Seine Ansichten “kontrovers” zu nennen, wäre wohl eine starke Untertreibung. Andererseits gibt es in Zeiten von “Extinction Rebellion” (siehe Sommerfeld hier, hier und hier) eine gewisse Brücke von dem kauzigen Einzelgänger zu den Klimakatastrophen-Hypes des Mainstreams. Abgesehen davon hatte er allerdings keinerlei Ähnlichkeit mit bourgeoisen, privilegierten Teenagern wie Greta Thunberg, die von den “Davoskraten” gepusht werden.
Auch äußerlich eine knorrige, abgehärtete, wettergegerbte Erscheinung, lebte er sein Leben konsequent nach seinen harschen Prinzipien: der erbitterte Feind von Technologie, “Fortschritt”, Masseneudämonie und Umweltzerstörung arbeitete jahrzehntelang als Berufsfischer, mit Ruderboot und Netz, ohne jegliche technische Hilfsmittel. Daneben war er als freier Forscher tätig und hatte vor allem auf dem Gebiet der Ornithologie große Verdienste.
Allein die Tatsache, daß er zu den ganz wenigen radikalen Umweltschützern gehörte, die ihre Überzeugungen in die Tat umsetzten, trug ihm bei Freund und Feind großen Respekt ein. Er galt in seinem Heimatland als ikonische, legendäre Figur, und war immer wieder in der Presse präsent, allerdings tat er nichts, aber auch gar nichts, um sich in der Öffentlichkeit beliebt zu machen.
Im Gegenteil: Als Heilmittel für den massiv übervölkerten, überlasteten Planeten empfahl Linkola unverhohlen die Ausrottung des Großteils der Menschheit und pries extreme politische Bewegungen wie den Nationalsozialismus (“eine großartige Philosophie”) und den Stalinismus eben aus dem Grund, weil ihnen das Individuum wenig galt und sie zu Massenmorden im großen Stil fähig waren.
In der Tat war ihm so gut wie jedes Mittel recht, die Weltbevölkerung zu reduzieren und der technologischen Zivilisation zu schaden. Er feierte die Terroranschläge vom 11. September 2001 ebenso ab wie die Baader-Meinhof-Bande, die Roten Brigaden und andere Terroristen, verachtete die Demokratie und träumte von einer Öko-Diktatur, die strenge Geburtenkontrolle ausübt und Eugenik betreibt. Auch Pandemien sah er als willkommenes Mittel zum Zweck und noch am Ende seines Lebens äußerte er die Hoffnung, daß „das Coronavirus die Zerstörung der Erde ein wenig verlangsamen könne“.
Charakteristisch für ihn waren Sprüche wie diese:
Daß es auf diesem Planeten Milliarden von Menschen gibt, die über 60 Kilo wiegen, ist ruchlos.
Alles, was wir in den letzten hundert Jahren entwickelt haben, muß zerstört werden.
Was soll man tun, wenn ein Schiff mit hundert Passagieren plötzlich kentert und es nur ein einziges Retttungsboot gibt? Wenn das Rettungsboot voll ist, dann werden diejenigen, die das Leben hassen, versuchen, es mit noch mehr Menschen zu beladen, bis alle versinken. Diejenigen aber, die das Leben lieben und respektieren, werden die Schiffsaxt nehmen, und die Hände derer abhacken, die sich an die Bootsränder klammern.
Während Greta Thunberg ihr Publikum in Panik versetzen will, indem sie ein gewaltiges “Massensterben” prophezeit, hat Pentti Linkola diese Aussicht begrüßt, ja als den einzigen Ausweg gesehen, um das Leben auf diesem Planeten überhaupt zu retten, frei nach Stefan George: “Was ist IHM mord von hunderttausenden / Vorm mord am leben selbst?” Der Zusammenbruch würde ohnehin eines Tages kommen, denn die aus dem Gleichgewicht von Leben und Sterben gebrachte Natur werde sich bitterlich rächen. Die kommenden Katastrophen wären dann nur brutale Regulationsmanöver des gestörten ökologischen Lebenskreislaufes.
Hierzu paßt ein weiteres Gedicht von Stefan George , in dem auch eine Seuche als Strafe für die menschliche Hybris auftritt:
Ihr baut verbrechende an maass und grenze:
›Was hoch ist kann auch höher!‹ doch kein fund
Kein stütz und flick mehr dient .. es wankt der bau.
