an solche Typen erinnert;)

Olmo

5. September 2024 18:20

"Vielleicht wird ja nun eine Art Adalbert-Stifter-LARPer aus ihm, um alle bisherigen Fans von Blut, “Faschismus” und Analsex vor den Kopf zu stoßen."
Das würde ihn für mich zumindest interessanter machen. Abgefuckte Typen und Arschfi@#€%rei gibt es schon genug bei den Hedos, Homos und Linken. Das Schöne, Wahre und Gute gibt es bei denen eher selten, oder gar nicht.

Maiordomus

5. September 2024 19:01

"Und auch Stifter endete als Selbstmörder." Dem sollte man indes noch näher nachgehen, vgl. "Mein Stifter" von Arnold Stadler, einen Autor, um den es beachtungsmässig fatal ruhig geworden ist, weil als nonkonformistischer Konservativer mit schwäbischer bäurischer Beheimatung und später skeptischer Versöhnung mit Martin Heidegger völlig aus dem Zeitgeist gefallen, was er auch in seinem neuesten Roman mit dem Meermotiv und Ithaka wieder aufgreift, aber auch, dass seine Zeitgeistskepsis von Leserinnen als getarnte Rechtstendenz offenbar missmutig begutachtet wird. 
Sonst aber betr. @ML: Wieder ein richtiger ML. Wer ihn weder liest noch kennt, weiss nicht, wie unspiessig mit überraschenden Perspektiven eine sog. rechte Geisteshaltung, für Spiesser natürlich ein Delikt, eigentlich sein kann.
@X41X:Was den Hinweis auf den Marquis de Sade betrifft, hatte da Ernst Jünger sowohl als Autor wie als Denker einen noch ganz anderen Durchblick. Der ist und bleibt indes um Welten eine andere Liga. Mishima kann man erwähnen, würde ihn aber ansonsten aussen vor lassen. 

RMH

5. September 2024 19:36

"Wir sind genmutierte Affen, die Gott vergessen hat, aus seinem Spam-Ordner zu löschen." Dieser Satz bzw. der im Artikel zitierte Absatz, hat mich dazu bewegt, das Buch jetzt zu kaufen. Da der Verlag die 2. Auflage auf den Markt gebracht hat, ist es wieder ohne Probleme erhältlich. Bin gespannt, wie ich es finde. Während ich Palahniuk (Fight Club) ohne Probleme lesen konnte, war Bret E. Ellis "A. Psycho" für mich stellenweise nur durch weiterblättern zu Ende lesbar & ich bin nicht zartbeseitet. Ob man zur Ironie & Satire solche Detailverliebtheit braucht? Ich habe meine Zweifel. Wie auch immer, ich gebe dem Autor der dekadenten Überdrüssigkeit, jetzt eine Chance. "Worauf warte ich? Auf den irren Bomber, der uns alle weckt" (Jörg Fauser, Riverside Drive, vorgetragen von Achim Reichel
Wenn ab einer gewissen Evolutionsstufe der Mensch auf Selbstzerstörungsmodus geht, & aus dem Spam Ordner Gottes sich löscht, dann zeigt sich das an seiner Kunst & Literatur deutlich. Lautréamont konnt ich nicht ertragen.  PS: Nach Lautréamonts "Les Chants de Maldoror", deren Erscheinen sich in diesem Jahr zum 150mal jährt, dachte man eigentlich lange, schlimmeres wird so schnell nicht mehr zwischen 2 Buchdeckel gebunden.

Hesperiolus

5. September 2024 21:20

Nichts oder kaum gleich Größeres, Vollkommeneres in deutscher Sprache als Stifter; in den späteren, nicht den Journalfassungen; der sich weniger suizidierte als „beim Rasieren verunglückte“. - Daß ein Feingeist wie Lichtmesz, der Melanchthon GKs, als welchen ich mir so manches Mal ihn vorstellte, in diese Düsternisse sondierend hinabsteigt, bekümmert! Wer den „Nachsommer“ nicht gelesen oder zum zweiten Mal gelesen hat, nehme von Schwaerzel aufschiebenden Abstand. Und tue seine Pflicht! Oder wer noch nicht ganz durch-haimeterisiert hat den Doderer. Maldoror und Huysmans freilich auch. - Patho-literarisches Interesse, möge sich gewappnet „hyper-read“end wie dem BAP derartigem, als solchen vermutetem „ teenage nietzscheanism“  zuwenden. Lesezeit- und Anschaffungskostenfrage bedenkend.

