In memoriam Pentti Linkola (1932 – 2020)

Am 5. April starb der finnische Naturforscher und "Tiefenökologe" Pentti Linkola im Alter von 87 Jahren.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Sei­ne Ansich­ten “kon­tro­vers” zu nen­nen, wäre wohl eine star­ke Unter­trei­bung. Ande­rer­seits gibt es in Zei­ten von “Extinc­tion Rebel­li­on” (sie­he Som­mer­feld hier, hier und hier) eine gewis­se Brü­cke von dem kau­zi­gen Ein­zel­gän­ger zu den Kli­ma­ka­ta­stro­phen-Hypes des Main­streams. Abge­se­hen davon hat­te er aller­dings kei­ner­lei Ähn­lich­keit mit bour­geoi­sen, pri­vi­le­gier­ten Teen­agern wie Gre­ta Thun­berg, die von den “Davos­kra­ten” gepusht werden.

Auch äußer­lich eine knor­ri­ge, abge­här­te­te, wet­ter­ge­gerb­te Erschei­nung, leb­te er sein Leben kon­se­quent nach sei­nen har­schen Prin­zi­pi­en: der erbit­ter­te Feind von Tech­no­lo­gie, “Fort­schritt”, Mas­se­neu­dä­mo­nie und Umwelt­zer­stö­rung arbei­te­te jahr­zehn­te­lang als Berufs­fi­scher, mit Ruder­boot und Netz, ohne jeg­li­che tech­ni­sche Hilfs­mit­tel. Dane­ben war er als frei­er For­scher tätig und hat­te vor allem auf dem Gebiet der Orni­tho­lo­gie gro­ße Verdienste.

Allein die Tat­sa­che, daß er zu den ganz weni­gen radi­ka­len Umwelt­schüt­zern gehör­te, die ihre Über­zeu­gun­gen in die Tat umsetz­ten, trug ihm bei Freund und Feind gro­ßen Respekt ein. Er galt in sei­nem Hei­mat­land als iko­ni­sche, legen­dä­re Figur, und war immer wie­der in der Pres­se prä­sent, aller­dings tat er nichts, aber auch gar nichts, um sich in der Öffent­lich­keit beliebt zu machen.

Im Gegen­teil: Als Heil­mit­tel für den mas­siv über­völ­ker­ten, über­las­te­ten Pla­ne­ten emp­fahl Lin­ko­la unver­hoh­len die Aus­rot­tung des Groß­teils der Mensch­heit und pries extre­me poli­ti­sche Bewe­gun­gen wie den Natio­nal­so­zia­lis­mus (“eine groß­ar­ti­ge Phi­lo­so­phie”) und den Sta­li­nis­mus eben aus dem Grund, weil ihnen das Indi­vi­du­um wenig galt und sie zu Mas­sen­mor­den im gro­ßen Stil fähig waren.

In der Tat war ihm so gut wie jedes Mit­tel recht, die Welt­be­völ­ke­rung zu redu­zie­ren und der tech­no­lo­gi­schen Zivi­li­sa­ti­on zu scha­den. Er fei­er­te die Ter­ror­an­schlä­ge vom 11. Sep­tem­ber 2001 eben­so ab wie die Baa­der-Mein­hof-Ban­de, die Roten Bri­ga­den und ande­re Ter­ro­ris­ten, ver­ach­te­te die Demo­kra­tie und träum­te von einer Öko-Dik­ta­tur, die stren­ge Gebur­ten­kon­trol­le aus­übt und Euge­nik betreibt. Auch Pan­de­mien sah er als will­kom­me­nes Mit­tel zum Zweck und noch am Ende sei­nes Lebens äußer­te er die Hoff­nung, daß „das Coro­na­vi­rus die Zer­stö­rung der Erde ein wenig ver­lang­sa­men könne“.

Cha­rak­te­ris­tisch für ihn waren Sprü­che wie die­se:

Daß es auf die­sem Pla­ne­ten Mil­li­ar­den von Men­schen gibt, die über 60 Kilo wie­gen, ist ruchlos.

Alles, was wir in den letz­ten hun­dert Jah­ren ent­wi­ckelt haben, muß zer­stört werden.

Was soll man tun, wenn ein Schiff mit hun­dert Pas­sa­gie­ren plötz­lich ken­tert und es nur ein ein­zi­ges Rett­tungs­boot gibt? Wenn das Ret­tungs­boot voll ist, dann wer­den die­je­ni­gen, die das Leben has­sen, ver­su­chen, es mit noch mehr Men­schen zu bela­den, bis alle ver­sin­ken. Die­je­ni­gen aber, die das Leben lie­ben und respek­tie­ren, wer­den die Schiff­saxt neh­men, und die Hän­de derer abha­cken, die sich an die Boots­rän­der klammern.

Wäh­rend Gre­ta Thun­berg ihr Publi­kum in Panik ver­set­zen will, indem sie ein gewal­ti­ges “Mas­sen­ster­ben” pro­phe­zeit, hat Pent­ti Lin­ko­la die­se Aus­sicht begrüßt, ja als den ein­zi­gen Aus­weg gese­hen, um das Leben auf die­sem Pla­ne­ten über­haupt zu ret­ten, frei nach Ste­fan Geor­ge: “Was ist IHM mord von hun­dert­tau­sen­den / Vorm mord am leben selbst?” Der Zusam­men­bruch wür­de ohne­hin eines Tages kom­men, denn die aus dem Gleich­ge­wicht von Leben und Ster­ben gebrach­te Natur wer­de sich bit­ter­lich rächen. Die kom­men­den Kata­stro­phen wären dann nur bru­ta­le Regu­la­ti­ons­ma­nö­ver des gestör­ten öko­lo­gi­schen Lebenskreislaufes.

Hier­zu paßt ein wei­te­res Gedicht von Ste­fan Geor­ge , in dem auch eine Seu­che als Stra­fe für die mensch­li­che Hybris auftritt:

Ihr baut ver­bre­chen­de an maass und grenze:
›Was hoch ist kann auch höher!‹ doch kein fund
Kein stütz und flick mehr dient .. es wankt der bau.
Und an der weis­heit end ruft ihr zum himmel:
›Was tun eh wir im eig­nen schutt ersticken
Eh eig­nes spuk­ge­bild das hirn uns zehrt?‹
Der lacht: zu spät für still­stand und arznei!
Zehn­tau­send muss der hei­li­ge wahn­sinn schlagen
Zehn­tau­send muss die hei­li­ge seu­che raffen
Zehn­tau­sen­de der hei­li­ge krieg.

Apro­pos Geor­ge: Man kann sich gut vor­stel­len, daß auch ein Lud­wig Kla­ges mit Lin­ko­la sym­pa­thi­siert hätte.

Lin­ko­la wur­de am 7. Dezem­ber 1932 in Hel­sin­ki gebo­ren. Schon sein Vater Kaar­lo Lin­ko­la (1888–1942) war Natur­wis­sen­schaft­ler und Mit­be­grün­der und ers­ter Vor­sit­zen­der der Fin­ni­schen Natur­schutz­ver­ei­ni­gung. Lin­ko­la ähnel­te in vie­ler Hin­sicht einem ande­ren extre­mis­ti­schen Wald­schrat, dem “Una-Bom­ber” Ted Kac­zyn­ski, des­sen Mani­fest “Die indus­tri­el­le Gesell­schaft und ihre Zukunft” (u.a. abge­druckt in dem Buch zum Film “Das Netz” von Lutz Damm­beck; zum frei­en Her­un­ter­la­den u.a. hier) eben­falls für einen radi­kalst­mög­li­chen Abbau der tech­no­lo­gi­schen Zivi­li­sa­ti­on und den Krebs­gang zurück in ein prä-indus­tri­el­les Zeit­al­ter plädiert.