Und an der weisheit end ruft ihr zum himmel:
›Was tun eh wir im eignen schutt ersticken
Eh eignes spukgebild das hirn uns zehrt?‹
Der lacht: zu spät für stillstand und arznei!
Zehntausend muss der heilige wahnsinn schlagen
Zehntausend muss die heilige seuche raffen
Zehntausende der heilige krieg.
Apropos George: Man kann sich gut vorstellen, daß auch ein Ludwig Klages mit Linkola sympathisiert hätte.
Linkola wurde am 7. Dezember 1932 in Helsinki geboren. Schon sein Vater Kaarlo Linkola (1888–1942) war Naturwissenschaftler und Mitbegründer und erster Vorsitzender der Finnischen Naturschutzvereinigung. Linkola ähnelte in vieler Hinsicht einem anderen extremistischen Waldschrat, dem “Una-Bomber” Ted Kaczynski, dessen Manifest “Die industrielle Gesellschaft und ihre Zukunft” (u.a. abgedruckt in dem Buch zum Film “Das Netz” von Lutz Dammbeck; zum freien Herunterladen u.a. hier) ebenfalls für einen radikalstmöglichen Abbau der technologischen Zivilisation und den Krebsgang zurück in ein prä-industrielles Zeitalter plädiert.
Kaczynski hatte allerdings weniger das Überleben der Ökosphäre vor Augen (wie Linkola), sondern vor allem die Degeneration der menschlichen Freiheit durch ein System, das den Menschen neurotisiert und von seinen natürlichen Bedürfnissen entfremdet:
Die Folgen der Industriellen Revolution haben sich für die Menschheit als eine Katastrophe erwiesen. Unsere Lebenserwartung ist dadurch in den “fortgeschrittenen” Ländern bedeutend gestiegen, gleichzeitig aber trat infolgedessen eine Destabilisierung der Gesellschaft ein, das Leben wurde unerfüllt, die Menschen gerieten in eine unwürdige Abhängigkeit, diese Entwicklung hat zu weit verbreiteten psychischen Problemen geführt (in der Dritten Welt auch zu organischen Krankheiten) und der Natur wurde unermeßlicher Schaden zugefügt. Die kontinuierliche Entwicklung der Technologie wird die Lage weiter verschlimmern…
Linkola lehnte jegliche Form der “humanistischen”, “humanitären” und anthropozentrischen Ethik ab; in etwas geringerem Maße trifft dies auch auf Kaczynski zu. Unschwer kann man hier eine gewisse “Familienverwandtschaft” mit einem weiteren (buchstäblichen) Waldgänger erkennen, der ebenfalls ein naturnahes, asketisches Leben bevorzugte, nämlich Martin Heidegger, der in Gestalt der Technik (als “Gestell”) eine gefährliche Form des Nihilismus und der “Seinsvergessenheit” erblickte, und auf den “Humanismus” und Anthropozentrismus ebenfalls nicht gut zu sprechen war.
Kaczynski kritisierte besonders vehement die Ideologie der modernen Linken (“leftism”). “Sozialisten, Kollektivisten, ‘politically correct’-Anhänger, Aktivisten im Bereich des Feminismus, der Homosexualität und der Behinderten, Verteidiger des Tierschutzes und dergleichen” sah er von Ressentiments und Minderwertigkeitskomplexen getrieben. Linkola wiederum war ein vehementer Gegner von außereuropäischer Einwanderung und Entwicklungshilfe für die dritte Welt. In einem Interview beklagte er, Helsinki habe sich in “Afrika” verwandelt.
Allerdings sprach Kaczynski eher als Anarchist (er lebte in einer Waldhütte nach dem Vorbild seines Idols Henry David Thoreau), während Linkola, persönlich ein zäher Eigenbrötler und Nonkonformist, glühender Befürworter einer Diktatur war, die den egoistischen Appetit der Menschen an strenge Zügel legt:
Jede Diktatur wäre besser als die moderne Demokratie. Kein noch so inkompetenter Diktator kann dümmer sein als eine Mehrheit der Menschen. Die beste Diktatur wäre eine, in der viele Köpfe rollen und die Regierung jedes Wirtschaftswachstum verhindert.