Olmo

5. September 2024 21:56

"Wir sind genmutierte Affen, die Gott vergessen hat, aus seinem Spam-Ordner zu löschen." Dieser Satz bzw. der im Artikel zitierte Absatz, hat mich dazu bewegt, das Buch jetzt zu kaufen."
@RMH ernsthaft? Ich fand den Satz sowas von DangerDan (oder wie der Typ heißt). So ein WG- Party- Spruch. Ich hatte auch eine Palahniuk Phase, ich kam mir vor wie Taylor Durden, dabei war ich eher der Depp, der versuchte auszusehen, wie es ihm die Calvin Klein Werbung vorschreibt, oder eben der Film mit Brad Pitt. Wir wollten alle diese Bauchmuskeln— wow. Wenn Sie aufwachen wollen, fangen Sie mal eine Schlägerei an, die bekommen Sie überall gratis. Und ich wette,  danach haben Sie mehr zu erzählen, als nach der Lektüre ;)

RMH

5. September 2024 22:33

@Olmo, Ja, ich fand, nach der Rezension von E.K. & dem Artikel von M.L. diesen Satz dann ausschlaggebend, das Buch jetzt doch zu kaufen. Immerhin ist da noch ein Gottesbezug enthalten. Mein Bedarf an Schlägereien ist übrigens in meinem Alter gedeckt. Bin im "Proleten" & "Asso-Viertel" meiner Stadt direkt zwischen Zigeunern, Türken & Deutschen, die mit 40 so aussahen, wie heute 60-Jährige, aufgewachsen & konnte in der regelm. stattfindenden Keile, bei der schon damals oft mehr als nur Fäuste eingesetzt wurden, nie etwas Romantisches oder besonders Männliches erkennen, eher das nackte,  ungerechte, viehische Leben, bei der ich es fast nie erlebt habe, dass es "fair" mano a mano zuging, sondern meist dreckig, brutal, hinterfotzig und gemein. Musste mich stellenweise buchstäblich durchschlagen, will aber jetzt nicht kokettieren, habe dennoch einen geraden Weg hinlegen können. Die Wirklichkeit ist am Ende härter als jede Literatur. Und heute soll es noch schlimmer sein.

A. Kovacs

5. September 2024 22:57

@Laurenz 5. September 2024 13:41
"...diente schon immer...": Aber gerade deshalb ist er ja literarisch ganz besonders langweilig! 
Und Goethe war nicht wirklich Heide, was noch anginge, sondern Illuminat und Freimaurer – ein Unglück für Deutschland, dass sein größter Dichter masonische Ziele wie Selbstmord, Euthanasie und Transhumanismus in ansprechend-klassischer Form in die deutschen Köpfe transportierte.

Diogenes

5. September 2024 23:00

Teil 1/2
 
Momentaufnahmen zeitgenössisch-literarischen Wirkens in Romanvorlesungen: Na, warum nicht, Herr Lichtmesz. Es ist Ihre Zeit, aber mein "Antworten" im Anfange-Wüten (ein Drängen des frei heraus zu Sagenden, aber nicht im hellenistischen Sinne von Hysteria (Ungeduldiges Drängeln im Mutterleib endlich geboren zu werden; aus dem Sinn zu kommen, frei übersetzt/interpretiert)
 
Ich verstehe das "Zwischenmenschliche" in der Verhaltensforschung und dessen Er-fahren-Wollen aus deutscher* - nennen wir es einmal intellektueller - Neugierde heraus (das erkennen/sehen wollen der Ich/Ego-Sicht und in dem Fall gruppenorientierte Sichtwinkel (die hiesige Lehridee Romane aus "rechter" Sicht zu lesen, in Buchbesprechungen zu interpretieren, ist ja als Antriebsapparatur/Beschleuniger weltanschaulicher Reifung (das "Puppenspieltheater" des Romans) gedacht (also das Hineinversetzen in die Handlung des Romans, das Nachempfinden und interpretieren aus der eigenen Waldganghütte-Wohlfühlstube) - Was tut der und die Protagonisten in welchem Rahmen iund was ist die Deutung davon in der Sichtweise/Weltbeschau).
 
(...)

Diogenes

5. September 2024 23:02

Teil 2/2
 
*Deutsch ist der Grund in dem "Rechte" und "Linke" Bewegung/Auslauf wie ein Hund beim herrischen Stöckchenwerfen-suchen/finden-und-zurückbringen haben. Es ist aber nichts weiter als ein "Spielchen", ein Kräftemessen beim Hin- und Hertreiben lassen. Ein Scheindualismus. 
 
Je mehr der Betrachter versteht/empfindet, desto mehr wird er Akteur seiner Betrachtung: Man muss mit dieser erwähnten Neugierde Schritt halten, so man sich em-pathisch/sym-pathisch darauf einlässt. Oberflächliche Streifung der Romanspitzen (nicht des erwähnten Romans, sondern Romane als All|gemeintes) ist aber nicht mein Ding und zum Thema Publikum das Lichtmesz beschreibt: Stil hat man oder nicht. Stil kann man nicht lernen oder ein-kaufen. 
 
Es ist ein Taktgefühl für das Kleidungsentsprechen im Eigenrhythmus sich bewegend (die "Ruhige Fahrt des Selbst durch Sturm und Beben" (das Selbst im Menschengefäß durch Raum und Zeit, die Ataraxie; die Gewissheit der Korpus ist vergänglich, die Seele kehrt immer wieder).