Kac­zyn­ski hat­te aller­dings weni­ger das Über­le­ben der Öko­sphä­re vor Augen (wie Lin­ko­la), son­dern vor allem die Dege­ne­ra­ti­on der mensch­li­chen Frei­heit durch ein Sys­tem, das den Men­schen neu­ro­ti­siert und von sei­nen natür­li­chen Bedürf­nis­sen entfremdet:

Die Fol­gen der Indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on haben sich für die Mensch­heit als eine Kata­stro­phe erwie­sen. Unse­re Lebens­er­war­tung ist dadurch in den “fort­ge­schrit­te­nen” Län­dern bedeu­tend gestie­gen, gleich­zei­tig aber trat infol­ge­des­sen eine Desta­bi­li­sie­rung der Gesell­schaft ein, das Leben wur­de uner­füllt, die Men­schen gerie­ten in eine unwür­di­ge Abhän­gig­keit, die­se Ent­wick­lung hat zu weit ver­brei­te­ten psy­chi­schen Pro­ble­men geführt (in der Drit­ten Welt auch zu orga­ni­schen Krank­hei­ten) und der Natur wur­de uner­meß­li­cher Scha­den zuge­fügt. Die kon­ti­nu­ier­li­che Ent­wick­lung der Tech­no­lo­gie wird die Lage wei­ter verschlimmern…

Lin­ko­la lehn­te jeg­li­che Form der “huma­nis­ti­schen”, “huma­ni­tä­ren”  und anthro­po­zen­tri­schen Ethik ab; in etwas gerin­ge­rem Maße trifft dies auch auf Kac­zyn­ski zu. Unschwer kann man hier eine gewis­se “Fami­li­en­ver­wandt­schaft” mit einem wei­te­ren (buch­stäb­li­chen) Wald­gän­ger erken­nen, der eben­falls ein natur­na­hes, aske­ti­sches Leben bevor­zug­te, näm­lich Mar­tin Heid­eg­ger, der in Gestalt der Tech­nik (als “Gestell”) eine gefähr­li­che Form des Nihi­lis­mus und der “Seins­ver­ges­sen­heit” erblick­te, und auf den “Huma­nis­mus” und Anthro­po­zen­tris­mus eben­falls nicht gut zu spre­chen war. 

Kac­zyn­ski kri­ti­sier­te beson­ders vehe­ment die Ideo­lo­gie der moder­nen Lin­ken (“lef­tism”). “Sozia­lis­ten, Kol­lek­ti­vis­ten, ‘poli­ti­cal­ly correct’-Anhänger, Akti­vis­ten im Bereich des Femi­nis­mus, der Homo­se­xua­li­tät und der Behin­der­ten, Ver­tei­di­ger des Tier­schut­zes und der­glei­chen” sah er von Res­sen­ti­ments und Min­der­wer­tig­keits­kom­ple­xen getrie­ben. Lin­ko­la wie­der­um war ein vehe­men­ter Geg­ner von außer­eu­ro­päi­scher Ein­wan­de­rung und Ent­wick­lungs­hil­fe für die drit­te Welt. In einem Inter­view beklag­te er, Hel­sin­ki habe sich in “Afri­ka” verwandelt.

Aller­dings sprach Kac­zyn­ski eher als Anar­chist (er leb­te in einer Wald­hüt­te nach dem Vor­bild sei­nes Idols Hen­ry David Tho­reau), wäh­rend Lin­ko­la, per­sön­lich ein zäher Eigen­bröt­ler und Non­kon­for­mist, glü­hen­der Befür­wor­ter einer Dik­ta­tur war, die den ego­is­ti­schen Appe­tit der Men­schen an stren­ge Zügel legt:

Jede Dik­ta­tur wäre bes­ser als die moder­ne Demo­kra­tie. Kein noch so inkom­pe­ten­ter Dik­ta­tor kann düm­mer sein als eine Mehr­heit der Men­schen. Die bes­te Dik­ta­tur wäre eine, in der vie­le Köp­fe rol­len und die Regie­rung jedes Wirt­schafts­wachs­tum verhindert.

Der zen­trals­te und irra­tio­nals­te Glau­be unter den Men­schen ist der Glau­be an Tech­no­lo­gie und Wirt­schafts­wachs­tum. Sei­ne Pries­ter glau­ben bis zu ihrem Tod, daß mate­ri­el­ler Reich­tum Freu­de und Glück bringt – obwohl alle Bewei­se der Geschich­te zei­gen, daß nur Man­gel und Bemü­hen das Leben lebens­wert machen, und daß mate­ri­el­ler Wohl­stand nichts als Ver­zweif­lung bringt.

Es ist ein fun­da­men­ta­ler, ver­nich­ten­der Feh­ler, ein poli­ti­sches Sys­tem zu errich­ten, das auf Begier­de beruht. Die Gesell­schaft und das Leben wer­den auf der Basis des­sen orga­ni­siert, was ein Indi­vi­du­um will, und nicht, was für es gut ist… In demo­kra­ti­schen Län­dern hat sich die Zer­stö­rung der Natur und die Sum­mie­rung öko­lo­gi­scher Desas­ter akku­mu­liert [da muß man ihm ent­schie­den wider­spre­chen: sie­he etwa hier und hier. - M.L] … unse­re ein­zi­ge Hoff­nung liegt in einer star­ken, zen­tra­lis­ti­schen Regie­rung und in der kom­pro­miß­lo­sen Kon­trol­le des indi­vi­du­el­len Bürgers.

Lin­ko­la hat­te offen­bar nicht einen ein­zi­gen libe­ra­len, demo­kra­ti­schen oder ega­li­tä­ren Kno­chen im Leib. Das mensch­li­che Indi­vi­du­um war ihm ange­sichts des gro­ßen bio­lo­gi­schen Gan­zen völ­lig gleich­gül­tig, ja er hielt das mensch­li­che Leben schlecht­hin für über­be­wer­tet, und nicht bedeu­ten­der als das Leben von Tie­ren und Pflan­zen. Er war ein Anti-Libe­ra­ler in sei­ner schroffs­ten und kon­zen­trier­tes­ten Form.

Eine Welt nach sei­nen Vor­stel­lun­gen hät­te etwa so ausgesehen:

  • Gebur­ten müs­sen lizen­siert wer­den. Um die Qua­li­tät der Bevöl­ke­rung zu ver­bes­sern, wird den gene­tisch oder sozi­al Untaug­li­chen der Nach­wuchs ver­wei­gert, damit Qua­li­täts­fa­mi­li­en meh­re­re Geburts­li­zen­sen bekom­men können.
  • Die Ener­gie­pro­duk­ti­on muß dras­tisch redu­ziert wer­den. Elek­tri­zi­tät wird nur für die aller­not­wen­digs­te Beleuch­tung oder Kom­mu­ni­ka­ti­on zugelassen.
  • Nah­rung: Die Jagd muß effi­zi­en­ter gestal­tet wer­den. Die mensch­li­che Diät wird Rat­ten und wir­bel­lo­se Tie­re beinhal­ten. Die Land­wirt­schaft wird in klei­ne, nicht-mecha­ni­sier­te Sek­to­ren auf­ge­teilt. Sämt­li­che mensch­li­chen Exkre­men­te wer­den als Dün­ger benutzt.
  • Der Ver­kehr fin­det haupt­säch­lich mit Fahr­rä­dern und Ruder­boo­ten statt. Pri­vat­au­tos wer­den kon­fis­ziert. Der Fern­ver­kehr wird mit kar­gen Mas­sen­trans­por­tern durch­ge­führt. Bäu­me wer­den auf den meis­ten Stra­ßen gepflanzt.
  • Außen­po­li­tik: Jeg­li­che Mas­sen­ein­wan­de­rung und der Groß­teil des Import-Export-Han­dels müs­sen gestoppt wer­den. Rei­sen außer­halb der Lan­des­gren­zen sind nur einer klei­nen Zahl von Diplo­ma­ten und Kor­re­spon­den­ten vorbehalten.
  • Der Han­del wird groß­teils unter­bun­den wer­den. Indus­tri­el­le Pro­duk­ti­on wird nur bei bestimm­tem, gut begrün­de­tem Bedarf gestat­tet. Alle grö­ße­ren Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten sind in Staats­be­sitz. Die Pro­duk­te wer­den halt­bar sein und über Gene­ra­tio­nen hin­weg ver­wen­det wer­den können.
  • Wis­sen­schaft und Schul­bil­dung: Der Unter­richt wird sich auf prak­ti­sche Fähig­kei­ten kon­zen­trie­ren. Jeg­li­cher Kon­kur­renz­kampf wird eli­mi­niert. Die tech­no­lo­gi­sche For­schung wird auf ein extre­mes Mini­mum redu­ziert. Aber jedes Kind wird ler­nen, einen Fisch so zu put­zen, daß nur mehr die gro­ßen, glän­zen­den Kno­chen übrigbleiben.

