Das Jahr 1945 im Film (1)

Erik Lehnert fragte mich, ob ich drei herausragende Filme zum Thema Kriegsende 1945 empfehlen könne. Mir fiel kein wirklich guter ein.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Den Grund habe ich in mei­nem ers­ten Kapla­ken­band Besetz­tes Gelän­de genannt, eine Abhand­lung über die Dar­stel­lung des zwei­ten Welt­kriegs im Film, die nun auch schon wie­der zehn Jah­re alt (und ver­grif­fen) ist. Es geht im Grun­de um nichts ande­res als die Bin­sen­weis­heit, daß der Sie­ger die Geschich­te zu sei­nen Guns­ten schreibt, und es häu­fig nicht lan­ge dau­ert, bis die Besieg­ten und Unter­wor­fe­nen sich mit sei­nen Augen sehen – im Film gilt dies sogar buchstäblich.

Ich zitier­te in die­sem Buch den fran­zö­si­schen Film­re­gis­seur Jac­ques Rivet­te, der 1961 schrieb: „Einen Film zu machen bedeu­tet, bestimm­te Din­ge aus einem bestimm­ten Blick­win­kel her­aus zu zei­gen. (…) Es kann kei­ne abso­lu­te Insze­nie­rung geben, wie es auch kei­ne Insze­nie­rung im Abso­lu­ten geben kann.” Ich kom­men­tier­te dies so:

Es gibt aber auch kei­ne Film­be­trach­tung im Abso­lu­ten, stets hat sie ihren sub­jek­ti­ven und fil­tern­den Reso­nanz­raum um sich her­um. Ein Film über die Ver­gan­gen­heit ist immer auch ein Film über die Gegen­wart, als Spie­gel und Pro­jek­ti­ons­flä­che des „Zeit­geis­tes“. Dar­in ähneln sich his­to­ri­sche und Sci­ence-Fic­tion-Fil­me. Der Anspruch des Films als Medi­um der „Erin­ne­rung“ im Sin­ne des „So ist es gewe­sen!“ ist trü­ge­risch, gera­de weil er mit phy­si­schen Evi­den­zen vor der Lin­se der Kame­ra arbei­tet. Aber schon allein durch den Stand­ort und den Bild­aus­schnitt, den der Kame­ra­mann wählt, wird eine Aus­sa­ge über das Abge­bil­de­te getroffen.

Schon für den nicht­fik­tio­na­len Film gilt, daß das Maschi­nen­au­ge einer Kame­ra nur ein­ge­schränkt „objek­tiv“ sein kann. Auch „doku­men­ta­risch“ gewon­ne­nes Mate­ri­al bedarf einer Deu­tung und Ein­ord­nung durch Kom­men­tar und Mon­ta­ge. Seit den Anfän­gen der Foto­gra­phie wis­sen wir, daß auch ein Foto lügen oder eine Mei­nung haben kann. Die­se Erkennt­nis zählt in einem medi­en­ge­sät­tig­ten Zeit­al­ter zu den Binsenweisheiten.

Das alles gilt natür­lich erst recht für die Geschich­te der Krie­ge und Revo­lu­tio­nen des 20. Jahr­hun­derts, in denen die neu­en Medi­en Film, Foto, Rund­funk und Fern­se­hen mas­siv zum Ein­satz kamen (die Dru­cker­pres­se hat­te schon eini­ge Jahr­hun­der­te Pro­pa­gan­da­dienst auf dem Buckel), um unse­re Wahr­neh­mun­gen und Urtei­le der Gescheh­nis­se zu for­men und unse­re Emo­tio­nen zu stei­gern und zu steu­ern. Das beginnt bereits im Spa­nisch-Ame­ri­ka­ni­schen Krieg (1898) und endet nicht mit den NATO-Ein­sät­zen gegen Ser­bi­en (1999).

Dabei ver­steht sich von selbst, daß Kriegs­pro­pa­gan­da, egal wel­cher Sei­te, durch extre­me Zuspit­zun­gen geprägt ist, was die Dar­stel­lung des Fein­des angeht, wäh­rend die eige­nen Gräu­el­ta­ten ver­tuscht, ver­klei­nert oder gerecht­fer­tigt wer­den. Für Dif­fe­ren­zie­run­gen ist mit­ten im Kampf auf Leben und Tod kei­ne Zeit, und häu­fig dau­ert es auch danach sehr lan­ge, bis die “hei­ße” Pha­se abkühlt und dif­fe­ren­zier­te­re Dar­stel­lun­gen auf­tau­chen (das wird dann ger­ne als “Geschichts­re­vi­sio­nis­mus” ver­un­glimpft, obwohl per­ma­nen­te Revi­si­on zum Hand­werk des His­to­ri­kers gehört).

Ich könn­te mich nun end­los über die­ses The­ma aus­las­sen (nach­zu­le­sen in Besetz­tes Gelän­de), und ich habe es auf die­sem Blog seit über einem Jahr­zehnt kon­ti­nu­ier­lich getan, bei­spiels­wei­se hier, hier, hier, hier, hier und hier. Die Fil­me, die seit Kriegs­en­de über den zwei­ten Welt­krieg pro­du­ziert wur­den, haben stets einen poli­ti­schen und zeit­be­ding­ten Hin­ter­grund, und es macht einen per­spek­ti­vi­schen Unter­schied, ob sie, sagen wir 1945, 1955, 1965, 1985 oder 2015 pro­du­ziert wur­den, ob in der BRD oder der DDR, ob in Hol­ly­wood oder von Mos­film, ob in einem Ost- oder West­block­land, ob in einem Land, das von Deutsch­land okku­piert oder sein Ver­bün­de­ter war.

