Vance hat soeben erst durch sein forsches Anreden gegen den ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Weißen Haus von sich reden gemacht. Das Entsetzen des vorher wie nachher ganz auf die bisherige NATO-Linie eingestimmten liberalen Mainstreams ist keine Überraschung.
Die amerikanische Rechte wie auch die nonkonformen Milieus im gesamten sogenannten Westen hingegen reagierten darauf ebenso zwiespältig wie auf bislang alle ähnlichen Vorstöße der “neuen” USA. Götz Kubitschek hat diese, wenn man so will, belastungsbedingten Haltungsschäden anhand der völlig banalen Moralpredigt Vances auf der Münchner Sicherheitskonferenz im vergangenen Monat aufgezeigt.
Immerhin aber genügt solche verbale Kraftmeierei, um den Blätterwald gewaltig ins Rauschen zu bringen. Und wir wissen ja, es gibt keine schlechte Berichterstattung. Schon gar nicht in Zeiten, wo Klickzahlen, Konversionsraten und “Reichweite” als Gütekriterien ausreichen sollen. So hat die Ernennung von J.D. Vance zum Running mate des Präsidentschaftskandidaten Donald Trump im Juli letzten Jahres allerlei “investigative”, heißt: des Googelns fähige “Journalisten” angezogen, und seine jüngsten öffentlichen Eskapaden als Vizepräsident noch mehr. (Obwohl – oder gerade weil? – der US-Vizepräsident bis zu einem plötzlichen Ableben des primären Amtsinhabers eine rein repräsentative Funktion hat.)
Nun haben Vances skandalisierte Auftritte dem deutschsprachigen Publikum viele neue “Enthüllungen” beschert, wie genau die derzeitige amerikanische Rechte aufgestellt und wie nah sie dem Machtzentrum des “freien Westens” sei. Nach einer längeren Durststrecke während der Biden-Präsidentschaft, in der in den etablierten Medien allenfalls mal über V‑Mann-Stammtische wie die “Proud Boys” berichtet wurde, immerhin eine nette Abwechslung.
Inzwischen wurde uns vom Philosophie Magazin und der Jungen Freiheit bis zu den großen Bezahlschrankenmedien wie FAZ, Süddeutsche etc. die amerikanische Rechte erklärt. Oder eben das, was die dafür halten.
Über vieles davon habe ich bereits in meiner Vorlesung und später dem ausführlichen Über- und Ausblick zur sogenannten Neoreaction geschrieben. Als das Buch vor knapp einem Jahr erschien, war von einem Vizepräsidenten Vance noch längst keine Rede. Doch ein Wiedererstarken der zwischenzeitlich vom Radarschirm verschwundenen Kreise im Umfeld des IT-Milliardärs Peter Thiel zeichnete sich bereits seit 2017 ab.
Gleichwohl stellt sich immer lauter die Frage: Ist hier tatsächlich die amerikanische Rechte erneut – oder erstmals? – ans Ruder gekommen? Oder wer sonst? Und was heißt das für uns?
Daß es “die” amerikanische Rechte genausowenig gibt wie “die” deutsche oder europäische Rechte, liegt auf der Hand. Mit einer konkreten Unterströmung, der besonders Vance selbst sich verbunden fühlen soll, beschäftigte sich Benedikt Kaiser für das aktuelle Heft der Sezession – und referierte ausführlicher in Schnellroda, siehe hier.
Wie heftig hingegen gerade die Etablierten über die amerikanische Rechte gern danebenschlagen, zeigte soeben erst die NZZ: Wer mit der fürchterlichen Formulierung “Die Szene ist am Blühen” ausgerechnet auf die zionistische Edmund Burke Foundation des ehemaligen angeblichen Orbán-Flüsterers Yoram Hazony verweist, hat offenbar einen Plan.
Wie ich in meinem Büchlein darlege, will Hazony “die abstammungsorientierte Rechte gerade von der wissenschaftlichen Perspektive [abbringen] und einen ‘koscheren’, des Rassismus unverdächtigen Nationalismus zentristisch und alttestamentarisch [fundieren]”. Immerhin wird dort auch das deutlich weniger bekannte, der Lehre des Carl-Schmitt-Protegés Leo Strauss verpflichtete Claremont Institute erwähnt. Dieses hat seine sprichwörtlichen Finger mittlerweile in so ziemlich allen reichweitenstarken Medienprojekten und etlichen Online-Prominenten, die die aktuelle amerikanische Rechte zu bieten hat.
Ich für meinen Teil beobachte und kommentiere die amerikanische Rechte bzw. Rechten mittlerweile seit fast 15 Jahren. Für Heft und Studientage habe ich mich um einen konzisen Überblick über die amerikanische Rechte der vergangenen 80 Jahre bemüht: dringend notwendig, um allerlei Irrtümer und insbesondere peinlichen Messianismus zu beseitigen. Jetzt gibt es den Vortrag im kanal schnellroda – schauen Sie ihn sich an und teilen Sie ihn mit allen, die eine sinnvolle Einordnung brauchen können.

Diogenes
Warum statt nur den Familiennamen von diesem "Vance" zu nennen immer seine Vornamenkürzel "J.D." im deutschsprachigen Raum noch mit dran gehängt werden müssen ist auch eine Sache die vllt. unwichtig erscheint, aber doch auch unverdiente "Vertrautheit" suggerieren soll. An anderer Stelle sagt man nur Trump und Putin ohne ihre Vornamenkürzel, aber Vance braucht immer seine Extrawurst-Kürzel "J.D.". Manipulation fängt im Sprachlichen an und die Intelligenz des Einzelnen lässt sich dadurch feststellen, ob er sich einfach wie ein Lautsprecher verhält; also den aufgeschnappten Wortgebrauch unhinterfragt übernimmt. "J.D." ist ja nur ein Beispiel für diese Phänomenologie in der medialen Massenbeeinflussung. In Übersee ist im Politischen alles ist so oberflächlich-überzogen wie in einem dummen "Micky Maus"-Film. Sich mit den hiesigen (also unseren) Gesprächsrunden und Polit-Meinungen zu beschäftigen ist schon anstrengend (den Geist quälend) genug, aber das Überseetheater setzt dem eigenen Standvermögen mit seinen Sprechblasen und sich widersprechenden Aussagen noch einen Schwierigkeitsgrad drauf, was mich zur Frage führt: Wie "rechts" oder wie "amerikanisch" kann der Vielvölkerstaat "VSA" sein, ohne sich selbst als Israels "Bulldogge" infrage stellen zu müssen, Hr. "Vance" (?)