Lin­ko­la galt auch als ein zupa­ckend-direk­ter Autor, der vor maka­bren und zyni­schen Zuspit­zun­gen, die er tod­ernst mein­te, nicht zurück­schreck­te. Über­set­zun­gen aus dem Fin­ni­schen gibt es nur weni­ge – 2011 brach­te der Ver­lag Inte­gral Tra­di­ti­on Publi­shing eine Samm­lung von Auf­sät­zen und Arti­keln in eng­li­scher Spra­che unter dem Titel Can Life Pre­vail? (“Wird das Leben über­dau­ern?”) heraus.

Hier eine Kost­pro­be aus einem sei­ner berüch­tigs­ten Tex­te, “Human­flood” (“Men­schen­flut”, 1990):

“Was bist Du, o Mensch?” frag­ten einst die Dich­ter der guten alten Zeit. Der Mensch kann auf belie­big vie­le Wei­sen defi­niert wer­den, aber sei­ne fun­da­men­tals­te Eigen­schaft läßt sich in zwei Wor­ten zusam­men­fas­sen: zu viel. Ich bin zu viel, du bist zu viel. Es gibt fünf Mil­li­ar­den von uns [nur drei­ßig Jah­re spä­ter sind es bereits schät­zungs­wei­se 7, 763 Mil­lio­nen. M.L.] ( – eine absur­de, erstaun­li­che Zahl. Und sie wächst immer noch?  (…) Ich habe ein­mal einen Som­mer mit einer Fahr­rad­tour durch Polen ver­bracht. Es ist ein wun­der­ba­res Land, wo man an jedem Eck auf klei­ne katho­li­sche Kin­der trifft, süß wie Zucker, fast voll­stän­dig in Sei­de geklei­det. Ich habe in einer Rei­se­bro­schü­re gele­sen, daß die Zahl der Men­schen, die in Polen wäh­rend des zwei­ten Welt­kriegs umka­men, grö­ßer war als in irgend­ei­nem ande­ren Land – etwa sechs Mil­lio­nen, wenn mich mei­ne Erin­ne­rung nicht täuscht. Anhand eines ande­ren Tei­les der Bro­schü­re konn­te ich aus­rech­nen, daß das Bevöl­ke­rungs­wachs­tum seit Kriegs­en­de die­sen Ver­lust inner­halb von vier­zig Jah­ren um das drei­fa­che kom­pen­siert hatte.

Mei­ne nächs­te Rei­se führ­te mich in die am schlimms­te aus­ge­bomb­te Stadt der Welt, nach Dres­den. Sie war erschre­ckend in ihrer Häß­lich­keit und ihrem Schmutz, über­füllt bis an den Rand der Ersti­ckung, ein rauch­ver­pes­te­tes, umwelt­ver­schmut­zen­des Loch. Da lag der Gedan­ke nicht fern, daß eine wei­te­re Imp­fung von oben aus dem Him­mel nicht scha­den kön­ne. Wer ver­mißt all die Men­schen, die im Zwei­ten Welt­krieg gestor­ben sind? Wir ver­mißt die zwan­zig Mil­lio­nen, die Sta­lin hin­ge­rich­tet hat? Wer ver­mißt Hit­lers sechs Mil­lio­nen Juden? Isra­el ist so über­füllt, daß es aus allen Näh­ten platzt; in Klein­asi­en ver­ur­sacht die Über­be­völ­ke­rung Kämp­fe um ein paar Qua­drat­me­ter Dreck. Die Städ­te der Welt wur­den wie­der auf­ge­baut und bis zum Rand mit Men­schen gefüllt, ihre Kir­chen und Denk­mä­ler restau­riert, damit der sau­re Regen etwas hat, wo er sich hin­ein­fres­sen kann. Wer ver­mißt das unge­nutz­te Fort­pflan­zungs­po­ten­zi­al derer, die im Zwei­ten Welt­krieg getö­tet wur­den. Braucht die Welt denn wirk­lich noch wei­te­re hun­dert Mil­lio­nen Men­schen? Gibt es einen Man­gel an Büchern, Lie­dern, Fil­men, Por­zel­lan­hun­den, Vasen? Sind eine Mil­li­ar­de fleisch­ge­wor­de­ner Mut­ter­lie­be und eine Mil­li­ar­de süßer sil­ber­haa­ri­ger Groß­müt­ter nicht genug?

Und wie­der kommt einem Geor­ge in den Sinn: “Schon eure zahl ist frevel!”

Wie zu erwar­ten, hat Lin­ko­la eine enor­me Fas­zi­na­ti­on auf Apo­ka­lyp­ti­ker und Mis­an­thro­pen aller Art aus­ge­übt, dar­un­ter auch mei­ne Wenig­keit (als Kind der acht­zi­ger Jah­re hat sich die Aus­sicht auf öko­lo­gi­sche Kata­stro­phen tief in mir eingegraben.)

“Human­flood” war auch in dem ein­fluß­rei­chen Under­ground-Kom­pen­di­um Apo­ca­lyp­se Cul­tu­re II (2000), her­aus­ge­ge­ben von Adam Par­frey, abge­druckt, wodurch Lin­ko­la erheb­li­chen Sta­tus in gewis­sen sub­kul­tu­rel­len Krei­sen genoß.  Das Cover des Buches stamm­te wie­der­um von dem “apo­ka­lyp­ti­schen” Maler Joe Cole­man, der in die­sem Film­aus­schnitt einen Pre­di­ger spielt, der eine Bot­schaft ganz im Sin­ne Lin­ko­las verkündet:

Seht euch um. Das Han­ta­vi­rus war­tet auf euch. Ebo­la. Und der Regen­wald kocht Gebräu aller Art aus, um sicher­zu­ge­hen, daß die Bevöl­ke­rung unter Kon­trol­le bleibt. Alle die­se Din­ge sind not­wen­dig. War­um gibt es heu­te einen Anstieg an sexu­el­len Abwei­chun­gen? Weil das gegen den fort­pflan­zen­den Sex geht. Mut­ter Natur will nicht noch mehr Kin­der. Nein. Das ist kei­ne Zeit für Geburt. Es ist kei­ne Zeit, zu gebä­ren. Es ist eine Zeit, zu ster­ben. Ihr sagt, der Jun­kie sei das Pro­blem. Ihr sagt, der sexu­el­le Abweich­ler sei das Pro­blem. Ihr sagt, der Seri­en­kil­ler sei das Pro­blem. Ihr sagt, der Ras­sist sei das Pro­blem. Ihr sagt, der Mann, der sei­nen Nächs­ten haßt, sei das Pro­blem. Aber sie sind nicht das Pro­blem! Der sexu­el­le Abweich­ler, der Mör­der, der Seri­en­kil­ler, der Aus­lö­scher mensch­li­chen Lebens sind die Kur! IHR SEID DAS PROBLEM!

Immer wie­der sehen sich labi­le Per­sön­lich­kei­ten beru­fen, die­sen ver­meint­li­chen Job im Diens­te der Natur zu über­neh­men, und dabei auch gleich sich selbst aus­zu­lö­schen. Think glo­bal­ly, act local­ly: Im Jah­re 2007 erschüt­ter­te Finn­land der Amok­lauf eines 18jährigen Schü­lers namens Pek­ka-Erik Auvin­nen, der sei­ne nihi­lis­tisch-anti­hu­ma­nis­ti­sche Welt­an­schau­ung zum Teil aus den Schrif­ten Lin­ko­las geso­gen hat­te: “Die Mensch­heit ist über­schätzt” stand auf dem schwar­zen T‑Shirt, mit dem er, die Waf­fe in der Hand, vor der Kame­ra posier­te, ehe er nach dem Vor­bild der “Columbine”-Killer zur Tat schritt.

Unter den “Ver­schwö­rungs­theo­rien”, die gera­de ange­sichts der Covi­d19-Pan­de­mie gras­sie­ren (ich benut­ze den Begriff aus­drück­lich nicht abwer­tend), fin­det sich auch die Vor­stel­lung, Bill Gates und ande­re mit ihm ver­bün­de­te “Eli­ten” hät­ten die Kri­se absicht­lich in Gang gesetzt, als Teil eines grö­ße­ren Plans, die Welt­be­völ­ke­rung dras­tisch zu redu­zie­ren. Da das Coro­na­vi­rus in die­ser Hin­sicht nicht all­zu effek­tiv ist (Pent­ti Lin­ko­la wäre ent­täuscht gewe­sen), sol­len die von Gates ankün­dig­te Mas­sen­imp­fun­gen offen­bar die­sen Zweck verfolgen.