Der zentralste und irrationalste Glaube unter den Menschen ist der Glaube an Technologie und Wirtschaftswachstum. Seine Priester glauben bis zu ihrem Tod, daß materieller Reichtum Freude und Glück bringt – obwohl alle Beweise der Geschichte zeigen, daß nur Mangel und Bemühen das Leben lebenswert machen, und daß materieller Wohlstand nichts als Verzweiflung bringt.
Es ist ein fundamentaler, vernichtender Fehler, ein politisches System zu errichten, das auf Begierde beruht. Die Gesellschaft und das Leben werden auf der Basis dessen organisiert, was ein Individuum will, und nicht, was für es gut ist… In demokratischen Ländern hat sich die Zerstörung der Natur und die Summierung ökologischer Desaster akkumuliert [da muß man ihm entschieden widersprechen: siehe etwa hier und hier. - M.L] … unsere einzige Hoffnung liegt in einer starken, zentralistischen Regierung und in der kompromißlosen Kontrolle des individuellen Bürgers.
Linkola hatte offenbar nicht einen einzigen liberalen, demokratischen oder egalitären Knochen im Leib. Das menschliche Individuum war ihm angesichts des großen biologischen Ganzen völlig gleichgültig, ja er hielt das menschliche Leben schlechthin für überbewertet, und nicht bedeutender als das Leben von Tieren und Pflanzen. Er war ein Anti-Liberaler in seiner schroffsten und konzentriertesten Form.
Eine Welt nach seinen Vorstellungen hätte etwa so ausgesehen:
- Geburten müssen lizensiert werden. Um die Qualität der Bevölkerung zu verbessern, wird den genetisch oder sozial Untauglichen der Nachwuchs verweigert, damit Qualitätsfamilien mehrere Geburtslizensen bekommen können.
- Die Energieproduktion muß drastisch reduziert werden. Elektrizität wird nur für die allernotwendigste Beleuchtung oder Kommunikation zugelassen.
- Nahrung: Die Jagd muß effizienter gestaltet werden. Die menschliche Diät wird Ratten und wirbellose Tiere beinhalten. Die Landwirtschaft wird in kleine, nicht-mechanisierte Sektoren aufgeteilt. Sämtliche menschlichen Exkremente werden als Dünger benutzt.
- Der Verkehr findet hauptsächlich mit Fahrrädern und Ruderbooten statt. Privatautos werden konfisziert. Der Fernverkehr wird mit kargen Massentransportern durchgeführt. Bäume werden auf den meisten Straßen gepflanzt.
- Außenpolitik: Jegliche Masseneinwanderung und der Großteil des Import-Export-Handels müssen gestoppt werden. Reisen außerhalb der Landesgrenzen sind nur einer kleinen Zahl von Diplomaten und Korrespondenten vorbehalten.
- Der Handel wird großteils unterbunden werden. Industrielle Produktion wird nur bei bestimmtem, gut begründetem Bedarf gestattet. Alle größeren Produktionskapazitäten sind in Staatsbesitz. Die Produkte werden haltbar sein und über Generationen hinweg verwendet werden können.
- Wissenschaft und Schulbildung: Der Unterricht wird sich auf praktische Fähigkeiten konzentrieren. Jeglicher Konkurrenzkampf wird eliminiert. Die technologische Forschung wird auf ein extremes Minimum reduziert. Aber jedes Kind wird lernen, einen Fisch so zu putzen, daß nur mehr die großen, glänzenden Knochen übrigbleiben.
Linkola galt auch als ein zupackend-direkter Autor, der vor makabren und zynischen Zuspitzungen, die er todernst meinte, nicht zurückschreckte. Übersetzungen aus dem Finnischen gibt es nur wenige – 2011 brachte der Verlag Integral Tradition Publishing eine Sammlung von Aufsätzen und Artikeln in englischer Sprache unter dem Titel Can Life Prevail? (“Wird das Leben überdauern?”) heraus.