Es gibt Kapi­tel, Aspek­te und Ereig­nis­se des Krie­ges und sei­ner Vor- und Nach­ge­schich­te, die ent­we­der gar nicht oder sel­ten oder stark geklit­tert im Film dar­ge­stellt wur­den: dar­un­ter fal­len Flucht und Ver­trei­bung, sämt­li­che alli­ier­ten Kriegs­ver­bre­chen, kom­mu­nis­tisch-sowje­ti­sche Ver­bre­chen, die Mas­sa­ker der poli­ti­schen “Säu­be­run­gen” von 1944/45 (etwa in Frank­reich und Ita­li­en), aber auch die Mit­schuld der Sie­ger­mäch­te an Aus­bruch und Eska­la­ti­on des Krie­ges oder auch nur die unge­fil­ter­te Dar­stel­lung der Per­spek­ti­ve und Moti­va­ti­ons­la­ge der Ach­sen­mäch­te und ihrer Ver­bün­de­ten und Freiwilligen.

Alle die­se Din­ge sind auch des­halb kaum im kol­lek­ti­ven Bewußt­sein der Öffent­lich­keit prä­sent, weil sie im Gegen­satz zu ande­ren The­men viel sel­te­ner Gegen­stand von Spiel­fil­men, Doku­men­ta­tio­nen und Seri­en waren, und wenn, dann oft in gezähm­ter Form.

Dabei erge­ben sich je nach Land unter­schied­li­che Kon­stel­la­tio­nen und Per­spek­ti­ven: Es dau­er­te Jahr­zehn­te, bis der pol­ni­sche Film die Wahr­heit über Katýn und die sowje­ti­sche Okku­pa­ti­on Polens zei­gen konn­te, oder bal­ti­sche Län­der Fil­me wie 1944 pro­du­zie­ren konn­ten, in dem est­ni­sche Waf­fen-SS-Frei­wil­li­ge dif­fe­ren­ziert und mit nach­voll­zieh­ba­ren Moti­ven dar­ge­stellt werden.

Es ist aber selbst in Län­dern wie Rumä­ni­en, in denen der Kom­mu­nis­mus nach dem Krieg beson­ders bru­tal gewü­tet hat, schwie­rig, die anti­kom­mu­nis­ti­sche Sei­te sym­pa­thisch dar­zu­stel­len: der Film Por­trait of the Figh­ter as a Young Man (2010) über Ion Gavrilă Ogora­nu, der über ein Jahr­zehnt lang einen Gue­ril­la-Klein­krieg gegen die Secu­ri­ta­te anführ­te, bekam inter­na­tio­nal hef­ti­gen Gegen­wind, weil Ogora­nu Mit­glied einer Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on der “Eiser­nen Gar­de” gewe­sen war.

Dabei einigt die Natio­nal­ge­schich­te unzäh­li­ger Län­der von Osten bis Wes­ten, von Nor­den bis Süden die gemein­sa­me Erfah­rung der deut­schen Okku­pa­ti­on und ihrer Befrei­ung davon (hier ist das Wort auch ange­bracht): Russ­land, Polen, Ukrai­ne, Tsche­chi­en, Slo­wa­kei, Däne­mark, Nor­we­gen, Frank­reich, Bel­gi­en, Nie­der­lan­de, Jugo­sla­wi­en, Grie­chen­land. In sei­ner Novel­le “Deut­sches Requi­em” schrieb Jor­ge Luis Bor­ges: “Unter dem Ansturm weit­läu­fi­ger Kon­ti­nen­te starb das Drit­te Reich. Es hat­te die Hand gegen alle auf­ge­ho­ben, und die Hän­de aller grif­fen nach ihm.” Es gibt also einen inter­na­tio­na­len Kon­sens, Deutsch­land als den eigent­li­chen Schur­ken des Krie­ges zu sehen, und das hat nach­voll­zieh­ba­re Gründe.

Inwie­fern die­se mili­tä­ri­sche Expan­si­on nach allen Sei­ten der Dyna­mik des Kriegs­ver­laufs geschul­det war, steht auf einem ande­ren (Historiker-)Blatt – so kann es kei­nen Zwei­fel dar­an geben, daß “Ope­ra­ti­on Bar­ba­ros­sa” ein Prä­ven­tiv­schlag war, der einem bevor­ste­hen­den Angriff Sta­lins zuvor­kam. Der deutsch-sowje­ti­sche Krieg wur­de auf bei­den Sei­ten mit bei­spiel­lo­ser Grau­sam­keit geführt, aber die Sym­pa­thien der Welt und der Geschich­ten­er­zäh­ler wer­den immer auf der Sei­te des Ver­tei­di­gers sein, wes­halb die Gräu­el der Roten Armee auf deut­schem Boden auch heu­te noch von vie­len als nicht unver­dien­te Ver­gel­tung gese­hen und gemäß einer Hier­ar­chie der Opfer auf der Ska­la des Ent­setz­li­chen her­un­ter­ge­stuft werden.

Im Jahr 2020, 75 Jah­re nach Kriegs­en­de, ist das öffent­li­che Bild, das vom Zwei­ten Welt­krieg und der Zeit der NS-Herr­schaft (wie auch der Wei­ma­rer Repu­blik) plat­ter, grel­ler und gespens­ti­scher als je zuvor. Alex­an­der Gau­land kann hier­zu im Grun­de das­sel­be sagen, wie Richard von Weiz­sä­cker in sei­ner berühm­ten Gedenk­re­de aus dem Jahr 1985, schon blo­ße Ambi­va­len­zen gel­ten als uner­träg­lich, rechts­ra­di­kal, pro­to-nazis­tisch. Aller­dings waren die Deut­schen nie gut im Ertra­gen von Ambi­va­len­zen, und Thors­ten Hinz bemerk­te zurecht:

