Er mahnt darin das empörte Volk zur Coolness, wirkt dabei allerdings selbst ziemlich verbissen. Er hat etwas zu zerkauen, etwas abzuarbeiten an den Rechten. Wie schon in seinem Buch müht er sich ab, mit einem Phänomen fertigzuwerden, von dem er seltsam fasziniert zu sein scheint. Seine Argumentation folgt aus den Thesen von Mit Rechten reden (zu deren Kritik siehe hier, hier, hier und hier). Kurz gefaßt: Empörung über ihre “Provokationen” mache die Rechte stark, ergo müsse man ihnen nur gelassen begegnen, damit ihnen die Heißluft ausgehe.
Das Dilemma des “Kampfes gegen Rechts” laute:
Entweder, so ließe es sich umschreiben, ihr nehmt unsere Präsenz auf der Buchmesse hin; dann sind wir der »rechtsintellektuellen Normalität«, um die es uns geht, einen guten Schritt näher gekommen. Oder ihr macht uns zum Dauerthema, zum Skandal, zum Objekt eurer Störungen; dann betreibt ihr unfreiwillig unser Geschäft.
Dem stimme ich zu, allerdings möchte ich anmerken, daß all dies keineswegs so eine “Riesengaudi” ist, wie Leo es hinstellt; und der “Skandal” allein reicht nicht, um ein erfolgreiches “Geschäft” zu betreiben, es bedarf auch einer tragfähigen Substanz, weshalb eine alternative Strategie die Bagatellisierung und Lächerlichmachung ist, wie sie etwa Ulf Poschardt neulich apropos Uwe Tellkamp betrieb, als er vom “vollkommen überschätzten Theorie-Ramschladen der Rechten, dem sogenannten Antalya-Verlag von Ruth Kubitschek (oder so)” schrieb.
Auf dieses Dilemma gäbe es nach Leo vier Reaktionen:
1. Ignorieren und weiter feste druff à la Antifa, was letztere wie eine SA-Truppe dastehen läßt. Bringt nichts, insbesondere wenn es schlau gekontert wird.
2. Herumeiern à la #verlagegegenrechts oder weiland der Deutsche Börsenverein und “Aussteller wie Antaios irgendwie akzeptieren, aber irgendwie auch nicht”. Das Ergebnis führt zum “performativen Widerspruch, im Namen von ‘Vielfalt und Meinungsfreiheit’ nicht für, sondern gegen den Einschluss einer unliebsamen Meinung zu protestieren”. Und mit insgesamt 13 Veranstaltungen, “auf denen die ‘demokratische’ Gesinnung viel Messeraum und Messezeit zur Selbstdarstellung einnehmen wird”, wird all dem, was “von ‘rechts’ bejaht wird” per Negation reichlich Raum und Schallverstärkung gegeben.
3. Der dritte Ansatz wäre “kollektives Beschweigen”, also Totschweigen, das aber “leider [sic] nur in Diktaturen organisierbar” sei. Das wäre Leo am liebsten, und hier malt er aus, wie lächerlich der böse Verlag plötzlich dastehen würde, wenn sich kein Mensch für ihn interessieren würde. Das wäre quasi der Herkules-Griff, der den Riesen Antaios hochhebt und ihm den lebensspendenden Kontakt mit dem Boden entzieht.
Ohne ihre Feinde wären die Rechten schließlich auf sich selbst zurückgeworfen. Wie das aussähe, ließ sich in den ruhigeren Momenten der Frankfurter Buchmesse erahnen. An ihrem Stand mussten die Antaios-Mitarbeiter quasi im Minutentakt maschinengetippte Manuskripte zurückweisen, die ihnen deutsche Greise zur Veröffentlichung anboten. Und auf ihren Podien mussten sie sich notgedrungen mit sich selbst unterhalten, was meist unbeholfen wirkte, zuweilen aber auch sehr komisch. (…) So sähe sie aus, die hart erkämpfte rechtsintellektuelle Normalität auf der Buchmesse: Allein unter 7.300 Ausstellern, Horden von Esoterikomas auf Klosterfrau Melissengeist und der kleine, böse Akif. Stress ohne Ende, null Adrenalin.