Nun bin ich zwar der Ansicht, daß Gates und ande­re grö­ßen­wahn­sin­ni­ge Welterlö­ser in der Tat gera­de dabei sind, ein tota­li­tär-glo­ba­lis­ti­sches Süpp­chen zu kochen, aller­dings leuch­tet mir die­se spe­zi­fi­sche Theo­rie nicht ein. Tat­sa­che ist aller­dings, daß Gates sich – unter ande­rem im Zusam­men­hang mit der “Kli­ma­ka­ta­stro­phe” und Co2-Aus­stoß – wie­der­holt zur Pro­ble­ma­tik der Über­be­völ­ke­rung geäu­ßert hat. Er sprach aller­dings nicht davon, die Bevöl­ke­rung des Pla­ne­ten zu redu­zie­ren, son­dern das Bevöl­ke­rungs­wachs­tum, auch wenn er dies manch­mal mehr­deu­tig for­mu­liert hat.

Gates ist in vie­ler Hin­sicht eine Art “Anti-Lin­ko­la”: hier ein rei­cher und mäch­ti­ger, medi­al ubi­qui­tä­rer, ame­ri­ka­ni­scher Tech­no­krat mit sei­fi­gem Auf­tre­ten, ein poli­tisch kor­rek­ter “com­pas­sio­na­te capi­ta­list”, der die gesam­te Mensch­heit, ins­be­son­de­re der Drit­ten Welt, “ret­ten” und durch Imp­fun­gen beglü­cken möch­te; dort ein men­schen­scheu­er, poli­tisch extrem unkor­rek­ter Asket in einem abge­le­ge­nen Land, des­sen Spra­che nie­mand spricht, der sich vom Fisch­fang ernährt und lie­ber heu­te als mor­gen den Groß­teil der Mensch­heit durch Pan­de­mien aus­ge­rot­tet und durch Bäu­me ersetzt sehen möchte.

Wenn es nun aber wirk­lich einen Zusam­men­hang zwi­schen Erd­er­wär­mung und Über­be­völ­ke­rung gibt, und eine gro­ße glo­ba­le Kata­stro­phe durch die­se Erd­er­wär­mung bevor­steht, dann wäre eine prä­ven­ti­ve dras­ti­sche Reduk­ti­on der Bevöl­ke­rung (und nicht bloß des Bevöl­ke­rungs­wachs­tums) ein durch­aus logi­scher Schritt. So weit wür­den aber Gre­ta Thun­berg oder Bill Gates nie­mals gehen, zumin­dest nicht öffentlich.

Hin und wie­der jedoch las­sen “Kli­ma”- und Umwelt­ak­ti­vis­ten durch­schei­nen, daß auch sie an eine “grü­ne” Dik­ta­tur den­ken, um die Welt zu ret­ten, so etwa der “Extinc­tion Rebellion”-Gründer Roger Hallam:

Wir wer­den die Regie­run­gen zum Han­deln zwin­gen. Und wenn sie nicht han­deln, dann wer­den wir sie stür­zen und eine Demo­kra­tie erschaf­fen, die taug­li­cher für den Zweck ist. Und ja, man­che könn­ten in die­sem Pro­zess sterben.

Annä­hernd “lin­ko­laesk” war auch sei­ne berüch­tig­te “Holo­caust-Rela­ti­vie­rung”:

Geno­zi­de, so der Kli­ma­ak­ti­vist, habe es in den ver­gan­ge­nen 500 Jah­ren immer wie­der gege­ben. “Um ehr­lich zu sein, könn­te man sagen: Das ist ein fast nor­ma­les Ereig­nis.” Auch der Holo­caust sei für ihn “just ano­ther fuckery in human histo­ry”, so Hal­lam – “nur ein wei­te­rer Scheiß in der Menschheitsgeschichte”.

Die­ses Sakri­leg kos­te­te ihn sei­nen Buch­ver­trag mit dem Ull­stein­ver­lag. Der­lei Image- und Publi­ci­ty­pro­ble­me hät­ten Lin­ko­la jeden­falls kaum geküm­mert. Im Gegen­satz zu Bill Gates oder Roger Hal­lam oder Gre­ta Thun­berg konn­te er es sich leis­ten, kon­se­quent und bru­tal ehr­lich zu blei­ben. Er nahm sich nie ein Blatt vor den Mund, und allein dafür gebührt ihm der Respekt jedes Nonkonformisten.

War Pent­ti Lin­ko­la nun mehr als ein exzen­tri­scher, extre­mis­ti­scher Spin­ner? Ich wür­de die­se Fra­ge mit Ja beant­wor­ten. Abge­se­hen von der lite­ra­ri­schen Qua­li­tät sei­ner Schrif­ten, die gera­de durch ihre kras­sen Über­spit­zun­gen an Reiz gewin­nen, emp­fand ich die Lek­tü­re Lin­ko­las über wei­te Stre­cken als bewe­gend und zuwei­len erschre­ckend ein­leuch­tend. Sei­ne Ana­ly­sen und Dia­gno­sen sind oft schwer von der Hand zu wei­sen, auch wenn die von ihm vor­ge­schla­ge­ne “The­ra­pie” grau­en­haft, wahn­sin­nig und undurch­führ­bar erscheint (ähn­li­ches gilt für Ted Kaczynski).

Es ist momen­tan Mode im rech­ten Lager (ins­be­son­de­re in der zum Liber­tä­ren nei­gen­den Frak­ti­on) Umwelt­pro­ble­me ange­sichts der Exzes­se der “Klimawandel”-Hysterie und deren dubio­ser Ver­ket­tung mit dem Welt­wirt­schafts­fo­rum und der glo­ba­lis­ti­schen Agen­da gene­rell nicht ernst zu neh­men. Dem ist deut­lich zu wider­spre­chen, und man hat in die­ser Fra­ge einen unse­rer größ­ten Vor­den­ker, Rolf Peter Sie­fer­le (sie­he auch die Neu­erschei­nun­gen hier und hier) auf sei­ner Seite.

Die Luft- und Was­ser­ver­schmut­zung, das Arten­ster­ben von Fau­na und Flo­ra, die Zer­sied­lung und Ver­nut­zung von Lebens­raum, die Aus­beu­tung von Res­sour­cen (ich bin immer noch unent­schie­den, was den Kli­ma­wan­del angeht) – all dies sind tat­säch­li­che, erns­te Pro­ble­me, die gera­de Sache der Rech­ten und Kon­ser­va­ti­ven sein soll­ten: Denn Öko­lo­gie ist rechts. 

Was nun Lin­ko­la angeht, so hat die­ser Nach­ruf eines fin­ni­schen Fans gut getrof­fen, wor­in das Anrüh­ren­de an sei­ner Gestalt liegt (pri­vat soll er “kul­ti­viert, höf­lich, selbst­iro­nisch” und vol­ler bär­bei­ßi­gem Humor gewe­sen sein). Nicht bloß dar­in, daß er auch gelebt hat, was er gepre­digt hat:

Lin­ko­la, der die meis­ten Annehm­lich­kei­ten der moder­nen Gesell­schaft zurück­wies, war wahr­schein­lich kon­se­quen­ter als die meis­ten von uns. Er war gewiß kon­se­quen­ter als der typi­sche grü­ne Par­la­men­ta­ri­er, der Hel­sin­ki nie­mals ver­läßt, außer, wenn er auf einen inter­na­tio­na­len Kli­ma­kon­greß fliegt. Aber Lin­ko­la wur­de nicht wegen sei­ner Kon­se­quenz bewun­dert, son­dern weil er ein Lei­den­der war. Für Lin­ko­la waren Umwelt­ka­ta­stro­phen kei­ne abs­trak­ten admi­nis­tra­ti­ven Pro­ble­me, son­dern per­sön­li­che Desas­ter. Er war lei­den­schaft­lich bio­phil. Das fra­gi­le Band zwi­schen Mensch und Erde war für ihn eine zutiefst inti­me und tra­gi­sche Ange­le­gen­heit. Anders als so vie­le ande­re wei­ger­te er sich, sei­ne reins­te Quel­le der Freu­de auf­zu­ge­ben. Die­se Wei­ge­rung führ­te ihn an die Rän­der der Gesell­schaft und mach­te aus sei­nem Leben eine Ein-Mann-Demons­tra­ti­on. Sie mach­te ihn auch zu einer inter­es­san­te­ren Gestalt als die meis­ten sei­ner Ver­eh­rer und Feinde.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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Kommentare (30)