Je län­ger das Drit­te Reich zurück­liegt, des­to mani­scher nimmt es die deut­sche Geschich­te in Beschlag. Die Sim­pli­fi­zie­rung der his­to­ri­schen Gemenge­la­ge ent­spricht den Bedürf­nis­sen einer nivel­lier­ten Gesell­schaft, die sich jede kogni­ti­ve Dis­so­nanz erspa­ren will. Die wäre unver­meid­lich, wenn sie die Red­lich­keit ihrer Besie­ger von 1945, die sie unter dem Ein­druck der Umer­zie­hung auch als mora­li­sche Vor­mäch­te aner­kannt hat, selbst ansatz­wei­se in Zwei­fel zie­hen müßte. (…)

Zwei ver­lo­re­ne Welt­krie­ge, die Ver­wüs­tun­gen, Ver­lus­te und mora­li­schen Hypo­the­ken, die Tei­lung in zwei Staa­ten, die in ver­fein­de­te Macht­blö­cke ein­ge­spannt und dabei erneut zu Front­staa­ten wur­den, sind eben mehr, als ein Volk ertra­gen kann. Aus inne­rer Not befreit die Bun­des­re­pu­blik sich von Deutschland.

Einer beque­men und zum Infan­ti­len nei­gen­den Zeit ist der Begriff der Tra­gö­die abhan­den gekom­men, und so wird auch die Ver­gan­gen­heit zu einer Pro­jek­ti­ons­flä­che von schwarz-wei­ßen Fil­men, von Affek­ten, Kom­ple­xen und ideo­lo­gi­schen Recht­fer­ti­gun­gen aller Art. Es wird dazu auf­ge­ru­fen, am 8. Mai die “Befrei­ung” zu fei­ern, und das Lei­den und die Opfer unse­rer Väter und Müt­ter, Groß­vä­ter und Groß­müt­ter, inzwi­schen schon Urgroß­vä­ter und Urgroß­müt­ter, zu baga­tel­li­sie­ren, zu ver­drän­gen, zu leug­nen, ihre Gene­ra­ti­on pau­schal als “Nazis” zu äch­ten, und die­se wie­der­um als Comic­dä­mo­nen aus einem Hol­ly­wood-Film dar­zu­stel­len. Das muß jedem füh­len­den und den­ken­den Men­schen, der die Geschich­te tat­säch­lich nicht ver­ges­sen hat, als über­aus nie­der­träch­tig erscheinen.

Kom­men wir nun aber zu der Fra­ge zurück, wie das Kriegs­en­de im Film gezeich­net wur­de. Eine zen­tra­le The­se von Besetz­tes Gelän­de ist, daß den Deut­schen im Lau­fe der Zeit zuneh­mend die Eigen­per­spek­ti­ve ver­lo­ren­ging, und sie schon aus poli­tisch-his­to­ri­schen Grün­den außer­stan­de waren, das eige­ne Trau­ma kon­fron­tie­ren, ohne die deu­ten­de Bril­le der Sie­ger­mäch­te auf­zu­set­zen (und dies nicht zu tun, bedeu­tet kei­nes­wegs zwangs­läu­fig, sich statt­des­sen eine natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Bril­le aufzusetzen).

Gewiß ent­stan­den auch unter die­sen Rah­men­be­din­gun­gen Fil­me und Bel­le­tris­tik von Rang und Wert, die imstan­de waren, ein gutes Stück Wirk­lich­keit zu bewäl­ti­gen, zu bewah­ren, zu deu­ten und erfaß­bar zu machen. Aber man muß die­se Fil­me und Bücher immer wie­der nach Lücken, nach Über­ma­lun­gen, nach Kom­pen­sa­tio­nen, nach Nicht-Gesag­tem, zwi­schen den Zei­len oder den Bil­dern Ste­hen­dem, nach ihrem his­to­ri­schem Kon­text abklop­fen und befragen.

Beson­ders auf­schluß­reich ist es etwa, die Buch­vor­la­ge Eine Frau in Ber­lin (1959) mit der Film­ver­si­on von Max Fär­ber­böck zu ver­glei­chen, wie ich es 2008 in die­ser Bespre­chung für die Jun­ge Frei­heit getan habe. Hier geht es nicht bloß um film­dra­ma­tur­gi­sche “Über­set­zun­gen” in ein ande­res Medi­um, son­dern um geziel­te, “geschichts­päd­ago­gi­sche” Retu­schen. Laut einer Pres­se­mit­tei­lung plan­te Fär­ber­böck zunächst sogar, die Geschich­te aus der Sicht eines rus­si­schen Sol­da­ten zu erzäh­len – deut­li­cher kann man die neu­ro­ti­sche Schwel­len­angst der Deut­schen vor der eige­nen Per­spek­ti­ve kaum illus­trie­ren. Aber auch die Per­spek­ti­ve der “Anony­ma” Mar­ta Hil­ler wur­de nur teil­wei­se über­nom­men, statt­des­sen wird ein Blick ange­bo­ten, wie man ihre und die Berich­te ande­rer Frau­en über die rus­si­schen Mas­sen­ver­ge­wal­ti­gun­gen heu­te wahr­neh­men und ein­ord­nen kann, ohne all­zu sehr am Gesamt­nar­ra­tiv zu rütteln.

Den wohl bekann­tes­ten Kriegs­en­de-Film, Der Unter­gang (2004), las­se ich außen vor, da hier das Schick­sal Hit­lers und der Füh­rer­bun­ker­in­sas­sen im Mit­tel­punkt steht, und weni­ger der Zivil­be­völ­ke­rung. Er zeich­net sich durch einen erhöh­ten Rea­lis­mus aus, was von Tei­len der Kri­tik auch irri­tiert auf­ge­nom­men wur­de. Hit­ler erschien man­chen zu “mensch­lich”, zu real, und weni­ger als der ein­di­men­sio­na­le Dämon unzäh­li­ger ande­rer Fil­me. Wim Wen­ders klag­te, es hand­le sich um einen Film ohne (aus­rei­chend anti­fa­schis­ti­sche) “Hal­tung”, eine häu­fi­ge Reak­ti­on, wenn ein Film über Welt­krieg und Natio­nal­so­zia­lis­mus den übli­chen Deu­tungs­rah­men stra­pa­ziert. Im Unter­gang fehl­te man­chen der Hal­te­griff der erzie­he­ri­schen “mes­sa­ge”, und sie wur­de dem Film erst im Nach­spann durch ein paar Selbst­an­kla­gen der rea­len Traudl Jun­ge aufgepappt.