Hier ist der Wunsch Vater des Gedankens von Gevatter Leo. Leo hat sich in Frankfurt ein, zweimal am Antaios-Stand blicken lassen, und zwar noch in den eher ruhigeren Tagen vor dem Wochenende. In den drei Tagen, an denen ich dabei war, herrschte bei uns ständig Betrieb und Besuch, es gab viele und gute Gespräche mit Lesern und Auseinandersetzungen mit Gegnern, und ich für meinen Teil bin keinem einzigen deutschen Greis begegnet, der mir ein maschinengetipptes Manuskript anbot.
Auf dem Podium haben wir exakt dasselbe getan, was auch die anderen Verlage vor uns getan haben, die sich ebenfalls mit ihren eigenen Autoren unterhalten haben. Und was den Auftritt von Pirincci betrifft, eine Verschnaufpause zwischen zwei Antifaattacken, so verschweigt Leo den klitzekleinen Umstand, daß der Zuschauerbereich gerammelt voll war und aus allen Nähten platzte. Also meinethalber können wir es weiter auf die “rechtsintellektuelle Normalität” ankommen lassen, mir wäre es allemal lieber gewesen, in Ruhe mein Buch vorzustellen, als in den Populistenmodus übergehen und gegen Antifachöre anschreien zu müssen.
Der Kern der Sache ist wohl dieser: Leo kann sich offenbar nicht zu dem Gedanken durchringen, daß das Wiederauftauchen rechten Denkens, rechter Intellektueller, rechter Literatur, rechter Parteien usw. im weitesten Sinne irgendetwas mit realen, konkreten Dingen, mit einer veränderten Wirklichkeit (etwa durch die Flüchtlingskrise) zu tun hat. In seiner Phantasie würden sich “die Rechten” (für die unser Verlag auf der Buchmesse nur pars pro toto steht) in Luft auflösen, würden die Linken sie ignorieren, totschweigen, oder sich nicht mehr so leichtfertig “provozieren” lassen.
Aber die Reizbarkeit der Linken hat zwei Gründe: der eine liegt in ihrem zunehmend verzerrten, ich nenne es “utopischen” Verhältnis zur Realität, an deren äußerst unbequeme Tatsachen sie die “Rechten” hartnäckig erinnern wie die Erinnyen (und umgekehrt wird jeder als “rechts” einsortiert, der dies tut). Darum braucht es 80 Verlage, um einen einzigen zu übertönen und zu überstimmen (und dies vergeblich). Der Boden, auf dem der Riese Antaios steht, ist nicht etwa das falsche und ungeschickte Verhalten der “Provozierten”. Es ist die Wirklichkeit selbst, sodaß die Stimme der Rechten heute nicht mehr zu ignorieren ist, und sich ihr Chor stetig vergrößert.
Der zweite Grund ist, daß das rechte Feindbild für die Linke konstitutiv ist, mal wie Opium, mal wie Speed wirkt. Man kann es an der Verve und der Lust an der Mobilmachung der “Verlage gegen Rechts” sehen, die sich größtenteils aus dem linken Spektrum rekrutieren. Um sich zu rechtfertigen, bedarf die Linke der Folie der permanenten “Faschismus”-Bedrohung. (Es verhält sich also auch hier genau umgekehrt, wie in Mit Rechten reden dargestellt.)
4. Nachdem er versucht hat, uns lächerlich zu machen, schlägt Leo vor, es könnten doch “alle, die sich dem ‘Kampf gegen rechts’ verschrieben haben, die Rechten ja ausnahmsweise mal als Gegner ernst nehmen.” Man könnte es gar, huch, “zum Äußersten kommen lassen und in ein paar der ausgestellten Bücher reinschauen.” Das wäre in der Tat eine prima Option, und Leo versucht dem Leser Mut zu machen, daß ein solcher Akt gar keine Hexerei sei. Wenn man etwa mit Kubitschek spräche,
… würde man merken, dass er viel weniger souverän wirkt, wenn er auf Höflichkeit und Ironie reagieren muss, als wenn andere auf seine Anstößigkeit hin ausrasten. Viele nicht zu Ende gedachter Gedanken würde man bemerken, viele nur mühsam kontrollierte Affekte, aber auch einen überraschenden Schuss schwäbelnden Humors.
Leo suggieriert hier allen Ernstes, daß man Kubitschek aus der Fassung bringen kann, wenn man ihm mit “Höflichkeit und Ironie” begegnet!