Gracchus

5. September 2024 23:07

@RMH: Na dann berichte mal nach Lektüre. 
Für mich klingt das, was ich über Buch und Autor lese, nach x-tem Aufguss. 
Das Zitat liest sich wie ein "update" von Kafkas, meines Lieblings-Nihilisten, Satz nach Max Brod, wir seien nihilistische Gedanken, die in Gottes Kopf aufsteigen. Ich kann dem literarischen (oder philosophischen) Nihilismus derzeit wenig abgewinnen - ähnlich Handkes Kritik an Kafka. Auf Kafka lasse ich dennoch nichts kommen, weil er mit dem "Nihilismus" gerungen hat, Humor hatte, man herzhaft lachen kann, und das schönste reinste klarste Deutsch schrieb. 

ML: Das höre ich zum ersten Mal, dass jemand bei der Kafka-Lektüre "herzhaft lachen" konnte...

@Hesperiolus: Ihr Rat ist bedenkens- und beherzigenswert. Tatsächlich würde ich eher zu Stifter greifen, zum späten (mein Favorit: Die Mappe meines Urgroßvaters, letzte Fassung, leider unvollendet). Allerdings hat Stifter auch etwas Abgründiges, irgendwer nannte Stifter Kafkas dicken Onkel. 
 
 

X41X

5. September 2024 23:28

@Maiordomus Wie sieht der Durchblick Jüngers betreffend de Sade aus?

X41X

5. September 2024 23:55

@ML 
... hunderte unschuldige Menschen verurteilt wurden.
Wieder so ein Standardsatz, aus diesem Themenumfeld! Welche wären das denn?
Ist zumindest einer davon zu (lebenslänglicher?) Einzelhaft verurteilt worden, so wie umgekehrt eines der mutmaßlichen Opfer - Alishia Owens - des Franklin Skandals (neben McMartin Preschool und und dem Presidio-Skandal einer der größten Fälle, die die Satanic Panic zurecht auslösten) aufgrund von "übler Nachrede und falscher Anschuldigung"?
Oder noch besser, wurde eigentlich seither jemals jemand Bedeutender der Mitttäterschaft in Kindesmissbrauchsringen überhaupt erst verurteilt, abgesehen von ein paar Einzeltätern?
So pauschale Abkanzelungen riechen oft verdächtig nach oberflächlicher Auseinandersetzung. Dafür ist das Thema aber zu ernst.

ML: Nachlesen in dem exzellent recherchierten Buch "Satan's Silence" von Debbie Nathan und Michael Snedeker. Dort werden dutzende Verurteilte namentlich genannt, und auch diejenigen, die nach erneutem Aufrollen wieder frei gesprochen wurden. In keinem Fall gab es konkrete Beweise, es handelte sich um eine klassische Massenhysterie. Daran kann es keinen Zweifel geben, wenn man die Fakten kennt.

Martha

5. September 2024 23:58

Wie immer ein interessanter Artikel von M.L. Leider kann ich mit solchen Figuren, wie Schwaerzel, gar nichts anfangen. Wer die "Turner-Diaries", "Hunter", "The Brigade" oder "The Hill of the Ravens" gelesen hat, weiß, daß derartige Literatur nur in Verbindung mit Aktion im realen Leben glaubwürdig ist. Die Lesung hat für mich etwas Lächerliches, weil es Polit-Kitsch ist, genauso wie die Besucher darunter zählen, die zum größten Teil wohl sich nur weigern, erwachsen zu werden.

RMH

6. September 2024 08:35

@Martha, am beschrieben Sujet der Lesung gibt es nichts auszusetzen, es sei denn, man setzt alles außerhalb von 90 Grad Winkeln, linearen Abläufen & rationaler Selbstkontrolle mit "Kitsch" gleich. Adolph Loos kämpfte gegen Kitsch & Ornament, da es dem "modernen" Menschen widerspräche (privat hatte er dann auch seine Abgründe). Wollen wir ernsthaft überall "erwachsen" sein? Womit immer auch der Anspruch steht, abgeklärt & rational zu sein. Meiner Meinung nach überfrachtet man damit das Erwachsensein. Wieder zusätzliche Anforderungen mehr, die Seele & Psyche wird sich dafür dann erkenntlich zeigen. Die alten Kulturen wussten, dass so etwas nicht geht, & haben mit ihren Festkalendern feste Zeiten für ein "freak out" festgehalten.  Das war auch "erwachsen". Lassen wir solche Nischen leben & eigentlich leben sie davon, dass sie nicht ständig ins Rampenlicht gezogen werden. Auch eine Folge der neuen, totalen Medien & Interrnetwelt. Und ein Autor,  der nicht für die Schublade schreiben will, muss sein Werk präsentieren.