Ich emp­fin­de ihn trotz ein­drucks­vol­ler Sze­nen und schau­spie­le­ri­scher Leis­tun­gen ins­ge­samt als etwas hohl, er ist ähn­lich wie sein Nach­fol­ger aus dem Hau­se Eichin­ger, Der Baa­der-Mein­hof-Kom­plex  (2008), eine tech­nisch per­fek­te und detail­ier­te Geis­ter­bahn­fahrt in die deut­sche Geschich­te ohne gro­ßen Tief­gang. Da zie­he ich per­sön­lich  Der letz­te Akt (1955) von G. W. Pabst mit Oskar Wer­ner und Albin Sko­da (als Hit­ler) vor, der zwar weit­aus stär­ker auf eine Bot­schaft (gegen Krieg, Mili­ta­ris­mus und Faschis­mus) getrimmt ist als der Eichin­ger-Film, sich aber durch sei­ne his­to­risch “nahe” Atmo­sphä­re aus­zeich­net, vor allem, was den Habi­tus der Sol­da­ten und Mili­tärs angeht.

Zum Jah­res­tag der deut­schen Kapi­tu­la­ti­on möch­te ich jedoch einen ande­ren, weni­ger bekann­ten, aber hoch­in­ter­es­san­ten Film genau­er betrach­ten und ana­ly­sie­ren: Die DEFA-Pro­duk­ti­on Ich war neun­zehn aus dem Jah­re 1968 unter der Regie von Kon­rad Wolf, hier emp­foh­len von der Bun­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bil­dung. Mehr davon im zwei­ten Teil die­ses Beitrags.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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Kommentare (25)

Andreas Walter

9. Mai 2020 02:59

Kann man so sehen, muss man aber nicht.

Ohne die "Nazis" wäre (auch) ganz Deutschland schon 1920 zu einer Art DDR geworden, und damit auch zu einem Teil der “glorreichen Sowjetunion“ und seinen Massenmördern.

https://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-als-stalin-die-menschen-zu-kannibalen-machte-a-458006.html

https://youtu.be/YdGMgqCejLE

Es waren daher nicht die Deutschen allein, die damals gegen den Marxismus gekämpft haben, sondern noch Millionen andere Europäer und auch Nichteuropäer auf der ganzen Welt.

Die komplette Geschichtsschreibung des letzten Jahrhunderts ist deshalb völliger Schwachsinn, eine mediale Konstruktion, die mit der Wirklichkeit nur wenig gemeinsam hat.

Haha, da geht man am Anfang erstmal durch die Hölle, wenn sich einem durch Eigenrecherche nach und nach die Augen öffnen. Zumindest die ersten 2, 3 Jahre. Meine Familie dachte nämlich wohl auch, es wäre besser mich zu beschützen, hat mir darum nichts über diese Dinge erzählt. Heute verstehe ich gut, warum sie so gehandelt haben.

Phil

9. Mai 2020 10:39

Sie nennen es also "Hollocaust".

 

Nee im Ernst, "Der Untergang" finde ich nicht schlecht.

Und die Youtube-Parodien ("Hitler-Rants") sind witzig und kreativ.

Idise

9. Mai 2020 12:03

Die anhaltende "Befreiung der Deutschen" hat, egal wieviel einschlägig geprägte Filmchen noch über die Leinwand flimmern, längst ihre Wirkung verfehlt. Ansonsten müßte nicht ständig in Neuauflage das Drama facettenlos erzählt werden. Nur so scheint es möglich das Narrativ (=sinngebende Erzählung) aufrecht zu erhalten und den Deutschen die endlose Befreiung schmackhaft zu machen.

Inwieweit sind wir die Besiegten? Militärisch besiegt, ja. Mental ist der Sieg der Siegermächte nur eingeschränkt. Noch sind sich viele Deutschen ihres Existenzrechts und Wesens bewußt in der Art  Dinge anzugehen, zu hinterfragen, begreifen sich als  Gemeinschaft.

Die Dauerbefreiung als Friedensmission in Wiederholungsschleife entbehrt inzwischen der Freiheit. Der Irrsinn findet seinen Klimax in der Vorstellung der punktuellen Wiederholung der Geschichte. Tritt man einer Dauerberieselung entgegen, wird verantwortungsvolles Handeln abgesprochen, das Hakenkreuz angeheftet. Eine anderslautende Sichtweise führe automatisch zu Krieg, Zerstörung, Auslöschung. Es gäbe keinen anderen Ausweg für die Deutschen.

Genau hier offenbart sich der totalitäre Gedanke der ewigen Befreier. Hier wird nicht "Einigkeit und Recht und Freiheit" gelebt, schon gar nicht "für das Deutsche Vaterland". Eine geistige Monokultur, die jeglicher Freiheit entbehrt. Vielfalt der Gedanken Fehlanzeige! Doch der Bogen scheint nun überspannt und jeder Film führt dies zunehmend vor Augen.

Laurenz

9. Mai 2020 12:19

Italien in Deutschland....

Um das III. Reich zu verstehen, filmisch oder sonstwie, braucht man zumindest einen Überblick über die italienischen Verhältnisse der Weimarer Zeit. Im "Revisionisten"-Film "Die Große Kriegslüge" https://youtu.be/9c8ujw3Fnro

sind einige historische Fehler implementiert worden, zB 17 Reichsregierungen in der Weimarer Zeit. Ich zähle 21 in 14 Jahren. https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsregierung_(Weimarer_Republik)

Die Zeit für den Film kann man ansonsten schon mal investieren.