Das klingt fast schon nach Heiko Maas, der in seinem Buch Aufstehen statt wegducken den genialen Ratschlag erteilte:
Sollten etwa »die Rechten sich, und sei es zum Schein, auf die Debatten einlassen, sollten wir ihnen zuhören. Das sind sie nicht gewohnt. Sie rechnen damit, daß gleich entrüstet entgegengehalten wird, sobald sie mit ihren Provokationen beginnen. In der Outlaw-Ecke fühlen sie sich wohl – wenn man sie mit Respekt behandelt, sind sie schon verunsichert.«
Ich habe allerdings ein bißchen eine andere Erinnerung an unser Zusammentreffen auf der Frankfurter Buchmesse am Stand von Klett-Cotta, als Kubitschek, Kositza, Sommerfeld und ich uns mit Leo und seinem Co-Autor Daniel Pascal Zorn auf ein Gläschen zusammensetzten. Es war ein ganz normales Gespräch, ohne “Provokationen”, mit einer selbstverständlichen Höflichkeit, die nicht allzu großartig überraschend oder entwaffnend wirkte.
Leo nahm gegenüber Kubitschek vielmehr eine geradezu anhimmelnde Haltung an, und betonte, daß nur wir, die neuen Rechten, sein Buch verstehen können, da es doch schließlich für uns geschrieben sei (wie viel Mühe hatte er sich gegeben, es mit vielen esoterischen Anspielungen, etwa auf Tristesse Droite zu spicken!). Kubitscheks Besprechung in der Sezession gehöre zum Besten, was dieser je geschrieben habe, er habe eben das literarische Gespür, das so vielen fehle, und das man brauche, um einen solchen Text zu lesen. Schließlich mußte Leo auch nach schlüssiger Argumentation Kubitscheks zugeben, daß Herfried Münkler sich in der Causa Sieferle in der Tat äußerst niederträchtig verhalten habe.
In meinem eigenen Gespräch mit Leo kann ich mich ebenfalls an zwei Momente erinnern, in der seine eigene Souveränität deutlich ins Wanken geriet. Ich sprach ihn auf seine Darstellung meines Auftritts im Talk im Hangar‑7 an, in der er behauptete, ich habe den Namen meines Kontrahenten Eilenberger absichtlich verballhornt, um ihm provozieren (was generell mein Ziel gewesen sei). Als ich ihn auf die Tatsache verwies, daß dieser mich bereits zu Beginn der Runde mit der Nennung meines bürgerlichen Namens provoziert hatte, und mich auch sonst reichlich untergriffig attackiert hatte, bemerkte ich eine deutliche Verunsicherung über sein Gesicht huschen. Seine Darstellung des Geschehens, die seine These vom Provokationsmodus der Rechten stützen sollte, ist nachweisbar, objektiv falsch, für mich generell die “smoking gun” seines ganzen Konstrukts.
Ein zweiter Moment der Verunsicherung flitzte über Leos Gesicht, als ich ihn im Rahmen der Rassismusfrage auf die Existenz von Gruppenschnitten und Glockenkurven verwies, wenn es darum geht, Aussagen über die Eigenschaften bestimmter Gruppen zu treffen (etwa IQ-Verteilung). Er blickte drein, als hätte er einen solchen Gedanken noch nie in seinem Leben gefaßt.
Im Anschluß an die Buchmesse und die Aufmerksamkeit, die die beiden Bücher Mit Linken leben und Mit Rechten reden erfuhren, gab es Gespräche zwischen Kubitschek und Leo, die Debatte um das Thema seines Buches öffentlich auszutragen, ganz im Sinne der Rede, die die Autoren von Mit Rechten reden am Ende ihres Buches Keira Knightley in den Mund legten:
Jede Seite sucht sich vier, sechs oder acht gute Frauen und Männer aus, die dann zu einem verabredeten Zeitpunkt jeweils paarweise zusammenkämen, um auf zivilisierte Weise miteinander zu reden. Und zivilisiert heißt in diesem Fall nicht: sich gut verstehen. Sondern, um es mit einer Lieblingsvokabel of your friend Charlie Schmitt zu sagen: eingehegt zu streiten.
Eine gerade Teilnehmerzahl wäre sinnvoll, weil wir uns dann, quasi im Modus von Heim- und Auswärtsspiel, paritätisch mal an einem von euch, mal an einem von uns vorgeschlagenen Ort treffen könnten. Es gäbe keine Vorbedingungen. Niemand müsste sich zu irgendetwas bekennen oder von irgendetwas distanzieren. Und es gäbe auch keine Verpflichtung auf fair play. Wir vertrauen darauf, dass sich unter vernünftigen Leuten vernünftige Gespräche von allein ergeben. Oder, wenn nicht, man es auch zum Äußersten kommen ließe – und über das Reden spräche.