Lotta Vorbeck

9. April 2020 10:35

@Martin Lichtmesz:

Die Luft- und Wasserverschmutzung, das Artensterben von Fauna und Flora, die Zersiedlung und Vernutzung von Lebensraum, die Ausbeutung von Ressourcen (ich bin immer noch unentschieden, was den Klimawandel angeht) - all dies sind tatsächliche, ernste Probleme, die gerade Sache der Rechten und Konservativen sei sollten: Denn Ökologie ist rechts.

~~~~~~~~~~~~

Ökologie ist rechts, war schon immer rechts.

Welche Antworten bekam man, sobald man sich in Sachen Klima und Ökologie besorgt gebende Leute auf deren eigene Transportmittelwahl, deren eigenes Kauf-, Konsum- und Freizeitverhalten ansprach?

Unisono begannen deren inkonsitente Antworten mit: "Ich will ooch mal ...." oder "Nä, so will ich nich' leben ...".

Nordlicht

9. April 2020 11:44

Von Menschenhassern wie von verbohrten Menschheitsbeglückern sollte man sich fernhalten.

Möglichst wenig Natur zu zerstören bzw zu verändern ist vernünftig, weil der Mensch in einem ökologisch funktionierenden Umfeld besser und effizienter lebt. Naturschutz ist angewandter Anthropozentrismus.

Technikfeindlichkeit ist mE Unsinn, Fortschrittskepsis allerdings ist ebenso angebracht wie Misstrauen gegenüber Quacksalbern und gegenüber Leuten, die einem schnelle Profite versprechen.

Ich bin mein ganzes Berufsleben im sog. Umweltschutz tätig gewesen und habe all die Phasen erlebt, in denen baldige Katastrophen durch Naturzerstörung vorausgesagt wurde. Das Beste, was man über diese Propheten sagen kann ist, dass sie eine in grossen Teilen abgewogene, in Teilen aber auch übertriebene Umweltgesetzgebung voran gebracht haben.

Ebenso sehe ich einen gewissen Nutzen der Klimaapokalyptiker darin, die Bürger und Politiker für Risiken zu sensibilisieren. An die kommende Apokalypse glauben sollte man genauso wenig wie an die vorherigen. Die Spezies Mensch wird sich anpassen und die Umwelt zu ihrem Nutzen weiter umgestalten.

Fredy

9. April 2020 11:56

Wer von der Überbevölkerung schwadroniert und Vernichtungsphantastereien pflegt und dabei sich selbst nicht zuerst umbringt, ja sogar 2 Kinder zeugt, den kann ich nicht ernst nehmen.

Der_Juergen

9. April 2020 12:13

Linkola verdient aus zwei Gründen Respekt: Er lebte so, wie er es anderen vorschreiben wollte (im Gegensatz zu den grünen Heuchlerin, die Wasser predigen und Wein trinken), und er hatte die Courage, unpopuläre Ansichten zu verfechten. In seiner Denkstruktur gibt es allerdings kardinale Fehler, die seine Ideologie entwerten. Hie ein paar davon:

- "Jeder Diktatur ist besser als jede Demokratie". Ein offensichtlicher Irrtum. Wahr ist, dass eine Diktatur nichts a priori Schlechtes ist, so wenig wie eine Demokratie a priori etwas Gutes. Es gab effiziente und ehrlich um das Volkswohl bemühte Diktaturen, die zudem mit einem Minimum an Blutvergiessen und Repression auskamen. Ein Beispiel war Mussolinis Italien; sein Sturz ging nicht auf den autoritären Charakter des Regimes, sondern auf dessen verhängnisvolle Aussenpolitik zurück. Dasselbe galt auch für einen anderen grossen europäischen Staat jener Zeit.

Dass es schreckliche Demokratien gibt, braucht man einem BRD-Deutschen zu Merkels Zeiten nicht zu erzählen. Doch wenn dieses heute schon halbtotalitäre Staatswesen erst die letzten demokratischen Hüllen abstreift und - sei es unter Merkel oder einer anderen Kreatur - die noch verbleibenden freien Stimmen zum Verstummen bringt, die totale Internetzensur einführt und nicht nur, wie heute, vereinzelte Querdenker, sondern systematisch alle Oppositionellen einsperrt, ist das dem heutigen Zustand etwa vorzuziehen? Laut Linkola offenbar ja...

- "Wem fehlen schon die 20 Millionen unter Stalin Hingerichteten?" Abgesehen von der historischen Ungenauigkeit (unter Stalin wurde ca. eine Million hingerichtet, weitere rund zehn Millionen starben in Lagern oder als Folge künstlich hervorgerufener Hungersnöte) fehlen diese Millionen in der Tat. Erstens gehörte ein grosser Teil der Opfer der geistigen Elite an, so dass eine unverhältnismässig hohe Zahl der Besten umkam, und zweitens wurde die Demographie Russlands durch den Terror ungünstig beeinflusst. Die heute ca. 170 Millionen Einwohner sind für das riesige Land verzweifelt wenig, vor allem wenn man bedenkt, wen es im Osten zum Nachbarn hat. (Natürlich hat auch die Perestroika mit ihrer wirtschaftlichen Massenverelendung Millionen von Leben dahingerafft, nur eben mit anderen Mitteln al der Bolschewismus.)

- Auch die Vorstellung vom Krieg als einem reinigenden "Stahlbad der Völker" ist sehr gefährlich. Im Krieg pflegen die Mutigsten, die Idealistischsten weit öfter zu fallen als die Drückeberger, die alles tun, um in die Etappe versetzt zu werden. Ich weiss nicht, von wem der Ausspruch *Der weisse Mann starb in Stalingrad" stammt, doch trifft er den Nagel auf den Kopf. Sowohl die Russen als auch die Deutschen erlitten durch den mörderischen Bruderkrieg zwischen weissen, europäischen Völkern ungeheure Verluste und mussten eine Verschlechterung ihrer genetischen Substanz hinnehmen, von der sie sich bisher nicht erholt haben (die Russen werden sich früher oder später davon erholen; ob den Deutschen dies unter ihrem volksmordenden Regime, gegen das sich nur noch geringer Widerstand regt, noch vergönnt sein wird, wissen wir nicht).

Linkola mag aus den eingangs erwähnten Gründen eine achtenswerte Gestalt gewesen sein. Zu den grossen Denkern zählt er unter keinen Umständen.

ML: Dem kann man gewiß zustimmen, und es steckte auch viel gezielte Provokation in seinen krassesten Aussagen. Den dysgenetischen Effekt der beiden Weltkriege hat er völlig verkannt.

Laurenz

9. April 2020 13:01

@Martin Lichtmesz .... die Radikalität des Pentti Linkola ist mir etwas zu viel. Natürlich könnten wir innerhalb von 200 Jahren, die Zahl der Menschen auf 1,5 Milliarden herunter fahren, was immer noch locker genügen würde.

Aber darüber schweigt sich die Wissenschaft als am meisten naheliegende Maßnahme zum Arten- und Naturschutz aus.

Daß Sie diesen Mann hier auf der mit Christen verseuchten SiN vorstellen, ist eine doch sehr mutige Leistung und zeigt wieder mal, zu was diese Redaktion in der Lage ist.

Und natürlich hat es der schlaue @Lotta Vorbeck wieder mal erfaßt. Alle Umwelt-, Natur- und Tierschützer weltweit stehen, meist wohl unwissentlich, in der Tradition der Nationalsozialisten. Vor allem die Radikalität der meisten X-Schützer hätte die Radikalität der Nationalsozialisten noch in den Schatten gestellt.

Waldgaenger aus Schwaben

9. April 2020 14:19

Auf die Spitze getrieben hat Ulrich Horstmann die Menschenfeindlichkeit mit der Forderung das Atomwaffenarsenal dazu zu benutzen, die Menschheit und alle leidensfähigen Lebewesen zu vernichten. Die Erde sei nichts anderes als eine Folterkammer, die um die Sonne kreist.