Bis auf Papen, Brüning, Stresemann, Scheidemann und natürlich Hitler, kennt doch kein Schwein mehr die ganzen Protagonisten des bürgerlichen Versagens (auch wenn Frau Kositza meine Formulierung nicht mag).

Das war für 14 Jahre die deutsche Welt, die man sich heute wieder politisch & gar global wünscht. Helau.

Der_Juergen

9. Mai 2020 12:24

@Andreas Walter

Sie haben recht. Am Ende der Weimarer Republik hatte Deutschland nur noch die Wahl zwischen Nationalsozialismus und Kommunismus. Die Demokratie hatte abgewirtschaftet. Für einen national denkenden Deutschen war es da selbstverständlich, sich für die eigene und gegen die fremde Diktatur zu entscheiden, zumal man über den roten Terror in der UdSSR Bescheid wusste.

Eine ketzerische Überlegung. Natürlich verdienen die deutschen und verbündeten Soldaten, die sich bis zuletzt gegen die rote Flut stemmten, unsere Achtung und Bewunderung. Aber nachträglich gesehen wäre es besser gewesen, Stalins Überraschungsschlag wäre 1941 geglückt, und die Sowjets wären bis zum Atlantik durchmarschiert. Europa hätte einige Millionen Menschen verloren, aber mehr als ein paar Jahrzehnte hätte sich der Kommunismus nicht halten können, und die unfassbare Tragödie der Umvolkung wäre dem Westen und der Mitte Europas erspart geblieben.

 

Ein gebuertiger Hesse

9. Mai 2020 16:36

Daß Wenders dem Untergang mangelnde antifa. Haltung vorgeworfen hat, ist eigentlich an sich schon ein Qualitätsbeweis für den Film. Wenders 2004 im Spiegel:

"Der Film hat von allem keine Meinung, vor allem nicht von Faschismus oder von Hitler. Er überlässt den Zuschauern die Haltung, die er selbst nicht hat oder höchstens vortäuscht."

Da verrät sich das Autorenfilm-Sensibelchen als beinharter Demagoge: Es den Zuschauern zu überlassen, sich gegenüber dem Filmgeschehen zu positionieren, zu verhalten, das geht freilich nicht! Nicht an der Stelle. Hier ist etwas sakrosankt und man darf es bloß auf eine schon vor dem Film bereits festgelegte Weise sehen und werten. Mit diesem Offenbarungseid straft Wenders einen Großteil seiner eigenen phänomenologischen Filmphilosophie, die er seit 1970 in Schrift und Bild vertreten hat, Lügen. Bemerkenswert. Wurde aber nie ausgelotet, nie inkriminiert.

 

Ein gebuertiger Hesse

9. Mai 2020 16:39

Fortsetzung zu oben:

Aber auch von dem Wenders-Kommentar abgesehen ist Der Untergang ein Film über 45, der Tadel von unserer Seite mit am wenigsten verdient hat. Für eine mit Staatsgeld finanzierte Großproduktion ist er geradezu sensationell vorurteilsfrei und haut keine einzige Figur (total) in die Pfanne, stellt niemanden (völlig) bloß, nicht einmal Magda Goebbels, wenn sie ihre Kinder tötet. Die innere Konsequenz, daß die Figuren nur so und nicht anders glauben handeln zu können, kommt zur tragischen Darstellung und wird dabei niemals bloßgestellt. Das ähnelt den "Nibelungen" von Fritz Lang, war 2004 eine erstaunliche Leistung und ist es heute umso mehr. Ich kenne keinen Film über diese Zeit, der sich in einer solchen Dimension bewegt, höchstens vielleicht "Germania anno zero" von Rossellini, aber keinen deutschen.

Laurenz

9. Mai 2020 17:09

@Der_Juergen @Andreas Walter

Sie haben das beide gut in Worte gefaßt, ganz ohne Abstruses. Die Fragestellung, die sich aktuell durch die Führerin Merkel & ihrem Notstand mit Neo-Polizei-Staat ergibt, ist, hatten die Nationalsozialisten damals überhaupt eine Wahl, ohne radikale Notstands-Maßnahmen der Lage Herr zu werden? Wir machen schon bei einer Pseudo-Pandemie einen auf Staatssicherheits-Exzeß. 

Was Ihrer, Der_Juergen, Anti-Präventiv-Schlags-These, zuwider spricht, sind die historischen Abläufe. Erst durch die inakzeptablen Gebietsforderungen Molotows gegenüber Rumänien wurde man auf eine potentielle Invasions-Gefahr aufmerksam gemacht, also recht spät. Viel Zeit für Überlegungen gab es nicht. Das, was Sie Sich vorstellen, geschah als erster großer außenpolitischer Fehler 5 Jahre zuvor. Hätte Hitler Stalin Spanien überlassen, wäre der selten dämlichen britischen Haltung jeglicher Boden unter den Füßen entzogen worden.

Wer kennt denn einen Mäzen, der einen historisch korrekten Film produzieren würde? Ich leider keinen.

Augustinus

9. Mai 2020 17:14

Es ist richtig, dass historische Filme und Science-Fiction-Filme Ähnlichkeiten aufweisen.

Ich persönlich stehe auf Biopics, die auf "wahren Begebenheiten beruhen".

Wenn ich unterschwellig berücksichtige, dass vieles zurechtgebogen ist, kann ich solche Filme, sofern sie handwerklich gut gemacht sind, durchaus genießen.

Beispiel:

www.amazon.de/Die-Poesie-Unendlichen-Jeremy-Irons/dp/B081NY5456

Es wird hier aber völlig außer Acht gelassen, dass Ramanujan sich mit Zahlenspielereien beschäftigte, die für die Wissenschaft nicht sehr bedeutend waren.