Hier eine Kostprobe aus einem seiner berüchtigsten Texte, “Humanflood” (“Menschenflut”, 1990):
“Was bist Du, o Mensch?” fragten einst die Dichter der guten alten Zeit. Der Mensch kann auf beliebig viele Weisen definiert werden, aber seine fundamentalste Eigenschaft läßt sich in zwei Worten zusammenfassen: zu viel. Ich bin zu viel, du bist zu viel. Es gibt fünf Milliarden von uns [nur dreißig Jahre später sind es bereits schätzungsweise 7, 763 Millionen. M.L.] ( – eine absurde, erstaunliche Zahl. Und sie wächst immer noch? (…) Ich habe einmal einen Sommer mit einer Fahrradtour durch Polen verbracht. Es ist ein wunderbares Land, wo man an jedem Eck auf kleine katholische Kinder trifft, süß wie Zucker, fast vollständig in Seide gekleidet. Ich habe in einer Reisebroschüre gelesen, daß die Zahl der Menschen, die in Polen während des zweiten Weltkriegs umkamen, größer war als in irgendeinem anderen Land – etwa sechs Millionen, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht. Anhand eines anderen Teiles der Broschüre konnte ich ausrechnen, daß das Bevölkerungswachstum seit Kriegsende diesen Verlust innerhalb von vierzig Jahren um das dreifache kompensiert hatte.
Meine nächste Reise führte mich in die am schlimmste ausgebombte Stadt der Welt, nach Dresden. Sie war erschreckend in ihrer Häßlichkeit und ihrem Schmutz, überfüllt bis an den Rand der Erstickung, ein rauchverpestetes, umweltverschmutzendes Loch. Da lag der Gedanke nicht fern, daß eine weitere Impfung von oben aus dem Himmel nicht schaden könne. Wer vermißt all die Menschen, die im Zweiten Weltkrieg gestorben sind? Wir vermißt die zwanzig Millionen, die Stalin hingerichtet hat? Wer vermißt Hitlers sechs Millionen Juden? Israel ist so überfüllt, daß es aus allen Nähten platzt; in Kleinasien verursacht die Überbevölkerung Kämpfe um ein paar Quadratmeter Dreck. Die Städte der Welt wurden wieder aufgebaut und bis zum Rand mit Menschen gefüllt, ihre Kirchen und Denkmäler restauriert, damit der saure Regen etwas hat, wo er sich hineinfressen kann. Wer vermißt das ungenutzte Fortpflanzungspotenzial derer, die im Zweiten Weltkrieg getötet wurden. Braucht die Welt denn wirklich noch weitere hundert Millionen Menschen? Gibt es einen Mangel an Büchern, Liedern, Filmen, Porzellanhunden, Vasen? Sind eine Milliarde fleischgewordener Mutterliebe und eine Milliarde süßer silberhaariger Großmütter nicht genug?
Und wieder kommt einem George in den Sinn: “Schon eure zahl ist frevel!”
Wie zu erwarten, hat Linkola eine enorme Faszination auf Apokalyptiker und Misanthropen aller Art ausgeübt, darunter auch meine Wenigkeit (als Kind der achtziger Jahre hat sich die Aussicht auf ökologische Katastrophen tief in mir eingegraben.)
“Humanflood” war auch in dem einflußreichen Underground-Kompendium Apocalypse Culture II (2000), herausgegeben von Adam Parfrey, abgedruckt, wodurch Linkola erheblichen Status in gewissen subkulturellen Kreisen genoß. Das Cover des Buches stammte wiederum von dem “apokalyptischen” Maler Joe Coleman, der in diesem Filmausschnitt einen Prediger spielt, der eine Botschaft ganz im Sinne Linkolas verkündet:
Seht euch um. Das Hantavirus wartet auf euch. Ebola. Und der Regenwald kocht Gebräu aller Art aus, um sicherzugehen, daß die Bevölkerung unter Kontrolle bleibt. Alle diese Dinge sind notwendig. Warum gibt es heute einen Anstieg an sexuellen Abweichungen? Weil das gegen den fortpflanzenden Sex geht. Mutter Natur will nicht noch mehr Kinder. Nein. Das ist keine Zeit für Geburt. Es ist keine Zeit, zu gebären. Es ist eine Zeit, zu sterben. Ihr sagt, der Junkie sei das Problem. Ihr sagt, der sexuelle Abweichler sei das Problem. Ihr sagt, der Serienkiller sei das Problem. Ihr sagt, der Rassist sei das Problem. Ihr sagt, der Mann, der seinen Nächsten haßt, sei das Problem. Aber sie sind nicht das Problem! Der sexuelle Abweichler, der Mörder, der Serienkiller, der Auslöscher menschlichen Lebens sind die Kur! IHR SEID DAS PROBLEM!