Meiner Meinung nach ist hier die letzte Motivation radikaler Ökologisten und Sozialisten klar ausgesprochen. Das Wohl der Menschheit oder der Natur ist nur ein Vorwand." Nur noch ein Krieg, nur noch paar Jahrzehnte Arbeitslager und Massenelend, dann folgt die ewige Glückseligkeit ." - so sprechen sie, aber das sind alles nur Vorwände. Gaskammer, Gulag, absichtlich ausgelöste Naturkatastrophen und ähnliche Pläne sind nicht Mittel zum Zweck, sondern selbst der Zweck.

Ich verweise mal wieder auf
Schafarewitsch
Der Todestrieb in der Geschichte. Erscheinungsformen des Sozialismus.

Dort legt er überzeugend dar, dass der Endzweck der Erscheinungsformen des Sozialismus die Vernichtung der Menschheit ist, nicht deren Erlösung.

Wobei Todestrieb eine Verhüllung ist. Schafarewitsch meint Satan. Um auch nicht-religiöse Leser zu erreichen, verwendete er den in der Psychologie inzwischen auch umstrittenen Begriff Todestrieb.

Augustinus

9. April 2020 14:44

Für mich als Atheist und Nihilist hat die Natur, Bäume, Pflanzen, Käfer ... überhaupt keinen Wert.

Warum sollte man solche Dinge über sein eigenes Dasein stellen?

ML: Erbärmlich.

Wäre Linkola konsequent gewesen, so hätte er sich beizeiten die Kugel gegeben, anstatt eines natürlichen Todes zu sterben.

Anderen den Selbstmord zu empfehlen, ohne diesen selbst zu vollziehen, ist erbärmlich.

ML: Er hat niemandem "den Selbstmord empfohlen".

Augustinus

9. April 2020 15:08

Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt: Natürlich haben Bäume, Sträucher, Wiesen, Käfer ... einen Wert, aber nur in Bezug auf uns Menschen.

Die Menschheit auszurotten wegen der Bäume, wäre unsinnig.

Laurenz

9. April 2020 15:23

@Augustinus .... wir, mutmaßlich auch Sie, sind das Ergebnis unserer Umwelt in einer relativ natürlichen Form. Daß der Mensch versucht, seine Umwelt zu "optimieren", erscheint ebenso natürlich, nutzen doch auch Art-verwandte Säugetiere, wie Primaten und Delphine Werkzeuge.
Ihre provokanten Äußerungen, die ML dazu bewegten, emotionalen Unmut zu posten, sind eben destruktiv. Machen Sie doch mal einen Selbst-Test und ziehen 3 Monate in die Namib. Danach können Sie uns von Ihren "Umwelt-Erfahrungen" berichten und ob sich Ihre Haltung verändert hat.

t.gygax

9. April 2020 15:42

Zuviel der Ehre für den Typ. Wer "den Menschen" für so schädlich hält, sollte mit gutem Beispiel vorangehen und sich gleich umbringen.
Außerdem sind diese Apokalyptiker nichts Neues unter der Sonne, Endzeitpropheten gab es schon immer, und Leute mit einem Hass auf andere auch ( vielleicht kompensierter nach außen gewendeter Selbsthaß-aber da sollen die Tiefenpsychologen darüber meditieren).
Über den Münsteraner Philosophen Ulrich Horstmann, der hier auch erwähnt wird, schrieb der am Ende seines Lebens auch depressiv wirkende Herbert Gruhl bereits vor 33 Jahren: "es sind merkwürdige Propheten des Weltunterganges und der Verneinung, die nun auftreten" ( aus: Überleben ist alles / Gruhl 1987)
Sein Beamtengehalt hat der Horstmann trotzdem gerne eingesteckt und gut gelebt.
Kaczinsky ist allerdings lesenswert ; seine Studie handelt aber nicht von Vernichtungsträumen wie bei Linkola, sondern sehr konkret vom Verlust der Freiheit des Individuums durch den technologischen Fortschritt; eigentlich ein Mann, dessen Thoreau-ähnliche Existenz sehr konsequent war. Die Vorwürfe ihm gegenüber ( Briefbomben) halte ich für vorgeschoben, seit ich Dambecks Film "Das Netz" gesehen habe.

RMH

9. April 2020 16:09

Danke für den Beitrag, diesen Finnen kannte ich noch nicht.

Ich muss zugeben, aus meiner reinen zentraleuropäisch deutschen Sicht, würde ich bei den Thesen von Linkola zunächst denken, gut, ein Misanthrop, der nächste bitte.

Nachdem ich aber schon einmal Gast auf dem Hof eines finnischen Kartoffelbauers mitten in den tiefen finnischen Wäldern und Seen von Finnland war, wo man die Sauna noch mit Holz heizt und wo man in eben dieser Sauna dann schweigend mit einer Dose Bier in der Hand Freundschaft schließt, sieht man Linkolas Thesen doch aus einer etwas anderen Perspektive bzw. ordnet sie anders ein.
Mein Respekt geht an die Menschen eines Landes, wo die Sommer kurz mit endlos scheinenden Tagen sind und die Winter kalt und dunkel. Alleine das sorgt für einen ganz speziellen Menschenschlag, eben einem mit Sisu.

Maiordomus

9. April 2020 16:29

@Gygax. "Zu viel der Ehre für den Typ". Dies trifft es, es gilt leider ziemlich generell für die ganz grossen Gefährdungen "des" Intellektuellen im 19., 20. und 21. Jahrhundert, die man flächendeckend verfolgen kann, auch wenn vergleichbar Begabte dies und jenes und sogar vieles richtig gesehen haben. Die Basis der Kritik müsste bei einem vernünftigen Humanismus ansetzen, selbst wenn auch dieser niemanden vor verhängnisvollen Fehleinschätzungen zu bewahren vermag. Letztlich kommt es bei allen zu reflektierenden und reflektierten Massstäben noch auf die Verhältnisse und Proportionen an.

Monika

9. April 2020 16:32

@ Augustinus
Dann empfehle ich mal das Buch von Alan Weisman
DIE WELT OHNE UNS
https://www.amazon.de/Die-Welt-ohne-uns-unbev%C3%B6lkerte/dp/3492253059
Ansonsten mag ich so verschrobene Typen wie Linkola. Sie stellen eine Herausforderung an unsere Überheblichkeit dar. Gibt es sowas auch in weiblich, oder ist das eine typisch männliche Einstellung ? Was ich vermute.

Thomas Martini

9. April 2020 16:44

"Ich weiss nicht, von wem der Ausspruch *Der weisse Mann starb in Stalingrad" stammt, doch trifft er den Nagel auf den Kopf." - Der_Juergen

Das ist Teil eines Zitats von Louis-Ferdinand Céline, der im Vergleich zu Linkola nicht nur den "dysgenetischen Effekt der beiden Weltkriege" (Lichtmesz) besser einschätzen konnte, sondern auch als Schriftsteller eine andere Hausnummer war.

"La révolution…mais nous y assistons tous les jours…la seule, la vraie révolution, c’est le facteur nègre qui saute la bonne…dans quelques générations, la France sera métissée complètement, et nos mots ne voudront plus rien dire…que ça plaise ou pas, l’homme blanc est mort à Stalingrad."

Wenn wir heutzutage in der Öffentlichkeit Werbung sehen, sei es vom Staat oder privaten Unternehmen, bei der dunkelhäutige Männer mit weißen Frauen zu sehen sind, drückt sich aus, was Céline mit "le facteur nègre qui saute la bonne" meinte.

Gerald

9. April 2020 17:12

Wer sich mit der Beziehung Mensch - Natur beschäftigt, dem sei das Werk "Echte Bauern retten die Welt" von dem Fotografen Unterweger ans Herz gelegt. Dort wird skizzenhaft die Kulturlandschaft beschrieben, die das mitteleuropäische Bauerntum über die Jahrhunderte hinweg geschaffen hat. Die Art und Weise der damligen Bewirtschaftung, damit verbunden die Vielfalt der Landschaftsformen (Hecken(!), Tümpel, Feldwege, Streuobstwiesen und dergleichen mehr) ermöglichte und brachte überhaupt erst hervor einen Artenreichtum an Pflanzen und Tieren, den wir uns heute nicht mehr vorstellen können. Im Vergleich zur mitteleuropäischen Landschaft von, sagen wir 1800, bildet die Natur, in welcher wir uns bewegen, nur noch einen kümmerlichen Rest ab.