Hier Mathematiker, die in der Neuzeit wirklich was leisteten:

de.wikipedia.org/wiki/Liste_bedeutender_Mathematiker 

Leibniz, Euler, Gauß, Riemann, Kolmogorow, von Neumann ... um nur einige zu nennen.

In einer Szene wird Ramanujan von englischen Kommilitonen (einer Elite-Universität!) verprügelt und zusammengetreten. Wirkt fast so als hätte man diese Szene aus einem Skinhead-Film der 80er Jahre in diesen Film hineinkopiert. Völlig deplatziert und absurd. Dabei ging es sicher darum die richtige politische Gesinnung zu zeigen.

 

Der_Juergen

9. Mai 2020 18:02

@Martin Lichtmesz

Ob ein Land von einer wie immer gearteten Herrschaft befreit worden ist oder nicht, lässt sich  nur daran messen, ob die Mehrheit der Bevölkerung sich nach dem Sturz der alten Machthaber befreit fühlte. Legen wir diesen Massstab an, so besteht kein Zweifel daran, dass Russland, die Tschechei, Frankreich (wo allerdings in Paris noch 1944 rund zwei Millionen Petain zugejubelt hatten), Belgien, Holland, Norwegen, Dänemark und Griechenland sich als befreit empfanden. Bezüglich der Ukraine muss man zwischen Ost- und Westukrainern unterscheiden; erstere empfanden die Rückkehr der Roten Armee sicherlich als Befreiung, letztere durchaus nicht. In punkto Slowakei bin ich mir nicht sicher (Pater Tiso war bei weitern Bevölkerungskreisen sehr beliebt). Hinsichtlich Jugoslawiens man zwischen den sich befreit fühlenden Serben einerseits und den Slowenen und Kroaten andererseits unterscheiden. Letztere hatten schwerstens unter dem Tito-Terror zu leiden; laut Milovan Djilas wurden 1945/1946 rund 300.000 judoslawische Bürger liquidiert (darunter natürlich auch antikommunistische Serben sowie sehr viele Volksdeutsche). Von den Polen empfand nach dem Massenmord an 22.000 ihrer Offiziere und der Deportation Hunderttausender in die Sowjetunion 1939/1940 wohl die Mehrheit den Einmarsch der Sowjets als die Ablösung einer verhassten Fremdherrschaft durch eine andere. Eindeutig nicht befreit wurden neben Deutschland (einschliesslich Österreichs) auch Ungarn, Rumänen Bulgarien, und die baltischen Staaten.

ML: Ich würde sagen, Frankreich / Italien war eine Bürgerkriegssituation, eine solche findet sich auch in anderen Ländern in kleinerem Ausmaß.

Laurenz

9. Mai 2020 18:39

@Augustinus  .... in westlichen Filmen entsteht meist ein Rollentausch. Wenn Bezug auf das Third Reick genommen wird, entsteht immer eine Zuweisung, eine kolportierte Verbindung zu bösen filmischen Imperien. Diese nationalsozialistischen oder faschistischen Imperien hat es aber nie gegeben, viel mehr waren diejenigen, die das III. und schon das II. Reich bekämpften, jene bösen Imperialisten, die wir, wenn, immer im Film sehen. Hier ein grandioses Beispiel "The emperor is not as forgiving as I am" ..... https://youtu.be/k7k9_xuJG8c (01:26), wobei die Komparsen der zum Empfang angetretenen Stations-Wache schon etwas hanswurstig da rumstehen. Aber der Regisseur ging wohl davon aus, daß das während des für den Kommandanten unangenehmen Dialogs nicht so wirklich auffällt. 

Andreas Walter

9. Mai 2020 20:50

@Ein gebuertiger Hesse

Gut erkannt, das mit dem Demagogen Wenders. Ein typischer deutscher "linker" Nachkriegsgewinnler. Wobei mir der Film Paris, Texas durchaus gefallen hat. Damals war ich allerdings noch Raucher:

“Für die Produktion des Spielfilms wurde mit einem Zigarettenhersteller ein Vertrag über Produktplatzierung im Umfang von 60.000 DM abgeschlossen, der vorsah, die Marke ausschließlich durch die Hauptfigur präsentieren zu lassen. Die Marke sollte stets positiv hervorgehoben werden. Laut Vertragstext waren „Einstellungen, in denen Produktpackungen mit übervollen Aschenbechern gezeigt werden, … zu vermeiden“. Der Zigarettenname musste insgesamt mindestens 45 Sekunden vollständig und deutlich erkennbar sein.[5]“

 

Franz Bettinger

10. Mai 2020 08:59

@Laurenz bemerkte: Angesichts der neuen Führerin Merkel, ihrer Ermächtigungen und ihres sich immer deutlicher herausschälenden Polizeistaates stellt sich die Frage: Hatten die Nazis überhaupt eine andere Wahl, als mit drastischsten Maßnahmen der verwirrten und explosiven Lage in Deutschland (nach Versailles) Herr zu werden? Der heutige Diktator macht ja schon bei einer Pseudo-Pandemie das große Fass auf. Merkel erklärt mal locker den Notstand, verrät die Demokratie und jeden Anstand, und tritt Recht und Ordnung in den Staub. Und die Mehrheit der Deutschen fügt sich. (Verfranzelt, weil Laurenz' Bemerkung so gut war, sich die Wiederholung daher lohnt, und weil’s stimmt.) - Mir hat keiner die hoffnungslose Zeit vor der Machtübernahme 1933 klarer gemacht als Hans Fallada in 'Kleiner Mann was nun'. Von einer vergleichbar schlimmen Zeit waren wir 2015 Lichtjahre entfernt. Heut nicht mehr. Merkel hat's hingekriegt. 