Was die Themen betrifft, wäre alles Mögliche denkbar. Solche, bei denen vermutlich die Fetzen fliegen würden, wie Demokratie, deutsches Volk, Faschismus, Meinungsfreiheit, Einwanderung, Heimat oder Erinnerungskultur. Aber gerne auch solche, bei denen sich Gespräche entwickeln können wie auf einer Zugfahrt zwischen Unbekannten: über Literatur, Auslandserfahrungen oder Wege der politischen Sozialisation. Nett wäre auch ein Erfahrungsaustausch zwischen Soldaten, die ihren Arsch fürs Vaterland hingehalten, und Zivis, die Windeln an Wehrmachtsärschen gewechselt haben.
Überlegt’s euch mal.
Nu ja, wir hätten nicht lange überlegt, im Gegensatz zu Per Leo, der zunächst zwar seine Bereitschaft erklärte, aber mit allerlei gewundenen Ausreden (unter anderem mußten auch er und seine Autoren selbst Dampf aus der linken Ecke abwehren) eine konkrete Planung auf den St. Nimmerleinstag verschob, bis irgendwann endgültig Funkstille herrschte (auch Daniel-Pascal Zorn, ein ganz eigenartiger Fall, den ich hier vielleicht einmal gesondert behandeln werde, hat sich ziemlich rasch aus dem Staub gemacht.) So doll scheint sein Interesse an der Sache selbst offenbar nicht gewesen zu sein, abseits davon, daß er sich ins Gespräch gebracht und ein paar Bücher verkauft hat. Am Ende war es nur “Literatur”!
Ganz im Sinne seiner fixen Ideen stellt Leo in seinem Artikel auch den Inhalt des Buches von Sommerfeld und mir, Mit Linken leben, völlig verzerrt dar. Es enthülle “das Erfolgsgeheimnis der Rechten im Zeitalter Donald Trumps: ein unternehmerisches Verhältnis zur Reizbarkeit.”
Es ist das gleiche Muster wie in Mit Rechten reden: Leo tut so, als wäre die “Reizbarkeit” der Linken etwas, woraus wir freudig Kapital schlagen würden, wogegen wir darin in erster Linie ein Minenfeld und eine Gefahr sehen, die wir ständig abwehren müssen, und die buchstäblich unsere Existenz, unseren Broterwerb und unsere sozialen Bindungen und Einbindungen bedroht. Diese Reizbarkeit dann im Gegenangriff auszunutzen, ist nur ein sekundärer Schritt, den sich beleibe nicht jeder leisten kann, und der wohldosiert sein muß.
Leo klammert sich obsessiv an die Vorstellung, daß unser ganzes Denken und Trachten auf “Provokation” gründe, anstelle eines Eintretens für die Dinge, die wir tatsächlich und allen Ernstes für wahr und richtig und verteidigenswert halten. Er übersieht, daß schon unsere bloße Existenz in den Augen der Linken “Provokation” ist, daß sie es als Unverschämtheit betrachten, daß wir es wagen, Widerspruch einzulegen. Leo kehrt Wirkung und Ursache um, was sich etwa in diesem Satz zeigt:
Ganze Kapitel widmen die Autoren der Frage, durch welche Gesten und Sätze sich »linke« Empörung triggern lässt.
Diese Frage wird in Wahrheit in nur einem Kapitel behandelt, in Form einer Liste, die aufzeigt, was de facto diese Empörung triggert. Es ist keine Anleitung, sondern ein Inventar.
Seltsam ist auch diese Bemerkung:
Nach einem Begriff oder auch nur einer präzisen Beschreibung der »Linken« wird man in dem Buch vergeblich suchen.
Gaslichtern oder Apperzeptionsverweigerung? Hier lügt Leo entweder seinen Lesern oder sich selbst etwas vor, denn in Wahrheit ist unser Buch randvoll mit Material zur Frage, wen oder was wir als “Linke” bestimmen (weitaus mehr, als er und seine Co-Autoren anzubieten haben, um “Linke”, “Rechte” oder gar “Nicht-Rechte” zu bestimmen). Dabei betonen wir explizit, daß es die Rechten oder die Linken in einer völligen Eindeutigkeit nicht gibt, wir daher eine solch “präzise Beschreibung”, wie sie Leo vermißt, nicht anbieten können oder für verfehlt hielten.