Immer wieder sehen sich labile Persönlichkeiten berufen, diesen vermeintlichen Job im Dienste der Natur zu übernehmen, und dabei auch gleich sich selbst auszulöschen. Think globally, act locally: Im Jahre 2007 erschütterte Finnland der Amoklauf eines 18jährigen Schülers namens Pekka-Erik Auvinnen, der seine nihilistisch-antihumanistische Weltanschauung zum Teil aus den Schriften Linkolas gesogen hatte: “Die Menschheit ist überschätzt” stand auf dem schwarzen T‑Shirt, mit dem er, die Waffe in der Hand, vor der Kamera posierte, ehe er nach dem Vorbild der “Columbine”-Killer zur Tat schritt.
Unter den “Verschwörungstheorien”, die gerade angesichts der Covid19-Pandemie grassieren (ich benutze den Begriff ausdrücklich nicht abwertend), findet sich auch die Vorstellung, Bill Gates und andere mit ihm verbündete “Eliten” hätten die Krise absichtlich in Gang gesetzt, als Teil eines größeren Plans, die Weltbevölkerung drastisch zu reduzieren. Da das Coronavirus in dieser Hinsicht nicht allzu effektiv ist (Pentti Linkola wäre enttäuscht gewesen), sollen die von Gates ankündigte Massenimpfungen offenbar diesen Zweck verfolgen.
Nun bin ich zwar der Ansicht, daß Gates und andere größenwahnsinnige Welterlöser in der Tat gerade dabei sind, ein totalitär-globalistisches Süppchen zu kochen, allerdings leuchtet mir diese spezifische Theorie nicht ein. Tatsache ist allerdings, daß Gates sich – unter anderem im Zusammenhang mit der “Klimakatastrophe” und Co2-Ausstoß – wiederholt zur Problematik der Überbevölkerung geäußert hat. Er sprach allerdings nicht davon, die Bevölkerung des Planeten zu reduzieren, sondern das Bevölkerungswachstum, auch wenn er dies manchmal mehrdeutig formuliert hat.
Gates ist in vieler Hinsicht eine Art “Anti-Linkola”: hier ein reicher und mächtiger, medial ubiquitärer, amerikanischer Technokrat mit seifigem Auftreten, ein politisch korrekter “compassionate capitalist”, der die gesamte Menschheit, insbesondere der Dritten Welt, “retten” und durch Impfungen beglücken möchte; dort ein menschenscheuer, politisch extrem unkorrekter Asket in einem abgelegenen Land, dessen Sprache niemand spricht, der sich vom Fischfang ernährt und lieber heute als morgen den Großteil der Menschheit durch Pandemien ausgerottet und durch Bäume ersetzt sehen möchte.
Wenn es nun aber wirklich einen Zusammenhang zwischen Erderwärmung und Überbevölkerung gibt, und eine große globale Katastrophe durch diese Erderwärmung bevorsteht, dann wäre eine präventive drastische Reduktion der Bevölkerung (und nicht bloß des Bevölkerungswachstums) ein durchaus logischer Schritt. So weit würden aber Greta Thunberg oder Bill Gates niemals gehen, zumindest nicht öffentlich.
Hin und wieder jedoch lassen “Klima”- und Umweltaktivisten durchscheinen, daß auch sie an eine “grüne” Diktatur denken, um die Welt zu retten, so etwa der “Extinction Rebellion”-Gründer Roger Hallam:
Wir werden die Regierungen zum Handeln zwingen. Und wenn sie nicht handeln, dann werden wir sie stürzen und eine Demokratie erschaffen, die tauglicher für den Zweck ist. Und ja, manche könnten in diesem Prozess sterben.
Annähernd “linkolaesk” war auch seine berüchtigte “Holocaust-Relativierung”:
Genozide, so der Klimaaktivist, habe es in den vergangenen 500 Jahren immer wieder gegeben. “Um ehrlich zu sein, könnte man sagen: Das ist ein fast normales Ereignis.” Auch der Holocaust sei für ihn “just another fuckery in human history”, so Hallam – “nur ein weiterer Scheiß in der Menschheitsgeschichte”.