Laurenz

10. Mai 2020 09:23

@Der_Juergen @ML

Sie schreiben zwar gut, aber so einfach läßt sich das nicht! in 1.500 Zeichen runterbrechen. Vom Nordkap bis Griechenland, von den Azoren bis zum Ural lebt bis heute jeder in seiner historischen Blase, verharren die meisten Völker sogar in einem internen Historikerstreit, generell über die Weltkriege hinaus hinein in die eigene Existenz. Alle blenden Elementares aus. Solange sich Russen, Briten, Franzmänner, Polen und im Prinzip auch alle anderen nicht zu ihrer Täter-Rolle (immerhin erklärten Franzmänner und Inselaffen dem deutschen Reich 2x den Krieg im letzten Jahrhundert) bekennen, können sich Europäer auf privater Ebene noch so gut verstehen, aber sobald die politische Frage im Raum steht, ist der 08.Mai.1945 bis heute eingefroren. Es herrscht Waffenstillstand und die Deutschen bezahlen Tribute für Nicht-Krieg. Das ist der reale Zustand und zeigt direkt auf, wer der Aggressor ist. Dazu braucht man weder Soziologie noch Psychologie sein. Und die meisten Politologen unterstehen der Angst derselben Drohung vor 75 Jahren und schreiben dementsprechend. Bildung ist die einzige Waffe dagegen. Die Frage ist, ob Bildung auf dem exzentrisch hohen Niveau sein muß, wie Antaios sie anbietet?

Laurenz

10. Mai 2020 09:45

@Franz Bettinger

Der elementare Unterschied von heute zu anderen Zeiten ist die nichtige schlichte Existenz, die einzige Wahrheit im Werk Karl Marx'. Solange man (noch) einigermaßen wohnt und zu essen hat, sind nur die politisch Interessierten auf den Straßen oder im Netz unterwegs. Das (eine andere Betroffenheit) war zB Anfang der 30er anders. Da stellen heute (Weimar-Debatte) im ÖRR Redakteure die IQ20-Frage, warum die Bürger mehrheitlich radikal wählten und verbinden das mit einer mangelnden Bereitschaft des "schuldigen", unmündigen Volkes zur Demokratie, was im Grunde nichts anderes heißt, als mangelnde Bereitschaft zu hungern und im Elend zu vegetieren.

Grobmotoriker

10. Mai 2020 11:41

"Der Untergang" folgt zum großen Teil David Irvings "Hitlers Krieg"; mir kommt es vor, als ob dieses hervorragende Buch zum Thema Großer Krieg als Drehbuch diente.

Niekisch

10. Mai 2020 13:03

ML: Ich würde sagen, Frankreich / Italien war eine Bürgerkriegssituation

Zumindest auf der einen Seite waren da weniger Bürger denn kommunistische Partisanen und Untergründler beteiligt.

Niekisch

10. Mai 2020 13:20

Zu dem Grubenbild und dem Ausschnitt dazu im Beitrag bitte ich als Amateurfotograf um besondere Aufmerksamkeit: Es spricht alles für eine Fotomontage mit Zeichenelementen. Die liegende Frau rechts ist mindestens doppelt so groß wie die links liegende Frau mit dunklen Haaren.

Andreas Walter

10. Mai 2020 19:45

Teil 2

Für mein Empfinden existiert deshalb zumindest eine Mitschuld der Alliierten an den Katastrophen, die sich erst gegen "Kriegsende" aufgrund von Mangel und Chaos ereignet haben. Doch die wollten halt auch alle den totalen Sieg, ohne Kompromisse und Rücksicht auf Verluste. Weil zu dem Zeitpunkt schon ein "anderer" Krieg "begonnen" hatte, der lediglich auch noch auf deutschem Boden ausgetragen wurde. Der Westen gegen die SU - und zwar in Europa und in Asien.

Geschichten wie Tiefflieger, die auf Kinder schiessen, die sinnlose Zerstörung von Dresden und auch die beiden Atombombenabwürfe auf Japan, womöglich sogar die abertausenden Massenvergewaltigungen deutscher Frauen und Kinder, gehören daher auch bereits in das Kapitel Terror and Awe allerdings nicht nur der Deutschen. An den Deutschen und Japanern, zum Teil auch an den Italienern (Marocchinate) konnte man lediglich ungestraft demonstrieren, zu was man alles fähig und auch gewillt ist. Als "zivilisierter“ Alliierter oder eben als “menschenfreundlicher“ Marxist.

Das alles, obwohl nur knapp ein wenig mehr als 1/3 der Deutschen 1933 die Nazis überhaupt gewählt hat. Wenn daher ein Land zumindest heutzutage auch eigene Atombomben und jeder Bürger ein Sturmgewehr mit Munition verdient hat, dann ist das wohl Deutschland. Doch das Recht sich zu verteidigen muss man sich eben auch erkämpfen oder eben erschleichen, so wie es die meisten anderen getan haben.

 

 

Maiordomus

11. Mai 2020 06:54

Dass Filme über den 2. Weltkrieg einem Schema folgen, scheint Binsenweisheit. Selber gehörte ich zu den "Rezipienten" der frühen Sechzigerjahre, als es  Filme gab, die mir als jugendlichem Zuschauer (einschliesslich Kommilitionen, mit denen man den Film heimwärts radelnd besprach)  Eindruck machten. Noch stark "Hunde, wollt ihr ewig leben" und "Die Brücke", schon weil da ein Regisseur mit ländlich-luzernischem biographischem Hintergrund am Werk war, was Zutrauen förderte. Diese Filme schienen noch so gemacht, dass sie für mir bekannte Zeitzeugen, z.B. Tiroler Metzger mit  Kriegserfahrungen, mit Wiedererkennungserlebnissen verbunden waren. Hingegen wurde uns schon bei "Kanonen von Navarone" und "Der längste Tag" klar, dass es sich um heroische Siegergeschichten handelte.