Unser Ansatz ist gleichsam phänomenologisch: Wir beschreiben detailiert ein Syndrom oder einen Komplex aus Bruchlinien, die sich zu der heute vieldiskutierten “Spaltung” oder “Polarisierung” der Gesellschaft addieren. “Rechts” und “links” sind in diesem Konflikt kontextabhängige Begriffe, im Falle von “rechts” meistens eine Fremdzuschreibung, die jedoch klar erkennbaren Mustern folgt.
Nicht zuletzt beschäftigt uns die Frage nach dem “moralischen” und “sozialen Kapital” linker Ideologeme (wie “Weltoffenheit”, “Toleranz”, “Vielfalt”), wobei wir zu den gleichen Schlußfolgerungen wie Alexander Grau kommen.
Sommerfeld und Lichtmesz studieren keinen Feind, um ihn sich dann strategisch für den Kampf zurechtzulegen, sie erspüren eine feindliche Umwelt. Sie wittern die »Linken« wie eine bedrohliche Spezies, in deren Habitat sie eingedrungen sind.
Auch hier hat Leo die Reihenfolge nicht verstanden oder nicht verstehen wollen: Wir beschreiben kein Habitat, in das wir “eingedrungen” wären, sondern vielmehr eines, aus dem wir und andere zunehmend ausgeschieden und verdrängt worden sind, weil wir einen bestimmten Konsens aufgekündigt haben. Die “Spaltung der Geselllschaft” ist ja nichts anderes als die Krise um die Gestaltung und den Zustand des gemeinsamen Habitats. Als “bedrohliche Spezies” werden dann vielmehr wir selbst gestempelt, nicht umgekehrt. Auch das haben wir mehrfach belegt und nachgewiesen.
Der Titel unseres Buches ist nicht umsonst gewählt: Es zielt auf eine Gratwanderung zwischen Angriff und Ausgleich oder “modus vivendi” ab, da wir eben keine Bürgerkrieger sind. Wir “erspüren” auch nicht bloß eine Umwelt, sondern wir liefern eine Gesellschaftsanalyse und die Kritik einer praktizierten Ideologie, die verkürzt gesagt auf die Schaffung eines “Neuen Menschen” ausgerichtet ist. Das kann man nun, wenn man dieser Ansicht ist, als unzutreffend oder unzureichend kritisieren, aber so zu tun, als wüßten wir nicht haargenau, wovon wir sprechen, ist unredlich. Leo betreibt hier eine sich hartnäckig blind, taub und stumm stellende Fortsetzung der seltsamen Spiegelfechterei, die für Mit Rechten reden so kennzeichnend ist.
Durendal
Aus Worten wie denen von Leo klingt eine Form der Angst vor Wettbewerb durch, die typisch für die Spätphasen von Machtakteuren ist. Mit dieser Angst ist meistens auch eine Radikalisierung verbunden, denn die sich gegenteilig zur Utopie entwickelnde Wirklichkeit bedroht mehr als nur den noch vorhandenen Einfluss, die Anerkennung und die Pfründe.
Wenn die bösen Rechten doch nur endlich still wären könnte man noch etwas länger in der Illusion einer heilen Welt leben. Auch das eigene Gewissen, dem langsam klar wird wo die von einem mitverantwortete Utopie absehbar enden wird, wäre dann vielleicht vorläufig noch etwas ruhiger.
Solche Personen werden sich also weiter radikalisieren und nach stärkerer Repression rufen, wofür sie aber immer grellere Feindbilder brauchen werden um dies vor sich selbst und anderen zu rechtfertigen. Sie werden sich also immer weniger auf das beziehen wollen, was auf konservativer Seite tatsächlich gesagt und gedacht wird.
Das wird vielleicht nocheinmal zehn Jahre lang für diese Personen funktionieren. Dann könnte alles sehr schnell gehen, und eines Tages wird man dann erklären, dass man ja nicht wissen konnte wie problematisch die Lage wirklich war. Vieleicht wird man auch darauf verweisen, dass man selbst auch nur ein Opfer der allgemeinen Täuschung war oder dass die eigenen Schriften und Äußerungen stets verborgene Zeichen des Widerspruchs enthalten hätten.