Nachvollziehbar erläutert Unterweger, weswegen er demnach nicht zwischen Landwirtschaft und Naturschutzzone unterscheiden möchte, bzw. wieso eine solche Unterscheidung nicht zielführend sein kann. Dieses Bauerntum, welches als ausgestorben gelten mag, macht deutlich, wie eng Mensch und Natur miteinander existieren kann, ohne dass der Mensch zerstörerisch wirkt, er handelt vielmehr gestaltend. Wahrscheinlich ist diese Art zu leben die im wahren Sinn des Wortes "natürlichste". Frei nach Dávila: "Der Mensch ist nicht als bezahlter Spezialist, oder als Fachidiot als Folge der effektiven Arbeitsteilung, sondern als wohlhabender Bauer geschaffen worden"

Laurenz

9. April 2020 17:42

@Maiordomus .... mich erinnert dieser Pentti Linkola entfernt an Platon. Was meinen Sie bitte?

bb

9. April 2020 18:50

Einige Anmerkungen zur Natur:

1. Der Mensch ist fester Bestandteil der Natur und steht mit ihr in wechselseitiger Beziehung. Wer versucht, ihn aus der Natur herauszuschneiden versündigt sich bereits an derselbigen.

2. Der Mensch ist auf die Natur angewiesen. Er hat eine natürliche Tendenz die Natur zu prägen, sodass die Rahmenbedingungen für sein Überleben begünstigt werden. Ist die Existenz des Menschen gesichert, so wird er versuchen, die Natur so zu gestalten, dass sie seinen ästhetischen Ansprüchen gerecht wird. Auf lange Sicht wird sich die Symbiose zwischen Mensch und Natur zu Gunsten des Menschen verbessern.

3. Umweltschutz ist nichts anderes als die Gestaltung der Natur, sodass sie unseren ästhetischen Ansprüchen gerecht wird. Warum pfeift man in Entwicklungsländern auf den Umweltschutz? Weil dort die Natur noch für die Existenzsicherung genutzt wird. Wer mehr Umweltschutz will, der muss sich also für mehr Wohlstand und effizientere Ressourcennutzung weltweit einsetzen, denn nur wenn das Existenzminimum gesichert ist, kümmert der Mensch sich um die schönen Dinge.

4. Das beste bekannte Verfahren, um den Nutzen von knappen Ressourcen zu maximieren, sind informationseffiziente und unbeschränkte Märkte. Wer den Wohlstand weltweit steigern möchte, setzt sich für den Abbau von Handelshemmnissen ein, gegen Eingriffe in den Markt und für eine möglichst gute Vernetzung der Marktteilnehmer untereinander.

5. Durch das symbiotische Verhältnis zwischen Mensch und Natur wird Fehlverhalten des Menschen in der Natur ästhetisch und existenziell bestraft. Überfischung wäre eine existenzielle, Braunkohleabbau vermutlich eine eher ästhetische Sünde. Eine Pflege der Natur findet dieser Logik folgend eher dort statt, wo der Mensch unmittelbar von den Folgen seines Einflusses betroffen ist. Dazu ist es wichtig Eigentumsrechte durchzusetzen. Salopp gesagt: Es scheißt niemand dort wo er isst. Pflege der Umwelt wird eher bei den Somewheres stattfinden, als bei den Anywheres. Demzufolge ist die Sesshaftigkeit der Freizügigkeit und dem Berufsnomadentum vorzuziehen. Nicht nur im Sinne des Umweltschutzes, aber eben auch ;)

6. Spinner, die glauben, man erreiche Naturschutz durch eine brutale Amputation des Menschen aus der Natur, haben nicht verstanden, was Naturschutz ist und bewegen sich geistig auf dem Niveau eines Rathjens.

Maiordomus

9. April 2020 18:59

@Laurenz. Entfernt schon, aber Lichtjahre entfernt. Noch empfehlenswert wäre es vielleicht, sich von der unklerikalen Weisheit grosser Naturwissenschaftler anregen zu lassen, etwa Isaac Newton und Johannes Kepler, ferner Pascals "Schweigen der unendlichen Räume". Im Allerletzten, siehe unsere Verlegenheit in der Corona-Krise, geht es wohl um unser Verhältnis zum Tod. Letzteres macht ja den epochalen Unterschied Ernst Jüngers zu den Zeitgeist-Autoren aus. Dass dieser Pentti Linkola zwar in vielem noch richtig denkt, aber nicht merkt, dass menschliche Weltrettungsideen schon fast notwendig Wahnideen sind, macht das Wesentliche an seiner Beschränktheit aus, seiner objektiv mangelnden Grösse.

Ihre Frage nach Platon finde ich @Laurenz indes keineswegs so, dass man sie, Lichtjahre zum Finnen hin oder her, einfach so mit einer abwehrenden Handbewegung abtun könnte. Verrannte sich zwar Sloterdijk, nach Marc Jonen ein unglaubliches Genie, über weite Strecken in "Geschwätzwissenschaft", so hat doch seine vor 20 Jahren gehaltene "Rede über den Menschenpark" wichtige Fragen aufgeworfen- Glücklicherweise im Gegensatz aber zum Gretamässigen Pentti Likola auf einem für einen Philosophen angemessenen Abstraktionsgrad.

PS. Ich ärgere mich über Sie, @Laurenz, nicht mehr so stark wie früher, weil sehr vieles, worauf Sie hier zu sprechen kommen, auf einen jeweiligen "Hauptkriegsschauplatz" verweist, ob es einem nun mal passt oder nicht. Bei @Lichmesz wäre es mir noch lieber, wenn er sich etwa bemühen würde, so weit dies möglich ist, demografische Fragestellungen etwa bei Sieferle von den Thesen des Finnen abzudifferenzieren. Ein grosser finnischer Naturphilosoph war für mich Suolahti, auch Verfasser eines Standardwerkes über Vogelnamen. Wenn schon einen naturnahen Finnen vorstellen, dann diesen.

@Lichtmesz. Dass sich da einer, den Sie, als "erbärmlich" titulieren, was Sie sonst noch nie gemacht haben, "Augustinus" nennt, gibt in seinem extremistischen schöpfungsfeindlichen Manichäismus natürlich wirklich zu denken. Ist doch die gesamte Theologie von Augustinus ganz genau eine Abgrenzung gegen diese Art Manichäismus, allerdings manchmal so verbohrt, dass in der Kritik noch ein Rest Manichäismus hängenbleibt. Eric Voegelin sähe in diesem sektiererischen und extremistischen Bekenntnis des vulgären Pseudo-Augustin aber eine Selbstentlarvung der Gnosis in Richtung Gottesmord = Schöpfungsmord, vgl. dessen Buch "Wissenschaft, Politik und Gnosis". Der Vulgäratheismus führt, wie es Heidegger und Nietzsche auffallen sollte, zu überproportionaler unschlagbarer Verdummung, weil man seinen primitiven Fundamentalismus überdies noch für eine Blüte der Aufklärung hält. Am stärksten hätte sich aber der für Gottfried Keller wegweisende Klassiker des Atheismus, Ludwig Feuerbach, über dieses pathologische Sophisma geschämt. So hatte er Atheismus und Religionskritik nun mal wirklich nicht gemeint. Noch kolossaler ist freilich die Differenz zu Schopenhauer, den tierfreundlichsten aller Atheisten.

Den Ernst-Jünger-Preis für den dümmsten SiN-Teilnehmer würde ich für die folgende Aussage eines Ideologen aussetzen: "Ich bin Atheist und Nihilist! Darum zertrete ich auf meinem Waldgang einen jeden Käfer, der mir über den Weg läuft. Dies ist nun mal meine Philosophie!" Immerhin wurde das oben so genau nicht gesagt.

Lotta Vorbeck

9. April 2020 19:13

@Augustinus - 9. April 2020 - 02:44 PM
@Augustinus - 9. April 2020 - 03:08 PM

Für mich als Atheist und Nihilist hat die Natur, Bäume, Pflanzen, Käfer ... überhaupt keinen Wert.

Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt

~~~~~~~~~~~~

Nö, finde ich überhaupt nicht, Sie haben sich schon in bestechender Klarheit ausgedrückt.

Ob ich dies als Indikator dafür interpretiere, Sie werter @Augustinus unter derselben Flagge an meiner Seite zu wissen, steht auf einem anderen Blatt Papier geschrieben.

Lotta Vorbeck

9. April 2020 19:14

@Waldgaenger aus Schwaben - 9. April 2020 - 14:19 PM

Meiner Meinung nach ist hier die letzte Motivation radikaler Ökologisten und Sozialisten klar ausgesprochen. Das Wohl der Menschheit oder der Natur ist nur ein Vorwand." Nur noch ein Krieg, nur noch paar Jahrzehnte Arbeitslager und Massenelend, dann folgt die ewige Glückseligkeit ." - so sprechen sie, aber das sind alles nur Vorwände. Gaskammer, Gulag, absichtlich ausgelöste Naturkatastrophen und ähnliche Pläne sind nicht Mittel zum Zweck, sondern selbst der Zweck.

~~~~~~~~~~~~

Frage an den @Waldgaenger:

Was fällt Ihnen bei der Wortkombination "HARP + Karibik" ein?

Der_Juergen

9. April 2020 21:23

@Thomas Martini

Danke für den Hinweis auf Celine. Ich kenne nur seinen "Voyage au bout de la nuit", ein Meisterwerk. Drei seiner Werke sind bis heute verboten und schwer erhältlich. Seine Witwe starb übrigens unlängst im Alter von 107 Jahren.

Waldgaenger aus Schwaben

9. April 2020 21:39

@Lotta
Der große Gockel spuckt nichts dazu was etwas mit meinem Beitrag oder dem Artikel zu tun hätte. Ausser man denkt über viele Ecken, wobei eine der Ecken wohl die Unnennbaren wären.

Sollte dies gemeint sein, kann ich Ihnen nur nochmals Schafarewitsch empfehlen. Er sieht Erscheinungsformen des Sozialismus auch dort, wo die Unnennbaren unbekannt waren, im Alten China oder im Inkareich in Südamerika vor Kolumbus.

Wenn wir schon vom Thema abweichen, weise ich auf
www.euromomo.eu hin. Die Übersterblichkeit der COVID-19 Pandemie ist inzwischen, mit den Zahlen von heute, überdeutlich. In Italien, Spanien, Frankreich und der Schweiz übertrifft sie die Grippe-Wellen früher Jahre deutlich, in Gesamteuropa reicht sie an diese heran.

Nordlicht

9. April 2020 22:03

Wer romantische Vorstellungen über "natürliche" Landschaften hat, die es in Deutschland angeblich vor 200 Jahren gegeben habe, der sollte zB das Buch "Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa: Von der Eiszeit bis zur Gegenwart" des Pflanzenökologen (Uni Hannover) Hansjörg Küster lesen.

Das 2000 verschiedene Buch gibt es aktualisiert und auch in einer preiswerten Ausgabe bei Beck. Mitteleuropa (- betrachtet wird im wesentlichen Deutschland) ist wurde so intensiv und häufig überformt, dass von "natürlichen"(- im Sinne von Menschen unangetasteten) Landschaften NIRGENDS die Rede sein kann. Der Mensch hat seine Lebensräume gestaltet.

Am Ende der Jungsteinzeit (um 500 v. Chr.) begann der Mensch, die Mischwälder zu roden, um Acker- und Weideland sowie Bau- und Brennholz zu gewinnen.Als Norddeutscher weiss man, dass die „Grote Mandränke“ 1362 ihre massiven Schäden anrichten konnte, weil im 13. Jh. küstennahe Moore trockengelegt wurden, welche vorher Wassermengen aufnehmen konnten.

Intensiv wurden Moore ab dem 17. Jh. trocken gelegt, unter Friedrich dem Grossen wurde die Oderlandschaft völlig verändert, Erste Rheinbegradigungen begannen im 17. Jh., massiv dann unter Napoleon 1806 begonnen.

Wer meint, dass vor der erst im 19. Jh. eine schöne "Naturlandschaft" von den Menschen zerstört wurde, irrt. Wer von der romantischen Lüneburger Heide schwärmt, sieht einen Kahlschlag, der wesentlich vom enormen Holzbedarf der Saline in Lüneburg ab dem Mittelalter verursacht wurden.

Mein Fazit: Wer "anthropozentrisch" in Bezug auf Ökologie und Umwelt als Schimpfwort benutzt und von einer romantischen "Natur" schwärmt, verkennt den Umstand, dass Natur auch immer der Feind des Menschen war, der niedergerungen werden musste - zum Nutzen des Menschen. Das gilt im Prinzip auch heute noch. Wir sind - besonders in den wohlhabenden Ländern - klüger geworden und wissen mehr, welche Belastungen man gegenüber dem Ökosystem vermeiden soll, um die Umwelt nutzen zu können. Das geht mit 1 Mrd. und auch - allerdings komplizierter - mit 10 Mrd. Menschen.

Lotta Vorbeck

9. April 2020 23:18

@Waldgaenger aus Schwaben - 9. April 2020 - 09:39 PM

Der große Gockel spuckt nichts dazu was etwas mit meinem Beitrag oder dem Artikel zu tun hätte. Ausser man denkt über viele Ecken, wobei eine der Ecken wohl die Unnennbaren wären.

~~~~~~~~~~~~

Wenn Sie dem Großen Gockel zusätzlich oder unter Weglassung von Karibik "earthquake" oder "Erdbeben" anbieten, sollte er fündig werden.

Um weitere Treffer zu erhalten, wechseln Sie vor der ersten Anfrage doch vielleicht noch das Landeskürzel beim Gockel.

HomoFaber

10. April 2020 00:46

Bei den einen wie den anderen handelt es sich um Ideologen, die der Natur des Menschen und damit der Natur an sich nicht gerecht werden.

Lotta Vorbeck

10. April 2020 00:48

@Waldgaenger aus Schwaben - 9. April 2020 - 09:39 PM

Zum zweiten Teil Ihres vorhergehenden Eintrages:

Möchte hier keine Off-Topic-Diskussion in den Kommentarsstrang hineintragen.

Falls Herr Lichtmesz nichts dagegen hat, klicken Sie werter @Waldgaenger doch mal den nachfolgenden Link an, um zu erfahren, was Dr. Markus Krall just auffiel:

https://twitter.com/Markus_Krall/status/1247889915154558982

Laurenz

10. April 2020 01:20

@Maiordomus .... Danke für die nicht zu lange Erklärung.

@Maiordomus @ML

Den Streit-Beitrag von Augustinus empfand ich nicht als authentisch, will sagen, wie eine künstliche Provokation. Das kann passieren, wenn Motivationen zu schreiben, gar nichts mit der Sache, dem Thema zu tun haben.

HomoFaber

10. April 2020 01:40

Der Tod ist groß
Auch Flora und Fauna leben nicht ewig

Laurenz

10. April 2020 01:49

@Waldgaenger aus Schwaben @Lotta Vorbeck

Jetzt, wenn die Zahlen von von euromomo ins Konzept passen, nimmt man bei Der Relotius endlich Bezug darauf.
https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/coronavirus-erhoeht-todesraten-in-mindestens-sieben-europaeischen-staaten-a-06dce7ce-a10c-4b2b-a4f2-9b92048698c4

Wenn man allerdings den Text aufmerksam liest, stellt man fest, daß hier seiten des Instituts reine Mutmaßungen zugrunde gelegt werden. Wer sagt uns, daß die ca. 10.000 Toten mehr nicht wegen der Corona-Maßnahmen, Isolation, schlechtere Betreuung etc., verursacht wurden....

Asenpriester

10. April 2020 03:42

Ökologie geht nur von rechts ! -war schon immer meine Meinung. Das ist auch der Grundfehler der 'falschen Grünen', wo Ökologie nur noch in homöopathischen Dosen zu finden ist. Auch die ÖDP scheiterte daran, v.a. an den christlichen Ayatollahs.
Herbert Gruhl meint einmal, daß eine Ökodiktatur nicht möglich sei, weil es ein technizistischer Gedanke sei. Da wir Menschen sind, müssen die Bürger-/Freiheitsrechte garantiert sein, mit starken Einschränkungen beim Naturverbrauch.
Pentti Linkola misanthropische Weltsicht ist wohl schwerlich unter Tiefenökologie einzuordnen. Dagegen weist Kaczynski's (Unabomber) Manifest die fatale Technikgläubigkeit auf, die letztendlich die menschlichen Zivilisation auslöschen könnte.

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