Maiordomus

11. Mai 2020 09:01

Es handelte sich um "Kommilitonen", mit denen man die Filme diskutierte. Ich erwähnte dies, weil im Zusammenhang mit dem Film die Rezeptionsgeschichte zur Zeit der massiv beworbenen Erstaufführung wesentlich wird. Die von mir genannten Filme waren prägende  Ereignisse, zu einer Zeit, da Fernsehen längst nicht die heutige Bedeutung hatte, zu schweigen von elektronischen Medien.Wichtig waren natürlich Bücher: Heinrich Böll, Siegfried Lenz, Ernst Wiechert, auch "Moorsoldaten" war einst ein Erfolgstitel, und Borchert ab den 60er Jahren fast überall Schullektüre. In der Bundesrepublik zwar dort nicht, wo nicht "umerzogene" Alte unterrichteten. Am Gymnasium Messkirch dominierten gemäss Arnold Stadler noch Agnes Miegel und, zurecht vergessen, Josefa Totenohl oder wie sie hiess.

Valjean72

11. Mai 2020 09:46

@Idise:

Die anhaltende "Befreiung der Deutschen" hat, egal wieviel einschlägig geprägte Filmchen noch über die Leinwand flimmern, längst ihre Wirkung verfehlt. Ansonsten müßte nicht ständig in Neuauflage das Drama facettenlos erzählt werden. Nur so scheint es möglich das Narrativ (=sinngebende Erzählung) aufrecht zu erhalten und den Deutschen die endlose Befreiung schmackhaft zu machen.

Eine sehr interessante und überaus bemerkenswerte Wortmeldung.

All die wiederkehrenden Berichte, Botschaften, Nachrichten, Einspieler über die Gräueltaten der Nazis, die anschliessende «Befreiung» durch die Alliierten in Funk, Fernsehen, sowie Print- und Onlinemedien verfolgen den Zweck das «hypnotisch» eingeimpfte Geschichts- und Weltbild aufrecht zu erhalten.

Es darf bezogen auf die Intensität dieser Geschichtsvermittlung nicht nachgelassen werden unter dem Risiko, dass die Hypnose nachlässt und die Hypnotisierten beginnen aufzuwachen.

Inwieweit sind wir die Besiegten? Militärisch besiegt, ja. Mental ist der Sieg der Siegermächte nur eingeschränkt. Noch sind sich viele Deutschen ihres Existenzrechts und Wesens bewußt in der Art  Dinge anzugehen, zu hinterfragen, begreifen sich als  Gemeinschaft.

Sehr gut.

Maiordomus

11. Mai 2020 09:58

PS. Das Fossil unter den Fossilien der sog. Blut- und Bodendichtung war Josefa Berens-Totenohl (gest. 1969), deren Erfolgsroman "Der Femhof" (1934) Auflagen erreichte, mit denen gleichzeitig Entstandenes von Ernst Jünger, Werner Bergengruen, Reinhold Schneider, Albrecht Goes, Gertrud von le Fort nicht mithalten konnte, zuletzt 275 000 Exemplare, den Nachkriegsausklang der zuletzt wieder zum Katholizismus gewendeten Autorin inbegriffen. Dabei war sie im 3. Reich qualitativ umstritten, so dass es für den Hebelpreis nicht reichte. An Stelle dieser zur Debatte stehenden Konkurrentin kam der solide Ostschweizer Bauerndichter Alfred Huggenberger zum Zuge, in dessen Werk u.a. die dörfliche direkte Demokratie dargestellt wird.

Valjean72

11. Mai 2020 10:04

@Der_Juergen @Andreas Walter

Aber nachträglich gesehen wäre es besser gewesen, Stalins Überraschungsschlag wäre 1941 geglückt, und die Sowjets wären bis zum Atlantik durchmarschiert. Europa hätte einige Millionen Menschen verloren, aber mehr als ein paar Jahrzehnte hätte sich der Kommunismus nicht halten können, und die unfassbare Tragödie der Umvolkung wäre dem Westen und der Mitte Europas erspart geblieben

Ich hatte vor einigen Jahren ähnlich ketzerische Überlegungen dahingehend, dass ich mir vorstellte, dass Deutschland 1919 eine sozialistische Räterepublik geworden und geblieben wäre. Der Krieg gegen die UdSSR wäre somit für ein sozialistisches (sowjetisches) Deutschland obsolet, folglich keine Gebietsverluste und auch keine «Ehrverluste» durch tatsächlich und vermeintliche Gräueltaten deutscher Soldaten.

Bei Ihrem Szenario gebe ich allerdings zu bedenken, dass nach dem Sturm der Roten Armee bis an die Atlantikküste meiner Meinung nach ein Terror-Regime eingesetzt hätte, bei welchem bewusst Abermillionen Menschen vernichtet worden wären.

Das zeigt mE die Erfahrung mit der «Russischen» Revolution von 1917, dem Wirken Trotzkis & Co und dem Regime Stalins in den 1930er Jahren, insbesondere in der Ukraine. Über Terror (z.B. auch über eine bewusst herbeigeführte Hungersnot) den Volkswillen zu brechen, um schliesslich den neuen sowjet-sozialistischen Menschen zu schaffen.

Niekisch

11. Mai 2020 10:57

"insbesondere in der Ukraine. Über Terror (z.B. auch über eine bewusst herbeigeführte Hungersnot) den Volkswillen zu brechen, um schliesslich den neuen sowjet-sozialistischen Menschen zu schaffen."

Erschreckende Beispiele schildert Dr. Friedrich Marjay in "Europa oder Chaos", Verlag F. Willmy, Nürnberg:

"Das Wüten und Morden der Bolschewisten in der Krim ist engstens mit dem Namen Be´la Kuns verbunden, jenes ungarischen..., der vorher der Haupträdelsführer der Bolschewisten in Ungarn gewesen war. Das Blutbad, das Be´la Kun im Jahre 1921 in der Krim angerichtet hat, zählt zu den grausamsten der Weltgeschichte. Be´la Kun mordete blindlings, um sich bei Lenin in ein gutes Licht zu setzen ( S. 146 )

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