Dieses Sakrileg kostete ihn seinen Buchvertrag mit dem Ullsteinverlag. Derlei Image- und Publicityprobleme hätten Linkola jedenfalls kaum gekümmert. Im Gegensatz zu Bill Gates oder Roger Hallam oder Greta Thunberg konnte er es sich leisten, konsequent und brutal ehrlich zu bleiben. Er nahm sich nie ein Blatt vor den Mund, und allein dafür gebührt ihm der Respekt jedes Nonkonformisten.
War Pentti Linkola nun mehr als ein exzentrischer, extremistischer Spinner? Ich würde diese Frage mit Ja beantworten. Abgesehen von der literarischen Qualität seiner Schriften, die gerade durch ihre krassen Überspitzungen an Reiz gewinnen, empfand ich die Lektüre Linkolas über weite Strecken als bewegend und zuweilen erschreckend einleuchtend. Seine Analysen und Diagnosen sind oft schwer von der Hand zu weisen, auch wenn die von ihm vorgeschlagene “Therapie” grauenhaft, wahnsinnig und undurchführbar erscheint (ähnliches gilt für Ted Kaczynski).
Es ist momentan Mode im rechten Lager (insbesondere in der zum Libertären neigenden Fraktion) Umweltprobleme angesichts der Exzesse der “Klimawandel”-Hysterie und deren dubioser Verkettung mit dem Weltwirtschaftsforum und der globalistischen Agenda generell nicht ernst zu nehmen. Dem ist deutlich zu widersprechen, und man hat in dieser Frage einen unserer größten Vordenker, Rolf Peter Sieferle (siehe auch die Neuerscheinungen hier und hier) auf seiner Seite.
Die Luft- und Wasserverschmutzung, das Artensterben von Fauna und Flora, die Zersiedlung und Vernutzung von Lebensraum, die Ausbeutung von Ressourcen (ich bin immer noch unentschieden, was den Klimawandel angeht) – all dies sind tatsächliche, ernste Probleme, die gerade Sache der Rechten und Konservativen sein sollten: Denn Ökologie ist rechts.
Was nun Linkola angeht, so hat dieser Nachruf eines finnischen Fans gut getroffen, worin das Anrührende an seiner Gestalt liegt (privat soll er “kultiviert, höflich, selbstironisch” und voller bärbeißigem Humor gewesen sein). Nicht bloß darin, daß er auch gelebt hat, was er gepredigt hat:
Linkola, der die meisten Annehmlichkeiten der modernen Gesellschaft zurückwies, war wahrscheinlich konsequenter als die meisten von uns. Er war gewiß konsequenter als der typische grüne Parlamentarier, der Helsinki niemals verläßt, außer, wenn er auf einen internationalen Klimakongreß fliegt. Aber Linkola wurde nicht wegen seiner Konsequenz bewundert, sondern weil er ein Leidender war. Für Linkola waren Umweltkatastrophen keine abstrakten administrativen Probleme, sondern persönliche Desaster. Er war leidenschaftlich biophil. Das fragile Band zwischen Mensch und Erde war für ihn eine zutiefst intime und tragische Angelegenheit. Anders als so viele andere weigerte er sich, seine reinste Quelle der Freude aufzugeben. Diese Weigerung führte ihn an die Ränder der Gesellschaft und machte aus seinem Leben eine Ein-Mann-Demonstration. Sie machte ihn auch zu einer interessanteren Gestalt als die meisten seiner Verehrer und Feinde.
Lotta Vorbeck
@Martin Lichtmesz:
Die Luft- und Wasserverschmutzung, das Artensterben von Fauna und Flora, die Zersiedlung und Vernutzung von Lebensraum, die Ausbeutung von Ressourcen (ich bin immer noch unentschieden, was den Klimawandel angeht) - all dies sind tatsächliche, ernste Probleme, die gerade Sache der Rechten und Konservativen sei sollten: Denn Ökologie ist rechts.
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Ökologie ist rechts, war schon immer rechts.
Welche Antworten bekam man, sobald man sich in Sachen Klima und Ökologie besorgt gebende Leute auf deren eigene Transportmittelwahl, deren eigenes Kauf-, Konsum- und Freizeitverhalten ansprach?
Unisono begannen deren inkonsitente Antworten mit: "Ich will ooch mal ...." oder "Nä, so will ich nich' leben ...".